VerfGBbg, Beschluss vom 17. April 2015 - VfGBbg 41/14 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. I - VerfGGBbg, § 20; VerfGGBbg § 21; VerfGGBbg, § 46 - RVG § 19 Abs. 1 |
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Schlagworte: | Willkürverbot Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten Begründungserfordernis |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 17. April 2015 - VfGBbg 41/14 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 41/14

IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
- GmbH,
Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Q.,
wegen des Urteils des Amtsgerichts Cottbus vom 27. Februar 2014 und des Beschlusses vom 16. April 2014 (43 C 95/13)
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Nitsche, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer und Schmidt
am 17. April 2015
b e s c h l o s s e n :
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
G r ü n d e:
A.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Behandlung eines von ihr im Wege der Widerklage verfolgten Zahlungsanspruchs durch das Amtsgericht.
Eine Kundin verlangte im Zusammenhang mit dem Kauf eines Gebrauchtfahrzeugs vorgerichtlich Schadenersatz von der Beschwerdeführerin. Nachdem diese das Schadenersatzbegehren im Sommer 2012 mit anwaltlicher Hilfe zurückgewiesen hatte, kam es am 4. März 2013 zu einem amtsgerichtlichen Rechtsstreit, in dessen Verlauf die Beschwerdeführerin widerklagend die Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Vertretung in Höhe von 338,50 Euro netto von der Klägerin verlangte. Das Amtsgericht wies Klage und Widerklage mit Urteil vom 27. Februar 2014 ab. In Bezug auf die Widerklage führte das Amtsgericht aus, die Beschwerdeführerin habe keinen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Kosten. Sie habe damit rechnen müssen, von der Klägerin auch gerichtlich in Anspruch genommen zu werden, sodass sie ihren Bevollmächtigten nicht allein zur außergerichtlichen Abwehr der behaupteten Schadenersatzansprüche habe beauftragen dürfen.
Die Beschwerdeführerin erhob am 27. März 2014 Anhörungsrüge. Das Amtsgericht stütze sich bei seiner Entscheidung über die Widerklage auf einen von keiner Partei vorgetragenen Sachverhalt. Zudem gehe es von einer irrigen Rechtsansicht aus. Die Geschäftsgebühr entstehe auch dann, wenn die Beauftragung sich von Anfang an auf alle Verfahrensabschnitte erstreckt hätte. Das Amtsgericht wies die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 16. April 2014 zurück, der der Beschwerdeführerin am 6. Mai 2014 zugestellt wurde.
Mit der am 4. Juli 2014 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen ihr Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gericht in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 Landesverfassung - LV -). Die Auffassung des Amtsgerichts sei unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar. Es dränge sich der Schluss auf, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhe. Das anwaltliche Kostenrecht sehe vor, dass die Geschäftsgebühr teilweise auf die Verfahrensgebühr eines sich anschließenden Klageverfahrens angerechnet werde. Aus den Vorbemerkungen Teil 3 Abs. 4 zu Nummer 2300 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG - (Vergütungsverzeichnis - VV -) ergebe sich, dass die vorgerichtliche Geschäftsgebühr und die im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren entstehende Verfahrensgebühr nebeneinander zu vergüten seien und es lediglich zu einer teilweisen Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr kommen könne. Das Gesetz biete keine Stütze für die Auffassung, die außergerichtliche Geschäftsgebühr falle nicht an, wenn von vornherein ein Auftrag für außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit erteilt worden sei. Dass die vom Amtsgericht vertretene Auffassung auch von einem anderen Amtsgericht geteilt werde, ändere an der Willkürlichkeit der Entscheidung nichts. Das Amtsgericht erfinde eine mit der gesetzlichen Anrechnungsvorschrift unvereinbare Rechtsauffassung. Das Urteil beruhe in Bezug auf die Widerklage auch auf dieser Grundrechtsverletzung, denn das Amtsgericht hätte der Widerklage unter Beachtung des geltenden Rechts stattgeben müssen.
B.
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.
1. Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht dem Begründungserfordernis aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, welche verfassungsrechtlichen Anforderungen das angegriffene amtsgerichtliche Urteil nicht erfüllt und inwieweit hierdurch welche grundrechtlichen Gewährleistungen beeinträchtigt sein sollen.
a) Soweit sie das Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gericht aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 Landesverfassung (LV) in seiner Ausprägung als Willkürverbot als verletzt ansieht, ergibt ihr Vorbringen keinen hinreichenden Anhalt, dass das Fachgericht bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in nicht mehr vertretbarer Weise Gebrauch gemacht hat. Objektiv willkürlich ist eine Entscheidung erst dann, wenn sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar ist. Sie muss Ausdruck einer Rechtsanwendung sein, die jeden Auslegungs- und Bewertungsspielraum überschreitet und damit sachlich unhaltbar erscheint (st. Rspr., vgl. etwa Beschluss vom 19. Juni 2013 - VfGBbg 61/12 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Das legt die Beschwerdeführerin hinsichtlich des angegriffenen Urteils jedoch nicht dar. Ihre Auffassung, das Gesetz biete keine Stütze für die Ansicht des Amtsgerichts, die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit falle nicht an, wenn von Anfang an ein Auftrag für die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung erteilt worden wäre, übersieht § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RVG, wonach das vorgerichtliche Tätigwerden durchaus Teil eines zur Prozessführung erteilten Auftrags und damit nicht gesondert nach Nr. 2300 VV abrechenbar sein kann (vgl. dazu BGH NJW 2011, 1603, 1604; OLG Oldenburg MDR 2008, 887; Ebert, in: Mayer/Kroiss, RVG-Kommentar, 6. Aufl. 2013, § 19 Rn. 24, 27; Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl. 2013, VV 2300 Rn. 3). Im Übrigen geht ihre rein gebührenrechtliche Argumentation am Inhalt des angefochtenen Urteils vorbei.
b) Zudem legt die Beschwerdeführerin nicht dar, dass die Entscheidung des Amtsgerichts auf der aus ihrer Sicht willkürlichen Anwendung des Gesetzes beruht haben könnte. Das ist der Fall, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass das Gericht bei hinreichender Beachtung des verletzten Grundrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (vgl. BVerfG NJW 2014, 3504, 3506). Es ist Sache der Beschwerdeführerin, dies im Einzelnen näher darzulegen. Ohne die Darlegungsanforderungen zu überspannen, genügt sie diesem Erfordernis mit der pauschalen Behauptung nicht, ihrem Begehren habe stattgegeben werden müssen, wenn das Amtsgericht unter Beachtung geltenden Rechts entschieden hätte. Ob der Beschwerdeführerin tatsächlich ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten hätte zustehen können, hängt nämlich nach fachgerichtlicher Rechtsprechung von gänzlich anderen als den von der Beschwerdeführerin thematisierten gebührenrechtlichen Fragen ab (vgl. im Einzelnen BGH NJW 2009, 1262, 1264; NJW 2007, 1458, 1459; Grüneberg, in Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 280 Rn. 27).
2. Hinsichtlich des Beschlusses des Amtsgerichts vom 16. April 2014 fehlt der Beschwerdeführerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Der genannte Beschluss enthält gegenüber dem Urteil vom 27. Februar 2014 keine eigenständige Beschwer.
3. Es kann offen bleiben, ob die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die Zweimonatsfrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg unzulässig ist, weil die Anhörungsrüge offensichtlich aussichtslos war.
II.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Nitsche | Dr. Becker |
Dielitz | Dresen |
Dr. Fuchsloch | Dr. Lammer |
Schmidt | |