VerfGBbg, Beschluss vom 17. April 2015 - VfGBbg 23/15 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
|
entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 9 Abs. 1 - VerfGGBbg, § 20; VerfGGBbg, § 21; VerfGGBbg, § 46 |
|
Schlagworte: | Untersuchungshaft Beschleunigungsgrundsatz Begründungserfordernis |
|
Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 17. April 2015 - VfGBbg 23/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 23/15
IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
M.,
Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt S.
wegen des Haftbefehls des Amtsgerichts Potsdam vom 26. August 2013 (78 Gs 986/13) in der Fassung des Beschlusses des Landgerichts Potsdam vom 31. Juli 2014 und des Beschlusses des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 23. Februar 2015 (1 Ws 20/15)
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Nitsche, Dr. Becker, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer und Schmidt
am 17. April 2015
b e s c h l o s s e n:
Die Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden verworfen.
G r ü n d e
A.
Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft aufgrund eines Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts über eine Haftbeschwerde.
Gegen den Beschwerdeführer und weitere Personen wird derzeit vor dem Landgericht Potsdam die Hauptverhandlung in einem Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz durchgeführt. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens erließ das Amtsgericht Potsdam am 26. August 2013 einen Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer, der am 9. September 2013 in Uruguay verhaftet wurde und dort bis zum 6. März 2014 in Auslieferungshaft saß. Seit der Überstellung in die Bundesrepublik am 7. März 2014 befindet er sich hier in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Potsdam erhob am 27. Juni 2014 gegen ihn sowie vier weitere Personen Anklage zum Landgericht. Mit hier u.a. angegriffenem Beschluss vom 31. Juli 2014 beschloss das Landgericht Potsdam, den Haftbefehl des Amtsgerichts vom 26. August 2013 aufrecht und in Vollzug zu halten. Es ließ die Anklage am 6. November 2014 zur Hauptverhandlung zu und eröffnete das Hauptverfahren. Die am 5. Dezember 2014 begonnene Hauptverhandlung dauert noch an.
Das Landgericht beschloss am 23. Dezember 2014 die Haftfortdauer für den Beschwerdeführer. Dieser legte am 25. Januar 2015 Haftbeschwerde ein, mit der er einen Verstoß gegen den Spezialitätsgrundsatz sowie die aus seiner Sicht völlig ungenügende Terminierung des Landgerichts rügte, das in acht Wochen nur fünf Mal verhandelt habe und zudem die Sitzungstage nicht ausschöpfe. Das Landgericht half der Beschwerde am 28. Januar 2015 nicht ab und legte die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.
Das Oberlandesgericht wies die Haftbeschwerde mit Beschluss vom 23. Februar 2015 (1 Ws 20/15) als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Haftbefehles und den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft lägen vor. Der Beschwerdeführer sei dringend tatverdächtig und es seien Haftgründe gegeben. Die Fortdauer der Untersuchungshaft sei im Hinblick auf das Gewicht der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Straftat und der zu erwartenden langen Freiheitsstrafe verhältnismäßig und unverzichtbar. Das gelte auch unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots und unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Untersuchungshaft seit der Auslieferung bereits mehr als zehn Monate andauere. Die Terminierung der 5. großen Strafkammer verstoße nicht gegen den Beschleunigungsgrundsatz und wahre die verfassungsgerichtlichen Anforderungen. Der Beschleunigungsgrundsatz gebiete bei absehbar umfangreichen Verfahren stets eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgreifende Hauptverhandlungsplanung mit mehr als nur einem durchschnittlichen Hauptverhandlungstag pro Woche. Es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, dass ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot schematisch an der Durchschnittszahl der Sitzungstage pro Woche anknüpfe und bereits dann vorliege, wenn in Haftsachen an durchschnittlich weniger als zwei Tagen in der Woche eine Hauptverhandlung stattfinde. Der Verlauf eines Umfangsverfahrens, also eines besonders komplexen und umfangreichen Verfahrens, hänge von einer Vielzahl festzustellender Umstände ab, die bei der Bewertung der Beschleunigung des Verfahrens zu berücksichtigen seien.
Dies zugrunde gelegt, entspreche die Terminierung und Durchführung der Hauptverhandlung durch die 5. große Strafkammer noch dem Beschleunigungsgebot. Der Strafkammervorsitzende habe nach Abstimmung mit den Verteidigern innerhalb von 25 Wochen 32 Hauptverhandlungstermine anberaumt. Das genüge den Anforderungen an die Terminierungsdichte. Diese liege über den gesamten terminierten Zeitraum bei mehr als einer Hauptverhandlung pro Woche. Eine engere Terminierung im Monat Dezember sei der Strafkammer im Hinblick auf parallel terminierte Verfahren, die als Haftsachen gleichfalls dem Beschleunigungsgrundsatz unterlagen, nicht möglich gewesen. Zudem habe in einer Woche aufgrund der Arbeitsunfähigkeit einer Beisitzerin nicht verhandelt werden können. Dass vier anberaumte Verhandlungstage zwischenzeitlich hätten aufgehoben werden müssen, führe nicht zu einem Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot. Dennoch werde durchschnittlich noch an mehr als einem Trag pro Woche verhandelt. Ab der letzten Februarwoche werde in der Mehrzahl der Wochen trotz der hohen Belastung der Wirtschaftsstrafkammer an zwei Hauptverhandlungstagen verhandelt werden. Das entspreche insgesamt noch den Anforderungen. Zudem habe ein Teil der Angeklagten einschließlich des Beschwerdeführers im Termin am 20. Januar 2015 Interesse an einer Verständigung nach § 257c Strafprozessordnung (StPO) signalisiert und um einen entsprechenden Vorschlag der Strafkammer gebeten. Die Zeit, die das Gericht für die Vorbereitung eines hier von den Angeklagten erbetenen umfassenden Verständigungsvorschlags benötigt habe, könne nicht als den Beschleunigungsgrundsatz verletzende Verzögerung angesehen werden, sofern bereits ausreichend weitere Hauptverhandlungstermine anberaumt seien, die eine Fortführung der Hauptverhandlung im Falle des Scheiterns einer Verständigung ermöglichten. Das sei hier der Fall. Zusammenfassend bestehe derzeit kein Zweifel daran, dass trotz der erheblichen Dauer der bislang bereits vollzogenen Untersuchungshaft den Anforderungen des Beschleunigungsgebots genüge getan worden sei. Insofern sei auch zu berücksichtigen, dass aufgrund der Belastungsanzeige der Wirtschaftsstrafkammer eine Hilfsstrafkammer gebildet worden sei, um die erforderliche Beschleunigung der Verfahren zu gewährleisten.
Ebenso wenig liege nach Aktenlage eine Verletzung des Spezialitätsgrundsatzes vor. Aus dem im „Sonderband Haft Mönch“ enthaltenen Einlieferungsvermerk ergebe sich, dass der Spezialitätsgrundsatz eingehalten worden sei. Dies werde auch aus den übrigen im Sonderband enthaltenen Unterlagen erkennbar. Anhaltspunkte dafür, dass dem Auslieferungsverfahren andere strafrechtliche Vorwürfe als die im Haftbefehl vom 26. August 2013 enthaltenen zugrunde liegen könnten, gebe es nicht. Dass im Sonderband eine unvollständige Kopie eines vom Amtsgericht Cottbus stammenden Haftbefehls, der einen anderen Beschuldigten und gänzlich andere Tatvorwurf betreffe, abgeheftet sei, gehe auf eine fehlerhafte Ablage zurück. Es habe sich nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft um ein Konvolut von Kopien gehandelt, die vom Landeskriminalamt zur Akte gereicht worden seien, nachdem die Einlieferung des Beschwerdeführers aus Uruguay erfolgt sei. Das Landeskriminalamt habe augenscheinlich seine Fahndungsakte aufgelöst und deren Inhalt zur staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte gesandt, wobei ein offenkundiges Versehen unterlaufen sei und Teile der Kopie des gegen den Beschwerdeführer gerichteten Haftbefehls des Amtsgerichts Potsdam mit Teilen der Kopie des sich gegen einen anderen Beschuldigten richtenden Haftbefehls des Amtsgericht Cottbus vermengt worden seien. Nach der zeitlichen Darstellung der Staatsanwaltschaft sei auszuschließen, dass die fehlerhaft zur Akte gelangten Kopien im Auslieferungsverfahren gegen den Beschwerdeführer vorgelegt worden sein könnten. Eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls komme weiterhin nicht in Betracht, denn es fehle an der erforderlichen Vertrauensgrundlage.
Der Beschwerdeführer hat am 30. März 2015 Verfassungsbeschwerde erhoben und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt er die Verletzung des Grundrechts der Freiheit der Person aus Art. 9 Abs. 1 der Landesverfassung (LV). Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig. Der Rechtsweg sei erschöpft; die Rüge nach § 198 Gerichtsverfassungsgesetz komme nicht in Betracht. In der Sache folge ein Verstoß gegen Art. 9 LV daraus, dass die Strafverfolgungsbehörden und das Landgericht nicht alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätten, um die notwendigen Ermittlungen trotz der andauernden Untersuchungshaft mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen. Die Staatsanwaltschaft sei während der Dauer der Auslieferungshaft und der ersten drei Monate der inländischen Untersuchungshaft untätig geblieben, obwohl eine Anklageerhebung parallel habe vorbereitet werden können. Das Gericht habe ab dem Zeitpunkt der Anklageerhebung nichts zur Förderung des Verfahrens beigetragen, sondern die Sache vor sich her geschoben und zudem noch das Oberlandesgericht über den angeblich geplanten Beginn der Hauptverhandlung aktiv getäuscht, um sich damit zunächst die dreimonatige Verlängerung der Untersuchungshaft erteilen zu lassen. Zudem verhandele das Landgericht die Sache nicht an mehr als einem Hauptverhandlungstag pro Woche und schöpfe die Verhandlungstage nicht einmal voll aus. So habe es bis Ende März nur 13 Termine in 17 Wochen durchgeführt. Das genüge den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts nicht. Vor diesem Hintergrund sei nicht zu erkennen, dass das Oberlandesgericht Bedeutung und Tragweite des Freiheitsgrundrechts im Rahmen der Abwägung mit dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse hinreichend berücksichtigt habe.
Außerdem sei der Beschwerdeführer auch nicht auf der Grundlage des Haftbefehls des Amtsgerichts Potsdam ausgeliefert worden. Im Haftsonderband seien zwei verschiedene Haftbefehle abgeheftet, die inhaltlich vollständig abweichende Vorwürfe beträfen. Insofern sei vollkommen offen, aufgrund welches Haftbefehls es zur Auslieferung gekommen sei. Damit stehe ein Bruch des Spezialitätsgrundsatzes im Raum. Selbst wenn eine Fehlheftung gegeben sei, habe diese zur Auslieferung geführt. Insofern habe die Anklage weder erhoben noch zugelassen werden dürfen. Dennoch habe das Oberlandesgericht diese Frage nicht aufgeklärt, sondern im Wege einer unzulässigen Beweislastumkehr behauptet, der Beschwerdeführer habe keine Anhaltspunkte für den Bruch des Spezialitätsgrundsatzes vorgetragen. Nur der zweite, den Beschwerdeführer an sich nicht betreffende, Haftbefehl sei nach Uruguay geschickt worden. Überhaupt werde ihm Akteneinsicht in die Auslieferungsakte verweigert, obwohl diese zur Gerichtsakte gehöre und dem Akteneinsichtsrecht unterliege, die er neuerlich am 9. April 2015 beantragt habe. Auch dies führe zu einer ausdrücklich zu rügenden Verzögerung. Die Geheimhaltung der Akte zeige, dass der angeblich nur fehlgeheftete andere Haftbefehl Grundlage der Auslieferung gewesen sei. Aus dem Telefaxübermittlungsprotokoll in der Auslieferungsakte werde sich nämlich ergeben, dass der kürzere fehlerhafte Haftbefehl übersandt worden sei.
Schließlich sei der Haftbefehl des Amtsgerichts Potsdam vom 26. August 2013 in der Fassung des Beschlusses des Landgerichts Potsdam vom 31. Juli 2014 im Wege der einstweiligen Anordnung aufzuheben.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.
Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht dem Begründungserfordernis aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg. Der Beschwerdeführer legt nicht in der gebotenen Form dar, dass der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts die sich aus Art. 9 LV ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Entscheidung über Haftbeschwerden bei langandauernder Untersuchungshaft nicht erfüllt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum insoweit inhaltsgleichen Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz (GG) ist bei der Anordnung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft stets das Spannungsverhältnis zwischen dem grundrechtlich gewährleisteten Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit und den unabweisbaren Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung zu beachten. Grundsätzlich darf nur einem rechtskräftig Verurteilten die Freiheit entzogen werden. Der Entzug der Freiheit eines der Straftat lediglich Verdächtigen ist wegen der Unschuldsvermutung nur ausnahmsweise zulässig. Dabei muss den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlich und zweckmäßig erscheinenden Freiheitsbeschränkungen der Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig verurteilten Beschuldigten als Korrektiv gegenübergestellt werden, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine maßgebliche Bedeutung zukommt. Mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft vergrößert sich das Gewicht des Freiheitsanspruchs regelmäßig gegenüber dem Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung. Daraus folgt zum einen, dass die Anforderungen an die Zügigkeit der Arbeit in einer Haftsache mit der Dauer der Untersuchungshaft steigen. Zum anderen nehmen auch die Anforderungen an den die Haftfortdauer rechtfertigenden Grund zu. Die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte müssen daher alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen (vgl. BVerfG StV 2015, 39 ff, m. w. Nachw.). So ist im Falle der Entscheidungsreife über die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung zu beschließen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4. Mai 2011 - 2 BvR 2781/10 -, juris) und anschließend im Regelfall innerhalb von weiteren drei Monaten mit der Hauptverhandlung zu beginnen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14. November 2012 - 2 BvR 1164/12 -, juris).
Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass das Landgericht dem nicht genügt haben könnte. Das Oberlandesgericht hat dazu ausgeführt, die den Verteidigern der Angeschuldigten Mitte Juli 2014 ursprünglich eingeräumte dreiwöchige Frist zur Stellungnahme zur Anklage habe wegen verschiedener Fristverlängerungsgesuche erst im September 2014 geendet. Darauf geht der Beschwerdeführer jedoch nicht ein. Nicht anders liegt es, soweit der Beschwerdeführer dem Landgericht in diesem Zusammenhang eine aktive Täuschung des Oberlandesgerichts über den Zeitpunkt des geplanten Beginns der Hauptverhandlung vorwirft. Das Oberlandesgericht führt hierzu aus, der zunächst noch für November 2014 geplante Beginn der Hauptverhandlung habe wegen der Verhinderung einzelner Verteidiger auf den 5. Dezember 2014 verschoben werden müssen. Auch damit setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander.
Nichts anderes gilt im Hinblick auf den Vortrag des Beschwerdeführers zur Sitzungsplanung des Landgerichts. Im Rahmen der von den Fachgerichten vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch des Betroffenen und dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Angemessenheit der Haftfortdauer anhand objektiver Kriterien des jeweiligen Einzelfalles zu prüfen; insofern sind in erster Linie die Komplexität der einzelnen Rechtssache, die Vielzahl der beteiligten Personen und das Verhalten der Verteidigung von Bedeutung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. Januar 2014 - 2 BvR 2248/13 u.a. -, juris; BVerfG StV 2015, 39). Der Vollzug der Untersuchungshaft von mehr als einem Jahr bis zum Beginn der Hauptverhandlung oder dem Erlass des Urteils ist dabei auch unter Berücksichtigung der genannten Aspekte nur in ganz besonderen Ausnahmefällen zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23. Januar 2008 - 2 BvR 2652/07 -, juris, und vom 11. Juni 2008 - 2 BvR 806/08 -, juris). Das Oberlandesgericht hat - wie oben unter A. dargestellt - in dem angegriffenen Beschluss umfangreiche und differenzierte Erwägungen in Bezug auf die Planung des Landgerichts zur Gestaltung der Hauptverhandlungstermine angestellt und kommt auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben überzeugend zu der Auffassung, dass die Terminierung im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Oberlandesgericht noch den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Mit diesen Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht näher auseinander. Soweit er stattdessen die tatsächliche Durchführung der Verhandlungstermine in den Mittelpunkt seiner Erwägungen stellt und beanstandet, die Strafkammer habe mehrfach Termine abgesetzt und an den verbliebenen Sitzungstagen nicht ganztägig verhandelt, genügt sein Vorbringen dem Begründungserfordernis nicht. Allein der Umstand, dass die Strafkammer während des laufenden Verfahrens einzelne Verhandlungstage absetzt und teils nicht ganztägig verhandelt hat, lässt noch nicht darauf schließen, dass sie etwa nicht gewillt sein könnte, die Sache mit der hier im Hinblick auf die Dauer der bereits erlittenen Untersuchungshaft gebotenen besonderen Beschleunigung zu behandeln, zumal die mit den Verteidigern abgestimmte Sitzungsplanung erkennen lässt, dass die Verhandlungsfrequenz im Verlauf des Verfahrens ansteigen sollte. Der Vortrag des Beschwerdeführers lässt auch insoweit nicht erkennen, ob die mit der Terminsaufhebung verbundenen Verfahrensverzögerungen ihre Ursache in Besonderheiten des konkreten Strafverfahrens haben könnten, sondern beschränkt sich darauf, die Aufhebung von Terminen mitzuteilen. Auch insoweit fehlt es an einer Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich die Verletzung des Spezialitätsgrundsatzes rügt, geht er auf die Begründung des Oberlandesgerichts ebenfalls in keiner Weise ein. Das Oberlandesgericht hat nachvollziehbar ausgeführt, wann und auf welche Weise der weitere, den Beschwerdeführer nicht betreffende, Haftbefehl zum Haftsonderband gelangt ist. Insbesondere nach der Schilderung des zeitlichen Verlaufs ist es ausgeschlossen, dass dieser unrichtige Haftbefehl dem Auslieferungsersuchen zugrunde lag. Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, Akten zum Auslieferungsersuchen würden „geheim gehalten“, war er bereits im Beschluss des Oberlandesgerichts vom 11. Dezember 2014 (1 Ws 203/14), den er erfolglos vor dem Bundesverfassungsgericht angegriffen hat, auf die Möglichkeit der Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes hingewiesen worden.
C.
Der weitergehend auf die Aufhebung des Haftbefehls des Amtsgerichts Potsdam vom 26. August 2013 (78 Gs 986/13) in der Gestalt des Beschlusses des Landgerichts Potsdam vom 31. Juli 2014 gerichtete Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist ebenfalls unzulässig. Der Antragsschrift ist keine Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen zu entnehmen, unter denen eine einstweilige Anordnung nach § 30 VerfGGBbg erlassen werden kann.
D.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Nitsche | Dr. Becker |
Dresen | Dr. Fuchsloch |
Dr. Lammer | Schmidt |