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VerfGBbg, Beschluss vom 17. Februar 2017 - VfGBbg 59/16 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3
- FamFG, § 246 Abs. 1; FamFG, § 231
Schlagworte: - Willkürverbot
- familiengerichtliches Verfahren
- Darlegungslast im einstweiligen Rechtsschutz
- Subsidiarität
- kein schwerer, unabwendbarer Nachteil bei Verweis auf das Hauptsacheverfahren
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 17. Februar 2017 - VfGBbg 59/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 59/16




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

R.,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigter:             k.
Rechtsanwälte

 

wegen            Beschluss des Amtsgericht Luckenwalde vom 25. August 2016 (31 F 223/16)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 17. Februar 2017

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch und Dr. Lammer

beschlossen: 

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

Gründe:

 

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg als unzulässig zu verwerfen, nachdem die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. November 2016 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit ihrer Verfassungsbeschwerde hingewiesen worden ist und diese nicht, auch nicht mit ihrem Schreiben vom 1. Dezember 2016, ausgeräumt hat.

 

Es bleibt dabei, dass die Verfassungsbeschwerde die nach § 46, § 20 Abs. 1 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) an ihre Begründung zu stellenden Anforderungen verfehlt. Es wird nicht dargelegt, dass sie dem Grundsatz der Subsidiarität genügt, nach dem ein Beschwerdeführer gehalten ist, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde trotz einer Erschöpfung des Rechtsweges im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Rechtsschutz zunächst im fachgerichtlichen Hauptsacheverfahren zu suchen, wenn ihm dies zumutbar ist (vgl. etwa Beschlüsse vom 17. Juli 2015 - VfGBbg 59/15 -; vom 16. November 2000 - VfGBbg 49/00 -, LKV 2001, 215; vom 19. Juni 2003 - VfGBbg 1/03 -, LKV 2003, 469; vom 21. Oktober 2011 - VfGBbg 34/11 -, und vom 20. Juni 2014 - VfGBbg 10/14 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

Insbesondere dass es an der Zumutbarkeit der Verweisung auf das Hauptsacheverfahren fehlt, hat die Beschwerdeführerin nach wie vor nicht dargelegt.

 

a. Soweit sie auf den Hinweis des Verfassungsgerichts vorträgt, sie habe den Beschluss des Amtsgerichts auch deshalb angegriffen, weil dieser schon von der Unzulässigkeit des Antrags auf Trennungsunterhalt ausgegangen sei, geht dies an der Sache vorbei: Die Frage der Zumutbarkeit einer Verweisung auf das Hauptsacheverfahren stellt sich vorrangig und prinzipiell unabhängig von den die Entscheidung des Fachgerichts tragenden Gründen. Davon abgesehen trägt der Einwand auch sonst nicht, da das Amtsgericht den Antrag auch als unbegründet abgelehnt hat. Stützt das Fachgericht seine Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Erwägungen, muss der Beschwerdeführer jede von ihnen angreifen und ihre Unvereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht darlegen. Denn eine Grundrechtsverletzung vermag der Verfassungsbeschwerde nur dann zum Erfolg zu verhelfen, wenn die angegriffene Entscheidung auch auf ihr beruht. Ist das Fachgericht mit einer anderen in seiner Entscheidung herangezogenen und vom Beschwerdeführer nicht weiter angegriffenen Erwägung zum selben Ergebnis gekommen, fehlt es an der Kausalität des - vorgeblichen - Verfassungsverstoßes für das Ergebnis des fachgerichtlichen Verfahrens (vgl. Beschlüsse vom 17. Februar 2017 - VfGBbg 52/16 -; vom 9. Oktober 2015 - VfGBbg 65/15 -; Magen, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, § 92 Rn. 18 m. w. Nachw.).

 

b. Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung sind an ihre Begründungspflicht auch keine verminderten Anforderungen zu stellen. Sie hätte, wie bereits mit dem Hinweisschreiben ausgeführt, konkret die Gründe dafür darzulegen gehabt, dass es ihr unzumutbar oder praktisch unmöglich ist, ihren Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern. Der bloße Vortrag, ihr Existenzminimum sei in Ansehung ihrer Einkommensverhältnisse und ihrer fehlenden Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht gesichert, reicht hierfür nicht aus. Die Nichtsicherung des Existenzminimums kann zwar während der Durchführung des Hauptsacheverfahrens unstreitig einen derartigen Nachteil darstellen (vgl. Beschluss vom 18. Juni 1996 - VfGBbg 20/95 -, LVerfGE 4, 201, 207; BVerfGK 5, 237, 241; Henke, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 90 Rn. 239). Gerade dies ist hier aber schon nicht in der erforderlichen Art und Weise dargetan.

 

Die Beschwerdeführerin trägt schließlich vor, das Bundesverfassungsgericht habe für § 246 Abs. 1 FamFG anerkannt, ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden in Unterhaltssachen sei nicht erforderlich (BVerfG, Beschl. v. 29. September 2014 - 1 BvR 1125/14-, FamRZ 2016, 30 ff, zitiert nach Juris), einem Anspruch auf laufenden Unterhalt sei die Eilbedürftigkeit vielmehr immanent. Daher habe es auch eine nach Durchführung des einstweiligen Verfahrens erhobene Verfassungsbeschwerde für zulässig erachtet, ohne weitere, nach Maßgabe des Subsidiaritätsgrundsatzes begründete Anforderungen zu stellen.

 

Darum geht es jedoch nicht: Das BVerfG ging - im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Überprüfung der Versagung von Verfahrenskostenhilfe - vom rechtlichen Bestehen der Verpflichtung zur Unterhaltszahlung aus und beanstandete auf dieser Grundlage die Annahme des Fachgerichts, es bedürfe zusätzlich einer besonderen Dringlichkeit des korrespondierenden Anspruchs.

 

Vorliegend hat die Beschwerdeführerin jedoch bereits nicht ausreichend dargelegt, dass ihr Existenzminimum tatsächlich gefährdet ist. An einem unzureichenden diesbezüglichen Vortrag war im Übrigen auch der im fachgerichtlichen Verfahren geltend gemachte Anspruch selbst der Sache nach gescheitert.

 

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer