VerfGBbg, Beschluss vom 16. Oktober 2008 - VfGBbg 7/08 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - StrRehaG, § 7 Abs.1 - LV, Art. 52 Abs. 3 - VerfGGBbg, § 45 Abs. 1 |
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Schlagworte: | - strafrechtliche Rehabilitierung - berechtigtes Interesse |
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amtlicher Leitsatz: | ||
Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 16. Oktober 2008 - VfGBbg 7/08 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 7/08
IM NAMEN DES VOLKES |
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In dem
Verfassungsbeschwerdeverfahren
F. e. V., Beschwerdeführer, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin S. gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. November 2006 sowie die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 24. April 2007 und vom 15. November 2007
am 16. Oktober 2008 b e s c h l o s s e n : Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen. G r ü n d e : A. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Zurückweisung eines strafrechtlichen Rehabilitierungsantrags. I. Der Beschwerdeführer ist ein Verein, der sich im Rahmen der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit auch mit der Dokumentation strafrechtlichen Unrechts befaßt. Der Beschwerdeführer beantragte vor dem Landgericht die strafrechtliche Rehabilitierung der 1961 verstorbenen Olga D. Zur Begründung führte er aus, Olga D. sei im Dezember 1951 durch das Amtsgericht Angermünde wegen Nichterfüllung der Pflichtablieferung nach der Wirtschaftsstrafverordnung zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus und Eigentumsentziehung verurteilt worden. Der Antrag auf Rehabilitierung der Verstorbenen wurde vom Landgericht Frankfurt (Oder) mit der Begründung zurückgewiesen, der Beschwerdeführer sei nicht antragsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet - Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG). § 7 Abs. 1 StrRehaG lautet: Der Antrag nach § 1 kann bis zum 31. Dezember 2011
gestellt werden. Die Beschwerde gegen den Beschluss wurde vom Brandenburgischen Oberlandesgericht mit Beschluß vom 24. April 2007 als unbegründet verworfen, da der Beschwerdeführer kein berechtigtes Interesse gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 StrRehaG an der Rehabilitierung der Betroffenen vorweisen könne. Angesichts der Entstehungsgeschichte sowie auch einer systematischen und teleologischen Auslegung der Norm könne nicht jedes Interesse an der Rehabilitierung eines Verstorbenen genügen, sondern nur ein solches, das aus einer echten Verknüpfung mit dem Lebensschicksal des Betroffenen herrühre. Im Fall eines Verbandes sei auch um Popularklagen auszuschließen eine originäre, nicht über die Satzung selbst definierte Verknüpfung der Verbandsinteressen mit dem Schicksal des Betroffenen zu fordern. Das Anliegen des Beschwerdeführers, die politische, historische und justizielle Vergangenheit der DDR aufzuarbeiten, berechtige ihn nicht, fremde Rehabilitierungsverfahren zu betreiben. Die vom Beschwerdeführer nach § 33a Strafprozeßordnung in Verbindung mit § 15 StrRehaG erhobene Gehörsrüge wies das Oberlandgericht mit Beschluß vom 15. November 2007 zurück. II. Mit seiner am 29. Januar 2008 bei Gericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 52 Abs. 3 der Landesverfassung (LV). Die einschränkende Auslegung des Oberlandesgerichts beruhe auf einer fehlenden Auseinandersetzung mit den historischen Hintergründen des Gesetzes. Insbesondere habe sich das Oberlandesgericht nicht ausreichend mit seinen Argumenten zur Entstehungsgeschichte der Norm auseinandergesetzt, wonach für die Auslegung des berechtigten Interesses gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 StrRehaG der Einigungsvertrag herangezogen werden müsse. Es sei nicht überzeugend, daß Vereinen nur dann ein berechtigtes Interesse zugestanden wird, wenn der oder die zu Rehabilitierende selbst in ihm Mitglied oder für diesen tätig war. Eine derartige Beschränkung lasse sich nicht mit dem Wortlaut des Gesetzes in Einklang bringen und werde auch von den einschlägigen Kommentierungen nicht durchweg vertreten. So verlange etwa der Potsdamer Kommentar zum Strafrechtsrehabilitierungsgesetz ein solches einschränkendes Kriterium nicht (mit Hinweis auf Herzler, Rehabilitierung, 2. Aufl. 1997, § 7, Rn. 11 ff.).
B. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Es fehlt an der Beschwerdebefugnis (§ 45 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg VerfGGBbg -). Es ist nicht ersichtlich, daß die Entscheidungen des Landgerichts Frankfurt (Oder) und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf einer Verletzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 52 Abs. 3 der Landesverfassung (LV) beruhen könnte.
Der Beschluß ist einstimmig ergangen.
Er ist unanfechtbar. |
Weisberg - Schwarz | Prof. Dawin |
Prof. Dr. Dombert | Havemann |
Dr. Jegutidse | Dr. Knippel |
Dr. Schöneburg |