VerfGBbg, Beschluss vom 16. September 2011 - VfGBbg 60/10 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 52 Abs. 1 S. 2 - ZPO, § 45 |
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Schlagworte: | - gesetzlicher Richter - Befangenheit - Entscheidung durch abgelehnten Richter |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 16. September 2011 - VfGBbg 60/10 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 60/10
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IM NAMEN DES VOLKES
B e s c h l u s s
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren
L.
Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Prof. Dr. L.
N.
Äußerungsberechtigte,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt G.
gegen den undatierten, auf das Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers vom 15. September 2010 ergangenen Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde - 10 F 179/09 - sowie die Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 7. Oktober 2010 und 10. November 2010 – 10 WF 222/10 -
hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburgdurch die Verfassungsrichter Postier, Dr. Becker, Dielitz, Möller, Nitsche, Partikel und Schmidt
am 16. September 2011
b e s c h l o s s e n :
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
A.
Der Beschwerdeführer sieht sich durch die Zurückweisung eines vor dem Amtsgericht Fürstenwalde gestellten Ablehnungsgesuchs in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.
Der Beschwerdeführer und die Äußerungsberechtigte führen vor dem Amtsgericht Fürstenwalde verschiedene familienrechtliche Streitigkeiten um ihre am 12. Juli 2008 nichtehelich geborene gemeinsame Tochter. Die Parteien waren und sind nicht miteinander verheiratet und leben getrennt. Das Sorgerecht steht aufgrund einer bereits vor der Geburt des Kindes abgegebenen Sorgeerklärung den Parteien gemeinsam zu. Der Beschwerdeführer hat seit Dezember 2008 das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Tochter wohnt in seinem Haushalt. Die Äußerungsberechtigte hat ein Umgangsrecht. In dem streitgegenständlichen Verfahren (10 F 179/09) beantragt der Beschwerdeführer, ihm das alleinige Sorgerecht zu übertragen. Im Mai 2009 gab das Amtsgericht diesem Antrag nach einer Verletzung der Umgangsregelung durch die Äußerungsberechtigte im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig statt, hob diese Entscheidung allerdings am 17. September 2010 ersatzlos wieder auf. Zuvor am 2. Dezember 2009 ordnete es die Einholung eines Sachverständigengutachtens unter anderem zur Feststellung an, inwieweit beide Kindeseltern fähig seien, sich auf die Kindesinteressen einzustellen. Der Beschwerdeführer erhob – erfolglos – Gegenvorstellung, mit der er vortrug, die Voraussetzungen des § 1696 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), auf deren Klärung der Beweisbeschluss abziele, seien von der Kindesmutter nicht dargelegt. Er kündigte an, an der Umsetzung des Beweisbeschlusses nicht mitzuwirken. Eine weitere Begutachtung des Kindes sei diesem, wie sich aus verschiedenen, von ihm vorgelegten Privatgutachten ergebe, nicht zuträglich. Im März 2010 lehnte der Beschwerdeführer den zuständigen Richter, wie bereits zuvor dessen Vorgängerin im Dezernat, erfolglos wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Die sofortige Beschwerde zum Brandenburgischen Oberlandesgericht wurde zurückgewiesen, ebenso wie sein Antrag, die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen. Als das Amtsgericht am 31. August 2010 einen Termin auf den 17. September 2010 anberaumte, erhob der Beschwerdeführer gegen die Zurückweisung seines Befangenheitsgesuchs Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht und beantragte dort eine einstweilige Anordnung.
Am 15. September 2010 lehnte der Beschwerdeführer den zuständigen Richter am Amtsgericht Fürstenwalde abermals wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Er begründete seinen Antrag mit Verfahrensfehlern in der Sache 10 F 322/09, der Untätigkeit des Richters im Zwangsgeldverfahren 10 F 113/09 sowie dem in dem streitgegenständlichen Verfahren 10 F 179/09 erlassenen Beweisbeschluss, welcher der materiell-rechtlichen Grundlage des Verfahrens widerspreche. Das Amtsgericht verwarf das Gesuch durch den abgelehnten Richter selbst mit undatiertem Beschluss. Das Gesuch sei unzulässig, weil es offensichtlich nur der Verschleppung des Verfahrens diene. Die Rügen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verfahren 10 F 332/09 und 10 F 113/09 seien unbeachtlich, weil sie nicht das konkrete Verfahren beträfen. Divergierende Rechtsansichten könnten eine Befangenheit nicht begründen.
Der Beschwerdeführer legte sofortige Beschwerde ein, die das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 7. Oktober 2010 zurückwies. Die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs durch den abgelehnten Richter sei zulässig. Die vorgetragenen Ablehnungsgründe rechtfertigten offensichtlich nicht die Annahme, der abgelehnte Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber, deshalb könne das Ablehnungsversuch vor dem Hintergrund des bisherigen Ablaufs des Verfahrens nur der Verschleppung dienen. Über die Rüge betreffend das Verfahren 10 F 332/09 habe der Senat bereits in anderer Sache entschieden. Im Hinblick auf den Umfang der Akten und mit Rücksicht darauf, dass diese über verschiedene Zeiträume nicht dem abgelehnten Richter, sondern dem Oberlandesgericht vorgelegen hätten, könne die Tatsache, dass im Verfahren 10 F 113/09 noch kein Zwangsgeld verhängt worden sei, eine Befangenheit nicht begründen. Der Beschwerdeführer habe in der Absicht gehandelt, das Verfahren zu verschleppen, denn er habe angekündigt, an der Ausführung des Beweisbeschlusses nicht mitzuwirken. Der Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht habe den Termin am 17. September 2010 verhindern sollen, nachdem bereits die Verfassungsbeschwerden gegen die Senatsbeschlüsse in den Beschwerdeverfahren 10 WF 92/10 und 10 WF 954/10 das Verfahren verzögert hätten. Die vom Beschwerdeführer gegen den ablehnenden Beschluss erhobene Gegenvorstellung wies das Brandenburgische Oberlandesgericht am 10. November 2010 zurück.
Mit seiner am 7. Dezember 2010 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter, Art. 52 Abs. 1 Satz 2 Landesverfassung Brandenburg (LV). Es sei bereits zweifelhaft, ob die zu §§ 42 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) entwickelte Rechtsprechung, wonach bei einem unzulässigen Ablehnungsgesuch der abgelehnte Richter an der Entscheidung beteiligt werden könne, verfassungsrechtlich zulässig sei. Ausfluss von Art. 101 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV sei jedenfalls, dass für die Abgrenzung von richterlichen Zuständigkeiten kein Ermessen bestehen dürfe. In jeden Fall seien der Kompetenz des abgelehnten Richters, über ein unzulässige Ablehnungsgesuch selbst zu entscheiden, enge verfassungsrechtliche Grenzen gezogen. Dass das Gericht die Verschleppungsabsicht des Beschwerdeführers aus dem Umstand gefolgert habe, dass er nur offensichtlich nicht durchgreifende Ablehnungsgründe vorgebracht habe, genüge den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Voraussetzungen nicht. Auf keinen Fall dürfe das vereinfachte Ablehnungsverfahren durch den abgelehnten Richter selbst auf Fälle offensichtlicher Unbegründetheit des Ablehnungsgesuchs ausgedehnt werden. Ob sich die Ablehnungsgründe aus einem Parallelverfahren auf das Vorliegende auswirkten und ob divergierende Rechtsansichten die Befangenheit eines Richters begründen könnten, sei in jedem Fall eine Frage der Begründetheit des Ablehnungsgesuchs und nicht rechtsmissbräuchlich. Deshalb hätte ein anderer Richter über das Befangenheitsgesuch entscheiden müssen. Die Entscheidung durch den abgelehnten Richter selbst werde auch durch den Zweck einer schnelleren Erledigung des Befangenheitsgesuchs nicht gerechtfertigt. Denn offenkundig unzulässige Ablehnungsgesuche könnten auch ohne nennenswerten Aufwand an Arbeit und Zeit durch einen nach § 45 Abs. 2 ZPO entscheidungszuständigen anderen Richter zurückgewiesen werden.
Die Verfahrensakten des Amtsgerichts Fürstenwalde – 10 F 179/09 – waren beigezogen. Die Äußerungsberechtigte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
B.
I. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Ihr steht auch nicht entgegen, dass mit ihr die Verletzung von Landesgrundrechten im Rahmen eines durch die Zivilprozessordnung bundesrechtlich geordneten Verfahrens gerügt wird. Die insoweit bestehenden Anforderungen (vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2010 – VfGBbg 18/10 –, LKV 2011, 124; www.verfassungsgericht.brandenburg.de) sind erfüllt.
II. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Ein Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV liegt nicht vor.
1. Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter garantiert eine abstrakt–generelle Zuständigkeitsordnung, die für jeden denkbaren Streitfall im Voraus den Richter bezeichnet, der für die Entscheidung zuständig ist und gewährleistet damit, dass der Rechtssuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet (Beschluss vom 18. März 2010 – VfGBbg 11/10 – www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Entsprechend hält die Zivilprozessordnung in §§ 44 ff. ZPO Regelungen vor, die es ermöglichen, einen Richter, der im Einzelfall nicht die Gewähr der Unparteilichkeit bietet, von der Ausübung seines Amtes auszuschließen (vgl. zum Bundesrecht: BVerfGK 11, 434, 440). Gem. § 45 Abs. 1 ZPO ist zur Entscheidung über ein Befangenheitsgesuch das Gericht berufen, dem der Abgelehnte angehört, allerdings ohne dessen Mitwirkung. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es nach der Natur der Sache an der inneren Unbefangenheit und Unparteilichkeit eines Richters fehlen wird, wenn er über die vorgetragenen Gründe für seine angebliche Befangenheit selbst entscheiden müsste. Ein Richter, dessen Unparteilichkeit mit jedenfalls nicht von vornherein untauglicher Begründung in Zweifel gezogen worden ist, kann und soll nicht an der Entscheidung gegen das ihn selbst gerichtete Ablehnungsgesuch mitwirken, das sein eigenes richterliches Verhalten und die ohnehin nicht einfach zu beantwortende Frage zum Gegenstand hat, ob das beanstandete Verhalten für eine verständige Partei Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Andererseits soll aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens der abgelehnte Richter in den klaren Fällen eines unzulässigen
oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert sein und ein aufwendiges und zeitraubendes Ablehnungsverfahren verhindert werden (vgl. zum Bundesrecht: BVerfGK, a.a.O.). Auch wenn offenkundig unzulässige Ablehnungsgesuche problemlos durch den nach § 45 Abs. 2 ZPO zuständigen Richter beschieden werden könnten, führt das in den §§ 44 ff. ZPO vorgesehene Verfahren - Einholung einer dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters, Stellungnahmefrist für beide Parteien, Entscheidung durch den nach § 45 Abs. 2 ZPO zuständigen Richter, Ablauf der Rechtsmittelfrist, § 46 Abs. 2 ZPO – in jedem Fall zu einer nicht nur unerheblichen zeitlichen Verzögerung des Verfahrens. Das vereinfachte Ablehnungsverfahren dient allerdings ausschließlich dazu, echte Formalentscheidungen zu ermöglichen und einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts zu verhindern. Diese Voraussetzungen sind – insbesondere vor dem Hintergrund der grundrechtlichen Gewährleistung des Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV - eng auszulegen. Nur dann, wenn die Prüfung nicht voraussetzt, dass der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten bewertet und damit in eigener Sache entscheidet, kommt die Selbstentscheidung nicht mit der Verfassungsgarantie des Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV in Konflikt.
Nicht in jeder fehlerhaften Anwendung von zuständigkeitsregelnden Verfahrensvorschriften durch die Rechtsprechung, der die Anwendung der Zuständigkeitsregeln und die Handhabung des Ablehnungsrechts im Einzelfall obliegt, liegt allerdings eine Entziehung des gesetzlichen Richters im Sinne von Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV. Sonst müsste jede fehlerhafte Handhabung derartiger Normen des einfachen Rechts zugleich als Verfassungsverstoß gelten (Beschluss vom 18. März 2010 – VfGBbg 11/10, a.a.O.) Die Grenzen zum Verfassungsverstoß sind erst dann überschritten, wenn die Auslegung einer Zuständigkeitsnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV grundlegend verkennt (LVerfGE 3, 171, 174). Dies kann nur aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles beurteilt werden.
2. Das Amtsgericht Fürstenwalde und das Brandenburgische Oberlandesgericht haben bei ihrer Entscheidung, das Befangenheitsgesuch zurückzuweisen, die Bedeutung und Tragweite des Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV weder verkannt, noch haben sie § 45 Abs. 1 ZPO willkürlich interpretiert.
a) Beide Gerichte haben das Gesuch als ausschließlich der Prozessverschleppung dienend und damit als rechtsmissbräuchlich bewertet. In den Fällen rechtsmissbräuchlicher Ablehnung fehlt einem Gesuch das Rechtsschutzbedürfnis, es ist unzulässig. Die Forderung des Beschwerdeführers, offensichtlich unbegründete Gesuche dürften nicht durch den abgelehnten Richter selbst beschieden werden, ist für das Verfahren deshalb ohne Relevanz. Ausgangs- wie Beschwerdeinstanz haben sich bei ihrer Entscheidung ausschließlich auf formale, abstrakt-generelle Erwägungen gestützt, ohne dass inhaltlich auf die von dem Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe eingegangen worden wäre (vgl. dazu unten lit b)). Eine Bewertung des Verhaltens des abgelehnten Richters ist – insbesondere auch durch ihn selbst - nicht vorgenommen worden.
b) Die Beurteilung des Gesuchs als rechtsmissbräuchlich stellt weder eine willkürliche Bewertung dar noch verkennt sie die Bedeutung und Tragweite der grundrechtlichen Gewährleistung. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat die Ansicht des Amtsgerichts, der Beschwerdeführer handele rechtsmissbräuchlich, geteilt, weil es einen Ablehnungsgrund offenkundig nicht als gegeben sah und weil es davon ausging, dass der Beschwerdeführer in Verschleppungsabsicht handelte. Dass diese Annahmen auf sachfremden Erwägungen beruhen oder unhaltbar wären, ist nicht erkennbar.
aa) Bereits die Bewertung der Ablehnungsgründe als offensichtlich nicht durchschlagend, die das Brandenburgische Oberlandesgericht vorgenommen hat, ohne im Einzelnen eine Sachprüfung vorzunehmen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Soweit der Beschwerdeführer sein Befangenheitsgesuch auf vorgebliche Verfahrensfehler des abgelehnten Richters im Parallelverfahren 10 F 322/09 stützt, hat das Brandenburgische Oberlandesgericht – ohne sich inhaltlich mit dem Vorhalt zu befassen - darauf abgestellt, dass dieser Vorwurf bereits Gegenstand des Ablehnungsgesuchs vom 8. März 2010 gegen denselben Richter war. Dieses war mit Beschluss vom 1. April 2010 durch das Amtsgericht zurückgewiesen worden und anschließend Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht, das mit dem Beschluss vom 22. Juni 2010 – 10 WF 92/10 – abgeschlossen worden ist. Ein Ablehnungsgesuch, das sich auf bereits beschiedene Ablehnungsgründe stützt, ist unzulässig (Kammergericht, Beschluss vom 11. Juni 1986 – 18 Abl 2638/86 -, FamRZ 1986, 1022) und bietet von vornherein keine Aussicht auf Erfolg.
Soweit es die Untätigkeit des abgelehnten Richters im Zwangsgeldverfahren betrifft, hat das Brandenburgische Oberlandesgericht ebenfalls verfassungsrechtlich beanstandungsfrei Anzeichen für eine Befangenheit von vornherein verneint, ohne eine konkrete Prüfung zu beginnen. Zur Begründung hat es ausgeführt, in Anbetracht des Aktenvolumens und der wiederholten Aktenanforderungen durch das mit Rechtsmitteln gegen die amtsgerichtlichen Entscheidungen befasste Oberlandesgericht könne aus einer bloßen Untätigkeit des Amtsrichters nicht auf seine Voreingenommenheit geschlossen werden. Darin sind weder sachfremde Erwägungen noch eine inhaltliche Befassung mit den vom Beschwerdeführern erhobenen Vorwürfen zu erkennen.
Dass das Brandenburgische Oberlandesgericht auch die Rüge des Beschwerdeführers, der Tatsachenvortrag der Antragsgegnerin in dem streitgegenständlichen Verfahren habe zum Erlass eines Beweisbeschlusses keinen Anlass gegeben, ohne weitere Sachprüfung für eine etwaige Befangenheit des zuständigen Richters nicht für relevant hielt, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn eine (vermeintlich) unrichtige Entscheidung kann für sich allein nicht die Annahme rechtfertigen, dass der entscheidende Richter den Verfahrensbeteiligungen gegenüber unsachlich oder unparteilich eingestellt ist (vgl. zuletzt: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 16. Juni 2009 – XI S 4/09 - m. w. N., zitiert nach juris). Auch insoweit ist deshalb keine unhaltbare Rechtsauffassung des Brandenburgischen Oberlandesgericht zu erkennen, die zu einem Verfassungsverstoß führen könnte.
bb) Soweit das Brandenburgische Oberlandesgericht weiter ausgeführt hat, der Beschwerdeführer habe in der Absicht gehandelt, den Prozess zu verschleppen, ist auch diese Auffassung nicht offensichtlich unhaltbar. Dass der Beschwerdeführer ausschließlich offenkundig nicht durchgreifende Befangenheitsgründe vorgebracht hat, kann als Indiz für eine Verschleppungsabsicht angeführt werden, ohne dass sachfremde Erwägungen erkennbar wären. Gleiches gilt für die Feststellung, dass der Beschwerdeführer während acht Monaten seinen Zwangsgeldantrag nicht verfolgte, bevor er den Richter wegen Untätigkeit als befangen ablehnte. Frei von sachfremden Erwägungen ist auch die Beurteilung, dem Beschwerdeführer sei es bei dem an das Bundesverfassungsgericht gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach Erhalt der Ladung zum 17. September 2010 vornehmlich darum gegangen, den Termin vor dem Amtsgericht zu verhindern. Aus dem Verfahrensverlauf ist das Gericht – ohne dass insoweit sachfremde Erwägungen erkennbar würden - zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer statt den Fortgang des Prozesses zu fördern, seine Ankündigung realisiere, sich einer Umsetzung des Beweisbeschlusses zu entziehen.
Dass das Oberlandesgericht seine Entscheidung im Hinblick auf die Prozessverschleppungsabsicht auch inhaltlich begründet hat, spricht nicht gegen die zu fordernde Offensichtlichkeit des Rechtsmissbrauchs. Denn in den Fällen, in denen ein abgelehnter Richter das Befangenheitsgesuch mangels Rechtsschutzbedürfnisses ablehnt, bedarf es einer qualifizierten Begründung der Rechtsmissbräuchlichkeit und Berücksichtigung aller zur Begründung der Ablehnung vorgetragenen Umstände (vgl. Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 4. November 2010 – Vf 83-IV-10/ Vf 84-IV-10 – zitiert nach juris). Entsprechend durfte sich das Brandenburgische Oberlandesgericht nicht darauf beschränken darzulegen, dass die vom Beschwerdeführer angeführten Gründe offensichtlich nicht durchgreifen, sondern musste im Einzelnen ausführen, woraus es die Verschleppungsabsicht des Beschwerdeführers ableitete. Eine willkürliche, mit den Vorgaben der Verfassung nicht mehr zu vereinbarende Rechtsanwendung liegt damit im Ergebnis nicht vor.
III.
Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
Postier | Dr. Becker |
Dielitz | Möller |
Nitsche | Partikel |
Schmidt |