VerfGBbg, Beschluss vom 16. September 2004 - VfGBbg 218/03 -
Verfahrensart: |
Kommunalverfassungsbeschwerde Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 97; LV, Art. 98 Abs. 1 | |
Schlagworte: | - Gemeindegebietsreform - kommunale Selbstverwaltung - Verhältnismäßigkeit |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 16. September 2004 - VfGBbg 218/03 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 218/03

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In dem kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren Gemeinde Mahlow, Beschwerdeführerin, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte B.,
hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg am 16. September 2004 b e s c h l o s s e n : Die kommunale Verfassungsbeschwerde wird teils verworfen, im übrigen zurückgewiesen. G r ü n d e : A. Die Beschwerdeführerin, eine bisher dem Amt Blankenfelde-Mahlow angehörende Gemeinde, wehrt sich gegen ihre Auflösung durch Einbeziehung in die neue Gemeinde Blankenfelde-Mahlow. I. 1. Die Beschwerdeführerin liegt unmittelbar südlich der Berliner Stadt- und Landesgrenze im Landkreis Teltow-Fläming. Sie gehörte bisher mit den Gemeinden Blankenfelde, Groß Kienitz und Jühnsdorf dem Amt Blankenfelde-Mahlow an; Sitz der Amtsverwaltung war Blankenfelde. Über das Gemeindegebiet der nördlich der Bundesautobahn 10 (A 10; sog. Berliner Ring) belegenen Beschwerdeführerin führt in Nord-Süd-Richtung die Bundesstraße 96 (B 96). Auf dem Gebiet der Beschwerdeführerin leben ungefähr 9.400, in den Gemeinden Blankenfelde, Groß Kienitz und Jühnsdorf ungefähr 10.200 bzw. 300 und 260 Einwohner sowie in der ebenfalls überwiegend nördlich der Autobahn befindlichen Gemeinde Dahlewitz des bisherigen Amtes Rangsdorf ca. 1.900 Einwohner. Die Beschwerdeführerin grenzt südlich an die bisherigen Gemeinden Blankenfelde und Groß Kienitz, östlich an das bisherige Amt Schönefeld und westlich an die seit Jahren amtsfreie Gemeinde Großbeeren. Die Beschwerdeführerin weist, wie auch die Gemeinde Blankenfelde, einen ausgeglichenen Haushalt auf, ist aber von Schlüsselzuweisungen des Landes abhängig, während die Gemeinde Groß Kienitz und aus dem Nachbaramt Rangsdorf die Gemeinde Dahlewitz abundant sind. Das Amt Blankenfelde-Mahlow und damit auch das Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin liegt im engeren Verflechtungsraum zu Berlin (s. Art. 1 Anlage 1 § 4 S. 4 Nr. 1 i.V.m. Anhang B 1 des Staatsvertrages vom 7. August 1997 über das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm der Länder Berlin und Brandenburg [Landesentwicklungsprogramm, nachfolgend LEPro] und über die Änderung des Landesplanungsvertrages [GVBl. 1998 I S. 14]). Die bisherigen Nachbarämter Rangsdorf und Schönefeld befinden sich ebenfalls im engeren Verflechtungsraum (s. Anhang B 1 des LEPro). 2. Ende April/Anfang Mai 2002 versandte das Ministerium des Inneren an die Beschwerdeführerin Unterlagen zu ihrer beabsichtigten Eingliederung in die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. In den ersten beiden Maiwochen wurden auch die Anhörungsunterlagen für die Anhörung der Bevölkerung an den Landrat des Landkreises Teltow-Fläming versandt. Die Anhörung der Bürger sollte für die Dauer eines Monats erfolgen und vor dem Ende der Gemeindeanhörung abgeschlossen werden. 3. Im September desselben Jahres brachte die Landesregierung sechs Gesetzentwürfe zur landesweiten Gemeindegebietsreform in den Landtag ein. § 16 des Entwurfes zum 4. Gesetz zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Havelland, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming (4. GemGebRefGBbg) sah die Neubildung der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow aus den Gemeinden des gleichnamigen bisherigen Amtes unter Einbeziehung der Gemeinde Dahlewitz des Nachbaramtes Rangsdorf vor. Das Gesetz wurde im Frühjahr 2003 vom Landtag verabschiedet. § 16 Abs. 1 des 4. GemGebRefGBbg vom 24. März 2003 (GVBl. I S. 73), am Tag der landesweiten Kommunalwahlen (26. Oktober 2003) in Kraft getreten (s. § 37 Satz 1 des 4. GemGebRefGBbg), lautet: § 16 Verwaltungseinheiten Amt Blankenfelde-Mahlow und
II. Die Beschwerdeführerin hat am 20. August 2003 kommunale Verfassungsbeschwerde gegen § 16 Abs. 1 des 4. GemGebRefG erhoben. Sie macht geltend, angesichts der im Jahr 1992 erfolgten Ämterbildung stelle die im Jahr 2003 vorgenommene gesetzliche Neugliederung eine wiederholte Änderung dar, für die wegen rechtsstaatlich gebotener Rechtssicherheit, eines Bestands- und Vertrauensschutzes, ein deutliches Überwiegen des öffentlichen Interesses bestehen müsse. Zwar bildeten die Beschwerdeführerin und die Gemeinde Blankenfelde einen in sich geschlossenen Siedlungsraum. Wegen der auf hohem Entwicklungspotential beruhenden Eigenständigkeit der leistungsfähigen Beschwerdeführerin könne der Zusammenschluß aber nicht auf eine enge Verflechtung der Gemeinden untereinander gestützt werden. Der Gesetzgeber habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt und wesentliche Tatsachen nicht in die Abwägung einbezogen. Der geplante Flughafen Berlin Brandenburg International werde in der Region viele zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Dies lasse eine Lockerung bestehender raumordnungsrechtlicher Restriktionen für die Ausweisung weiterer Bauflächen erwarten, so daß mit erheblichem Bevölkerungszuwachs zu rechnen sei und die neugebildete Gemeinde gegenüber anderen Gemeinden unverhältnismäßig groß werde. Die Gemeinde Blankenfelde habe sehr viel geringere Möglichkeiten zur Schaffung weiterer Bebauung als die Beschwerdeführerin und entwickele sich langsamer. Vorhandene Einrichtungen würden stark ortseigen genutzt. Die Beschwerdeführerin sorge sich um künftig fehlende Bürgernähe und eine verminderte Bürgerbeteiligung. Der Gesetzgeber verstoße im Hinblick auf andere fortbestehende Gemeinden gleicher Größenordnung gegen das Gleichbehandlungsgebot. Es spreche mehr für eine Amtsfreiheit der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin beantragt festzustellen:
III. Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg und die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. B. I. Die kommunale Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin ist gemäß Art. 100 Verfassung des Landes Brandenburg (LV), §§ 12 Nr. 5, 51 Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg) statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdeführerin ungeachtet des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Neuregelung beteiligtenfähig. Eine Gemeinde gilt nach feststehender Rechtsprechung für die Dauer des gegen ihre Auflösung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens als fortbestehend. II. Die kommunale Verfassungsbeschwerde erweist sich aber in der Sache selbst als unbegründet. Die Auflösung von Gemeinden durch den Staat ist, wie sich unmittelbar aus Art. 98 Abs. 1 und 2 LV ergibt, nicht von vornherein ausgeschlossen. Die dafür ebenfalls nach Art. 98 Abs. 1 sowie Abs. 2 LV gezogenen Grenzen sind hier nicht verletzt. 1. Die nach der Landesverfassung geltenden Anhörungserfordernisse sind, wie es auch die Beschwerdeführerin nicht in Abrede stellt, eingehalten worden (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, u.a. Beschluß vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 - und Urteil vom 26. August 2004 - VfGBbg 230/03 - www.verfassungsgericht.brandenburg.de).2. Auch materiell ist die Einbeziehung der Beschwerdeführerin in die neue Gemeinde Blankenfelde-Mahlow mit der Landesverfassung vereinbar. a) In das Gebiet einer Gemeinde sowie - erst recht - in ihre körperschaftliche Existenz kann zufolge Art. 98 Abs. 1 LV nur aus Gründen des öffentlichen Wohls eingegriffen werden. Der Inhalt des Begriffes öffentliches Wohl ist dabei im konkreten Fall vom Gesetzgeber auszufüllen, dem in dieser Hinsicht grundsätzlich in dem von der Verfassung gesteckten Rahmen ein Beurteilungsspielraum und politische Gestaltungsfreiheit in dem Sinne zukommt, daß er Ziele, Leitbilder und Maßstäbe selbst festlegen kann. Das Verfassungsgericht überprüft zunächst, ob der Gesetzgeber den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zutreffend und umfassend ermittelt hat. Dabei ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle nicht eingeschränkt (BVerfGE 50, 50, 51 [Laatzen]; SächsVerfGH, Urteile vom 18. Juni 1999 - Vf. 51-VIII-98 - LVerfGE 10, 375, 394 [Markkleeberg] und vom 5. November 1999 - Vf. 133-VII-98 -, UA S. 13; ThürVerfGH LVerfGE 5, 391, 427 f. [Jena]; Dombert, NordÖR 2004, 6, 7 m.w.N.; s. auch Stüer, DVBl 1977, 1, 3; zur verfassungsgerichtlichen Kontrolle gesetzlicher Planungsentscheidungen s. auch BVerfG, Beschluß vom 17. Juli 1996 - 2 BvF 2/93 -, BVerfGE 95, 1, 22 f. [Südumfahrung Stendal]; 76, 107, 121 f). Das Verfassungsgericht prüft sodann, ob der Gesetzgeber den ermittelten Sachverhalt seiner Regelung zutreffend zugrundegelegt und die mit ihr einhergehenden Vor- und Nachteile in vertretbarer Weise gewichtet und in die Abwägung eingestellt hat. Hierbei darf sich das Verfassungsgericht nicht an die Stelle des Gesetzgebers setzen und hat seine Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Zielvorstellungen, Sachabwägungen, Wertungen und Einschätzungen des Gesetzgebers offensichtlich fehlerhaft, lückenhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsmäßigen Wertordnung widersprechen. Die Bevorzugung einzelner und die gleichzeitige Hintanstellung anderer Belange bleibt dem Gesetzgeber so weit überlassen, als das mit dem Eingriff in den Bestand der Kommunen verbundene Abwägungsergebnis zur Erreichung der verfolgten Zwecke nicht offenkundig ungeeignet oder unnötig ist oder zu den angestrebten Zielen deutlich außer Verhältnis steht und frei von willkürlichen Erwägungen und Differenzierungen ist. Es ist dabei nicht die Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber die beste und zweckmäßigste Neugliederungsmaßnahme getroffen hat (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteile vom 18. Juni 1998 VfGBbg 27/97 , LVerfGE 8, 97, 169 f. m.w.N. und vom 29. August 2002 VfGBbg 34/01 , UA S. 20, LKV 2002, 573, 575; ständige Rechtspr., zuletzt Beschluß vom 22. April 2004 VfGBbg 182/03 UA S. 16). Unter mehreren offensichtlich gleich gut geeigneten Lösungen muß der Gesetzgeber allerdings diejenige auswählen, die für die betroffene Gemeinde weniger belastend ist und in ihre Rechtssphäre weniger intensiv eingreift (VerfGH NW, Urteil vom 6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, UA S. 31 f; StGH BW, Urteil vom 14. Februar 1975 - GR 11/74 -, NJW 1975, 1205, 1212). b) In Anwendung dieser Grundsätze hat sich hier der Gesetzgeber fehlerfrei auf den Standpunkt gestellt, daß für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, und auf dieser Grundlage eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung getroffen. Im einzelnen: aa) Die allgemeinen vom Gesetzgeber hier herangezogenen Kriterien für die kommunale Neugliederung halten sich im Rahmen des öffentlichen Wohls (Art. 98 Abs. 1 LV). Der Gesetzgeber beruft sich für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow wesentlich auf die Notwendigkeit, die brandenburgische Gemeindestruktur in der Nähe Berlins zu ändern (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 281 sowie Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu § 16 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550). (1) Die Einteilung des Landes in verschiedene Neugliederungsräume mit der Differenzierung zwischen engerem Verflechtungs- und äußerem Entwicklungsraum ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Der Gesetzgeber hat die Problematik des engeren Verflechtungsraumes ausführlich untersucht und beschrieben (s. Gesetzesbegründung zum 4. GemGebRefGBbg, LT-Drucksache 3/4883, S. 23 ff., 75 f.). Wenn er annimmt, die beiden Teilräume des Landes unterschieden sich in einer Vielzahl von Kennziffern, etwa der Bevölkerungsdichte, Siedlungsdichte, Besiedlungsgrad, durchschnittliche Gemeindegröße, Bevölkerungsentwicklung, Wanderungssaldo, Anteil der Auspendler nach Berlin, Anteil der Einpendler in die Brandenburger Gebiete aus Berlin, Arbeitslosenquote etc. (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 23 ff.), so ist dies nicht offensichtlich fehlerhaft. Schon die Behebung von Strukturproblemen im Umland der größeren Orte innerhalb eines Bundeslandes ist ein Grund des öffentlichen Wohls, der eine kommunale Neugliederung zu rechtfertigen vermag, (Urteil vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -; vgl. auch SächsVerfGH SächsVBl 1999, 236, 239; ThürVerfGH NVwZ-RR 1997, 639, 643; Hoppe/Stüer, DVBl 1992, 641, 642 f.; v. Unruh/Thieme/Scheuner, Grundlagen der kommunalen Gebietsreform, 1981, S. 116, 118 f.). Dies gilt entsprechend für die strukturellen Probleme, die sich aus der Nähe zu Berlin mit seinen ca. 3 ½ Millionen Einwohnern ergeben. Auch das Verhältnis zu Berlin wirft schwierige und aufwendige Abklärungs- und Koordinationsfragen auf, die Abstimmung und Absprache fordern. Wenn der Gesetzgeber mit 2 a) aa) seines Leitbildes (LT-Drucksache 3/4883, 19 ff.) in einem Bereich um Berlin die amtsfreie Gemeinde zur Problembewältigung eines von Berlin ausgehenden Suburbanisierungsdruckes für besser geeignet hält, so liegt darin nicht die Entscheidung für eine offenkundig ungeeignete oder unnötige Maßnahme. Die Beibehaltung einer Amtsverfassung kann für dünner besiedelte Gebiete mit ausgedehnten Flächen und geringeren Wechselwirkungen zwischen den Gemeinden grundsätzlich anders behandelt werden als im - bei statthafter pauschalierender und typisierender Betrachtungsweise - deutlich dichter besiedelten Raum um Berlin mit stärkeren wechselseitigen Abhängigkeiten der Kommunen. Im übrigen kommt es auf die parteipolitische Herkunft einzelner verwirklichter Vorschläge nicht an. (2) Es kann auch nicht festgestellt werden, daß der Gesetzgeber grundsätzlich zu Unrecht die Abgrenzung zwischen den beiden Neugliederungsräumen vorgenommen hätte, etwa aufgrund überholter Raumordnungspläne. Der Gesetzentwurf geht zwar offenkundig von den Festsetzungen nach § 4 S. 4 Nr. 1 i.V.m. dem Anhang B 1 des LEPro aus, in denen alle Ämter aufgeführt sind, welche sich im engeren Verflechtungsraum Brandenburg/Berlin befinden (s. auch die gemeindebezogene Auflistung Anlage 1 zum Landesplanungsvertrag, GVBl. 1998, 30). Mitarbeiter der gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin/Brandenburg haben im Gesetzgebungsverfahren in der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am 23. Oktober 2002 hierzu mitgeteilt, daß die Ausdehnung der beiden unterschiedlich geprägten Räume über die Zeit hinweg sich kaum geändert, sondern eine gewisse Stabilität auch über die Zeit hinweg gezeigt habe (Ausschußprotokoll 3/637, S. 94). Der engere Verflechtungsraum dehne sich in einigen Bereichen eher aus; es könne aber kein Beispiel genannt werden, wo es Abweichungen signifikanter Art gebe (Ausschußprotokoll 3/637, S. 96). Auf die Frage des Abgeordneten Schulze, ob ein Gebiet wegen eines tatsächlichen Entwicklungsdruckes dem engeren Verflechtungsraum zugeordnet wurde oder nur, weil es innerhalb eines bestimmten Entfernungsrasters liege, ist erläutert worden, daß die Entfernung zu Berlin nur einer der Indikatoren der Einstufung gewesen sei. In der Folge hat der Landtag die bisherige landesplanerische Einordnung lediglich als Indiz für die Lage im engeren Verflechtungsraum angesehen, sodann aber in einem zweiten Schritt geprüft, ob es Hinweise und Kritiken auf eine aktuelle Entwicklung gibt, die die Datenbasis insoweit obsolet erscheinen lassen (Beschluß des Innenausschusses vom 28. November 2002 zu Antrag Nr. 3 zur durchgeführten Anhörung vom 23. Oktober 2002, Ausschußprotokoll 3/675) und damit im Gesetzgebungsverfahren geprüft, ob die Einordnung einer Gemeinde bzw. eines Amtes in den engeren Verflechtungsraum angesichts der tatsächlichen Entwicklung der letzten Jahre noch trägt. Diese Vorgehensweise ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. bb) Der Gesetzgeber hat sich ausreichend mit den danach maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen befaßt. Die örtlichen Verhältnisse sowohl in Hinsicht auf die allgemeinen Strukturprobleme, die sich aus der Nähe zu Berlin ergeben, als auch die besondere Verflechtung zwischen der Beschwerdeführerin und der Gemeinde Blankenfelde sind in den Gesetzesunterlagen zutreffend angesprochen (s. die Beschreibung der Gemeinde im Neugliederungssachverhalt in LT-Drucksache 3/4883, S. 276 ff.). Es gab keinen Anlaß anzunehmen, die Beschwerdeführerin befinde sich nicht mehr im Umlandbereich zu Berlin. Die wesentlichen Strukturdaten wurden zutreffend ermittelt, etwa daß die Beschwerdeführerin, wie auch die Gemeinde Blankenfelde, zwar einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen können, jedoch nur unter Inanspruchnahme von Schlüsselzuweisungen des Landes. Eine hohe Zahl von Einpendlern insbesondere aus Blankenfelde, die auf dem Gebiet der Beschwerdeführerin in mehr als 20 Unternehmen mit ca. 300 Arbeitsplätzen arbeiten, wie mehr noch von Auspendlern der stark von Wohnbereichen geprägten Beschwerdeführerin fällt auf. Unbeschadet dessen durfte der Gesetzgeber aber zugleich die übergreifende Situation im Bereich des Amtes Blankenfelde-Mahlow in den Blick nehmen. Die insoweit interessierenden Verhältnisse der für die Neugliederung vorgesehenen weiteren bislang amtsangehörigen Gemeinden und von Dahlewitz sind ebenfalls zureichend einbezogen (vgl. etwa die Darstellung zu der finanziellen Situation der Gemeinden Blankenfelde und Dahlewitz sowie zur räumlichen Nähe und Verkehrsanbindung, LT-Drucksache 3/4883, S. 278 ff.). Auch wurde festgestellt, daß die Einwohner der Beschwerdeführerin ihre Grundversorgung im eigenen Ort erhalten und ergänzend auch Einwohner von Blankenfelde und der Nachbarorte die Mahlower Einrichtungen nutzen. Auf dem Gebiet der Beschwerdeführerin befinden sich eine Gesamtschule und zwei Grundschulen, während Blankenfelde über zwei Grundschulen und ein Gymnasium verfügt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob von dem Gesetzgeber sämtliche tatsächlichen Momente in allen Einzelheiten richtig erfaßt und gewürdigt worden sind. Wie verbunden die Gemeinden im Detail jetzt sind, ist nämlich bei der Prognoseentscheidung zu der Gemeindegebietsneugliederung ersichtlich von untergeordneter Bedeutung. Ins Gewicht fällt vielmehr nur, ob der Gesetzgeber die für die Durchführung des von ihm gewählten Leitbildes bestimmenden Elemente in ihrem wesentlichen Gehalt richtig erkannt und daraus sachgerechte Folgerungen gezogen hat. Nur wenn die Richtigkeit einer die Entscheidung tragenden Tatsache bestritten und es möglich ist, daß die Neugliederung anders ausgefallen wäre, besteht deshalb eine Nachprüfungspflicht für das Verfassungsgericht (vgl. SächsVerfGH, LVerfGE 10, 375, 398 [mit-]entscheidend; VerfGH NW, Urteil vom 6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, UA S. 25; StGH BW, NJW 1975, 1205, 1213). Derartige Tatsachen hat die Beschwerdeführerin indes nicht mitgeteilt. cc) Zur Bewältigung der vom Gesetzgeber benannten Strukturfragen ist die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde Blankenfelde-Mahlsdorf nicht offensichtlich ungeeignet. Das Landesverfassungsgericht vermag nicht zu erkennen, daß das Ziel einer Bereinigung der Strukturprobleme im Bereich Blankenfelde-Mahlow durch die Zusammenführung in einen einheitlichen Aufgaben- und Verwaltungsraum eindeutig verfehlt würde. dd) Die Einbeziehung der Beschwerdeführerin in die neu gebildete Gemeinde Blankenfelde-Mahlow ist nicht unverhältnismäßig. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen die für eine Auflösung der Gemeinde sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls gegenüber den für den Fortbestand der einzugliedernden Gemeinde sprechenden Gründe erkennbar überwiegen (vgl. hierzu BayVerfGH BayVBl 1981, 399, 400 f.; s. auch NdsStGH OVGE 33, 497, 503; StGH BW NJW 1975, 1205, 1211). Dies ist hier - nach der vertretbaren Wertung des Gesetzgebers - der Fall. Da die kommunale Selbstverwaltung auch dazu dient, die Bürger zu integrieren, den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl (Heimat) zu vermitteln und damit die Grundlagen der Demokratie zu stärken, ist die Reform der Gemeindestruktur nicht ausschließlich an Rationalisierung und Verbesserung der Effizienz der Verwaltungsorganisation zu messen. Eine Gemeinde darf nicht ohne Berücksichtigung von Besonderheiten allein aus Gründen der Strukturbereinigung aufgelöst werden. Andernfalls kann der Eingriff in die Existenz einer Gemeinde und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der örtlichen Verbundenheit außer Verhältnis zu dem angestrebten Vorteil geraten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], UA S. 23, LKV 2002, 573 = NJ 2002, 642). Vorliegend erlangen indes nach der vertretbaren Abwägung des Gesetzgebers die für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow sprechenden Gründe das größere Gewicht. Dem Gesetzgeber war die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung gegenwärtig. Er hat die Belange der Einwohner durchaus im Blick gehabt und sich damit, ablesbar aus der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs (s. LT-Drucksache 3/4883, S. 282 ff.; s. auch S. 63 ff., 80 f.) und den Beratungen im Landtag und seinen Ausschüssen (Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu § 16 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550, S. 3 f.), auseinandergesetzt. Auf der anderen Seite hat er jedoch als gegenläufige Belange in zulässiger und vertretbarer Weise im Bereich Blankenfelde-Mahlow namentlich die Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung durch die Zusammenführung in eine einheitliche Kommune, die bereits heute bestehenden engen Verflechtungsbeziehungen mit ausgeprägter Ergänzung von Gewerbe und Wohnen in dem Bereich sowie Gesichtspunkte der Raumordnung in seine Abwägung eingestellt und ihnen die größere Bedeutung beigemessen (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 282 ff. sowie S. 3 f. der Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu § 16 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550). Der Gesetzgeber hat auch im Blick gehabt, daß bei Mehrfachgliederungen in kürzeren Zeiträumen, bei einem Hin und Her der gebietlichen Zuordnung unter Gesichtspunkten eines Vertrauensschutzes ggf. höhere Anforderungen an das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Wohls zu stellen wären. Er ist aber in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, daß es sich bei der nun gesetzlich angeordneten Neugliederung nicht um ein derartiges Ein- und Wiederausgliedern von Gemeinden und Gemeindeteilen, um jeweils gegenläufige Lösungsansätze, sondern lediglich um eine Fortentwicklung der nach 1990 begonnenen Strukturreform von zumeist sehr kleinen Gemeinden hin zu auf Dauer leistungsstarken Verwaltungseinheiten handelt, wobei die Ämterbildung einen ersten Schritt bedeutete, der auf seine Wirksamkeit geprüft werden sollte und zumindest im engeren Verflechtungsraum vom Gesetzgeber aus dem erheblichen Grund des öffentlichen Wohls, der Stadt-Umland-Problematik, mehr noch des besonderen Suburbanisierungsdrucks der Metropole Berlin, für letztlich unzureichend befunden wurde (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 58). ee) Auch im übrigen läßt die Abwägung des Gesetzgebers keine seine Entscheidung in Frage stellenden Defizite erkennen. Ein bestehendes starkes bürgerschaftliches Engagement in der Beschwerdeführerin steht der Eingliederung nicht entgegen. Eine kommunale Neugliederung setzt nicht voraus, daß Mängel in der bisherigen Aufgabenerfüllung bestehen oder eine Gemeinde keine ausreichende Verwaltungs- und Leistungskraft besitzt. Vielmehr kann auch eine angestrebte weitere Verbesserung der Verwaltung des Gesamtraumes die Neugliederung rechtfertigen. Daß die örtliche Verbundenheit der Einwohner und deren Teilnahme am Gemeindegeschehen dauerhaft beeinträchtigt oder gar beseitigt werden würde, vermag das Verfassungsgericht nicht zu erkennen. Die Einschätzung des Gesetzgebers ist nicht zu beanstanden, daß schließlich die bisherigen Orte zusammenwachsen und die Einwohner der Beschwerdeführerin sich neben ihrem Ortsteil auch dem vergrößerten Blankenfelde-Mahlow verbunden fühlen werden, das auch im Falle von deutlich über 20.000 Einwohnern keine ungewöhnliche oder, wie von der Beschwerdeführerin bezeichnet, unverhältnismäßige Größe erlangt, wie schon der Blick auf die ebenfalls im engeren Verflechtungsraum belegenen Kommunen einer solchen Größe (z.B. Bernau, Falkensee, Fürstenwalde/Spree, Hennigsdorf, Ludwigsfelde, Oranienburg und Strausberg) zeigt. Der Gesetzgeber war auch nicht durch die finanziellen Folgen an einer Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde Blankenfelde-Mahlow gehindert. Für die Beurteilung am Maßstab des öffentlichen Wohls im Sinne des Art. 98 Abs. 1 LV ist nicht ausschließlich oder auch nur in erster Linie entscheidend, welche Lösung für die Einwohner der einzelnen Gemeinde die meisten Vorteile bietet. Entscheidend ist vielmehr, welche Lösung den Interessen des gesamten neu zu gliedernden Verwaltungsraumes und seiner Bevölkerung sowie darüber hinaus der Gesamtbevölkerung des Landes am besten entspricht. Von dieser Erwägung hat sich der Gesetzgeber bei der Ausübung seines Ermessens leiten lassen. Erfahrungsgemäß kann der Wohlstand einer Gemeinde auf Lagevorteil - etwa einer verkehrsgünstigen Lage an der Schnittstelle zwischen Autobahn und Bundesstraße - beruhen, wenn auch die sich aus der vorteilhaften Lage ergebenden Chancen tatkräftig genutzt werden müssen. Umgekehrt kann Verschuldung jedenfalls teilweise aus Lagenachteilen herrühren, etwa wenn Infrastruktureinrichtungen unterhalten werden müssen, die zugleich den Menschen aus Nachbargemeinden zugute kommen, und gleichzeitig günstige Entwicklungsmöglichkeiten nicht vorhanden sind oder durch bestehende (Wohn-)Bebauung nicht lohnend genutzt werden können. Eine Beteiligung aller Gemeinden an finanziellen Lasten des Gesamtraumes ist in derartigen Fällen nicht unangemessen. Eine Abwägungsentscheidung zu der Eingliederung der Beschwerdeführerin in ein weiterbestehendes angrenzendes Nachbaramt durch den Gesetzgeber (vgl. dazu Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], UA S. 19, LKV 2002, 573 = NJ 2002, 642) mußte dieser schon deswegen nicht vornehmen, weil es angrenzend - in erster Linie wohl schon wegen der Lage im engeren Verflechtungsraum - ausschließlich amtsfreie Gemeinden geben soll. Zudem hat die Beschwerdeführerin eine solche Lösung auch selbst nicht präferiert. Die von der Beschwerdeführerin erstrebte eigene Amtsfreiheit durfte der Gesetzgeber im Hinblick auf 2 d) cc) seines Leitbildes, wonach die Schaffung zusätzlicher Verwaltungseinheiten zu vermeiden sei, ablehnen. Von Verfassungs wegen ist dieser Neugliederungsansatz, nach dem das Ergebnis einer vorgenommenen Neugliederung - hier der Auflösung zweier Ämter (Blankenfelde-Mahlow und Rangsdorf) - nicht zu einer Vermehrung der Kommunalverwaltungen (von amtsfreien Gemeinden bzw. Ämtern) führen soll, nicht zu beanstanden. Es ist nachvollziehbar und nicht offenkundig unnötig, daß durch eine deutliche Verringerung der Anzahl von Verwaltungseinheiten im Land eine Straffung und Effizienzsteigerung der Kommunalverwaltungen erreicht werden soll (LT-Drucksache 3/4883, S. 44). Dem folgend verhält sich die Bildung von zwei amtsfreien Gemeinden - Blankenfelde-Mahlow und Rangsdorf - unter Einbeziehung aller in diesem Bereich bislang amtsangehörigen Gemeinden systemgerecht, während die Herausbildung auch der Beschwerdeführerin als einer dritten amtsfreien Gemeinde eine zusätzliche bislang nicht vorhanden gewesene Verwaltungseinheit bedeutet hätte. In dieser durch das spezielle Ziel, im engeren Verflechtungsraum die Ämterstruktur aufzulösen (2 a) aa) des Leitbildes), bedingten ergänzenden Leitbildregelung liegt zugleich der von der Beschwerdeführerin vermißte Grund für eine - vermeintliche - Ungleichbehandlung mit anderen vergleichbar großen amtsfreien Gemeinden im engeren Verflechtungsraum. Diese Gemeinden sind bereits seit mehreren Jahren als amtsfreie Gemeinde mit eigener Verwaltung etabliert. Deshalb sind sie nicht in die aktuelle Gemeindeneugliederung, die vordringlich u.a. auf die Neuordnung bisheriger Amtsstrukturen im engeren Verflechtungsraum abzielte, einbezogen worden. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Gewichtung des Willens der Bevölkerung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Ergebnisse der aufgrund Beschlusses der Gemeindevertretung vom 15. November 2001 durchgeführten Bürgerbefragung wie auch 175 Stellungnahmen von Bürgern und entsprechende Erkenntnisse aus den weiteren Gemeinden der Ämter Blankenfelde-Mahlow und Rangsdorf lagen im Landtag vor und sind damit in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 273 ff., 287 f.). An das sich daraus ergebende jeweilige Stimmungsbild ist der Gesetzgeber aber nicht gebunden. Das Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung stellt vielmehr nur ein Merkmal unter weiteren Gesichtspunkten dar, die für die Ermittlung der Gründe des öffentlichen Wohles und damit für die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers von Bedeutung sind. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es eben auch darum, größere Räume neu zu gliedern, so daß nicht nur örtliche Gegebenheiten - wie etwa die Akzeptanz des Vorhabens bei den Bürgern der einzelnen Gemeinde - ins Gewicht fallen. Hiervon ausgehend hat sich der Landtag in den Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit bewegt, als er nicht dem Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung gefolgt ist, sondern den für die Eingliederung der Beschwerdeführerin nach Blankenfelde-Mahlow sprechenden Umständen das größere Gewicht beigemessen hat. C. Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1 2. Alt. VerfGGBbg.
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