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VerfGBbg, Beschluss vom 16. August 2019 - VfGBbg 45/18 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1
- RVG, § 13
- VV RVG, Nr. 3104
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- unzureichende Begründung
- Willkür
- Terminsgebühr
- Telefonat
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 16. August 2019 - VfGBbg 45/18 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 45/18




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

P.

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte:               RAin S.

 

wegen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juni 2018 (OVG 3 K 48.17) sowie Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 10. März 2017 (VG 11 KE 14/17) und vom 14. November 2016 (VG 8 K 745/16)

          

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 16. August 2019

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dresen, Dr. Finck, Heinrich-Reichow, Kirbach, Dr. Lammer, Sokoll und Dr. Strauß

beschlossen: 

 

                                    Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

Gründe:

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen Beschlüsse, die die Kostenfestsetzung einer Terminsgebühr ablehnen.

I.

Der Beschwerdeführer klagte im Verfahren VG 8 K 745/16 (vormals VG 8 K 2146/12) vor dem Verwaltungsgericht Potsdam gegen einen Beitragsbescheid.

Im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens kam es am 15. April 2016 zu einem Telefonat zwischen der Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers und der beklagten Behörde. Nach Beendigung des Verfahrens VG 8 K 745/16 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers unter dem 30. August 2016 für das genannte Telefonat die Festsetzung einer Terminsgebühr nach § 13 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und Nr. 3104 Vergütungsverzeichnis (VV RVG).

Die Behörde trat dem entgegen. Eine Terminsgebühr sei nicht gerechtfertigt, da das Telefonat nicht das Ziel gehabt habe, eine Erledigung des Verfahrens VG 8 K 745/16 herbeizuführen. Es habe sich um eine allgemein gehaltene Sachstandanfrage für alle gerichtsanhängigen Verfahren gehandelt, wobei sie lediglich die weiteren Verfahrensschritte erläutert habe.

Das Verwaltungsgericht Potsdam wies mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom
14. November 2016 die Festsetzung der Terminsgebühr zurück. Diese setze voraus, dass eine Besprechung als Meinungsaustausch mit dem Ziel einer Einigung bzw. einer anderweitigen unstreitigen Erledigung geführt werde. Die bloße Mitteilung, dass ein Anspruch anerkannt werde, eine Sachstandsanfrage oder eine bloße Verfahrensabsprache lösten die Terminsgebühr nicht aus. Im vorgelegten Telefonvermerk vom 15. April 2016 sei ein anderes Verfahren genannt. Aus dem Vermerk gehe hervor, dass es in dem Gespräch ganz allgemein um die Frage der zukünftigen Gestaltung der Verwaltungspraxis der Behörde nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 12. November 2015 (1 BvR 2961/14 und 1 BvR 3051/14) gegangen sei. Das Gespräch sei auch nicht auf Erledigung des Verfahrens gerichtet gewesen. Es habe sich vielmehr um eine allgemeine Sachstandsanfrage gehandelt.

Das Verwaltungsgericht Potsdam lehnte mit Beschluss vom 10. März 2017 (VG 11 KE 14/17) die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren ab, da es an einer auf Erledigung des Verfahrens des Beschwerdeführers gerichteten Besprechung der Parteien fehle. Der von der Prozessbevollmächtigten vorgelegte Gesprächsvermerk gehöre ausweislich des darin genannten Kurzrubrums nebst Kanzleiaktenzeichen nicht zum Verfahren des Beschwerdeführers, sondern zu einem anderen Verfahren. Der in dem Vermerk dokumentierte Inhalt des Telefonats gehe außerdem ersichtlich nicht über eine bloße Sachstandsanfrage hinaus.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wies die Beschwerde mit Beschluss vom 15. Juni 2018 (OVG 3 K 48.17) mit der Begründung zurück, dass es bei dem Telefonat am 15. April 2016 nicht konkret um das vorliegende Verfahren, sondern um das von der Behörde geplante Vorgehen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 gegangen sei. Insoweit habe es einer Prüfung durch die Behörde in jedem einzelnen Fall bedurft. Die Ausführungen der Behörde seien im Allgemeinen geblieben. Im Übrigen habe der Erinnerungsführer selbst eingeräumt, dass erst die mündliche Verhandlung vom 25. Juli 2016, die in zahlreichen anderen Verfahren durchgeführt worden sei, für Klarheit gesorgt habe.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg wurde dem Beschwerdeführer am 21. Juni 2018 bekannt gegeben.

II.

Der Beschwerdeführer hat am 21. August 2018 Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgericht Potsdam vom 14. November 2016 (VG 8 K 745/16) und vom 10. März 2017 (VG 11 KE 14/17) und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juni 2018 (OVG 3 K 48.17) erhoben.

Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung der Rechtsschutzgarantie aus Art. 6 Abs. 1 Landesverfassung (LV), des Willkürverbots aus Art. 52 Abs. 3 LV, des Anspruchs auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 Alt. 1 LV sowie die Verletzung von § 13 RVG in Verbindung mit Nr. 3104 VV RVG.

Im Telefonat am 15. April 2016 sei zu dem Verfahren des Beschwerdeführers, wie auch zu allen anderen Parallelverfahren besprochen worden, ob die Behörde eine vorzeitige Beendigung der laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Aufhebung der Bescheide veranlassen würde. Die Behörde habe zugesichert, dass eine Aufhebung der Bescheide erfolgen würde, ohne dass die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte abgewartet werden müssten. Ebenso habe die Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers zu erreichen versucht, dass alle Prozesszinsen zeitnah festgesetzt und ausgezahlt werden sollten. Es sei erörtert worden, ob auch eine bestimmte Gruppe von Bescheiden erfasst sei. Das sei zugesichert worden.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss verstoße gegen das Willkürverbot, da er unter keinen rechtlichen Umständen vertretbar und damit schlechthin unhaltbar sei. Bei einer Besprechung, für die eine Terminsgebühr entstehe, könnten mehrere Angelegenheiten Gegenstand des Gesprächs sein, mit der Folge, dass in allen besprochenen Angelegenheiten eine Terminsgebühr entstehe. Das Telefonat sei zweifelsohne auf die Beendigung aller laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit gleich gelagerten Sachverhalten gerichtet gewesen. Es sei konkret die Art und Weise der Erledigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch Aufhebung der Bescheide besprochen worden. Dessen ungeachtet werde vom Gericht unterstellt, es sei eine bloße Sachstandsanfrage zum Bearbeitungsstand erfolgt, welche dahingehend beantwortet worden sei, dass der Anspruch anerkannt werde. In dem Telefonat seien jedoch sämtliche verwaltungsgerichtlichen Parallelverfahren angesprochen und zumindest teilweise Einigkeit dahingehend erzielt worden, wie die Verfahren bei den Verwaltungsgerichten erledigt werden würden. Einigkeit habe darin bestanden, dass die Behörde sämtliche Bescheide vor einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aufheben, hingegen die Auszahlung der Prozesszinsen zeitlich verzögert erfolgen würde. Dieser unstreitig gestellte Sachverhalt werde in beiden Entscheidungen unbeachtet gelassen.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

1. Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 VerfGGBbg sind Anträge, die das Verfahren beim Verfassungsgericht einleiten, zu begründen und die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben. Erforderlich ist nach § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg eine Begründung, welche schlüssig die mögliche Verletzung des geltend gemachten Grundrechts des Beschwerdeführers aufzeigt. Sie muss umfassend und aus sich heraus verständlich sein. Mit der Begründung müssen der entscheidungserhebliche Sachverhalt und die wesentlichen rechtlichen Erwägungen nachvollziehbar dargelegt werden, um dem Gericht eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem geltend gemachten Begehren zu ermöglichen. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 22. März 2019
- VfGBbg 38/18 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

2. Die Beschwerdeschrift zeigt keine mögliche Verletzung der geltend gemachten Grundrechte auf und setzt sich mit den angegriffenen Entscheidungen der Gerichte nicht hinreichend auseinander. Zur Verfassungswidrigkeit der angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen wird argumentativ nicht vorgetragen.

a) Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich keine Verletzung des Grundrechts auf Gleichheit vor Gericht in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür gemäß Art. 52 Abs. 3 Alt. 1 LV. Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und daher der Nachprüfung durch das Verfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Ein verfassungsgerichtliches Eingreifen gegenüber Entscheidungen der Fachgerichte kommt nur in Ausnahmefällen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot in Betracht. Eine gerichtliche Entscheidung verstößt jedoch nicht bereits bei jeder fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts gegen das Willkürverbot, sondern erst, wenn sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und damit schlechthin unhaltbar ist. Sie muss Ausdruck einer objektiv falschen Rechtsanwendung sein, die jeden Auslegungs- und Beurteilungsspielraum außer Acht lässt und ganz und gar unverständlich erscheint. Diese Voraussetzungen liegen unter anderem dann vor, wenn sich ein Gericht mit seiner rechtlichen Beurteilung ohne nachvollziehbare Begründung in Widerspruch zu einer durch Rechtsprechung und Schrifttum geklärten Rechtslage setzt oder das Gericht den Inhalt einer Norm krass missdeutet, so dass sich der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht. Von einer willkürlichen Missdeutung kann dann nicht gesprochen werden, wenn sich das Gericht eingehend mit der Sach- und Rechtslage auseinandergesetzt hat und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 20. Oktober 2017 - VfGBbg 20/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.).

Die Beschwerdeschrift behauptet die fehlerhafte Auslegung des Vermerks und die fehlerhafte Nicht-Subsumtion unter die Nr. 3104 VV RVG. Die Auslegung des § 13 RVG in Verbindung mit Nr. 3104 VV RVG und die Anwendung auf den einzelnen Fall sind jedoch der Nachprüfung durch das Verfassungsgericht grundsätzlich entzogen. Warum die Anwendung des einfachen Rechts hier unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und damit schlechthin unhaltbar sein, d. h. ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot vorliegen soll, ergibt sich nicht aus der Beschwerdeschrift, die sich mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht befasst.

b) Der Beschwerdeführer setzt sich nicht damit auseinander, inwieweit die Rechtsschutzgarantie aus Art. 6 Abs. 1 LV und der Anspruch auf ein faires Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 Alt. 1 LV durch die verwaltungsgerichtlichen Beschlüsse verletzt sein sollen. Hierzu erfolgen außer dem Zitat der Normen keinerlei Ausführungen.

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

 

Möller Dr. Becker
   
Dresen Dr. Finck
   
Heinrich-Reichow Kirbach
   
Dr. Lammer Sokoll
   
Dr. Strauß