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VerfGBbg, Beschluss vom 16. Mai 2002 - VfGBbg 46/02 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3; LV, Art. 52 Abs. 4 Satz 1
- VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1
- StPO, § 33a; StPO, § 44
Schlagworte: - Strafprozeßrecht
- rechtliches Gehör
- faires Verfahren
- Wiedereinsetzung
- Gegenvorstellung
- Rechtswegerschöpfung
- Substantiierung
- Bundesrecht
- Fristversäumung
nichtamtlicher Leitsatz: Wiedereinsetzung bei Versäumung der Einspruchsfrist gegen einen Strafbefehl im Lichte des Anspruchs auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren vor Gericht.
Fundstellen: - LVerfGE 13, 153
- LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 13, 106
- NStZ-RR 2002, 239
- NJ 2002, 365 (nur LS)
- JR 2002, 368
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 16. Mai 2002 - VfGBbg 46/02 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 46/02



IM NAMEN DES VOLKES
B E S C H L U S S

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

K.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt B.,

gegen den Beschluß des Landgerichts vom 18. Dezember 2001

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke, Dr. Dombert,
Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr. Schröder

am 16. Mai 2002

b e s c h l o s s e n :

1. Der Beschluß des Landgerichts vom 18. Dezember 2001 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 der Verfassung des Landes Brandenburg) und auf ein faires Verfahren vor Gericht (Art. 52 Abs. 4 S. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) und wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

G r ü n d e :

A.
I.

Der Beschwerdeführer nahm am Abend des 02. Juni 2000 an einem Grillabend teil. Am frühen Morgen des 03. Juni 2000 schlug er nach den Bekundungen des Geschädigten an dessen PKW die Heckscheibe ein. Den hinzueilenden Geschädigten griff er an und verletzte ihn. Die hinzugerufene Polizei fand bei ihm einen Zündschlüssel zu einem zuvor in einem Wassergraben gefundenen PKW. Die dem Beschwerdeführer am 03. Juni 2000 um 7.03 Uhr entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholgehalt von 1,9 ‰.

Die Staatsanwaltschaft leitete unter dem Aktenzeichen gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Körperverletzung und des versuchten schweren Diebstahls ein Ermittlungsverfahren ein, in dem sich unter dem 23. Oktober 2000 mit einer auf den 12. Oktober 2000 datierten Vollmacht der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers als Verteidiger meldete und unter dem 27. November 2000 zu den Vorwürfen gegen den Beschwerdeführer Stellung nahm. In dieser Strafsache ist Anklage zum Amtsgericht erhoben worden und steht die Hauptverhandlung bevor.

Parallel ermittelte die Polizei wegen des Verdachts der Trunkenheit am Steuer. Die Staatsanwaltschaft leitete hierzu ein Ermittlungsverfahren unter dem Aktenzeichen ein. In diesem Verfahren erging unter dem 22. Februar 2001 ein Strafbefehl des Amtsgerichts, der dem Beschwerdeführer am 28. Februar 2001 durch Niederlegung bei der Post zugestellt wurde. Unter dem 06. März 2001 meldete sich in dieser Strafsache der Verfahrensbevollmächtigte unter Überreichung einer auf den 02. Oktober 2000 datierten Vollmacht und bat um Übersendung des niedergelegten Schriftstücks, da sich der Beschwerdeführer im Urlaub befinde - nach den Angaben in der Begründung der Verfassungsbeschwerde befand er sich vom 22. Februar bis zum 18. März 2001 in der Ukraine - und niemand bevollmächtigt sei, das niedergelegte Schriftstück abzuholen. Aufgrund richterlicher Verfügung vom 09. März 2001 wurde eine Abschrift des Strafbefehls am 16. März 2001 übersandt.

Am 19. März 2001 legte der Verfahrensbevollmächtigte gegen den Strafbefehl Einspruch ein und beantragte zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist. Durch Beschluß des Amtsgerichts vom 29. Juni 2001 wurde der Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet zurückgewiesen, weil der Beschwerdeführer dafür Sorge zu tragen gehabt habe, "daß ihn seine Post auch während seines Auslandsaufenthalts erreicht", und der Einspruch gegen den Strafbefehl wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unzulässig verworfen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde wurde durch Beschluß des Landgerichts vom 18. Dezember 2001, dem Beschwerdeführer nach seinen Angaben zugestellt am 21. Dezember 2001, zurückgewiesen, weil der Beschwerdeführer "weder konkret vorgetragen" habe, in welchem Zeitraum er im Ausland geweilt habe, noch "derartige Tatsachen glaubhaft gemacht" habe. Außerdem habe der Verfahrensbevollmächtigte aufgrund der ihm erteilten Vollmacht die niedergelegte Sendung abholen können. Eine gegen diese Entscheidung am 03. Januar 2002 erhobene Gegenvorstellung blieb ohne Erfolg.

II.

Mit der am 21. Februar 2002 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV)), mittelbar auch des Anspruchs auf ein faires Verfahren vor Gericht (Art. 52 Abs. 4 S. 1 LV), indem er geltend macht: Er habe für die Zeit seiner urlaubsbedingten Abwesenheit durch die seinem Verfahrensbevollmächtigten in dem Ermittlungsverfahren erteilte Vollmacht, die jedoch keine Postvollmacht sei, dafür Sorge getragen, daß ihm in diesem Verfahren keine Nachteile entstehen konnten. Von einem anderen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft sei ihm nichts bekannt gewesen, so daß er nicht mit dem Zugang eines gerichtlichen Schriftstückes in anderer Sache habe rechnen müssen. Das Fristversäumnis habe seinen Grund letztlich darin, daß ohne seine und seines Verfahrensbevollmächtigten Kenntnis der Vorwurf der Trunkenheitsfahrt unter Herauslösung aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt zum Gegenstand eines eigenen Ermittlungsverfahrens unter anderem Aktenzeichen gemacht worden sei.

III.

Das Landgericht hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Gerichtsakten zu Aktenzeichen Landgericht und Amtsgericht sind beigezogen worden.

B.

Die Verfassungsbeschwerde hat Erfolg.

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

1. Insbesondere ist der Rechtsweg ausgeschöpft (§ 45 Abs. 2 S. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg)). Gegen den die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts zurückweisenden Beschluß des Landgerichts vom 18. Dezember 2001 stand ein weiteres Rechtsmittel nicht zur Verfügung (vgl. etwa Kleinknecht/Meyer-Goßner, Strafprozeßordnung, 45. Aufl. 2001, Rn. 1 zu § 311). Auch von dem Rechtsbehelf nach § 33 a Strafprozeßordnung (StPO) - sog. Gehörsrüge -, der nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts zur Ausschöpfung des Rechtsweges gehört, hat der Beschwerdeführer der Sache nach Gebrauch gemacht (in diesem Sinne - in einem vergleichbaren Zusammenhang - auch Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluß vom 15. Juni 1993 - VerfGH 18/92 -, LVerfGE 1, 81, 84). Das Landgericht hätte die gegen den Beschluß vom 18. Dezember 2001 erhobene Gegenvorstellung, mit der der Beschwerdeführer daran festhielt, daß er von dem gegen ihn ergangenen Strafbefehl ohne Verschulden nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt und ihm deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren sei, als Antrag nach § 33 a StPO behandeln müssen, weil hier allenfalls auf dem Weg über § 33 a StPO, grundsätzlich nicht aber über eine bloße Gegenvorstellung (vgl. insoweit Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 17. Dezember 1998 - VfGBbg 40/98 -, LVerfGE 9, 145, 148), eine Abänderung der das Wiedereinsetzungsgesuch betreffenden Entscheidung in Betracht kam und deshalb nach dem Auslegungsgrundsatz der größtmöglichen Erfolgsaussicht zu verfahren gewesen wäre. Tatsächlich hat sich denn auch das Landgericht ausweislich des darüber aufgenommenen Aktenvermerks nochmals mit der Wiedereinsetzungsfrage beschäftigt. Den Beschwerdeführer unter diesen Umständen darauf zu verweisen, daß er sich ein weiteres Mal mit einem (nunmehr) ausdrücklich auf § 33 a StPO Bezug nehmenden Antrag an das Landgericht hätte wenden müssen, wäre Förmelei. Soweit das Landgericht, sei es auch ohne hinreichende "Verarbeitung" der hier zugrundliegenden Situation, nicht abgeholfen hat, ist dies - und wäre dies auch in dem Verfahren nach § 33 a StPO (s. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 17. Februar 2000 - VfGBbg 39/99 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 45, 48 f.) - nicht seinerseits nochmals anfechtbar, weil dies auf eine nach dem Gesetz gerade nicht eröffnete weitere Beschwerde hinauslaufen würde.

2. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht auch nicht entgegen, daß die Verletzung von Landesgrundrechten im Rahmen eines bundesrechtlich - hier: durch die Strafprozeßordnung - geordneten Verfahrens gerügt wird. Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in st. Rspr. seit Beschluß vom 16. April 1998 - VfGBbg 1/98 -, LVerfGE 8, 82, 84 f. unter Bezugnahme auf BVerfGE 96, 345, 371 ff.; letztmalig Beschluß vom 14. Februar 2002 - VfGBbg 65/01 -) sind hier gegeben: Ein Bundesgericht war nicht befaßt. Eine Rechtsschutzalternative zu der Verfassungsbeschwerde steht, wie ausgeführt, nicht mehr zur Verfügung. Die als verletzt in Betracht kommenden landesverfassungsrechtlich verbürgten Rechte auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren vor Gericht sind inhaltsgleich mit den entsprechenden grundrechtsgleichen Rechten des Grundgesetzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 20 Abs. 3 GG).

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der Beschluß des Landgerichts vom 18. Dezember 2001 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 LV) einerseits und auf ein faires Verfahren vor Gericht (Art. 52 Abs. 4 S. 1 LV) andererseits.

1. a) Bei der Anwendung und Auslegung der Wiedereinsetzungsvorschriften - hier: § 44 StPO - dürfen unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs gerade auch in einem Fall, in dem - wie vorliegend - die Einspruchsfrist gegen einen Strafbefehl versäumt worden ist, die Anforderungen an die Wiedereinsetzungsvoraussetzungen nicht überspannt werden, weil es sich bei dem Einspruch gegen einen Strafbefehl um den "ersten Zugang zum Gericht" in dem Sinne handelt, daß erst auf diesem Wege die Möglichkeit besteht, sich überhaupt vor dem Richter Gehör zu verschaffen (st. Rspr. seit BVerfGE 25, 158, 166; letztmalig BVerfGE 67, 208, 212 f.; insbes. BVerfG NJW 1991, 351; NJW 1994, 1856). Von daher wird die Entscheidung des Landgerichts vom 18. Dezember 2001 dem Inhalt und der Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht hinreichend gerecht:

aa) Ein die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nahelegender Grund ergibt sich gegebenenfalls allein schon daraus, daß sich der Beschwerdeführer zur Zeit der Zustellung des Strafbefehls im Ausland befand. Davon ist jedenfalls das Amtsgericht ausgegangen, indem es sich auf den Standpunkt gestellt hat, daß der Beschwerdeführer dafür hätte Sorge tragen müssen, "daß ihn seine Post auch während seines Auslandsaufenthalts erreicht". Auch das Landgericht hat dies jedenfalls nicht ausgeschlossen, indem es dem Beschwerdeführer entgegengehalten hat, er habe "weder konkret vorgetragen, in welchem Zeitpunkt er im Ausland geweilt" habe, noch "derartige Tatsachen glaubhaft gemacht". Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß urlaubsbedingte Abwesenheit - jedenfalls für eine Dauer von bis zu sechs Wochen - im allgemeinen keine Vorkehrungen erfordert, durch Niederlegung bei der Post zugestellte Schriftsätze abzuholen (vgl. BVerfGE 40, 88, 91 f.; 41, 332, 335 ff.). Selbst nach einer polizeilichen Vernehmung kann der Bürger damit rechnen, daß er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhält, sofern ihm während seiner Urlaubsabwesenheit ein Strafbefehl durch Niederlegung bei der Post zugestellt wird und er deshalb die Einspruchsfrist versäumt (vgl. - für einen Bußgeldbescheid - BVerfGE 34, 154, 156 f.).

Soweit das Landgericht das Vorbringen des Beschwerdeführers, zum Zeitpunkt der Niederlegung des Strafbefehls in Urlaub gewesen zu sein, für zu unsubstantiiert erachtet und eine Glaubhaftmachung "derartiger Tatsachen" vermißt hat, wäre es, bevor es die sofortige Beschwerde mit dieser Begründung zurückwies, mit Blick auf Tragweite und Stellenwert des Anspruchs auf rechtliches Gehör von Verfassungs wegen gehalten gewesen, dem Beschwerdeführer einen entsprechenden Hinweis und damit Gelegenheit zu geben, seine Angaben - in (zulässiger) Ergänzung seines Wiedereinsetzungsvorbringens - zu konkretisieren und glaubhaft zu machen. Dies gilt um so mehr, als das Amtsgericht von der Urlaubsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung des Strafbefehls, wohl aufgrund der dahingehenden Mitteilung des Verfahrensbevollmächtigten, ausgegangen war und der Beschwerdeführer deshalb nicht damit zu rechnen brauchte, daß das Landgericht ohne entsprechenden Hinweis in diesem Punkte strenger sein würde.

bb) Auch die weitere Begründung des Landgerichts, der Verteidiger hätte die niedergelegte Sendung abholen können, wird der Bedeutung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht gerecht. Dabei kann offenbleiben, ob die Vollmacht des Verfahrensbevollmächtigten die Abholung der Post erlaubt hätte. Denn jedenfalls ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich das erkennende Gericht anschließt, dem Beschuldigten in Wiedereinsetzungsfällen ein Versäumnis seines Verteidigers nicht zuzurechnen (vgl. BVerfGE 60, 253, 299 f.; BVerfG NJW 1991, 351; 1994, 1856).

cc) Ergänzend verdient Berücksichtigung, daß der Verfahrensbevollmächtigte sich bereits mit Schriftsatz vom 06. März 2001 und damit noch innerhalb der am 14. März 2001 ablaufenden Einspruchsfrist unter Vorlage einer auf den 02. Oktober 2001 datierten Vollmacht an das Amtsgericht gewandt und um Übermittlung des niedergelegten Schriftstücks gebeten hatte, woraufhin die Richterin noch am 09. März 2001 die Übersendung einer Abschrift des Strafbefehls verfügt hat, welche allerdings erst unter dem 15. März bzw. 16. März 2001 bewirkt worden ist. Von daher war auch der Gerichtsbetrieb daran beteiligt, daß der Strafbefehl den Verfahrensbevollmächtigten nicht noch vor Ablauf der Einspruchsfrist erreicht hat.

dd) Nicht zuletzt war durch die Aufspaltung in zwei Ermittlungs- und (infolgedessen) Strafverfahren aus der Sicht des Beschuldigten eine unübersichtliche Situation entstanden. Die getrennte Verfolgung von Körperverletzung und versuchtem schweren Diebstahl einerseits und unmittelbar vorangegangener Trunkenheitsfahrt andererseits war aus der Sicht des Beschuldigten verwirrend. Er hat in der Strafsache - Js 33140/00 -, die ihm offenbar - möglicherweise wegen der dabei entstandenen Fremdschädigung (Körperverletzung, Diebstahlsversuch, Sachbeschädigung) - im Vordergrund zu stehen schien, durch Bestellung und Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts dafür Sorge getragen, daß ihm auch bei Ortsabwesenheit kein Rechtsnachteil entstehen konnte (vgl. auch § 145 a Abs. 3 StPO), und er mag die Vorstellung gehabt haben, daß von Seiten der Justiz entweder die Trunkenheitsfahrt "unter den Tisch gefallen" oder daß auf Seiten der Justiz der Zusammenhang mit dem Verfahren wegen Körperverletzung pp. gegenwärtig sei und man sich deshalb gegebenenfalls an seinen Verteidiger wenden werde. Jedenfalls stellt sich die durch die - für einen juristischen Laien künstliche - Aufspaltung in zwei Ermittlungs- und Strafverfahren entstandene unübersichtliche Verfahrenssituation unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs als weiterer Umstand dar, der dem Beschwerdeführer bei der Frage zugute zu halten ist, ob er - im Sinne des Wiedereinsetzungsrechts (§ 44 StPO) - "ohne Verschulden verhindert" war, die Einspruchsfrist einzuhalten.

b) Die Entscheidung des Landgerichts vom 18. Dezember 2001 beruht auf der Nichtberücksichtigung der vorstehend dargelegten, jeweils unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs für die Wiedereinsetzungsentscheidung von Verfassungs wegen Beachtung verdienender Gesichtspunkte. Es liegt nahe und ist jedenfalls nicht auszuschließen, daß das Landgericht bei Einbeziehung dieser Gesichtspunkte zu einer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährenden Entscheidung gelangt wäre.

2. Aus den zu 1. ausgeführten Gründen ist auch der Anspruch des Beschwerdeführers auf ein faires Verfahren vor Gericht (Art. 52 Abs. 4 S. 1 LV) verletzt. Es erscheint unfair, eine durch die Arbeitsweise der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte entstandene unklare Verfahrenssituation in der Weise zu Lasten des Beschuldigten gehen zu lassen, daß gegen eine damit zusammenhängende Versäumung einer Einspruchsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird. Mindestens ist dieser Gesichtspunkt bei der Wiedereinsetzungsentscheidung miteinzubeziehen. Da dies hier unterblieben ist, kann die Entscheidung des Landgerichts vom 18. Dezember 2001 auch unter diesem Gesichtspunkt keinen Bestand haben.

III.

Gemäß § 50 Abs. 3 VerfGGBbg ist der angegriffene Beschluß des Landgerichts aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen.

C.

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf § 32 Abs. 7 Satz 1 VerfGGBbg.

Dr. Macke Dr. Dombert
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
Dr. Jegutidse Dr. Knippel
Prof. Dr. Schröder