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VerfGBbg, Beschluss vom 16. März 2000 - VfGBbg 42/99 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 19 Abs. 2 Satz 1; LV, Art. 52 Abs. 3; LV, Art. 19 Abs. 3 Satz 1
- BbgPG, § 12 Abs. 1 Satz 1; BbgPG, § 12 Abs. 2 Satz 4;
  BbgPG, § 12 Abs. 2 Satz 5
- GG, Art. 103 Abs. 1
Schlagworte: - Grundrechtsberechtigung
- Beschwerdebefugnis
- Parteifähigkeit
- Subsidiarität
- Rechtsschutzbedürfnis
- Bundesrecht
- Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts
- rechtliches Gehör
- Pressefreiheit
- Prüfungsmaßstab
Fundstellen: - LVerfGE 11, 127 (nur LS)
- LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 73
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 16. März 2000 - VfGBbg 42/99 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 42/99



IM NAMEN DES VOLKES
B E S C H L U S S

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

1. der M.-GmbH & Co. KG,
vertreten durch die M.-V.-GmbH, diese verteten durch die Geschäftsführer,

Beschwerdeführerin zu 1),

2. des Dr. K.,

Beschwerdeführer zu 2),

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. W.,

gegen das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. Oktober 1999

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Knippel, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Weisberg-Schwarz und Prof. Dr. Will

am 16. März 2000

b e s c h l o s s e n :

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e :

A.

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Verpflichtung zum Abdruck einer Gegendarstellung.

I.

Die Beschwerdeführerin zu 1) veröffentlichte in der von ihr herausgegebenen "M.-Zeitung" am 7. Juli 1999 einen von ihrem Chefredakteur, dem Beschwerdefüher zu 2), verfassten Artikel, in dem unter Bezugnahme auf ein aktuell erschienenes Buch über Stasi-Verstrickungen des Verfügungsklägers des Ausgangsverfahrens berichtet wird. Auf Antrag des Betroffenen gab das Landgericht F. den Beschwerdeführern als Gesamtschuldnern im Wege der einstweiligen Verfügung auf, eine vom Betroffenen verfasste Gegendarstellung zu einzelnen Behauptungen in dem Bericht zu veröffentlichen.

Auf Widerspruch der Beschwerdeführer bestätigte das Landgericht mit Urteil vom 13. August 1999 den Verfügungsbeschluss weitgehend, nachdem durch eine geänderte Formulierung der Gegendarstellung nach Auffassung des Gerichts die erforderliche Klarstellung erfolgt war, dass die Verfügungsbeklagten in dem Bericht Tatsachenbehauptungen lediglich zitiert hätten. Die Berufung der Beschwerdeführer führte zu einem Teilerfolg: Durch Urteil vom 13. Oktober 1999 gab das Brandenburgische Oberlandesgericht ihnen unter Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung vom 19. Juli 1999 als Gesamtschuldner auf, in der nächsten für den Druck nicht abgeschlossenen Ausgabe der “M.-Zeitung” auf Seite 4 mit gleicher Schrift wie die Erstmitteilung ohne Einschaltungen und Weglassung die nachfolgende Gegendarstellung zu veröffentlichen:

“Gegendarstellung
In der M.-Zeitung vom 7. Juli 1999 ist auf Seite 4 ein Beitrag unter der Überschrift “Das Buch ist hart und haarig für alle, die etwas damit zu tun hatten” veröffentlicht, in dem Behauptungen aus dem Buch von Scholz „OV MAXIM oder die Stadt der kranken Gehirne“ wiedergegeben werden, die unrichtig sind und die ich wie folgt richtigstelle:

a) Unwahr ist die Behauptung, dass ich mich bei einem Gelage in F./M. gebrüstet habe, Oberstleutnant der Stasi zu sein. Wahr ist, dass ich nicht für die Stasi tätig war, ich habe mich auch nicht damit gebrüstet, Oberstleutnant der Stasi zu sein.

b) Unwahr ist die Behauptung, ich hätte Herrn Scholz 1993 darum gebeten, in der Öffentlichkeit als mein Freund (zu meiner Rehabilitation) aufzutreten, nach F./O. zu kommen und allen zu sagen, ich sei nie bei der Stasi und SED gewesen.

Wahr ist, dass ich Herrn Scholz zu einem solchen Verhalten nicht aufgefordert habe. Im Jahre 1993 hat nur ein Gespräch zwischen Herrn Scholz und mir während eines Kongresses in B. stattgefunden. Ich habe ihm gesagt, dass ich entgegen seinen Äußerungen gegenüber Bekannten in F./O. nicht für die Stasi gearbeitet habe.

Weiterhin habe ich ihn eingeladen, einen seiner Besuche in F./O. zu nutzen, das Klinikum aufzusuchen, um sich von den Veränderungen ein Bild machen zu können.

Über meine allgemein bekannte Mitgliedschaft in der SED wurde nicht gesprochen.

F./O., den 10.08.1999

Professor Dr. S.”

Hinsichtlich einer dritten im Gegendarstellungsbegehren wiedergegebenen Äußerung (“Scholz schreibt, in den Gauck-Unterlagen habe er Berichte gefunden, ”die nur von S. stammen konnten””), wies das Oberlandesgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück, da insoweit keine gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung vorliege. An der teilweisen Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung sah sich das Oberlandesgericht unbeschadet des im Gegendarstellungsrecht geltenden Grundsatzes des "ganz oder gar nicht" nicht gehindert. In Fällen einer Häufung einzelner miteinander nicht zwangsläufig verbundener Gegendarstellungsbegehren habe das Presseorgan die Möglichkeit, den Abdruck eines abtrennbaren Teils der aus mehreren Teilen bestehenden Gegendarstellung von vornherein anzubieten und den Gegendarstellungsanspruch insoweit vor Gericht mit der Kostenfolge des § 93 Zivilprozessordnung - ZPO - sofort anzuerkennen.

II.

Mit der am 15. Dezember 1999 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 19 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 3 der Verfassung des Landes Brandenburg - LV -. Sie tragen vor, das Oberlandesgericht habe die gesetzlichen Bestimmungen des Brandenburgischen Pressegesetzes grob missachtet und dadurch ihr Grundrecht auf Pressefreiheit verletzt. Zum einen folge aus der nach § 12 Brandenburgisches Landespressegesetz - BbgPG - anwendbaren Vorschrift des § 938 Abs. 1 ZPO, dass das Gericht die Gegendarstellung nicht umformulieren dürfe. Dem Verleger oder verantwortlichen Redakteur würde ansonsten etwas auferlegt, wozu er nach dem Gesetz nicht berechtigt sei. Darüber hinaus müsse die Gegendarstellung als höchstpersönliche Erklärung vom Betroffenen handschriftlich unterzeichnet sein. Der Gegendarstellungsanspruch könne erst durch Zuleitung einer materiell und formell § 12 BbgPG entsprechenden Gegendarstellung an den Verpflichteten entstehen. Soweit nach der vom Oberlandesgericht herangezogenen Mindermeinung die Ausscheidung einzelner nicht untrennbar verbundener Punkte einer Gegendarstellung für zulässig gehalten werde, sei hierfür eine - im vorliegenden Fall fehlende - ausdrückliche Ermächtigung des Gerichts durch eine persönliche Erklärung des Betroffenen Voraussetzung. Da das Oberlandesgericht den Beschwerdeführern keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu den beabsichtigten selbständigen Kürzungen der Gegendarstellung gegeben habe, seien sie überdies in ihrem durch Art. 52 Abs. 3 LV geschützten Recht auf rechtliches Gehör verletzt.

III.

Der Präsident des Brandenburgische Oberlandesgerichts und der Verfügungskläger des Ausgangsverfahrens haben von der Gelegenheit zur Äußerung Gebrauch gemacht.

Der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts macht im wesentlichen geltend, eine auf die Bereinigung der Gesamtsituation bedachte Herangehensweise sei dem Gericht auch im Gegendarstellungsrecht nicht verwehrt. Die Pressefreiheit als die Freiheit der Presse, frei zu schreiben, was sie ihrerseits für richtig halte, bliebe hierbei unberührt. Nachteile für die Presse würden durch die Möglichkeit, den Abdruck eines abtrennbaren Teils der Gegendarstellung von vornherein anzubieten und den Gegendarstellungsanspruch insoweit vor Gericht mit der Kostenfolge aus § 93 ZPO sofort anzuerkennen, vermieden. Auch das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer sei nicht verletzt, da sämtliche entscheidungserheblichen Fragen seit der Entscheidung des Landgerichts bekannt gewesen und, ebenso wie die in das Urteil eingeflossenen Gedankengänge, in der mündlichen Verhandlung seitens des Senats angesprochen und in einem längeren Rechtsgespräch erörtert worden seien.

Der Verfügungskläger des Ausgangsverfahrens macht geltend, in der Verhandlung vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht sei die spätere Entscheidung des Gerichts ausführlich erörtert worden. Er selbst habe den Beschwerdeführern auch während des gerichtlichen Verfahrens wiederholt erklärt, dass er mit jedweder Änderung der Gegendarstellung einverstanden sei, soweit aus dieser ersichtlich werde, dass er der Behauptung, für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet zu haben, widerspreche. Am 29. Dezember 1999 habe die M.-Zeitung erstmals die Gegendarstellung in einer für ihn akzeptablen Form veröffentlicht.

B.

Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

I.

1. Auch die Beschwerdeführerin zu 1) ist als Kommanditgesellschaft im Verfahren der Verfassungsbeschwerde parteifähig. Sie kann als solche unter ihrer Firma Verfassungsbeschwerde erheben (vgl. BVerfGE 53, 1, 13) und sich sowohl auf das - seinem Wesen nach auf inländische juristische Personen anwendbare (vgl. BVerfGE 21, 271, 277 zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz - GG -) - Grundrecht der Pressefreiheit nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 LV berufen als auch den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 52 Abs. 3 LV geltend machen, der jedem zusteht, dem gegenüber eine gerichtliche Entscheidung materiell-rechtlich wirkt und der deshalb von dem Verfahren rechtlich unmittelbar betroffen ist (vgl. BVerfGE 92, 158, 183 zu Art. 103 Abs. 1 GG).

2. Die Beschwerdebefugnis liegt vor, da eine Verletzung der geltend gemachten Grundrechte bzw. grundrechtsgleichen Verfahrensrechte nach dem Vortrag der Beschwerdeführer nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint. Dies gilt auch hinsichtlich des Grundrechts auf Pressefreiheit. Dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 19 Abs. 2 Satz 1 LV schützt nicht nur die “Freiheit der Presse, frei zu schreiben, was sie ihrerseits für richtig hält”, sondern die Pressetätigkeit in sämtlichen Aspekten (vgl. BVerfGE 97, 125, 144 zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG). Auch die Verpflichtung zum Abdruck einer Gegendarstellung kann die Beschwerdeführer mithin in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit beeinträchtigen (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 145).

3. Gegen die Zulässigkeit bestehen auch unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde keine Bedenken. Nach dem der Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg zu Grunde liegenden Grundsatz der Subsidiarität wird von einem Beschwerdeführer - über das Gebot der bloßen Rechtswegerschöpfung hinausgehend - verlangt, dass er alles im Rahmen seiner Möglichkeiten Stehende unternimmt, um eine etwaige Grundrechtsverletzung zu beseitigen oder zu verhindern. Eine Verfassungsbeschwerde ist danach regelmäßig auch dann unzulässig, wenn unbeschadet der Ausschöpfung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in zumutbarer Weise Rechtsschutz noch im fachgerichtlichen Hauptsacheverfahren erlangt werden kann (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg, vgl. u.a. Beschluss vom 15. Juli 1999 - VfGBbg 20/99-). Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen eine im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangene fachgerichtliche Entscheidung ist mithin, dass der Beschwerdeführer eine gerade dieses Verfahren betreffende und im fachgerichtlichen Hauptsacheverfahren nicht mehr korrigierbare Grundrechtsverletzung geltend macht (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, a.a.O.). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, da über das Bestehen eines Gegendarstellungsanspruchs gegen die Beschwerdeführer abschließend im einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden wird und im Gegensatz zu den eigentlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein Hauptsacheverfahren nicht stattfindet (§ 12 Abs. 4 Satz 5 BbgPG, vgl. auch BVerfGE 63, 131, 141 m.w.N.).

4. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht entfallen, nachdem die Beschwerdeführer die Gegendarstellung - nach den Angaben des Verfügungsklägers des Ausgangsverfahrens - am 29. Dezember 1999 in der “M.-Zeitung” in der geforderten Weise veröffentlicht haben. Den Beschwerdeführern geht es ersichtlich um die grundsätzliche Klärung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sie zum Abdruck einer durch das Gericht geänderten Gegendarstellung verpflichtet sind. Die Wiederholung eines vergleichbaren Falles im Rahmen der Pressetätigkeit der Beschwerdeführer ist nicht ausgeschlossen.

5. Dahinstehen kann schließlich die Frage, ob überhaupt eine Entscheidungskompetenz des erkennenden Gerichts besteht. Da die Verletzung von Landesgrundrechten bei der Durchführung eines bundesrechtlich - hier durch die ZPO - geordneten Verfahrens gerügt wird, verbleibt wegen der Zuständigkeit des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zur Regelung der Rechts- und Bestandskraft gerichtlicher Entscheidungen nur insoweit Raum für ein verfassungsgerichtliches Eingreifen auf Landesebene, als dies zur Erreichung des Zweckes der Landesverfassungsbeschwerde unerlässlich ist. Eine Prüfung der vom Bundesverfassungsgericht diesbezüglich entwickelten Voraussetzungen (vgl. BVerfGE 96, 345, 370 ff.) kann indes unterbleiben, da die Verfassungsbeschwerde - wie unter II. dargelegt - jedenfalls unbegründet ist.

II.

Das angegriffene Urteil des Oberlandesgerichts verletzt weder das Grundrecht der Pressefreiheit nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 LV noch den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 52 Abs. 3 LV.

1. Das Urteil des Oberlandesgerichts, das die Beschwerdeführer zum Abdruck einer Gegendarstellung in der “M.-Zeitung” verpflichtet, berührt sie - wie dargelegt (s.o. zu I.2.) - in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit. Dieser Eingriff ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung auf eine mit der Landesverfassung in Einklang stehende Norm gestützt (a) und bei der Auslegung und Anwendung die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf Pressefreiheit ausreichend berücksichtigt(b).

a) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BbgPresseG sind der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks verpflichtet, eine Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist. Die Einzelheiten des Anspruchs sind in den Absätzen 1 bis 5 näher geregelt. Im vorliegenden Fall kommt insoweit vor allem § 12 Abs. 2 Satz 4 und 5 BbgPG Bedeutung zu, wonach die Gegendarstellung der Schriftform bedarf, von dem Betroffenen oder seinem gesetzlichen Vertreter unterzeichnet sein und dem verantwortlichen Redakteur oder dem Verleger unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung zugehen muss. Nach § 12 Abs. 4 Satz 2 BbgPG kann das Gericht auf Antrag des Betroffenen anordnen, dass der verantwortliche Redakteur und der Verleger eine Gegendarstellung in der Form des Absatzes 3 veröffentlichen. Auf dieses Verfahren sind nach § 12 Abs. 4 Satz 3 BbgPG die Vorschriften der ZPO über das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entsprechend anzuwenden.

Die genannten gesetzlichen Grundlagen sind - wie im Übrigen auch die Beschwerdeführer nicht bestritten haben - mit der Landesverfassung vereinbar. Es handelt sich um gesetzliche Einschränkungen zum Schutz wichtiger Rechtsgüter im Sinne des § 19 Abs. 3 Satz 1 LV. Der Gegendarstellungsanspruch ist als medienspezifische Rechtsschutzmöglichkeit durch die verfassungsrechtliche Gewährleistung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geboten (vgl. BVerfGE 73, 118, 201; 97, 125, 146). Auch die konkrete gesetzliche Ausgestaltung in § 12 BbgPG, die weitgehend mit den entsprechenden Regelungen in den anderen Landespressegesetzen übereinstimmt (vgl. die Übersicht bei Löffler-Sedelmeier, Presserecht, 4. Auflage 1997, vor Rn. 1 zu § 11 LPG), hält sich eindeutig im verfassungsrechtlichen Rahmen und überdehnt den Persönlichkeitsschutz nicht zu Lasten der Pressefreiheit.

b) Die Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen durch das Oberlandesgericht ist verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Landesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang lediglich zu prüfen, ob das Fachgericht die Bedeutung und Tragweite der von der Entscheidung berührten Grundrechte hinreichend berücksichtigt hat. Es ist keine weitere Fachinstanz, die sich in einfachrechtlichen Fragen an die Stelle des zur Entscheidung berufenen Fachgerichts setzen dürfte. Maßstab für das Landesverfassungsgericht ist allein die Verfassung. Die Entscheidung von Rechtsfragen unterhalb der Verfassung fällt in die alleinige Verantwortung der Fachgerichte (vgl. Beschluss vom 21. August 1997 - VfGBbg 21/97-, LVerfGE 7, 105, 111; vgl. auch BVerfGE 97, 125, 145, 150).

Hiervon ausgehend bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, dass das Oberlandesgericht Bedeutung und Tragweite der Pressefreiheit verkannt hat. Soweit die Beschwerdeführer der Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Begründung entgegentreten, dass das Gericht keine Änderungen an der Gegendarstellung vornehmen dürfe und die Ausscheidung einzelner nicht untrennbar verbundener Punkte einer Gegendarstellung allenfalls dann zulässig sei, wenn das Gericht hierzu durch eine persönliche Erklärung des Betroffenen ermächtigt worden sei, vertreten sie lediglich eine andere Rechtsauffassung als das Oberlandesgericht. Es handelt sich ersichtlich nur um Fragen der Auslegung des einfachen Rechts, die die grundrechtlich geschützte Gestaltungsfreiheit der Presse allenfalls marginal berühren. Im Vordergrund der in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im presserechtlichen Schrifttum kontrovers diskutierten Problematik (vgl. die ausführlichen Darstellungen des Streitstandes bei Löffler-Sedelmeier, a.a.O., Rn. 208 ff. zu § 11 LPG, und bei Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungsanspruch, 3. Auflage 1998, Rn. 704 ff.) stehen Gesichtspunkte der prozessualen Zweckmäßigkeit und der überkommenen Dogmatik des Gegendarstellungsrechts. Das Verbot einer Abänderung der Gegendarstellung durch das Gericht wird im wesentlichen aus den Vorschriften der §§ 308 Abs. 1, 938 ZPO sowie aus der Rechtsnatur der Gegendarstellung als höchstpersönlicher Erklärung des Betroffenen hergeleitet (vgl. Löffler-Sedelmeier, a.a.O., Rn. 213 ff. zu § 11 LPG; Seitz/Schmidt/Schoener, a.a.O., Rn. 737). Es wird zudem hervorgehoben, dass der Gegendarstellungsanspruch nach den gesetzlichen Regelungen erst durch Zuleitung entsteht, bei einer Gegendarstellung mit Änderungen - wie hier durch das Gericht - mithin noch gar nicht entstanden sein könne (vgl. Löffler-Sedelmeier, a.a.O., Rn. 215 zu § 11 LPG). Ferner wird darauf hingewiesen, dass dem Gericht eine zuverlässige Beurteilung, bis zu welchem Ausmaß eine Änderung für den Betroffenen noch als belanglos hinnehmbar ist, ohne dem Gegendarstellungsbegehren insgesamt seinen Sinn zu nehmen, nicht möglich sei (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. Mai 1994 - 6 U 40/04 -, AfP 1994, 317). Die zuletzt genannte Erwägung dürfte auch der teilweise vertretenen Auffassung zugrunde liegen, dass selbständige Kürzungen einer Gegendarstellung durch das Gericht unter der Voraussetzung zulässig seien, dass eine persönliche Ermächtigung des Betroffenen vorliege (vgl. Seitz/Schmidt/Schoener, a.a.O., Rn. 739). Dass die Abänderung einer Gegendarstellung durch das Gericht auch und gerade die berechtigten Interessen der Presse in besonderer Weise berührt, haben die Beschwerdeführer nicht vorgetragen und ist auch nicht erkennbar. Eine dahingehende Auffassung wird - soweit ersichtlich - auch im Schrifttum nicht vertreten. In der von den Beschwerdeführern zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 26. Juni 1998 - 21 U 3494/98 -, NJW-RR 1998, 1632) wird zwar ausgeführt, dass durch das Erfordernis einer persönlichen Ermächtigung des Gerichts durch den Betroffenen auch den Grundrechten des Gegners aus Art. 5 GG Rechnung getragen werde. Näher begründet wird dies allerdings nicht; vielmehr wird auch in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass “selbständige Korrekturen” das Medium nicht belasten, weil hier dem Betroffenen weniger zugesprochen wird, als beantragt (a.a.O., S. 1633). Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass der Meinungsstreit zur Kürzung einer Gegendarstellung durch das Gericht durchgehend von Gesichtspunkten bestimmt wird, die den Schutzbereich der Pressefreiheit nicht spezifisch berühren. Dass der Grundsatz des “ganz oder gar nicht” Verfassungsrang habe, wird, soweit ersichtlich, nicht geltend gemacht.

Vor diesem Hintergrund ist zunächst nicht zu beanstanden, dass sich das Brandenburgische Oberlandesgericht in dem angegriffenen Urteil nicht ausdrücklich mit dem Einfluss des Grundrechts auf Pressefreiheit im konkreten Fall befasst hat. Hierfür bestand angesichts der unstreitigen Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlagen des Gegendarstellungsanspruchs und der Geringfügigkeit der mit der Kürzung der Gegendarstellung durch das Gericht verbundenen Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Gestaltungsfreiheit der Presse kein Anlass. Erst recht bedurfte es im Rahmen der Prüfung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale keiner ausdrücklichen Abwägung zwischen einerseits der Bedeutung des Grundrechts auf Pressefreiheit für die Beschwerdeführer sowie dem Ausmaß der ihnen zugemuteten Beeinträchtigung und andererseits der Bedeutung des geschützten Rechtsguts des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen sowie der Schwere seiner Beeinträchtigung durch die Grundrechtsausübung der Beschwerdeführer. Vielmehr konnte das Oberlandesgericht sich ohne Erörterung grundrechtlich zu beachtender Gesichtspunkte für eine Auslegung des § 12 BbgPG entscheiden, nach der im Fall einer Häufung einzelner miteinander zwangsläufig verbundener Gegendarstellungsbegehren, die jeweils einer gesonderten Prüfung zugänglich sind, Kürzungen durch das Gericht möglich sind.

2. Die Beschwerdeführer sind auch nicht in ihrem durch Art. 52 Abs. 3 LV, Art. 103 GG geschützten Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Diese Verfassungsbestimmungen gewähren den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht, sich zu den entscheidungserheblichen Fragen vor Erlass der Entscheidung zu äußern (vgl. LVerfG, Beschluss vom 15. September 1994 - VfGBbg 10/93 -, LVerfGE 2, 179, 182). Es kann dahinstehen, ob eine Verletzung des Anspruchs der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör im Berufungsverfahren hier schon deshalb ausscheidet, weil die Abänderung der Entscheidung des Landgerichts durch das Oberlandesgericht nicht in ihre Rechtsstellung eingegriffen (vgl. BVerfGE 65, 227, 234, zu Art. 103 Abs. 1 GG), sondern im Gegenteil zu einem Teilerfolg der Berufung geführt hat. Denn jedenfalls hatten die Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Oberlandesgericht ausreichend Gelegenheit, sich schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung zu äußern.

Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist auch nicht zu erkennen, soweit die Beschwerdeführern geltend machen, ihnen sei keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu den beabsichtigten selbständigen Kürzungen der Gegendarstellung gegeben worden. Zwar gewährleisten Art. 52 Abs. 3 LV, Art. 103 GG den Verfahrensbeteiligten auch das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern. Hiergegen verstößt es, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 86, 133, 144 f.). Ein solcher Verstoß liegt hier indes nicht vor. Dabei hatte das Verfassungsgericht nicht aufzuklären, ob sämtliche Fragen und Probleme des Falles einschließlich der in das Urteil eingeflossenen Gedankengänge in der mündlichen Verhandlung seitens des Senats angesprochen und mit den anwaltlichen Vertretern in einem längeren Rechtsgespräch erörtert worden sind oder ob eine Erörterung - wie die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 8. Februar 2000 vortragen - lediglich in einem Vergleichsgespräch vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung stattgefunden hat. Denn zum einen reicht ein rechtlicher Hinweis in einer der mündlichen Verhandlung vorausgehenden Erörterung zur Wahrung des rechtlichen Gehörs aus. Zum anderen bestehen, wie bereits dargelegt, hinsichtlich der entscheidungserheblichen Rechtsfrage, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen Änderungen der ursprünglichen Gegendarstellung durch das Gericht möglich sind, in Rechtsprechung und Schrifttum vielfältige Meinungsverschiedenheiten. Der Streitstand wird in den gängigen Kommentaren und Monographien ausführlich erörtert. Das Oberlandesgericht konnte vor diesem Hintergrund auch ohne einen besonderen Hinweis in der förmlichen mündlichen Verhandlung davon ausgehen, dass den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführern sowohl der Meinungsstreit als auch die Notwendigkeit einer Positionierung im konkreten Fall bewusst war. Bei dieser Sachlage ist ohne Bedeutung, ob das Oberlandesgericht sich der herrschenden Meinung angeschlossen hat oder nicht.

Dr. Knippel Prof. Dr. Harms-Ziegler
Havemann Dr. Jegutidse
Weisberg-Schwarz Prof. Dr. Will