Toolbar-Menü
Hauptmenü

VerfGBbg, Beschluss vom 15. Dezember 2017 - VfGBbg 64/16 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1; LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2; LV, Art. 52 Abs. 4 Alt. 1
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1; VerfGGBbg, § 46
- InsO, § 153 Abs. 1 Nr. 2; InsO, § 143
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- mangelnde Begründung
- Gleichheit vor Gericht
- Willkürverbot
- rechtliches Gehör
- faires Verfahren
- Insolvenzanfechtung
- Beweisangebot
- Beweiswürdigung
- Auslegung einer Tilgungsbestimmung
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 15. Dezember 2017 - VfGBbg 64/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 64/16




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

T.,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigte:              Rechtsanwältin
T.

 

wegen            Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. April 2016, 7 U 202/14

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 15. Dezember 2017

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch Dr. Lammer, Partikel und Schmidt

beschlossen:

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

 

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen ein Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. April 2016, mit dem die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Juli 2014 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

 

I.

Die Beschwerdeführerin ist Mitgesellschafterin des insolventen Unternehmens „Die F. GmbH“ (im Folgenden: Gesellschaft). Im Juli 2003 hatte die Beschwerdeführerin zum Zwecke der Sanierung des Betriebes Geschäftsanteile übernommen und der Gesellschaft zuvor zunächst ein Sanierungsdarlehen in Höhe 5.000,00 Euro, kurz darauf ein weiteres Darlehen in Höhe von 12.000,00 Euro gewährt. Zur Sicherung dieses Darlehens und weiterer Darlehen und Finanzierungshilfen diente die Sicherungsübereignung eines Omnibusses, der durch Ergänzungsvereinbarung vom 5. April 2004 ausgetauscht wurde. Am 10. Juli 2003 erwarb die Beschwerdeführerin zwei Geschäftsanteile der Gesellschaft im Wert von 22.500,00 Euro und 5.000,00 Euro, am 16. Juli 2003 gewährte sie der Gesellschaft ein weiteres Darlehen in Höhe von 7.000,00 Euro.

 

Im Februar 2010 beantragte eine Krankenkasse erstmals die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge. Am 29. März 2010 überwies die Beschwerdeführerin einen Betrag von 7.458,84 Euro zum Ausgleich der fälligen Beiträge an die Krankenkasse.

 

Nachdem die Beschwerdeführerin den Geschäftsführer angewiesen hatte, den sicherungsübereigneten Omnibus zu veräußern, konnte dafür am 1. April 2010 ein Erlös von 7.500 Euro auf dem Kassenkonto der Gesellschaft verbucht werden. Am selben Tag vereinbarte sie mit der Gesellschaft, dass diese zum Ausgleich der gesicherten Darlehensforderung den Verkaufserlös bis zum 29. April 2010 an die Beschwerdeführerin zahlen solle und sie im Gegenzug die Freigabe und Rückübertragung des Sicherungsgutes vornehmen werde. Am 7. April, 13. April, 19. April und 27. April 2010 zahlte die Gesellschaft insgesamt 7.500,00 Euro an die Beschwerdeführerin.

 

Am 5. August 2011 wurde über das Vermögen der Gesellschaft auf Antrag der Krankenkasse vom 17. November 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Kläger) als Insolvenzverwalter bestellt.

 

Am 10. August 2011 erklärte die Beschwerdeführerin vor dem Insolvenzgericht, dass die Forderung der DAK mit Mitteln beglichen worden sei, die sie der Gesellschaft zur Verfügung gestellt habe. Es sei klar gewesen, dass die Gelder durch die Gesellschaft sofort an sie hätten zurückgezahlt werden sollen. Teilweise sei eine Rückzahlung erfolgt; die 7.500,00 Euro habe sie erhalten. Auf Anforderung des Klägers teilte die Beschwerdeführerin im Weiteren mit, dass sie am 29. März 2010 insgesamt 7.458,84 Euro an die Krankenkasse überwiesen habe und die Rückzahlung vollständig im April erfolgt sei. Daraufhin focht der Kläger diese Zahlung erfolgreich an, so dass die Krankenkasse insgesamt 7.458,84 Euro an die Insolvenzmasse erstattete. Auf die daraufhin erhobene Klage verurteilte das Landgericht Frankfurt (Oder) die Beschwerdeführerin am 10. Juli 2014 antragsgemäß zur Zahlung von 7.500 Euro an den Kläger. Dieser habe einen Anspruch auf Erstattung der an die Beschwerdeführerin gezahlten 7.500,00 Euro gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 i. V .m. § 143 Insolvenzordnung (InsO).

 

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung wies das Oberlandesgericht mit Urteil vom 13. April 2016 zurück. Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung habe das Landgericht der Klage stattgegeben. Die durchgeführte Beweisaufnahme rechtfertige keine andere Entscheidung. Zwar komme es - anders als das Landgericht gemeint habe - tatsächlich darauf an, ob die 7.5000,00 Euro auf den alten Sanierungskredit der Beschwerdeführerin oder auf den von ihr für die Gesellschaft im März 2010 verauslagten Betrag für rückständige Sozialversicherungsbeiträge erstattet worden seien. Jedoch sei die Beschwerdeführerin für alle Umstände beweisbelastet, die sich auf die Tatbestandsmerkmale des Sanierungsprivilegs des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO bezögen. Die Beschwerdeführerin habe nicht nur keinen Beweis dafür geführt, sondern es stehe vielmehr zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der von der Gesellschaft an die Beschwerdeführerin in Raten überwiesene Betrag zur Rückzahlung ihrer im März 2010 verauslagten Sozialversicherungsbeiträge bestimmt gewesen sei. Die Aussagen des im Termin vernommenen Zeugen seien insoweit nicht glaubhaft gewesen. Sie widersprächen sowohl den mehrfachen eindeutigen Erklärungen der Beschwerdeführerin selbst als auch den in der Akte dokumentierten weiteren Umständen. Aus der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge folge nichts anderes, denn den Umständen sei eine Tilgungsbestimmung zu entnehmen. Den Erklärungen der Beschwerdeführerin an den Klägervertreter komme die Wirkung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses zu. Damit sei sie mit allen Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Art ausgeschlossen, die sie bei dieser Erklärung kannte oder kennen musste. Jedenfalls habe diese Erklärung eine Umkehr der Beweislast zur Folge. Einen entsprechenden Nachweis, dass die Beiträge zur Rückzahlung des früheren Darlehens bestimmt gewesen seien, habe die Beschwerdeführerin nicht geführt.

 

Die gegen dieses Urteil erhobene Anhörungsrüge wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 31. August 2016 als unbegründet zurück. Dieser Beschluss wurde der Beschwerdeführerin am 27. September 2016 zugestellt.

 

II.

Am Montag, den 28. November 2016 hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügt die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 52 Abs. 3 Landesverfassung - LV -) und faires Verfahren (Art. 52 Abs. 4 LV) sowie einen Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 52 Abs. 3 LV).

 

Das Oberlandesgericht habe es in verfassungsrechtlich erheblicher Weise unterlassen, den von ihr angebotenen Sachverständigenbeweis zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass die durch die vorbereitende Buchführung in eine vorläufige Bilanz in einem Verrechnungskonto erfassten Beträge nur rein mathematisch verrechnet seien und keine tatsächliche Zuordnung konkret bestimmter Vorgänge erfasse. Zumindest hätte das Oberlandesgericht darüber entscheiden müssen, ob diesem Beweisangebot nachgegangen werde. Das Gericht habe diese Tatsache jedoch als wahr unterstellt und Feststellungen getroffen, die dazu in Widerspruch stünden. Dadurch sei das Recht auf faires Verfahren verletzt. Darüber hinaus sei erhebliches Vorbringen außer Betracht gelassen worden, indem der Vortrag zur Verbuchung der Zahlung an die Krankenkasse und der Saldierung von Forderungen außer Betracht gelassen worden sei. Das Oberlandesgericht sei darauf auch im Anhörungsrügebeschluss nicht eingegangen, sondern habe allein darauf verwiesen, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin als wahr unterstellt werde.

 

Das Willkürverbot sei verletzt, weil das Oberlandesgericht § 366 Abs. 1 und 2 BGB in krasser Weise verkannt und damit in einer Weise ausgelegt und angewandt habe, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr verständlich sei. Da das Gericht die fehlende Glaubwürdigkeit des Geschäftsführers der Gesellschaft auch aus den Aussagen der Beschwerdeführerin ableite, verkenne es, dass es für das einseitige Leistungsbestimmungsrecht allein auf die Tilgungsbestimmung des Schuldners bei der Leistung ankomme, nicht hingegen auf die zu einem späteren Zeitpunkt verlautbarte Vermutung und Angaben der Beschwerdeführerin als Gläubigerin. Die Voraussetzungen für eine konkludente Tilgungsbestimmung habe das Gericht ebenfalls willkürlich verkannt und sei dabei von der Rechtsprechung des Bundegerichtshofs abgewichen. Ein sachlicher Grund hierfür sei nicht ersichtlich. Darüber hinaus habe das Oberlandesgericht das Rechtsinstitut des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses in willkürlicher Weise missdeutet und falsch angewendet.

 

III.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht und der Kläger haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Verfahrensakten sind beigezogen worden.

 

 

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

 

I.

Die Beschwerdeschrift genügt nicht den sich aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) ergebenden Begründungsanforderungen, die voraussetzen, dass der die Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird. Bei einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer sich mit dieser inhaltlich auseinanderzusetzen. Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (st. Rspr., vgl. Beschlüsse vom 15. April 2016 - VfGBbg 86/15 - und vom 22. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

1. Dem wird die Beschwerdeschrift im Hinblick auf die gerügte Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör nicht gerecht. Der in Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV enthaltene Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für gerichtliche Verfahren. Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des gerichtlichen Verfahrens sein, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. Beschluss vom 17. Februar 2017 - VfGBbg 39/16 -, www.verfassungsgericht. brandenburg.de; BVerfGE 84, 188, 190; E 89, 28, 35). Art.  52 Abs. 3 Alt. 2 LV gewährt den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu den für diese erheblichen Sach- und Rechtsfragen zu äußern. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und rechtzeitiges, möglicherweise erhebliches Vorbringen bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gericht dieser Pflicht nachkommt, und es von Verfassungs wegen nicht jedes vorgebrachte Argument ausdrücklich bescheiden muss, bedarf es besonderer Umstände für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV (vgl. Beschlüsse vom 9. September 2016 - VfGBbg 9/16 -, vom 15. Juni 2017 - VfGBbg 61/16 -, www. verfassungsgericht.brandenburg.de, vom 10. Mai 2007 - VfGBbg 8/07 -, LVerfGE 18, 150, 157, vom 16. Juni 2005 - VfGBbg 2/05 -, LVerfGE 16, 157, 162 und vom 15. September 1994 - VfGBbg 10/93 -, LVerfGE 2, 179, 182).

 

Insbesondere gebietet der Anspruch auf rechtliches Gehör die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge (vgl. Beschluss vom 21. September 2000 - VfGBbg 38/00 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 133, 139; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - VfGBbg 18/10 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfGE 50, 32, 35; 60, 247, 249; BVerfGK 13, 218, 225). Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV gewährt allerdings keinen Schutz dagegen, dass das Gericht Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt; der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur verletzt, wenn die Nichtberücksichtigung von Vortrag oder von Beweisanträgen im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. Beschluss vom 14. Oktober 2016 - VfGBbg 84/15 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 133, 139; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - VfGBbg 18/10 -, www.verfassungs-gericht.brandenburg.de; BVerfGE 50, 32, 36; 60, 250, 252; 65, 305, 307; 69, 141, 143 f.; 105, 279, 311; BVerfGK 12, 346, 351; 13, 218, 226).

 

Daran gemessen ist nach dem Beschwerdevorbringen ein Gehörsverstoß nicht schlüssig dargelegt. Er ergibt sich insbesondere nicht aus dem von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Umstand, das Oberlandesgericht habe es versäumt, auf ihren Antrag einen Sachverständigen zur Frage der Verrechnung von Einnahmen in der vorläufigen Bilanz zu vernehmen. Wie das Oberlandesgericht sowohl in der angefochtenen Entscheidung als auch in dem Anhörungsrügebeschluss vom 31. August 2016 ausführt, war es aufgrund der Erklärungen der Beschwerdeführerin und der weiteren sich schon aus den Gerichtsakten ergebenden Umstände davon überzeugt, dass die von der Beklagten an sie geleistete Zahlung zur Rückführung des Darlehens erfolgte, das die Beschwerdeführerin der Beklagten zum Ausgleich der ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge gewährt hatte. Das Oberlandesgericht hat den von der Beschwerdeführerin gehaltenen und zur Kenntnis genommenen Vortrag zur Verrechnung in der vorläufigen Bilanz für die Entscheidungsfindung für unbeachtlich gehalten, so dass die Vernehmung eines Sachverständigen nicht erforderlich war. Auf die von der Beschwerdeführerin für maßgeblich erachtete Frage der Verbuchung von Zahlungseingängen in der vorläufigen Bilanz kam es daher für das Oberlandesgericht ersichtlich nicht an.

 

2. Auch im Hinblick auf das Grundrecht auf Gleichheit vor Gericht in seiner Ausprägung als Willkürverbot hat die Beschwerdeführerin nicht ausreichend dargelegt, dass die angegriffene Entscheidung verfassungsrechtlich zu beanstanden ist. Eine gerichtliche Entscheidung verstößt nicht bereits bei jeder fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts gegen das Willkürverbot, sondern erst, wenn sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar und damit schlechthin unhaltbar ist. Sie muss Ausdruck einer objektiv falschen Rechtsanwendung sein, die jeden Auslegungs- und Beurteilungsspielraum außer Acht lässt und ganz und gar unverständlich erscheint. Diese Voraussetzungen liegen u. a. dann vor, wenn sich ein Gericht mit seiner rechtlichen Beurteilung ohne nachvollziehbare Begründung in Widerspruch zu einer durch Rechtsprechung und Schrifttum geklärten Rechtslage setzt oder das Gericht den Inhalt einer Norm krass missdeutet, so dass sich der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht. Von einer willkürlichen Missdeutung kann dagegen nicht gesprochen werden, wenn sich das Gericht eingehend mit der Rechtslage auseinandergesetzt hat und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 15. Juni 2017 - VfGBbg 67/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

Entgegen dem Vorbringen aus der Beschwerdeschrift hat das Oberlandesgericht nicht allein das von ihm als solches bezeichnete deklaratorische Schuldanerkenntnis für entscheidungserheblich gehalten, sondern unabhängig davon seine Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin entgegen der ihr obliegenden Beweislast den Nachweis nicht erbracht habe, die Beträge seien zur Rückzahlung eines früheren Darlehens und nicht für die Nachentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge bestimmt gewesen. Stützt das Fachgericht - wie vorliegend - seine Entscheidung jedoch auf mehrere selbständig tragende Erwägungen, muss der Beschwerdeführer jede von ihnen angreifen und deren Unvereinbarkeit mit Verfassungsrecht darlegen. Eine Verfassungsbeschwerde ist nur dann erfolgreich, wenn die angegriffene Entscheidung auch auf der Grundrechtsverletzung beruht. Ist aber das Fachgericht mit einer anderen in seiner Entscheidung herangezogenen und vom Beschwerdeführer nicht weiter angegriffenen Erwägung zum selben Ergebnis gekommen, fehlt es an der Kausalität des (unterstellten) Verfassungsverstoßes für das Ergebnis des fachgerichtlichen Verfahrens (vgl. Beschluss vom 9. Oktober 2015 - VfGBbg 65/15 -, www.verfassungsgericht.branden­burg.de; Magen, in: Burkiczak/ Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, § 92 Rn. 18). Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob die vom Oberlandesgericht herangezogene Begründung für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ihrerseits verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Auch ist nach der Beschwerdebegründung nicht erkennbar, dass das Oberlandesgericht bei der Auslegung der Tilgungsbestimmung einen rechtlich nicht vertretbaren Standpunkt eingenommen hat. Wie sich aus der Urteilsbegründung ergibt, geht das Oberlandesgericht davon aus, dass die Erklärung des Zeugen nicht glaubhaft gewesen ist, da sie im Widerspruch zu vorherigen durchgängig getätigten Aussagen der Beschwerdeführerin steht. Aus den Aussagen der Beschwerdeführerin leitet das Oberlandesgericht eine zwischen der Beschwerdeführerin und dem Zeugen getroffene Tilgungsvereinbarung ab. Anders als die Beschwerdeführerin meint, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, das Oberlandesgericht habe dabei den Willen der Beschwerdeführerin als allein maßgeblich für die konkludente Tilgungsbestimmung des Geschäftsführers der Gesellschaft gehalten. Ebenso wenig ergibt sich daraus eine unvertretbare Auslegung von § 366 Abs. 2 BGB.

 

3. Schließlich hat die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen das Grundrecht auf faires Verfahren nach Art. 52 Abs. 4 LV nicht hinreichend aufgezeigt. Das Recht auf ein faires Verfahren als allgemeines Prozessgrundrecht gewährleistet, dass der Richter das Verfahren so gestaltet, wie es die Parteien von ihm erwarten dürfen. Er darf sich nicht widersprüchlich verhalten oder aus eigenen, ihm zuzurechnenden Fehlern oder Versäumnissen Verfahrensnachteile ableiten und ist allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet (vgl. Beschlüsse vom 15. Juni 2017 - VfGBbg 61/16 -, vom 11. Dezember 2015 - VfGBbg 55/14 - und vom 26. August 2011 - VfGBbg 12/11, www.verfassungs-gericht. brandenburg.de; BVerfGE 69, 381, 387).

 

Soweit die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen das Grundrecht auf faires Verfahren daraus abzuleiten versucht, dass das Gericht in der angegriffenen Entscheidung eine Tatsache als wahr unterstellt, sodann aber Tatsachen festgestellt habe, die dazu im Widerspruch stehen, ist ein solches Vorgehen nicht erkennbar. Weder lassen sie Ausführungen des Oberlandesgericht in der angegriffenen Entscheidung zur Verbuchung von Einnahme und Ausgaben in der vorläufigen Bilanz darauf schließen, es sei - abweichend von der vorherigen Annahme - von einer dadurch ermöglichten konkreten Zuordnung einzelner Buchungen zu bestimmten Forderungen ausgegangen, noch hat die Beschwerdeführerin dargelegt, dass die Entscheidung auf diesen Erwägungen beruht. Im Übrigen hat das Gericht ausgeführt, dass die Frage der Verbuchung keine durch Sachverständigenbeweis zugängliche Tatsachenfrage, sondern eine Rechtsfrage darstelle, so dass der Beweisantrag der Beschwerdeführerin schon aus diesem Grund nicht erheblich gewesen sei. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

II.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Partikel Schmidt