VerfGBbg, Urteil vom 15. Dezember 1994 - VfGBbg 14/94 EA -
Verfahrensart: |
Kommunalverfassungsbeschwerde EA |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - VerfGGBbg, § 19 Abs. 1; VerfGGBbg, § 19 Abs. 3; VerfGGBbg, § 30 Abs. 1 - AmtsO, § 4 Abs. 3 Halbsatz 1; AmtsO, § 4 Abs. 3 Halbsatz 2; AmtsO, § 9 Abs. 4 Satz 1 |
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Schlagworte: | - Beistand | |
amtlicher Leitsatz: | 1. Eine amtsangehörige Gemeinde wird nicht von dem Amtsdirektor, sondern von ihrem Bürgermeister vertreten, wenn der Amtsdirektor in Intressenkollisionen geraten könnte. 2. Als Beistand i. S. des § 19 Abs. 3 VerfGGBbg kann auch eine Person zugelassen werden, die weder Rechtsanwalt noch Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule ist. Seine Verfahrenshandlungen sind alsdann den Beteiligten zuzurechnen. 3. Zur Folgenabwägung bei Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung in einem Fall, in dem die Trägerschaft für den Brandschutz von den amtsangehörigen Gemeinden auf das Amt verlagert wird. 4. Bei der Folgenabwägung nach § 30 Abs. 1 VerfGGBbg bleibt eine von den Antragstellern selbst heraufbeschworene Situation grundsätzlich außer Betracht. |
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Fundstellen: | - LKV 1995, 192 (nur LS) - LVerfGE 2, 214 |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Urteil vom 15. Dezember 1994 - VfGBbg 14/94 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 14/94 EA

U R T E I L | ||||||||||||||||||
In dem Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung 1. der Stadt Teupitz, vertreten durch den Bürgermeister,Am Markt 9, 15755 Teupitz, 2. der Stadt Märkisch Buchholz, vertreten durch den Bürgermeister, Gerichtstraße 1, 15748 Märkisch Buchholz, 3. der Gemeinde Briesen, vertreten durch die Bürgermeisterin, Lindenstraße, 15757 Briesen, 4. der Gemeinde Freidorf, vertreten durch den Bürgermeister,Dorfstraße 33, 15757 Freidorf, 5. der Gemeinde Groß Köris, vertreten durch den Bürgermeister, Berliner Str. 1, 15746 Groß Köris, 6. der Gemeinde Halbe, vertreten durch die Bürgermeisterin, Lindenstraße 49, 15757 Halbe, 7. der Gemeinde Löpten, vertreten durch den Bürgermeister, Dorfstraße 23, 15757 Löpten, 8. der Gemeinde Münchehofe, vertreten durch den Bürgermeister, Dorfstraße 27, 15748 Münchehofe, 9. der Gemeinde Oderin, vertreten durch die Bürgermeisterin, Rüsterstraße 5, 15757Oderin, 10. der Gemeinde Schwerin, vertreten durch den Bürgermeister, Seestraße 14/15, 15755 Schwerin, Antragstellerinnen, Beistand der Antragstellerinnen zu 2. bis 10.: Bürgermeister der Stadt Teupitz Dr. K., Am Markt 9, 15755 Teupitz, betreffend Erstes Gesetz zur Änderung des Brandschutzgesetzes vom 14. Februar 1994 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg Teil I S. 22) hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 1994 für R e c h t erkannt: Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wirdzurückgewiesen. G r ü n d e : A. Die antragstellenden Gemeinden - sämtliche amtsangehörigen Gemeinden des Amtes Schenkenländchen - wenden sich dagegen, daß ihnen die Aufgabe des Brandschutzes entzogen und auf das Amt Schenkenländchen übertragen worden ist, und begehren die einstweilige Aussetzung von Art. 1 Nrn. 1 und 2 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandschutzgesetzes vom 14. Februar 1994 (GVBl. I S. 22). I. Das Gesetz über die Gewährung des Brandschutzes und die technische Hilfeleistung der Feuerwehren (Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz - BschHLG) vom 14. Juni 1991 (GVBl. I S. 192)hatte die Aufgaben des Brandschutzes den Gemeinden als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung zugewiesen. Die insoweit wesentlichen Bestimmungen lauteten folgendermaßen: § 1
... § 2
§ 4
Nach § 5 Abs. 1 S. 1 Amtsordnung (AmtsO) für das Land Brandenburg vom 19. Dezember 1991 (GVBl. S. 682), in Kraft getreten am 31. Dezember 1991, ist das Amt Träger der ihm durch Gesetz oder Verordnung übertragenen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung, während es in allen übrigen Fällen bei der Zuständigkeit der amtsangehörigen Gemeinden bleibt. Durch Art. 1 Nr. 1 lit. b) des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandschutzgesetzes vom 14. Februar 1994 (GVBl. I S. 22), das am 18. Februar 1994 in Kraft getreten ist, wurden neben den amtsfreien Gemeinden und den kreisfreien Städten die Ämter zu Trägern des Brandschutzes bestimmt (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Brandschutz und die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und öffentlichen Notständen des Landes Brandenburg [Brandschutzgesetz - BSchG] i.d.F. der Bekanntmachung vom 9. März 1994, GVBl. I S. 65). Die weiteren Bestandteile des Art. 1 des Änderungsgesetzes gehen größtenteils auf diese Zuständigkeitsverlagerung zurück; der Begriff "Gemeinde" war in vielen einzelnen Bestimmungen durch die Formulierung "Die Träger des Brandschutzes" zu ersetzen. Nach § 4 BSchG nehmen die Träger des Brandschutzes diese Aufgaben weiterhin als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr. II. Die Antragstellerinnen beantragen, Art. 1 Nrn. 1 und 2 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandschutzgesetzes vom14. Februar 1994 vorläufig auszusetzen. Sie sind der Auffassung, daß die Verlagerung der Trägerschaft für den Brandschutz auf die Ämter die amtsangehörigen Gemeinden in ihren Rechten aus Art. 97 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) verletzt. Gerade der Brandschutz stelle eine für kleine Gemeinden besonders wichtige Selbstverwaltungsaufgabe dar, die der Gestaltung und Kontrolle durch die örtlichen Selbstverwaltungsorgane nicht entzogen werden dürfe. Zudem verstoße die Hochzonung gegen den - auch in Art. 96 Abs. 1 LV zum Ausdruck kommenden - Grundsatz, Aufgaben, die auf unterer Ebene zuverlässig und zweckmäßig erfüllt werden können, der unteren Ebene zu überlassen. Den Erlaß einer einstweiligen Anordnung halten die Antragstellerinnen für notwendig, da die Wahrnehmung des Brandschutzes im Gebiet des Amtes Schenkenländchen in Kürze nicht mehr gewährleistet sein werde. Aufgrund Ziffer 7 des Runderlasses III Nr. 43/1994 des Ministeriums des Innern habe es zwar übergangsweise bis zum Ende des Haushaltsjahres 1994 bei der Bewirtschaftung über die Einzelhaushalte in den amtsangehörigen Gemeinden bleiben können. Diese Zeit gehe aber nun zu Ende. Die Vertretungen der antragstellenden Gemeinden hätten inzwischen übereinstimmend beschlossen, dem Amt ihre Feuerwehreinrichtungen in keiner Weise zu übertragen oder auch nur zur Nutzung zu überlassen. Zahlreiche Mitglieder der gemeindlichen Freiwilligen Feuerwehren hätten zudem erklärt, im Falle einer Übertragung der Trägerschaft des Brandschutzes auf das Amt ihre Mitarbeit in der Freiwilligen Feuerwehr einzustellen. III. Das Gericht hat dem Landtag, der Landesregierung und dem Amt Schenkenländchen Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Für die Landesregierung hat sich das Ministerium der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten mit Schriftsatz vom 6. Dezember 1994 geäußert. Es ist der Ansicht, daß die Voraussetzungen für den Erlaß der beantragten einstweiligen Anordnung nicht vorliegen. Es fehle bereits am Anordnungsanspruch, da der Entzug der Trägerschaft für den Brandschutz die amtsangehörigen Gemeinden nicht in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzen könne. Der Brandschutz sei schon nach § 4 BschHLG von 1991 eine Pflichtaufgabe der Gemeinden zur Erfüllung nach Weisung gewesen. Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung seien staatliche Aufgaben, gegen deren Entzug die Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung von vornherein nicht schütze. Diese Aufgabenqualität habe das Änderungsgesetz nicht geändert. Aber auch dann, wenn der Brandschutz der kommunalen Selbstverwaltung zuzurechnen sei, sei der Entzug nicht verfassungswidrig. Die amtsangehörigen Gemeinden seien wegen ihrer geringen Bevölkerungszahl und der kostenintensiven Brandschutzgerätschaften zur Wahrnehmung dieser Aufgabe im allgemeinen nicht hinreichend leistungsfähig. Es mangele aber auch an einem Anordnungsgrund. Die Trägerschaft für den Brandschutz sei bereits im Februar 1994 auf die Ämter übergegangen. Seither seien keinerlei Gefahren für das Gemeinwohl aufgrund des Vollzuges des Änderungsgesetzes bekanntgeworden. Die bei Nichterlaß der einstweiligen Anordnung eintretenden Nachteile auf seiten der Antragstellerinnen gingen nicht über die bloßen Folgen des Gesetzesvollzuges hinaus. Der Vollzug des Gesetzes selbst bringe keine irreversiblen und irreparablen schweren Nachteile für die Antragstellerinnen mit sich; haushalts- und eigentumsrechtliche Verschiebungen ließen sich gegebenenfalls rückgängig machen. IV. Den ursprünglich am 01. November 1994 durch den Amtsdirektor des Amtes Schenkenländchen gestellten Antrag haben die Antragstellerinnen durch Schriftsätze vom 23. November 1994 und vom 8. Dezember 1994 erneut gestellt. Die Antragstellerinnen zu 2. bis 10. haben den Bürgermeister der Antragstellerin zu 1. in Person bevollmächtigt und beantragen, ihn als ihren Beistand zuzulassen. B. Die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.). I. 1. Die antragstellenden amtsangehörenden Gemeinden werden hier entgegen § 4 Abs. 3 Hs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 4 S. 1 AmtsO nicht durch den Amtsdirektor, sondern durch ihre Bürgermeister vertreten. Eine Vertretung durch den Amtsdirektor wäre nach Lage des Falles nicht zulässig, weil er als Vertreter des Amtes als des neuen Trägers des Brandschutzes anderenfalls in einen Interessenwiderstreit geraten könnte. Der Rechtsgedanke, derartige Interessenkollisionen zu vermeiden, liegt etwa auch § 4 Abs. 3 Hs. 2 AmtsO zugrunde, wonach die Gemeinde in den Fällen ausnahmsweise nicht durch das Amt vertreten wird, "in denen das Amt selbst Verfahrensbeteiligter ist oder mehrere dem Amt angehörenden Gemeinden am Prozeß beteiligt sind". Demzufolge können die antragstellenden Gemeinden im vorliegenden Fall nicht durch den Amtsdirektor, sondern nur durch ihre Bürgermeister vertreten werden.2. Der Bürgermeister der Antragstellerin zu 1., Dr. K., hat die Anträge auch für die Antragstellerinnen zu 2. bis 10. wirksam gestellt. Der von den Antragstellerinnen zu 2. bis 10. bevollmächtigte Dr. K. kann zwar nicht als deren Verfahrensbevollmächtigter im gesetzestechnischen Sinne tätig werden. In einem verfassungsgerichtlichen Verfahren kann ein Antragsteller nur entweder selbst handeln oder sich gemäß § 19 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz (VerfGGBbg) durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen oder registrierten Rechtsanwalt oder durch einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule vertreten lassen. Das Gericht hat Dr. K. aber auf Antrag der Antragstellerinnen zu 2. bis 10. nach § 19 Abs. 3 VerfGGBbg in Person als ihren Beistand zugelassen, dessen Vortrag und Verfahrenshandlungen ihnen gegebenenfalls zuzurechnen sind (§§ 13 Abs. 1 VerfGGBbg in Verbindung mit § 90 Abs. 2 ZPO). Als Beistand im Sinne dieser Bestimmungen kann auch ein nichtvertretungsberechtigter Bevollmächtigter zugelassen werden (vgl. BVerfGE 1, 91, 93). Die in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellte Zulassung setzt ihre Sachdienlichkeit voraus (vgl. BVerfGE 68, 360, 361). Diese ist hier zu bejahen. Die Antragstellerinnen zu 2. bis 10. und Dr. K. als gesetzlicher Vertreter der Antragstellerin zu 1. verbindet eine durch den Verfahrensgegenstand hergestellte gleichgerichtete Interessenlage. Seine Zulassung als Beistand ist geeignet, die Entscheidungsfindung auch im Interesse der Verfahrensökonomie zu fördern, da sie die Bündelung der Anträge und ihrer Begründungen ermöglicht. II. Die Anträge sind nicht begründet. Die Voraussetzungen, von denen § 30 Abs. 1 VerfGGBbg den Erlaß einer einstweiligen Anordnung abhängig macht, sind nicht gegeben. 1. Nach § 30 Abs. 1 VerfGGBbg kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwendung schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen ist ein strenger Maßstab anzulegen, insbesondere, wenn im Wege der einstweiligen Anordnung ein Gesetz außer Vollzug gesetzt werden soll (vgl. VerfGBbg OLG-NL 1994, 73; BVerfGE 81, 53, 54; 82, 353, 363; 83, 162, 171). Das gilt in verstärktem Maße, wenn das Gesetz bereits seit einiger Zeit in Kraft ist (vgl. BVerfGE 36, 310, 315; 43, 198, 200; 71, 350, 351). Die Verfassungsmäßigkeit als solche ist in dem Verfahren über den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nicht Gegenstand der Prüfung; die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschrift sprechen, müssen grundsätzlich ebenso außer Betracht bleiben wie die Gegengründe, es sei denn, der Antrag in der Hauptsache erwiese sich als von vornherein unzulässig oder als offensichtlich unbegründet. Ansonsten ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung eine Abwägung der hypothetischen Folgen vorzunehmen: Das Verfassungsgericht hat die Folgen, die sich ergeben, wenn die einstweilige Anordnung nicht ergeht, die angegriffene Regelung aber später für verfassungswidrig erklärt würde, gegen die Nachteile abzuwägen, die entstehen, wenn die angegriffene Regelung vorläufig außer Vollzug gesetzt wird, sich aber im Hauptsacheverfahren als verfassungsgemäß erwiese (st. Rspr., vgl. nur VerfGBbg OLG-NL 1994, 73, 74; 75). Dabei müssen die nachteiligen Folgen, die ohne die beantragte einstweilige Anordnung für den Fall des Obsiegens in der Hauptsache zu vergegenwärtigen sind, die nachteiligen Folgen, die sich bei Erlaß der einstweiligen Anordnung für den Fall der Erfolglosigkeit in der Hauptsache ergeben, in ihrer Gesamtheit deutlich überwiegen (vgl. bereits VerfGBbg aaO.). In den Blick zu nehmen sind insbesondere solche Nachteile, die über die Folgen des bloßen Gesetzesvollzuges hinausgehen; anderenfalls würde, da im verfassungsgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Erfolgsaussichten in der Hauptsache grundsätzlich nicht zu prüfen sind, der Erlaß einer einstweiligen Anordnung leicht zur Regel. Unbeschadet dessen sind in die Abwägung alle in Betracht kommenden relevanten Belange und widerstreitenden Interessen einzustellen (vgl. BVerfGE 1, 85, 86; 3, 34, 37; 12, 276, 280). Insbesondere ist auch zu bedenken, ob für den Fall der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Bestimmungen bis zur Entscheidung in der Hauptsache irreversible Schäden drohen oder vollendete Tatsachen geschaffen werden (vgl. BVerfG EuGRZ 1994, 533, 535). Soweit es darum geht, ob die einstweilige Anordnung "zum gemeinen Wohl" dringend geboten ist, ist nicht nur das gemeine Wohl auf Antragstellerseite, sondern auch das gemeine Wohl der übrigen Landesteile zu berücksichtigen (vgl. VerfGBbg OLG-NL 1994, 73, 74). 2. Der Hauptsacheantrag wäre hier weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. In der - bisher allerdings nicht anhängig gemachten - Hauptsache würde es um die Verlagerung der Trägerschaft des Brandschutzes auf das Amt gehen, die unmittelbar durch Art. 1 Nr. 1 lit. b) des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandschutzgesetzes angeordnet wurde. Die Verfassungsbeschwerde würde sich insofern - unbeschadet des zur Begründung des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung herangezogenen Runderlasses III Nr. 43/1994 des Ministeriums des Innern, der wegen seines fehlenden Rechtssatzgehalts seinerseits nicht Gegenstand einer kommunalen Verfassungsbeschwerde sein könnte (vgl. VerfGH NW DÖV 1994, 957, 958) - gegen ein Gesetz im Sinne des Art. 100 LV, § 51 Abs. 1 VerfGGBbg richten. Der Antrag in der Hauptsache wäre auch nicht wegen Fristablaufs gemäß § 51 Abs. 2 VerfGGBbg unzulässig. Die einjährige Beschwerdefrist ist erst mit Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandschutzgesetzes in Gang gesetzt worden. Die Trägerschaft für den Brandschutz war nicht etwa bereits durch § 5 Abs. 1 S. 1 AmtsO auf das Amt übergegangen. Diese Vorschrift macht die Zuständigkeit des Amtes für Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung vielmehr von einer anderweitigen Übertragung durch Gesetz oder Verordnung abhängig, der danach konstitutive normative Wirkung zukommt. Im derzeitigen Stadium des Verfahrens, in dem sich das Gericht auf eine summarische Prüfung der Erfolgschancen der Hauptsache beschränken muß, kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß die - gegebenenfalls noch zu erhebende - Verfassungsbeschwerde offensichtlich unbegründet ist. Das Ergebnis bleibt vielmehr zunächst offen. 3. Im Rahmen der Folgenabwägung sind keine Nachteile solchen Ausmaßes zu erkennen, daß der Erlaß einer einstweiligen Anordnung gerechtfertigt wäre. Die nachteiligen Folgen, die ohne die beantragte einstweilige Anordnung für den Fall des Obsiegens im Hauptsacheverfahren in der Zwischenzeit von den antragstellenden Gemeinden und der Allgemeinheit hinzunehmen sind, wiegen insgesamt nicht schwerer als diejenigen, die sich bei Erlaß der einstweiligen Anordnung für den Fall der Erfolglosigkeit in der Hauptsache ergeben. a) Die nachteiligen Folgen des Erlasses einereinstweiligen Anordnung für den Fall, daß sich im Hauptsacheverfahren die Verlagerung der Trägerschaft für den Brandschutz von den amtsangehörigen Gemeinden auf die Ämter als verfassungsmäßig erweist, sind erheblich. Eine einstweilige Anordnung würde eine Verunsicherung der Ämter und amtsangehörigen Gemeinden im ganzen Lande Brandenburg auslösen, in denen die bereits vor mehr als zehn Monaten erfolgte Übertragung der Aufgabe des Brandschutzes auf die Ämter nach dem unwidersprochenen Vortrag der Vertreter der Landesregierung in der mündlichen Verhandlung weitgehend vollzogen ist. b) Im Vergleich hierzu wiegen die Nachteile, die sich ergeben, wenn die einstweilige Anordnung nicht ergeht und sich das Erste Gesetz zur Änderung des Brandschutzgesetzes im Hauptsacheverfahren als verfassungswidrig erweist, jedenfalls nicht schwerer. Bei dem weiteren Vollzug des Gesetzes drohen weder den Antragstellerinnen noch der Allgemeinheit derart schwere irreversible nachteilige Folgen, daß sie den Erlaß einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen vermögen. aa) Die haushaltsrechtliche Vollziehung des Überganges der Trägerschaft für den Brandschutz auf das Amt im Haushaltsjahr 1995, die erkennbar den eigentlichen Anlaß für den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegeben hat, wäre ohne weiteres reversibel, spätestens bei Aufstellung des der Entscheidung in der Hauptsache nachfolgenden Haushaltsplans. bb) Zudem stehen ausschließlich Folgen des Gesetzes in Frage, die nicht über seinen bloßen Vollzug hinausgehen und deshalb, wie ausgeführt, grundsätzlich den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nicht rechtfertigen können. Der Übergang der gemeindlichen Feuerwehreinrichtungen auf das Amt, die Einstellung der erforderlichen Mittel in den Haushalt des Amtes, die Ausübung der von den Bürgermeistern auf das Amt übergegangenen Weisungsbefugnis sowie die Umbenennung der Feuerwehren und die Bestellung der Wehrführer durch das Amt innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes (§ 39 BSchG) ergeben sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung. cc) Soweit die Antragstellerinnen darauf verweisen, daß der Brandschutz nicht mehr gewährleistet sei, weil das Amt wegen des Widerstandes der amtsangehörigen Gemeinden gegen die Übertragung oder Überlassung ihrer Feuerwehreinrichtungen auf das Amt nicht über die benötigten Feuerwehreinrichtungen verfüge, die Gemeinden aber nicht mehr befugt seien, Haushaltsmittel für den Betrieb der Feuerwehr bereitzustellen, haben die Antragstellerinnen diese Situation selbst heraufbeschworen, indem sie sich weigern, bei der Vollziehung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandschutzgesetzes mitzuwirken und ihre Feuerwehreinrichtungen dem Amt zu übertragen oder zu überlassen. Sie sind jedoch verpflichtet, das Gesetz zu vollziehen, solange es nicht vom Verfassungsgericht für nichtig erklärt ist. Eine solcherart von den Antragstellerinnen selbst zu verantwortende Situation kann aber grundsätzlich als Grund für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nicht anerkannt werden. Notfalls muß die staatliche Kommunalaufsicht eingreifen. dd) Der weitere Hinweis der Antragstellerinnen, daß die freiwilligen Feuerwehrleute wegen der Verlagerung der Trägerschaft für den Brandschutz auf das Amt ihre Mitarbeit kurzfristig einstellen könnten, vermag nicht zu überzeugen. Das Gericht kann sich schlechterdings nicht vorstellen, daß sich Feuerwehrleute so verantwortungslos verhalten und damit dem von ihnen aus Überzeugung übernommenen Auftrag untreu werden, Leben, Gesundheit und Sachwerte ihrer Mitbürger vor Brand und Brandgefahr zu schützen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, daß der örtliche Bezug der Freiwilligen Feuerwehr durchaus erhalten bleibt. Nach Abschnitt 2 Ziffer 7 Verwaltungsvorschrift des Ministers des Innern zur Durchführung des Brandschutzgesetzes (VwVBSchG) vom 9. März 1994 (ABl. S. 226) sollen die gemeindlichen Feuerwehren trotz Trägerschaft des Amtes in ihrer Struktur und Organisation fortbestehen. Der Wehrführer des Amtes wird gut daran tun, in diese Strukturen nicht ohne Not einzugreifen. C. Die Entscheidung ist mit acht Stimmen gegen eine Stimmeergangen. | ||||||||||||||||||
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