In dem kommunalen
Verfassungsbeschwerdeverfahren
Gemeinde Boberow,
vertreten durch den ehrenamtlichen Bürgermeister,
dieser vertreten durch den Bürgermeister der Gemeinde Karstädt,
Semliner Straße 7,
19357 Karstädt,
Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt
S.,
wegen: |
kommunale Neugliederung;
hier: Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand |
hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr.
Dombert, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr. Schröder
am 15. September 2005
b e s c h l o s s e n :
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung
der Frist zur Beschwerdebegründung wird verworfen.
G r ü n d e:
I.
Die Beschwerdeführerin war eine
amtsangehörige Gemeinde im Landkreis Prignitz. Gegen ihrer Eingemeindung
durch § 25 Abs. 1 des 5. Gemeindegebietsreformgesetzes vom 24. März 2003
wandte sie sich mit Erfolg. Der Gesetzgeber traf durch Gesetz vom 29. Juni
2004 (Gesetz zur Bestätigung der landesweiten Gemeindegebietsreform nach
weiterer Bevölkerungsanhörung) eine Regelung, mit der die im Jahr 2003
vorgesehene Eingemeindung bestätigt wurde. Anfang Dezember 2004 wandten sich
Vertreter der Beschwerdeführerin an ihre frühere Verfahrensbevollmächtigte
mit der Bitte, daß sie das Mandat auch für ein Verfahren gegen das
Bestätigungsgesetz übernehme. In den Folgemonaten kam eine Einigung über das
Honorar und eine Vorschußzahlung nicht zustande.
Am 29. Juni 2005 legte die Beschwerdeführerin mittels eines kurzfristig
beauftragten Rechtsanwalts kommunale Verfassungsbeschwerde gegen eine
Vorschrift des Bestätigungsgesetzes mit dem Vorbringen ein, sie sei mit Art.
97 Abs. 1 Satz 1 und Art. 98 Abs. 1, Abs. 2 der Landesverfassung
unvereinbar.
Mit Schreiben vom 07. Juli 2005 wies das Verfassungsgericht die
Beschwerdeführerin darauf hin, daß die Frist zur hinreichenden, die
Sachprüfung ermöglichenden Begründung (§§ 51, 20 Abs. 1
Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg -) versäumt worden sei,
eine gesetzliche Ausschlußfrist vorliege und insoweit eine Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand nicht in Betracht kommen dürfte.
Nach einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin verwarf das
Verfassungsgericht mit Beschluß vom 18. August 2005 die kommunale
Verfassungsbeschwerde unter Bezugnahme auf das Hinweisschreiben wegen
Verfristung als unzulässig.
Am 05. September 2005 stellte die Beschwerdeführerin einen
Wiedereinsetzungsantrag. Sie halte § 47 Abs. 2 VerfGGBbg - wonach bei
Individualverfassungsbeschwerden, mit Ausnahme insbesondere solcher, die
gegen Rechtsvorschriften gerichtet sind, eine Wiedereinsetzung gewährt
werden kann - für analog anwendbar. Sie habe keinen Einfluß darauf gehabt,
daß der Bürgermeister der durch die Eingemeindung vergrößerten Gemeinde sich
über Monate hinweg nicht mit der von der Beschwerdeführerin zunächst
ausgewählten Rechtsanwältin über deren Honorarforderung geeinigt habe.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig.
Die Beschwerdeführerin ist bereits mit Schreiben des Gerichts vom 06. Juli
2005 darauf hingewiesen worden, daß die Jahresfrist des § 51 Abs. 2
VerfGGBbg nicht nur für die Einlegung, sondern auch für die Begründung der
(kommunalen) Verfassungsbeschwerde gilt, und daß sie eine gesetzliche
Ausschlußfrist ist, hinsichtlich deren Versäumung eine Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand nicht in Betracht kommt. Daran hält das Gericht - wie auch
ausdrücklich im Beschluß vom 18. August 2005 - fest. Daraus, daß das
Verfassungsgerichtsgesetz eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein
bei Individualverfassungsbeschwerden und auch nur dann ermöglicht, sofern
sich diese nicht gegen eine Rechtsvorschrift wenden (§ 47 Abs. 2 und 3
VerfGGBbg), vermag die Beschwerdeführerin keine ihr günstigere
Rechtsposition abzuleiten. Eine planwidrige Lücke im
Verfassungsgerichtsgesetz, die eine Analogie - allein des § 47 Abs. 2
VerfGGBbg - zulassen könnte, liegt nicht vor. Aus welchen Gründen die
Beschwerdeführerin die Frist versäumte, ist unerheblich.
Überdies wäre der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand selbst
bei der von der Beschwerdeführerin vertretenen analogen Anwendung des § 47
Abs. 2 VerfGGBbg unzulässig. Nachdem die Beschwerdeführerin ihren
Verfahrensbevollmächtigten bereits am 29. Juni 2005 mandatiert hatte und mit
am 08. Juli 2005 zugegangenem Schreiben des Gerichts auf die Fristversäumung
hingewiesen worden war, hat sie erst am 05. September 2005 einen
Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Weder hat sie dargetan noch ist sonst
ersichtlich, daß die zweiwöchige Antragsfrist gewahrt wäre. Auch könnte sich
die Beschwerdeführerin ihrer (Mit-)Verantwortung für die Fristversäumung
nicht entziehen, indem sie vorträgt, ihre rechtlichen Möglichkeiten nicht
gekannt und ihre vormaligen Organe nicht mehr für handlungsbefugt gehalten
zu haben.
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