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VerfGBbg, Beschluss vom 15. Juni 2006 - VfGBbg 61/04 -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
sonstige
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 15 Abs. 3; VerfGGBbg, § 15 Abs. 4
Schlagworte: - Befangenheit
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 15. Juni 2006 - VfGBbg 61/04 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 61/04



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S
In dem kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren

Gemeinde Kyritz,
vertreten durch den Bürgermeister,
Marktplatz 1, 16866 Kyritz,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte W. & E.,

gegen Art. 1 Nr. 2 b), 3 b), 4 - soweit § 16 Abs. 3, 5 und 6 Kindertagesstättengesetz betreffend -, 7 a) des Dritten Gesetzes zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom 17. Dezember 2003 (GVBl I, S. 311)

hier: Selbstablehnung des Richters Prof. Dr. Dombert

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schröder und Prof. Dr. Will

am 15. Juni 2006

b e s c h l o s s e n :

Die Selbstablehnung des Richters Prof. Dr. Dombert wird für begründet erklärt.

G r ü n d e :

I.

1. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die die Kostentragung der Kindertagesbetreuung betreffenden Änderungen des Zweiten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches des Sozialgesetzbuches - Kinder- und Jugendhilfe - Kindertagesstättengesetz (KitaG) vom 10. Juni 1992 (GVBl I, S. 178) durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes (3. KitaÄndG) vom 17. Dezember 2003 (GVBl I, S. 311; s. auch Bekanntmachung der Neufassung des KitaG, GVBl 2004 I, S. 384).

2. Mit Schreiben vom 3. Mai 2006 teilte Richter Prof. Dr. Dombert mit, daß seine Kanzlei verschiedene Gemeinden zu Fragen des KitaG vertrete. So sei er für die Beschwerdeführerin des inhaltsgleichen kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahrens VfGBbg 58/04 Bevollmächtigter in einem Streitverfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam, in dem es auch um die Anwendung der als verfassungswidrig beanstandeten Vorschriften gehe. Daher gebe es insgesamt fachliche Verknüpfungen, die aus Sicht eines unbeteiligten Dritten die Befürchtung wecken könnten, er würde als Verfassungsrichter seine Amtsgeschäfte nicht mit der gebotenen Neutralität versehen. Richter Prof. Dr. Dombert erklärte sich daher gemäß § 15 Abs. 4 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) selbst für befangen, auch wenn er sich tatsächlich nicht als befangen ansieht.

3. Die Beschwerdeführerin und die Äußerungsberechtigten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

II.

Die Selbstablehnung ist begründet.

1. Gemäß § 15 Abs. 4 VerfGGBbg kann sich ein Richter selbst ablehnen. Hierüber entscheidet gemäß § 15 Abs. 3 VerfGGBbg das Gericht unter Ausschluß des betreffenden Richters.

2. Die Besorgnis der Befangenheit liegt nach den allgemeinen Grundsätzen des Prozeßrechts, an die § 15 VerfGGBbg erkennbar anknüpft, bereits dann vor, wenn für einen am Verfahren Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß besteht, an der Unvoreingenommenheit und der objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschlüsse vom 15. Juni 1994 – VfGBbg 10/94 EA –, LVerfGE 2, 113, vom 10. März 2005 - VfGBbg 56/04 - und vom 28. Juli 2005 - VfGBbg 217/03 -).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Umstand, daß Richter Prof. Dr. Dombert persönlich bzw. seine Kanzlei verschiedene Gemeinden zu Fragen des KitaG vertritt, ist nach Lage des Falles geeignet, bei einem Verfahrensbeteiligten die Befürchtung hervorzurufen, der Richter werde an der bevorstehenden Entscheidung nicht mehr unvoreingenommen mitwirken können. Diese Besorgnis ist dann bei lebensnaher Betrachtung verständlich. Es kommt nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich „parteilich“ oder „befangen“ ist. Dies gilt unbeschadet dessen, daß der Sach- und Streitstand des fachgerichtlichen Verfahrens vom Beurteilungsrahmen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens zu trennen ist. Ebenso bleibt ohne Bedeutung, daß Richter Prof. Dr. Dombert nicht die Beschwerdeführerin vertritt. Die Sachverhalte und Rechtsfragen in den Verfahren VfGBbg 58/04 und VfGBbg 61/04 sind jedoch im wesentlichen identisch.
 

Weisberg-Schwarz Dr. Harms-Ziegler
   
Havemann Dr. Jegutidse
   
Dr. Knippel Prof. Dr. Schröder
   
Prof. Dr. Will