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VerfGBbg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - VfGBbg 49/13 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2; LV, Art. 52 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 46; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 1
- GVG, §§ 198 ff
Schlagworte: - Anspruch auf rechtliches Gehör
- Anspruch auf zügiges Verfahren
- Begründungserfordernis
- Rechtsschutzbedürfnis
- Subsidiaritätsgrundsatz
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 15. Mai 2014 - VfGBbg 49/13 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 49/13




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

 

    M.,

       

Beschwerdeführer,

 

 

 

wegen des Beschlusses des Amtsgerichts Oranienburg vom 15. November 2011 (32 F 12/10) und der Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. Mai 2013 und 29. Juli 2013

(9 UF 35/12)

 

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Nitsche, Partikel und Schmidt

 

 

am 15. Mai 2014

 

b e s c h l o s s e n :

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

 

G r ü n d e :

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen familienrechtliche Entschei­dungen über Ansprüche auf Zugewinnausgleich, nachehelichen Unter­halt und Versorgungsausgleich.

 

I.

1. Der Beschwerdeführer war seit Januar 1999 verheiratet und betrieb gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Rechtsanwaltssozietät. Seit Januar 2009 lebten die Eheleute getrennt. Unter dem    18. Mai 2009 schlossen sie einen notariell beurkundeten Ehe- und Erb­­vertrag ab, in dem sie Gütertrennung und für den Fall der Scheidung den Ausschluss des Ver­sorgungsausgleichs und den Ver­zicht auf Unterhaltsansprüche vereinbarten. Darüber hinaus setz­ten sie ihren jeweiligen Anteil an der Sozietät wechselsei­­tig als Vermächtnis zu Gunsten des anderen aus und bestimmten den jeweiligen Vermächtnisnehmer zum Testamentsvollstrecker. Im März 2010 kündigte die Ehefrau die Sozietät zum Ende des Monats. Im Weiteren stellten beide Eheleute vor dem Amtsgericht Oranienburg einen Scheidungsantrag. Der Beschwerdeführer begehrte darüber hinaus die Durchführung des Versorgungsausgleichs, nachehelichen Unterhalt und Zugewinnausgleich.

 

2. Mit Beschluss vom 15. November 2011 (32 F 32/10) schied das Amts­gericht die Ehe, wies die Anträge auf Unterhalt und Zugewinn ab und stellte fest, dass ein Versorgungsausgleich nicht statt­finde. Der Beschwerdeführer legte hiergegen Beschwerde zum Brandenburgischen Oberlandesgericht (Oberlandesgericht) ein. Im Hinblick auf ein Verfahren vor dem Amtsgericht Oranienburg, in dem der Beschwerdeführer seine Ehe­frau auf Rechnungs­legung und Auszahlung seines Anteils am Gewinn der Sozietät in den Jahren 2009 und 2010 in Anspruch nimmt, setzte das Oberlandesgericht das Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 24. Oktober 2012 aus; für die Inhalts- und Aus­­­­übungskontrolle des Vertrages vom 18. Mai 2009 sei die gesamte wirtschaftlichen Situation der Beteiligten zu berücksich­tigen. Die Ehefrau bean­tragte kurze Zeit später die Fortsetzung des Verfahrens.

 

3. Unter dem 12. Februar 2013 beraumte das Oberlandesgericht „Ter­min zur Erörterung der Fortdauer der Aussetzung … und ggf. Anhörung zur Sache …“ auf den 25. April 2013 an. In diesem Ter­­­min hob das Oberlandesgericht den Aussetzungsbeschluss auf und die Parteien verhandelten zur Sache; Verkündungstermin wurde auf den 16. Mai 2013 bestimmt. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 8. Mai 2013 beantragte der Beschwerdeführer die erneute Aussetzung des Verfahrens und die Einräumung einer Frist zur Stellungnahme auf die gerichtlichen Hinweise aus dem Termin vom 25. April 2013 und führte weiter zur Sache aus. Im Ver­­­­­­­kündungstermin wies das Oberlandesgericht die Beschwerde zurück. Ein Versorgungsausgleich sei mangels in der Ehezeit erwor­­­­­bener Ver­sorgungsanrechte der Parteien nicht durchzuführen. Ansprüche auf Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt seien durch den Vertrag vom 18. Mai 2009 wirksam ausgeschlo­s­sen worden. Der Vertrag halte einer Inhaltskontrolle nach § 138 Abs. 1, § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) stand; er führe im - zum Zeitpunkt seines Abschlusses schon absehbaren - Scheidungsfall nicht zu einem wirtschaftlichen Ungleichge­wicht im Sinne einer sittenwidrigen einseitigen Lasten­ver­tei­­lung. Im Zuge der Trennung Anfang 2009 hätten sich die Eheleute vermö­gensrechtlich auseinandergesetzt, so dass sie im Mai 2009 davon ausgegangen seien, ein Zugewinnausgleich habe bereits stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt seien sie als gleich­­berechtigte Mitglieder der Sozietät auch in der Lage gewesen, ihren Lebensunterhalt jeweils selbst zu erwirtschaften, und hätten ihre private Altersversorgung als ausreichend erach­tet. Dass sich die Ehefrau im nunmehr eingetretenen Scheidungs­fall auf den vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolgen berufe, sei auch in Anbetracht ihrer im März 2010 erklärten Kün­digung der Sozietät nicht rechtsmissbräuchlich. Die mit der Kün­digung ver­bundenen Nachteile träfen die geschiedenen Eheleute gleichermaßen; eine vertragliche Schieflage zu Lasten des Beschwerdeführers sei nicht entstanden. Beide seien weiter­hin selbstän­dig als Rechtsanwälte tätig und jeweils in der Lage, den eigenen Lebens­­un­terhalt zu verdienen. Auf den Ausgang des amts­­­gerichtlichen Verfahrens (Rechnungslegung und Gewinn­auszahlung) wie auch einer Schadensersatzklage des Beschwer­­­­deführers wegen etwaiger gesell­schaftsrechtlicher Pflich­­t­­­­­­verletzungen der Ehefrau komme es daher nicht an. Die (nach­­­­t­rägliche) Ein­­räumung einer Stellungnahmefrist und die Wie­­­­dereröffnung der mündlichen Verhandlung seien nicht angezeigt gewesen. Die gegen diesen Beschluss erhobene Anhörungsrüge wies das Ober­landesgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2013 zurück (dem Besch­wer­­deführer mit Postzustellungsurkunde zuge­­stellt am 2. Sep­tember 2013).

 

II.

1.a. Mit seiner am 10. Oktober 2013 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer, durch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 der Landesverfassung (LV) verletzt zu sein. Der Beschluss vom 16. Mai 2013 sei eine Überrasch­­­ungs­entscheidung; das Oberlandesgericht sei darin ohne vorhe­­­­­ri­gen Hinweis von seiner im Aussetzungsbeschluss geäußerten Rechts­­­­­auffassung abgewichen. Ferner habe es seinen Vortrag nicht berücksichtigt, dass er bei Abschluss des Ehe- und Erbver­­­­trages nicht an das spätere grob vertragswidrige Verhalten sei­­ner Ehefrau (insbesondere Kündigung der Sozietät) gedacht und daher für das hieraus resultierende Ent­fal­len seiner alleinigen Alters­­versorgung keine Auffangregelung getrof­fen habe. Im Weiteren habe das Gericht seinen Vortrag zu Verstößen sei­ner Ehefrau gegen ihre nachvertraglichen Pflichten als geschäfts­führende Gesellschafterin der Rechtsanwaltsso­zietät sowie gegen § 43b Bundesrechtsanwaltsordnung für irrelevant erklärt und sich hiermit nicht ausein­an­dergesetzt. Es gehe nicht auf die wirtschaftliche Entwicklung der Vertragsparteien von der Kündigung der Sozietät bis zur Scheidung ein und berücksichtige nicht, dass er seine Unterhaltsbedürftigkeit bereits erstinstanzlich unter Beweisantritt vorgetragen habe. Das Gericht beschäftige sich auch nicht mit den ehe- und erbvertragli­­­chen Regelungen, denen zufolge der Fortbestand der Sozietät der einzige Grund für den Aus­­schluss der gesetzli­chen Scheidungs­folgen gewesen sei. Die Entscheidungserheblichkeit seines über­­gangenen Vortrages ergebe sich aus der – im Aus­­­­­set­zungs­be­schluss vom Oberlandesgericht noch erkannten – Not­­wendigkeit, die gesam­­­­ten wirtschaftlichen Verhältnisse der Ver­trags­par­teien zu berück­­­­sichtigen.

 

b. Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2014 teilte der Beschwerdeführer mit, es werde „ausdrücklich klargestellt“, dass sich die Verfassungsbeschwerde wegen der Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör auch gegen den Ausgangsbeschluss des Amtsgerichts vom 15. November 2011 richte. Zudem hätten Amtsgericht und Oberlandesgericht seinen Anspruch auf ein zügi­ges Verfahren aus Art. 52 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 LV verletzt; ins­besondere habe das Ausgangsverfahren mit dem nunmehr 3 ½ Jahre währenden Verfahren auf Rechnungsle­gung und Auszahlung von Gewinnanteilen verbunden werden müssen.

 

2. Die Akten des Ausgangsverfahrens wurden beigezogen. Der Prä­sident des Oberlandesgerichts und die Ehefrau des Beschwerde­führers hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Diese hält die Ver­fassungsbeschwerde für unzulässig, hilfsweise für unbegrün­det.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) als unzulässig zu verwerfen.

 

I.

Für die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf ein zügiges Ver­­­­­fahren durch Amts- und Oberlandesgericht besteht kein Rechts­­­­­­­­schutzbedürfnis, nachdem das Ausgangsverfahren bereits vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde abgeschlossen war (vgl. Beschluss vom 20. September 2013 – VfGBbg 62/12 -, www.verfas­sungs­­gericht.brandenburg.de). Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer nach Erhebung der Ver­zö­ge­rungsrüge dem Grundsatz der Subsi­diarität der Verfassungsbeschwerde entsprechend gemäß §§ 198 ff Gerichtsverfassungsgesetz eine Entschädigungsklage erhoben hätte (vgl. zu diesem Erfor­­dernis: Bundes­­ver­fas­sungs­gericht, Beschluss vom 5. Septem­ber 2013 - 1 BvR 2447/11 -, NVwZ 2014, 62, 63 f).

 

II.

1. Soweit mit der Verfassungsbeschwerde der Beschluss des Amtsgerichts vom 15. November 2011 angegriffen wird, ist sie nicht binnen der Zwei-Monats-Frist des § 47 Abs. 1 VerfGGBbg ein­gelegt worden. Die Frist begann am 3. September 2013, dem auf die Zustellung des Beschlusses über die Anhörungsrüge folgenden Tag, und endete mit Ablauf des 2. November 2013. Der Schriftsatz, mit dem der Beschwerdeführer sich wegen einer behaupteten Gehörsverletzung gegen den Beschluss vom 15. Nov­ember 2011 wendet, ist erst am 23. Januar 2014 und damit nach Frist­ablauf bei Gericht eingegangen. Entge­­gen der Annahme des Beschwer­deführers war zu diesem Zeitpunkt eine Verfas­sungs­be­schwerde gegen den Beschluss vom 15. Nov­­­­­ember 2011 nicht anhän­gig, so dass Entsprechendes mit dem genann­ten Schrift­satz auch nicht „klargestellt“ werden konnte. Die am 10. Oktober 2013 erhobene Verfassungsbeschwerde richtete sich mit Rücksicht auf die Aufzählung der angegriffenen Entscheidungen eingangs der Beschwerdeschrift allein gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts; aus­schließlich auf diese bezieht sich auch die Begründung der Ver­­­­fassungsbeschwerde. Unab­hängig davon wäre die Verfassungsbeschwerde in Bezug auf den Beschluss vom 15. November 2011 nicht – wie für ihre Zuläs­sig­keit erforderlich – innerhalb der Zwei-Monats-Frist gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg begrün­det worden.

 

2. Auch hinsichtlich der Beschlüsse des Oberlandesgerichts ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.

 

a. Der Anfechtung des Beschlusses über die Anhörungsrüge vom 29. Juli 2013 mangelt es am Rechts­schutzbedürfnis. Die Zurückweisung einer Anhörungsrüge ent­hält keine eigen­­stän­dige Beschwer, sondern lässt allenfalls eine bereits durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Verletzung recht­­li­chen Gehörs fortbestehen, indem eine Selbstkorrektur durch das Fachgericht unterbleibt. Ein schutzwürdiges Inte­res­se an einer – zusätzlichen – verfassungsgerichtlichen Über­prü­fung der Entscheidung über die Anhörungsrüge besteht nicht (st. Rspr., vgl. zuletzt Beschluss vom 29. November 2013 – VfGBbg 9/13 -, www.ver­fas­sungs­gericht.brandenburg.de).

 

b. Soweit der Beschluss vom 16. Mai 2013 betroffen ist, zeigt der Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde entgegen dem Begründungserfordernis aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46    VerfGGBbg nicht die Möglichkeit auf, in seinem Grundrecht auf recht­­­­liches Gehör ver­letzt zu sein.

 

aa. Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV gewährt den Verfahrens­­­­­beteiligten das Recht, sich vor Erlass der Entscheidung zu den für diese erheblichen Sach- und Rechts­fragen zu äußern. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Ent­schei­dung in Erwägung zu ziehen (st. Rspr., vgl. Beschluss vom 10. Mai 2007 – VfGBbg 8/07 -, LVerfGE 150, 157). Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gericht dieser Pflicht nachkommt, und es von Verfassungs wegen nicht jedes vor­­ge­­­brachte Argument ausdrücklich bescheiden muss, bedarf es beson­­derer Umstände für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV (Beschluss vom 10. Mai 2007, a. a. O.). Das Vorliegen solcher Umstände kommt insbesondere in Betracht, wenn das Gericht in den Entscheidungsgründen den wesentlichen Kern des nicht offen­sichtlich unsubstantiierten Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage übergeht, die - auf der Grundlage der Rechtsauf­fassung des Gerichts - für das Verfahren von zentraler Bedeu­tung ist (Beschluss vom 25. Januar 2013 – VfGBbg 16/12 –, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Schließlich ist der Schutz­bereich des Anspruchs auf rechtliches Gehör betroffen, wenn das Gericht seine Entscheidung ohne vor­­­­herigen Hinweis auf einen bislang nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt, mit dem nach dem bisherigen Verfahrens­verlauf auch ein gewis­sen­­haf­ter Prozessbetei­ligter nicht rechnen musste (sog. Über­ra­sch­ungs­entscheidung; vgl. Ernst, in: Lieber/Iwers/Ernst, Kom­men­tar zur Landesverfassung, 2012, Art. 52 Nr. 4.3).  

 

bb. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beschluss vom 16. Mai 2013 vor dem Hintergrund des Aussetzungsbeschlusses vom     24. Ok­to­­ber 2012 eine Über­raschungsentscheidung sein könnte. Der Beschwer­deführer legt nicht konkret dar, welchen vom Ober­­­lan­desgericht in seinem Beschluss vom 16. Mai 2013 herange­­zo­ge­nen rechtlichen Gesichtspunkt er nicht habe vorhersehen kön­­nen. Sofern der Beschwerdeführer auf die Vorgreiflichkeit des im Aussetzungsbeschluss genannten Verfahrens vor dem Amtsge­richt Oranienburg (Auskunft und Gewinnanteilsauszahlung) für die Bewertung des Ehe- und Erbvertrages vom 18. Mai 2009 abheben möchte, kann er durch die gewandelte Rechtsauffassung des Ober­landesgerichts nicht überrascht worden sein. Das Fehlen der Vorgreiflichkeit hatte bereits seine Ehefrau thematisiert und die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens beantragt (Schrift­­­­­sätze vom 14. November 2012 und 31. Januar 2013). Allein der Umstand der Termins­­­­­anberaumung, um die Frage der Ausset­zungsfortdauer zu erör­­tern, musste dem Beschwerdeführer die Mög­­­lichkeit einer geänder­ten Bewertung der Vorgreiflichkeitsfrage durch das Oberlan­­desgericht vor Augen führen; dies in Betracht zu ziehen, hatte er umso mehr Veranlassung, als dass der Termin „ggf.“ auch der „Anhörung zur Sache“ dienen sollte. Jedenfalls mit der Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses im Termin vom 25. April 2013 dokumentierte das Oberlandesgericht unmiss­verständlich seine Auffassung, die Inhalts- und Ausübungs­kontrolle des Ehe- und Erbvertrages unabhängig vom Beste­hen etwaiger Ansprüche des Beschwerdeführers auf Auszahlung von Sozietätsgewinnan­­­­teilen vornehmen zu können. Der Beschwerde­führer hatte demnach Gelegenheit, hierzu vor Verkündung des Beschlusses vom 16. Mai 2013 Stellung zu nehmen.

 

cc. Soweit der Beschwerdeführer die Nichtberücksichtigung bestimm­­ten Vortrags beanstandet, fehlt es an einer dem Begrün­­dungs­erfordernis genügenden Konkretisierung, wann, in wel­­chem Verfahrensabschnitt und Kontext sowie welchem Gericht gegenüber die­ser erfolgt sein soll. Es ist - auf der Ebene der Prüfung, ob eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint - nicht die Auf­­gabe des Ver­­fassungs­gerichts, die Viel­zahl der in den Akten des Aus­­gangs­­­verfahrens befindlichen Schriftsätze auf die Existenz als unbe­­rücksichtigt gerügten Vor­­­trags zu sichten, sich ein Bild von dessen Berücksichtigungsfähigkeit (etwa im Hin­blick auf Präklusion, Substantiierung und Beweisantritt) zu verschaffen und dergestalt den Sachverhalt einer etwaigen Gehörs Verletzung selbst zu ermitteln. Vielmehr hat der Beschwer­de­führer seine Ver­fas­sungs­be­schwerde so zu begründen, dass diese allein das Ver­fas­sungs­ge­richt in die Lage versetzt, die Mög­lichkeit einer Grundrechtsverletzung fest­zustellen (vgl. Beschluss vom 18. April 2002 - VfGBbg 8/02 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

dd. Unabhängig davon legt der Beschwerdeführer keine besonderen Umstände dar, welche die Annahme rechtfertigen könnten, das Oberlan­des­gericht habe sein Vorbringen nicht umfassend berücksichtigt. Bei der Inhalts- und Ausübungskontrolle des Vertrages vom 18. Mai 2009 war für das Oberlandesgericht ausweislich der Begründung des angegriffenen Beschlusses maß­geblich, dass die geschiedenen Eheleute auch nach der Kündigung der Sozie­tät – wie bei Abschluss des Vertrages vorausgesetzt - auf Dauer gleichermaßen in der Lage seien, ihren Lebens­­­unterhalt durch eine selbständige Rechtsanwaltstätigkeit abzu­­sichern; eine evident einseitige und unzumutbare Belastung des Beschwerdeführers sei mit der Durchführung des Vertrages daher nicht verbunden. Dass das Oberlandesgericht auf der Grundlage die­ser rechtlichen Beurteilung substantiiertes und für die Ent­scheidung wesentliches Vorbringen des Beschwerdeführers über­gangen haben könnte, ergibt sich aus dessen Vortrag nicht. Das gilt auch für die Behauptungen des Beschwerdeführers, die Sozie­tät sei seine einzige Altersversor­gung (gewe­­sen) und er sei unterhaltsbedürftig. Das Oberlandesgericht weist in dem ange­griffenen Beschluss (S. 8) darauf hin, dass die Eheleute im Vorspann des Vertrages vom 18. Mai 2009 jeweils erklären, bereits über eine ausreichende Alters­­ver­sor­gung zu verfügen. Ferner stellt es fest (S. 10), der Beschwerde­­führer habe gerade nicht vorgetragen, seinen Unter­halts­be­darf nicht decken zu können. Zur Darlegung eines mög­­lichen Gehörs­verstoßes hätte es im Rahmen seiner verfassungs­­pro­zes­su­a­len Begründungslast dem Beschwerdefüh­rer oblegen, die Unrich­tigkeit dieser Feststellung konkret aufzuzeigen; dies hat er jedoch unterlassen.

 

ee. Nicht durchgreifend sind schließlich die Beanstandungen des Beschwer­­deführers, das Oberlandesgericht habe bestimmten Vortrag für irrelevant erklärt und außer Acht gelassen, dass nach den Rege­lungen des Ehe- und Erbvertrages das Weiterführen der Sozietät der einzige Grund für den Aus­­schluss der gesetzli­chen Schei­­­­­­­dungsfolgen gewesen sei. Die Bezeichnung von Parteivorbringen als „irrelevant“ setzt hier dessen Kenntnisnahme und Berücksichti­gung voraus. Die damit zum Ausdruck gebrachte rechtliche Würdigung des Vorbringens kann mit der Rüge einer Gehörsverletzung indes ebenso wenig angegriffen werden wie die Aus­­­legung des Ehe- und Erbver­trages durch das Oberlandesgericht, der zufolge der Fortbestand der Sozietät nicht die über­­­r­agende Bedeutung für die Geltung der ver­traglichen Verein­barungen haben sollte, die der Beschwerdeführer ihm beimisst. Das Gehörsgrundrecht schützt die Ver­­­fahrens­beteiligten nicht davor, dass das Gericht ihre Rechts­­­­auf­fas­sungen und rechtlichen Beurteilungen nicht teilt (st. Rspr., vgl. etwa Beschluss vom 20. September 2013 – VfGBbg 33/13 -, www.verfas­sungs­­­ge­­richt.bran­denburg.de).

 

C.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dieltiz Dresen
   
Nitsche Partikel
   
Schmidt