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VerfGBbg, Beschluss vom 15. Mai 1997 - VfGBbg 6/97 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 45 Abs. 2; VerfGGBbg, § 45 Abs. 2 Satz 2;
   VerfGGBbg, § 32 Abs. 7 Satz 1; VerfGGBbg, § 32 Abs. 7 Satz 2
Schlagworte: - Subsidiarität
- Vorabentscheidung
- Auslagenerstattung
- Gegenstandswert
amtlicher Leitsatz:
Fundstellen: - LVerfGE 6, 111
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 15. Mai 1997 - VfGBbg 6/97 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 6/97



IM NAMEN DES VOLKES
B E S C H L U S S

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

R.-GmbH,
vertreten durch deren Geschäftsführerin M.,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. E., G. und P.,

wegen Nichtgewährung der vorläufigen Teilnahme am Rettungsdienst, Beschlüsse Verwaltungsgericht Potsdam vom 29. Dezember 1995 und Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg vom 12. Dezember 1996, zugleich betreffend das Brandenburgische Rettungsdienstgesetz vom 8. Mai 1992 - GVBl. I S. 170 -

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Dr. Macke, Dr. Dombert, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Prof. Dr. Mitzner, Prof. Dr. Schöneburg, Prof. Dr. Schröder, Weisberg-Schwarz und Prof. Dr. Will

am 15. Mai 1997

b e s c h l o s s e n :

1. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

2. Unter Wiedereinbeziehung des Verfahrens VfGBbg 6/97, welches im übrigen eingestellt wird, hat das Land Brandenburg der Beschwerdeführerin 1/4 ihrer notwendigen Auslagen zu erstatten.

G r ü n d e :

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluß des Verwaltungsgerichts und gegen eine diesen bestätigende Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht haben den Antrag der Beschwerdeführerin, ihre vorläufige Teilnahme am Rettungsdienst im Land Brandenburg zu dulden, zurückgewiesen.

I.

Die Beschwerdeführerin betreibt ein Krankentransportunternehmen mit Sitz in Berlin und einer Zweigstelle in Potsdam. Bis zum 31. Dezember 1995 erbrachte sie im Gebiet der Stadt Potsdam auf der Grundlage einer personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung, die bis zu diesem Zeitpunkt befristet war, Leistungen im Bereich des Rettungsdienstes (Notfallrettung und qualifizierter Krankentransport). Seit 1991 bemüht sich die Beschwerdeführerin vergeblich um eine (dauerhafte) Genehmigung zur Durchführung des qualifizierten Krankentransportes, seit 1992 auf der Grundlage des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes vom 8. Mai 1992 (GVBl. I S. 170 - BbgRettG -). In § 3 BbgRettG heißt es unter anderem wie folgt:

§ 3 Träger des Rettungsdienstes

(1) Träger des Rettungsdienstes sind die Landkreise und die kreisfreien Städte. Sie erfüllen die Aufgaben des Rettungsdienstes als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises.

...

Zur Beteiligung von “privaten Dritten” heißt es in § 5 BbgRettG unter anderem wie folgt:

§ 5 Beteiligung von Hilfsorganisationen, öffentlichen Feuerwehren und privaten Dritten

(1) Der Träger des Rettungsdienstes kann die Durchführung des Rettungsdienstes auf Hilfsorganisationen, öffentliche Feuerwehren und private Dritte übertragen, soweit diese die notwendigen Voraussetzungen erbringen.

(2) Die am Rettungsdienst Beteiligten handeln nach den Anweisungen der Träger des Rettungsdienstes ...

(3) Private Dritte, die nicht als gemeinnützig im Sinne des Einkommensteuergesetzes anerkannt sind, bedürfen zur Teilnahme an der Notfallrettung und am Krankentransport der Genehmigung des zuständigen Trägers des Rettungsdienstes.

...

(5) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu erwarten ist, daß durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst im Sinne von § 2 beeinträchtigt wird. ...

Der Oberbürgermeister der Stadt Potsdam lehnte erstmals mit Bescheid vom 12. Juni 1991 die Erteilung der erstrebten Genehmigung im wesentlichen mit der Begründung ab, ein entsprechender Bedarf für die Teilnahme der Beschwerdeführerin am Rettungsdienst im Bereich der Stadt Potsdam sei nicht gegeben. Die auf Erteilung der Genehmigung gerichtete Klage ist seit dem 9. Oktober 1991 vor dem Verwaltungsgericht anhängig; in diesem Verfahren ist nunmehr Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt auf den 28. Mai 1997.

Mit dem Auslaufen der befristeten personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung Ende 1995 beantragte die Beschwerdeführerin bei dem Verwaltungsgericht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, gerichtet im wesentlichen darauf, ihre weitere Tätigkeit - in dem der befristeten Genehmigung entsprechenden Umfang - zu dulden, bis in dem Hauptsacheverfahren rechtskräftig entschieden sei. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluß vom 29. Dezember 1995 ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg mit Beschluß vom 12. Dezember 1996 - nach Angabe der Beschwerdeführerin zugestellt am 17. Dezember 1996 - zurück, weil vieles dafür spreche, daß einer Genehmigung des qualifizierten Krankentransports durch die Beschwerdeführerin der Versagungsgrund des § 5 Abs. 5 BbgRettG entgegenstehe. Hierzu heißt es in der Entscheidung unter Hinweis auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Oktober 1995 (- 3 C 10.94 - Buchholz 418.15 Rettungswesen Nr. 5), unabhängig von der Frage der Verfassungsmäßigkeit eines grundsätzlichen Ausschlusses Dritter von der Teilnahme am Rettungsdienst nach dem Brandenburgischen Rettungsdienstgesetz sei jedenfalls ihr Ausschluß im Einzelfall zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Auch sei das Abwarten des Hauptsacheverfahrens zumutbar, weil die Beschwerdeführerin, deren Hauptbetätigungsfeld in Berlin liege, nicht in ihrer unternehmerischen Existenz bedroht sei.

II.

Am 17. Februar 1997 hat die Beschwerdeführerin gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügt insoweit eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 49 LV (Berufsfreiheit), Art. 41 LV (Eigentum), Art. 12 LV (Gleichheit) sowie Art. 10 LV (Freie Entfaltung der Persönlichkeit). Zur Begründung macht sie geltend, es sei nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts beruhe, nachdem das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung vom 26. Oktober 1995 gegen das Brandenburgische Rettungsdienstgesetz in der ihm durch das Oberverwaltungsgericht zuvor gegebenen Auslegung verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet habe. Angesichts der vom Bundesverwaltungsgericht hervorgehobenen Schwere des Eingriffs in das Grundrecht der Berufsfreiheit, der mit der Verweigerung der Erteilung einer rettungsdienstlichen Genehmigung verbunden sei, könne sie eine auf einer derart fragwürdigen gesetzlichen Grundlage beruhende Eilentscheidung nicht hinnehmen, welche die Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte faktisch leerlaufen lasse.

III.

Zu der Verfassungsbeschwerde hat die Landesregierung Stellung genommen und sich auf den Standpunkt gestellt, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Eine auf das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren als solches bezogene Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin sei nicht zu sehen. Soweit die Beschwerdeführerin die Verfassungswidrigkeit des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes geltend mache, sei die Verfassungsbeschwerde nicht zulässig, weil ihr der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegenstehe. Denn die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes sei von entscheidender Bedeutung auch für das von der Beschwerdeführerin bereits betriebene Hauptsacheverfahren. Die Verweisung auf das verwaltungsgerichtliche Hauptsacheverfahren sei der Beschwerdeführerin zumutbar: Zum einen sei anzunehmen, daß das Verwaltungsgericht in absehbarer Zeit eine Sachentscheidung treffen werde. Zum anderen werde die Beschwerdeführerin nicht ernstlich in ihrer Existenz bedroht. Unabhängig davon sei nicht zu erkennen, daß Vorschriften des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes verfassungswidrig seien. Die diesbezüglichen Fragen, insbesondere die Frage eines Rechtsanspruchs privater Krankentransportunternehmer auf Zulassung zum Rettungsdienst im Land Brandenburg, stünden demnächst zur Klärung vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg an. Je nach dem Ergebnis dieser gerichtlichen Prüfung werde künftig gegebenenfalls eine verfassungskonforme Auslegung des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes vorzunehmen sein.

IV.

Soweit die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde auch dagegen erhoben hat, daß das Verwaltungsgericht über das fachgerichtliche Hauptsacheverfahren bisher nicht entschieden habe, hat das Verfassungsgericht des Landes das Verfahren durch Beschluß vom 20. März 1997 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen VfGBbg 6/97 fortgeführt. Insoweit hat die Beschwerdeführerin die Verfassungsbeschwerde inzwischen für erledigt erklärt, nachdem das Verwaltungsgericht nunmehr Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 28. Mai 1997 bestimmt hat.

B.
I.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihrer Zulässigkeit steht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen.

1. Allerdings hat die Beschwerdeführerin den Rechtsweg im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) erschöpft. Gegen den im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 12. Dezember 1996 ist ein (weiteres) Rechtsmittel nicht gegeben (vgl. §§ 146 Abs. 1, 152 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung). Indessen geht der - § 45 Abs. 2 VerfGGBbg zugrundeliegende - Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde über das Gebot einer bloßen Rechtswegerschöpfung hinaus. Er dient einer sachgerechten Aufgabenverteilung zwischen dem Verfassungsgericht und den Fachgerichten. Danach obliegt es vorrangig den Fachgerichten, einfachrechtliche Vorschriften auszulegen und die zur Anwendung der Vorschriften erforderlichen Ermittlungen sowie die Würdigung des Sachverhalts vorzunehmen (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg, vgl. Beschluß vom 20. Oktober 1994 - VfGBbg 12/94 - LVerfGE 2, 193, 197 f.; zuletzt Beschluß vom 21. November 1996 - VfGBbg 17/96, 18/96 und 19/96 -, S. 13 des Umdrucks, zur Veröffentlichung in LVerfGE 4 Teil Brandenburg Nr. 17 vorgesehen). Der Grundsatz der Subsidiarität verlangt deswegen von einem Beschwerdeführer, daß er - über eine bloße Rechtswegerschöpfung (im engen Sinne) hinaus - alles im Rahmen seiner Möglichkeiten Stehende unternimmt, um eine etwaige Grundrechtsverletzung zu beseitigen oder zu verhindern. Er ist auf alle nach Lage der Dinge ihm gegebenenfalls zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zur Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu verweisen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 17. März 1994 - VfGBbg 11/93 - LVerfGE 2, 85, 87; zuletzt Beschluß vom 21. November 1996 a.a.O.).

Eine Verfassungsbeschwerde ist nach diesen Grundsätzen unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität regelmäßig auch dann unzulässig, wenn trotz Erschöpfung des Rechtswegs im einstweiligen fachgerichtlichen Rechtsschutzverfahren in zumutbarer Weise Rechtsschutz auch noch im fachgerichtlichen Hauptsacheverfahren erlangt werden kann (ständige Rechtsprechung des erkennenden Verfassungsgerichts, vgl. Beschluß vom 17. März 1994 - VfGBbg 11/93 - LVerfGE 2, 85, 87; Beschluß vom 18. Juni 1996 - VfGBbg 20/95 -, S. 8 des Umdrucks, zur Veröffentlichung in LVerfGE 4 Teil Brandenburg Nr. 12 vorgesehen; Beschluß vom 21. November 1996 - VfGBbg 17/96, 18/96 und 19/96 - a.a.O, S. 13 f. des Umdrucks, zur Veröffentlichung in LVerfGE 4 Teil Brandenburg Nr. 17 vorgesehen). So liegt es hier. Der Beschwerdeführerin ist zuzumuten, zunächst das Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht durchzuführen und gegebenenfalls auch insoweit den Rechtsweg auszuschöpfen. Sie rügt der Sache nach eine Grundrechtsverletzung, die nicht in erster Linie auf das vorläufige Rechtsschutzverfahren als solches abzielt (vgl. zu einem solchen Fall: BVerfGE 65, 227), sondern einen Gesichtspunkt betrifft, der gleichermaßen auch im fachgerichtlichen Hauptsacheverfahren zur rechtlichen Überprüfung steht: Die Beanstandung der Beschwerdeführerin geht im Kern dahin, das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg habe seine Entscheidung auf eine gesetzliche Grundlage - hier § 5 Abs. 5 BbgRettG - gestützt, die mit Blick auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Oktober 1995 verfassungsrechtlicher Überprüfung nicht standhalte. Ob und inwieweit die Vorschriften des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes - vor allem die darin vorgenommene Ausgestaltung des qualifizierten Krankentransportes als staatliche oder (nur) öffentliche Aufgabe und demgemäß die §§ 3 und 5 BbgRettG - mit den Vorschriften der Landesverfassung, insbesondere dem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 49 LV), vereinbar sind, ist “Thema” auch und gerade auch des fachgerichtlichen Hauptsacheverfahrens vor dem Verwaltungsgericht . Damit ist die Beschwerdeführerin für den Schutz ihrer Grundrechte auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Insoweit korrespondiert die Möglichkeit des Grundrechtsschutzes durch das Fachgericht der Hauptsache mit der Verantwortung, die diesem Gericht auch gerade insoweit zukommt (vgl. bereits Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß v. 17. März 1994 - VfGBbg 11/93 - LVerfGE 2, 85, 87).

Sich auf das fachgerichtliche Hauptsacheverfahren verweisen zu lassen, ist der Beschwerdeführerin trotz der bisherigen Dauer des Verfahrens auch zumutbar. Dies wäre gegebenenfalls anders zu beurteilen, wenn in dem fachgerichtlichen Hauptsacheverfahren kein Ende abzusehen wäre und von daher dort der Schutz der Grundrechte illusorisch erschiene. So liegt es hier jedoch nicht. Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts hat inzwischen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 28. Mai 1997 anberaumt und damit die Angelegenheit nunmehr angegangen. Es kommt hinzu, daß der Komplex “Teilnahme Privater am Rettungsdienst” in einem Parallelverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg nach Zurückverweisung durch das Bundesverwaltungsgericht - nach Mitteilung der Beschwerdeführerin am 21. August 1997 - wieder ansteht. Auch von daher zeichnet sich eine Klärung der anstehenden Fragen für den Bereich der brandenburgischen Verwaltungsgerichtsbarkeit ab. Unter diesen Umständen spielt es schon nach der Funktion des Subsidiaritätsgrundsatzes - der sachgerechten Aufgabenverteilung zwischen Fach- und Verfassungsgerichtsbarkeit - keine Rolle mehr, daß die Verfassungsbeschwerde gegen die im fachgerichtlichen Eilverfahren ergangenen Beschlüsse ursprünglich auch wegen Untätigbleibens des Fachgerichts in dem Hauptsacheverfahren erhoben worden ist. Ebenso können die Gründe nicht mehr ins Gewicht fallen, aus denen die Kammer des Verwaltungsgerichts erst nach über fünfeinhalb Jahren Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt hat. Entscheidend ist, daß die Befassung des Fachgerichts mit der Angelegenheit nunmehr ansteht und es deshalb der Beschwerdeführerin, auch soweit der zeitliche Ablauf in Frage steht, zumutbar ist, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.

2. Allerdings kann das Verfassungsgericht - ebenso wie gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg bei Nichterschöpfung des Rechtsweges (im engeren Sinne) - auch im Anwendungsbereich des Subsidiaritätsgrundsatzes, nämlich in analoger Anwendung (auch) des Satzes 2 des § 45 Abs. 2 VerfGGBbg, “im Ausnahmefall über eine ... Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde”, falls er auf den Rechtsschutz vor den Fachgerichten verwiesen würde (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 21. November 1996 - VfGBbg 17/96, 18/96 und 19/96 - a.a.O., S. 14). Das erkennende Gericht sieht sich indes nicht veranlaßt, hier von dieser Möglichkeit der Sofortentscheidung Gebrauch zu machen und damit den Verwaltungsgerichten vorzugreifen.

a. Ein “schwerer” Nachteil entsteht der Beschwerdeführerin nicht. Sie wird durch die Verweisung auf das Hauptsacheverfahren nicht ernstlich in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Dies hat das Gericht bereits in dem Verfahren über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung festgestellt (Beschluß v. 20. März 1997 - VfGBbg 4/97 EA -, S. 11 des Umdrucks).

b. Auch eine “allgemeine Bedeutung”, an die wegen weiterer privater Krankentransportunternehmen zu denken ist, die von den hier interessierenden Regelungen des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes betroffen sind, führt hier nicht zu einer Vorabentscheidung des Gerichts. Die Ausgestaltung des § 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg als Kann-Vorschrift macht deutlich, daß auch bei Vorliegen der darin genannten Voraussetzungen eine Vorabentscheidung des Verfassungsgerichts keineswegs zwangsläufig ist. Sie bleibt vielmehr auch in diesen Fällen schon nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg die Ausnahme (“im Ausnahmefall”). Die “allgemeine Bedeutung” ist nur ein Aspekt unter mehreren, die im Rahmen einer Abwägung für und wider eine sofortige Sachentscheidung zu berücksichtigen sind (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts des Landes, vgl. zuletzt Beschluß v. 21. November 1996 - VfGBbg 17/96, 18/96 und 19/96 - a.a.O., S. 15 des Umdrucks). Bei der hier zugrunde liegenden Fallkonstellation erscheint aber eine Vorweg-Sachentscheidung nicht angezeigt. Das erkennende Gericht hat schon in anderem Zusammenhange ausgesprochen, daß es unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität gegen eine Sofortentscheidung des Landesverfassungsgerichts sprechen kann, wenn die Möglichkeit besteht, daß eine solche Entscheidung durch eine abweichende rechtliche Würdigung bundesrechtlicher Vorschriften durch ein Bundesgericht ”überholt” wird (s. dazu eingehend Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß v. 21. November 1996 - VfGBbg 17/96, 18/96 und 19/96 - a.a.O., S. 17 ff. des Umdrucks). Ähnlich kann es unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität gegen eine Sofortentscheidung des Landesverfassungsgerichts sprechen, wenn in Betracht kommt, daß eine spätere Prüfung am Maßstab zwingenden Verfassungsrechts (auch) des Bundes vorzunehmen sein wird. Dies aber steht hier angesichts der weitgehenden Deckungsgleichheit von Art. 49 Abs. 1 LV und Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. hierzu Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 21. November 1996 - VfGBbg 26/96 - NJ 1997, 80, 82) im Raum: Für die Entscheidung in dem verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren wird sich außer der Frage der Vereinbarkeit des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes mit der Landesverfassung (bzw. gegebenenfalls einer der Landesverfassung Rechnung tragenden verfassungskonformen Auslegung) zugleich die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 12 GG (bzw. einer diesbezüglich verfassungskonformen Auslegung, vgl. hierzu BVerwG Buchholz 418.15 Rettungswesen Nr. 5, S. 32) stellen, welche gegebenenfalls letzten Endes vom Bundesverfassungsgericht zu beantworten wäre. Von daher wäre eine hier ergehende Sofortentscheidung des Landesverfassungsgerichts in dem im Verfassungsraum sowohl des Bundes als auch des Landes spielenden Gesamtfragenbereich nicht “das letzte Wort”. Auch aus diesem Grunde macht das Gericht hier von der Möglichkeit einer sich über den Grundsatz der Subsidiarität hinwegsetzenden Sofortentscheidung keinen Gebrauch.

Bei dieser Betrachtungsweise kann - in dem hier in Frage stehenden Zusammenhang (§ 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg) - offen bleiben, ob und gegebenenfalls in welcher Weise es sich auswirkt, daß das Brandenburgische Rettungsdienstgesetz schon vor Inkrafttreten der Landesverfassung vom 20. August 1992, nämlich schon im Mai 1992, wirksam geworden ist, und damit eine auf den Verfassungsraum des Landes bezogene verfassungskonforme Auslegung überhaupt in Betracht kommt.

II.

Der Antrag auf Auslagenerstattung bleibt für den nach Abtrennung verbliebenen Teil der Verfassungsbeschwerde ebenfalls ohne Erfolg. § 32 Abs. 7 Satz 1 VerfGGBbg ordnet eine solche Kostenentscheidung nur bei gänzlich oder teilweise erfolgreicher Verfassungsbeschwerde zwingend an. In den übrigen Fällen kann das Verfassungsgericht nach § 32 Abs. 7 Satz 2 VerfGGBbg nur bei Vorliegen besonderer Billigkeitsgründe volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 20. Oktober 1994 - VfGBbg 9/93 EA - LVerfGE 2, 191, 192; Beschluß vom 23. Mai 1996 - VfGBbg 23/96 -, S. 8 des Umdrucks, zur Veröffentlichung in LVerfGE 4 Teil Brandenburg Nr. 7 vorgesehen). Solche Billigkeitsgründe sind hier für den nach der Abtrennung verbliebenen Teil der Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend greifbar. Das Gericht hält es jedoch unter Wiedereinbeziehung der abgetrennten Sache VfGBbg 6/97 für angemessen, daß der Beschwerdeführerin 1/4 ihrer insgesamt - in beiden Teilen der Verfassungsbeschwerde zusammen - angefallenen notwendigen Auslagen erstattet werden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß das Gericht die Laufzeit des zugrundeliegenden verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens von fast 6 Jahren trotz gewisser diese Dauer miterklärender besonderer Umstände für mit Art. 52 Abs. 4 LV nicht mehr vereinbar gehalten hätte. Das Gericht hält es deshalb für angemessen, daß der Beschwerdeführerin 1/2 der auf diesen Teil der Verfassungsbeschwerde entfallenden Auslagen erstattet werden. Bewertet man die beiden Teile der Verfassungsbeschwerde jeweils gleich hoch, nämlich jeweils mit 1/2, sind der Beschwerdeführerin deshalb 1/4 ihrer notwendigen Gesamtauslagen zu erstatten.

Gegenstandswert (festzusetzen auf den dem Auslagenerstattungsantrag zu entnehmenden Antrag der Beschwerdeführerin) unter Wiedereinbeziehung des abgetrennten Teils der Verfassungsbeschwerde: 16.000,-- DM.

Dr. Macke Dr. Dombert
Prof. Dr. Harms-Ziegler Prof. Dr. Mitzner
Prof. Dr. Schöneburg Prof. Dr. Schröder
Weisberg-Schwarz Prof. Dr. Will