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VerfGBbg, Beschluss vom 15. Februar 2019 - VfGBbg 183/17 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 21 Satz 1; VerfGGBbg, § 32 Abs. 7 Satz 2
- LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 2
- ZPO, § 47 Abs. 1
- RVG, § 33 Abs. 1; RVG, § 37 Abs. 2
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde unzulässig
- kein Rechtsschutzinteresse / Rechtsschutzbedürfnis
- Erledigung der Hauptsache
- Fortbestehen der Beschwer (verneint)
- Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit
- Änderung des Geschäftsverteilungsplans
- Auslagenerstattung
- Billigkeitsentscheidung
- Gegenstandswert
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 15. Februar 2019 - VfGBbg 183/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 183/17




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

K.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte:                 A. Rechtsanwälte,

 

wegen Beschlüsse des Amtsgerichts Oranienburg vom 1. Dezember 2016 (33 F 150/14) und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21. April 2017 und 15. November 2017 (9 WF 3/17)

          

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 15. Februar 2019

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dr. Finck, Kirbach, Dr. Lammer, Nitsche, Partikel und Dr. Strauß

 

beschlossen: 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

 

 

Gründe:

 

A.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen Entscheidungen des Amtsgerichts Oranienburg und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts über ein im Rahmen eines familienrechtlichen Verfahrens gestelltes Ablehnungsgesuch.

I.

Der Beschwerdeführer stellte vor dem Amtsgericht Oranienburg im Oktober 2014 einen Antrag auf Scheidung seiner Ehe.

 

In einem ersten Termin am 20. Oktober 2015 baten die Verfahrensbevollmächtigten beider Beteiligter um eine weitere Terminierung ab Februar 2016, was das Gericht zu beabsichtigen erklärte. Mitte Dezember 2015 bat der Beschwerdeführer durch seinen Verfahrensbevollmächtigten um einen kurzfristigen Termin zur Verhandlung und erinnerte mit Schriftsatz vom 4. Februar 2016 an den Antrag. Das Gericht bestimmte sodann den Termin auf den 1. März 2016. Dieser wurde auf Verlegungsanträge beider Verfahrensbevollmächtigten aufgehoben. Am 15. März 2016 bat der Beschwerdeführer nochmals um die Anberaumung eines Termins und unter dem 25. April 2016 um Mitteilung, warum „die Angelegenheit seitens des Gerichts unnötig verzögert“ werde. Daraufhin erklärte der zuständige Richter, eine Terminierung im Rahmen der Kapazitäten des Gerichts vorzunehmen. Am 10. Mai 2016 bat der Beschwerdeführer erneut um kurzfristige Terminierung, unter dem 21. Juni 2016 um Mitteilung, wieso das Gericht die Bitte ignoriere, pflichtgemäß zu terminieren. Das Verfahren sei seit mehr als sechs Monaten nicht angemessen gefördert worden. Für den Fall des weiteren „Stillstands der Rechtspflege“ seien dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen einzuleiten.

 

Unter dem 23. Juni 2016 bestimmte der später abgelehnte Richter Termin zum 8. November 2016 und erklärte in der Terminsverfügung: „Das Gericht nimmt die anmaßenden und unsachlichen Äußerungen des Berliner Anwalts von der Aue zum Anlaß darauf hinzuweisen, dass der Unterzeichner in einer derartigen Unsachlichkeit keine Sitzung durchführen wird. Dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen sollten Sie nicht androhen, sondern bei den zuständigen Stellen einreichen. […].“

 

Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2016 lehnte der Beschwerdeführer diesen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Sie beruhe auf den richterlichen Ausführungen in der Terminsverfügung, die für eine unangebrachte Aversion des Richters gegen den Anwalt sprächen, wohl aufgrund der mehrfachen Anträge auf Anberaumung eines Termins. Auch begründeten die erhebliche Verzögerung des Verfahrens, womit der Richter seine Aufgaben völlig verkannt habe sowie dessen Ankündigung, eine Sitzung bei „derartiger Unsachlichkeit“ nicht durchzuführen, eine Besorgnis der Befangenheit. Für den Beschwerdeführer ergebe sich daraus, dass Äußerungen seines Verfahrensbevollmächtigten nicht mehr zur Kenntnis genommen würden.

 

Der abgelehnte Richter nahm am 17. Oktober 2016 dienstlich zu dem Befangenheitsgesuch Stellung. Die Zeitabfolge der Terminierungen erklärte er mit regelmäßig auftretenden eilbedürftigeren Verfahren, insbesondere aus dem Betreuungsrecht. Ihm nicht erkennbare persönliche Spannungen zwischen sich und dem Parteivertreter habe er jedenfalls nicht beabsichtigt. Unter anderem durch den Schriftsatz vom 25. April 2016 habe er sich gezwungen gesehen, dem Parteivertreter den Hinweis zu geben, spätestens zum Verhandlungstermin die gebotene Sachlichkeit walten zu lassen. Die Aussagen des Rechtsanwalts in seinem Schriftsatz vom 21. Juni 2016, der Richter praktiziere einen „Stillstand der Rechtspflege“ und arbeite gar nicht, würden „der Unparteilichkeit und der gebotenen Achtung der 3. Gewalt nicht gerecht.“ Zudem sei das Verhalten des Parteivertreters im Zusammenhang mit dessen Verhalten in vergangenen Verfahren zu sehen. Dort habe sich der Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung derart erregt, dass der abgelehnte Richter um die Gesundheit des Rechtsanwalts gefürchtet habe. Mit seinem Hinweis in der Terminsverfügung habe er erreichen wollen, dass der Rechtsanwalt sachlich und ruhig bleiben solle, um sich nicht gesundheitlich zu gefährden. Außerdem habe er aufzeigen wollen, dass das Androhen dienstrechtlicher Maßnahmen einen deutschen Richter nicht zur Vornahme von Handlungen im Sinne einer einzigen Partei bewegen könne und dass eine Sitzung „für den Fall der nicht auszuschließenden Unsachlichkeit und Erregtheit“ unterbrochen werden müsste.

 

Daraufhin ergänzte der Beschwerdeführer mit Schriftsätzen vom 18. Oktober 2016 und 8. November 2016, dass die verzögerte Abgabe der dienstlichen Stellungnahme die Besorgnis der Befangenheit verstärke.

 

Das Amtsgericht wies sodann mit Beschluss vom 1. Dezember 2016 den Befangenheitsantrag als unbegründet zurück. Eine ungebührliche Verfahrensverzögerung sei nicht festzustellen. Der Zusatz zur Terminsladung verlasse den Bereich zulässiger Würdigungen des Verhaltens eines Prozessbeteiligten in drastischen Formulierungen vor dem Hintergrund der vorherigen Schriftsätze des Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers „- noch - nicht“. Die von dem abgelehnten Richter in seiner dienstlichen Stellungnahme ausgedrückte Sorge um die Gesundheit des Verfahrensbevollmächtigten sei keine Geringschätzung. Die Bearbeitungszeit zur Fertigung der dienstlichen Stellungnahme sei angemessen.

 

Der Beschwerdeführer legte sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss ein. Nach Eingang der Verfahrensakten beim Brandenburgischen Oberlandesgericht sandte dieses die Akten zur Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Amtsgericht mit dem Hinweis zurück, es sei nicht ersichtlich, dass die Akten der insoweit zuständigen Richterin oder deren Vertreter hierfür überhaupt vorgelegen hätten. Die Übersendung der Akten ohne die Entscheidung über die (Nicht-)Abhilfe sei durch den abgelehnten Abteilungsrichter erfolgt.

 

Der Beschwerdeführer begründete daraufhin mit Schriftsatz vom 13. Januar 2017 seine sofortige Beschwerde ergänzend damit, dass der abgelehnte Richter nun offenbar den für die Abhilfeentscheidung zuständigen Richter von der Entscheidung ausschließe.

 

Die zuständige Richterin half der sofortigen Beschwerde nicht ab. Die verfahrensleitenden Maßnahmen des abgelehnten Richters seien jedenfalls nicht willkürlich. Dies gelte auch für die Äußerung, keine Verhandlung durchführen zu wollen. Der Umgangston möge zwar „nicht wünschenswert“ sein, erreiche jedoch nicht die Qualität einer unsachlichen Äußerung. Die fehlerhafte Bearbeitung der Beschwerdeschrift stelle ersichtlich ein Bearbeitungsversehen dar, das im Hinblick auf die Vorlageobliegenheit nach § 572 Abs. 1 ZPO ebenfalls noch nicht willkürlich sei.

 

Die Antragsgegnerin im familiengerichtlichen Verfahren reichte am 15. Februar 2017 beim Amtsgericht einen Schriftsatz vom 13. Februar 2017 mit einem Stufenantrag zum Güterrecht ein, welcher als Folgesache in der Akte zum Aktenzeichen 33 F 150/14.GÜ abgelegt wurde. Der abgelehnte Richter verfügte dort am selben Tag wie folgt: „1.) Sache ist bei Oberlandesgericht wg. sof. Beschwerde wg. Besorgnis d. Befangenheit. Zustellung der Fs. ist unaufschiebbar i.S.d. § 47 ZPO. 2.) Ø 1 ff. an gegnerischen PVer zustellen. Frist zur Erwiderung: 1 Monat. 3.) 8 Wo. (OLG-Entscheidung?)“.

 

Der Beschwerdeführer bat das Oberlandesgericht mit Schriftsatz vom 15. März 2017 unter anderem zu überprüfen, welcher Richter unter dem 15. Februar 2017 die Erwiderungsfrist auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017 gesetzt habe. Sollte dies der abgelehnte Richter gewesen sein, ergäbe sich eine sichere Aussage über die Befangenheit des Richters, weil es sich dabei nicht um eine i. S. d. § 47 ZPO unaufschiebbare Handlung handele und er dann einen derartigen Fehler wiederholt hätte.

 

Das Oberlandesgericht wies mit Beschluss vom 21. April 2017 die sofortige Beschwerde unter Verweis auf die Begründungen der Ausgangsinstanz zurück. Ein Schriftsatz des Antragsgegnervertreters vom 13. Februar 2017 befinde sich nicht bei den Akten.

 

Mit einer Gehörsrüge vom 9. Mai 2017 gemäß § 44 FamFG beanstandete der Beschwerdeführer unter anderem, dass eine inhaltliche Überprüfung der Beschwerdegründe nicht erkennbar sei, der genannte Schriftsatz vom 13. Februar 2017 bei der Akte sein müsse und der Senat habe prüfen müssen, ob es der abgelehnte Richter gewesen sei, der die gerichtliche Verfügung vom 15. Februar 2017 getroffen habe. Mit Beschluss vom 15. November 2017 wies das Oberlandesgericht die Anhörungsrüge als unbegründet zurück. Der Senat habe sich zulässigerweise die Argumente des Amtsgerichts zu eigen gemacht. Ein Schriftsatz des Antragsgegnervertreters vom 13. Februar 2017 befinde sich nicht bei den Akten; eine gerichtliche Verfügung habe nicht festgestellt werden können.

 

Nach einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans ist seit Beginn des Jahres 2018 ein anderer Richter für die der Verfassungsbeschwerde zugrundeliegenden Verfahren zuständig. Dieser sprach im Februar 2018 die beantragte Scheidung aus. Er trennte die Folgesachen Versorgungsausgleich, nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich ab, die noch anhängig sind.

 

II.

Der Beschwerdeführer hat am 14. Dezember 2017 Verfassungsbeschwerde erhoben. Er rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 52 Abs. 1 und Abs. 3, 12 Abs. 1 Landesverfassung (LV), ferner die Grundrechte bzw. grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 13 EMRK, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 i. V. m. Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 EMRK.

III.

Das Amtsgericht Oranienburg und das Brandenburgische Oberlandesgericht haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Verfahrensakten sind beigezogen worden.

 

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

 

I.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist bezüglich des Beschlusses des Amtsgerichts Oranienburg vom 1. Dezember 2016 (33 F 150/14) wegen prozessualer Überholung unzulässig. Der Beschluss ist durch die nachfolgende Beschwerdeentscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21. April 2017 bestätigt worden (vgl. Beschlüsse vom 15. Dezember 2017 - VfGBbg 63/16 -, vom 16. Dezember 2016 - VfGBbg 30/16 -, vom 14. Oktober 2016 - VfGBbg 82/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfG, Beschlüsse vom 29. Oktober 2015 - 2 BvR 388/13 -, juris Rn. 16, vom 21. November 2012 - 1 BvR 1711/09 -, juris Rn. 10; BVerfGK 18, 395; 10, 134, 138).

 

2. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. November 2017 (9 WF 3/17) wendet, mit dem seine Gehörsrüge vom 9. Mai 2017 zurückgewiesen wurde, fehlt es an dem notwendigen Rechtsschutzinteresse. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, dass Anhörungsrügen zurückweisende gerichtliche Entscheidungen mangels Rechtsschutzbedürfnisses grundsätzlich nicht selbständig mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können, weil sie keine eigenständige Beschwer schaffen. Sie lassen allenfalls mit der Ausgangsentscheidung bereits eingetretene Verletzungen des rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem eine Selbstkorrektur durch das Fachgericht unterbleibt. Ein schutzwürdiges Interesse an einer - zusätzlichen - verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Gehörsrügeentscheidung besteht nicht (vgl. Beschlüsse vom 19. Januar 2018 - VfGBbg 81/17 -, vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 15/17 -, vom 15. September 2017 - VfGBbg 57/16 - und vom 17. November 2017 - VfGBbg 45/17 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

3. Die Verfassungsbeschwerde ist auch unzulässig, soweit sie sich gegen den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21. April 2017 richtet. Auch diesbezüglich steht dem Beschwerdeführer kein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Die von ihm geltend gemachte Beschwer ist zwischenzeitlich weggefallen.

a.) Bezüglich der inzwischen durch den nunmehr zuständigen Richter entschiedenen Verfahrensteile hat sich das Verfahren erledigt. Sein Rechtsschutzziel, das Verfahren nicht durch den abgelehnten Richter zur Entscheidung zu bringen, hat er insoweit bereits erreicht.

b.) In Bezug auf die noch anhängigen Scheidungs-Folgesachen fehlt dem Beschwerdeführer gleichfalls das Rechtsschutzbedürfnis, weil der abgelehnte Richter nach einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans nicht mehr für diese zuständig ist (ebenso OLG Zweibrücken, Beschlüsse vom 9. September 1999 - 5 SA 9/99 -, juris, vom 2. August 1996 - 5 SA 14/96 -, juris; vgl. OLG Karlsruhe, Beschlüsse vom 6. Februar 2006 - 16 WF 170/06 -, Rn. 3, juris, vom 2. Juni 2004 - 16 WF 50/04 -, Leitsatz, Rn. 3, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Juli 1997 - 17 W 32/96 -, Rn. 11, juris; BFH, Beschluss vom 14. Juli 1995 - X B 330/94 - unter Verweis auf einen nicht veröffentlichten Beschluss vom 8. September 1987 - VIII S 3/87 -, juris Rn. 10; OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 15. Januar 1996 - 11 W 58/95 -, juris, vom 2. März 1993 - 11 W 2/93 -, juris; vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2015 - LwZB 1/15 -, NJW-RR 2016, 127 [Wechsel an ein anderes Gericht], vom 21. Februar 2011 - II ZB 2/10 -, Rn. 10, NJW 2011, 1358, 1359; Stackmann, in: MüKoZPO, 5. Auflage 2016, § 44 Rn. 6).

Die Möglichkeit, dass der abgelehnte Richter als derzeitiger Zweitvertreter für den nunmehr zuständigen Richter erneut mit dem Verfahren befasst werden könnte, lässt ein Rechtschutzinteresse des Beschwerdeführers nicht bestehen bleiben. Lediglich vorsorglich für den theoretischen Vertretungsfall kann ein Ablehnungsgesuch weder angebracht noch aufrechterhalten werden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 2. Juni 2004 - 16 WF 50/04 -, Rn. 3, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 9. September 1999 - 5 SA 9/99 -, juris; Bahrenfuss in: Bahrenfuss, Fam­FG, 3. Auflage 2017, § 6 Rn. 55).

c.) Von einem Fortbestand des Rechtsschutzbedürfnisses ist vorliegend auch in Anlehnung an die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Fortsetzungsfeststellungsklage nicht auszugehen. Erledigt sich - wie hier - im Verlauf des verfassungsgerichtlichen Verfahrens das eigentliche Rechtsschutzanliegen des Beschwerdeführers, besteht das Rechtsschutzbedürfnis nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichts nur dann fort, wenn anderenfalls die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage grundsätzlicher Bedeutung unterbliebe, der gerügte Grundrechtseingriff besonders schwer wiegt, eine relevante Gefahr der Wiederholung des Eingriffs besteht oder die gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer weiter beeinträchtigt (vgl. Beschlüsse vom 8. Dezember 2008 - VfGBbg 23/08 -, vom 25. Februar 2011 - VfGBbg 46/10 -, vom 26. August 2011 - VfGBbg 18/11 -, vom 21. Oktober 2011 - VfGBbg 15/11 -, vom 21. Oktober 2011 - VfGBbg 35/11 -, vom 19. Oktober 2012 - VfGBbg 31/11 - und vom 15. Dezember 2017 - VfGBbg 7/17 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Keiner dieser Umstände, die ausnahmsweise noch eine Entscheidung des Verfassungsgerichts in der Sache rechtfertigen könnten, ist hier gegeben.

aa.) Verfassungsrechtliche Fragen grundsätzlicher Bedeutung wirft die Verfassungsbeschwerde nicht auf. Namentlich sind die Anforderungen, die Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV den Gerichten für die Gewährung rechtlichen Gehörs stellt, in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts hinreichend geklärt (vgl. zuletzt Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 32/16 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de, m. w. N.)

bb.) Auch eine besonders gewichtige Grundrechtsverletzung ist nicht erkennbar. Besonders gewichtig ist eine Grundrechtsverletzung, die auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten hindeutet oder wegen ihrer Wirkung geeignet ist, von der Ausübung von Grundrechten abzuhalten. Eine geltend gemachte Verletzung hat ferner dann besonderes Gewicht, wenn sie auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährten Schutzes oder auf einem leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen beruht oder rechtsstaatliche Grundsätze krass verletzt (vgl. Beschlüsse vom 25. Februar 2011 - VfGBbg 46/10 -, vom 26. August 2011 - VfGBbg 18/11 - und vom 21. Oktober 2011 - VfGBbg 35/11 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lassen die angegriffenen Entscheidungen nach den Darlegungen der Beschwerdebegründung eine schwerwiegende Grundrechtsverletzung des Beschwerdeführers nicht erkennen. Für eine grobe Verkennung von oder einen leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen bietet das Vorbringen des Beschwerdeführers keine tragfähigen Anhaltspunkte.

cc.) Eine Wiederholungsgefahr oder eine fortdauernde Beeinträchtigung durch die gegenstandslos gewordenen Beschlüsse sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

 

4. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung von Vorschriften des Grundgesetzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls unzulässig. Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg ist hierfür nicht zuständig. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 LV i. V. m. § 45 Abs. 1 VerfGGBbg eröffnet die Verfassungsbeschwerde ausschließlich gegen behauptete Verletzungen der in der Verfassung des Landes Brandenburg gewährleisteten Grundrechte (st. Rspr., vgl. nur Beschluss vom 19. Mai 2017 - VfGBbg 19/16 - m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de).

 

II.

Die Entscheidung zur Erstattung der Auslagen beruht auf § 32 Abs. 7 Satz 2 VerfGGBbg. Danach kann das Verfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen, auch wenn eine Verfassungsbeschwerde im Ergebnis keinen Erfolg hat. Das Gericht übt sein Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers aus, da die Verfassungsbeschwerde im Zeitpunkt ihrer Erhebung Aussicht auf Erfolg gehabt haben dürfte.

 

Eine Grundrechtsverletzung des Beschwerdeführers dürfte jedenfalls in einem Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör vor Gericht gemäß Art. 52 Abs. 3 Alt. 2 LV durch das Brandenburgische Oberlandesgericht zu sehen sein. Denn dieses hat nach zweimaligem, explizitem Hinweis des Beschwerdeführers auf einen Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2017, der mit einer richterlichen Verfügung versehen sein müsste, diesen Schriftsatz und die zugehörige richterliche Verfügung nicht in seiner Entscheidung berücksichtigt, obwohl er dem Senat als Aktenbestandteil vorlag. Der Schriftsatz nebst richterlicher Verfügung befindet sich in der Akte zur Folgesache Güterrecht (dort Bl. 1 - 18), welche dem Oberlandesgericht ausweislich eines Vermerks in der Hauptakte (dort Bl. 154) vorgelegen haben dürfte. Der wiederholte Hinweis des Beschwerdeführers auf den Schriftsatz und die erwähnte richterliche Verfügung hätte dem Senat jedenfalls Anlass geben müssen, die Verfahrensakten daraufhin sorgfältig zu prüfen.

 

Diese Gehörsverletzung wäre voraussichtlich - ohne die nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde eingetretene Änderung des Geschäftsverteilungsplans, auf welche der Beschwerdeführer keinen Einfluss hatte - auch entscheidungserheblich geworden. Der erforderliche Beruhenszusammenhang einer Gehörsverletzung für die Endentscheidung hätte dann vorgelegen. Denn die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die sofortige Beschwerde gegen den Ablehnungsbeschluss wäre möglicherweise anders ausgefallen, wenn es den Stufenantrag vom 13. Februar 2017 und die richterliche Verfügung vom 15. Februar 2017 zur Kenntnis genommen hätte. Denn die Antragszustellung unter gleichzeitiger Fristsetzung durch den abgelehnten Richter vor rechtskräftiger Entscheidung über das Ablehnungsgesuch dürfte vorliegend aufgrund der Gesamtumstände für eine Besorgnis der Befangenheit sprechen. Dass dieser die Zustellung eines Stufenantrags zum Güterrecht mit Fristsetzung zur Erwiderung als eine unaufschiebbare Handlung i. S. v. § 47 Abs. 1 ZPO, hier i. V. m. § 6 Abs. 1 FamFG angesehen hat, erscheint kaum nachvollziehbar. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass diese Verfügung zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die Akten vom Oberlandesgericht mit dem Hinweis an das Amtsgericht zurückgeschickt worden waren, dass die Akten der Vertreterin des abgelehnten Richters nach Erhebung der sofortigen Beschwerde nicht vorgelegen hätten und fälschlich der abgelehnte Richter die Akten selbst an das Oberlandesgericht habe übersenden lassen. Die erneute Vornahme einer ungleich wichtigeren verfahrensleitenden Maßnahme als die Aktenübersendung an das Rechtsmittelgericht nach einem von diesem ausdrücklich erteilten Hinweis auf einen Fehler, der dem abgelehnten Richter auch bekannt war, dürfte eine Verkennung des wesentlichen Gehalts des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter darstellen.

C.

Der Gegenstandswert ist nach § 33 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG entsprechend der ständigen Praxis des Gerichts in erfolgreichen Verfahren über Individualverfassungsbeschwerden gegen Gerichtsentscheidungen auf 10.000,00 Euro festzusetzen.

 

D.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dr. Finck Kirbach
   
Dr. Lammer Nitsche
   
Partikel Dr. Strauß