VerfGBbg, Beschluss vom 12. Oktober 2000 - VfGBbg 35/00 -
Verfahrensart: |
Verfassungsbeschwerde Hauptsache |
|
entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 52 Abs. 3; LV, Art. 52 Abs. 4 Satz 1 - BKleingG, § 20a Nr. 1; BKleingG, § 1 Abs. 1 Nr. 1; BKleingG, § 1 Abs. 1 Nr. 2; BKleingG, § 1 Abs. 2 Nr. 5 - ZPO, § 322 Abs. 1; ZPO, § 325 Abs. 1; ZPO, § 286 Abs. 1 |
|
Schlagworte: | - Bundesrecht - Zivilprozeßrecht - Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts - Zivilrecht, materielles - Willkür - Kleingartenrecht - Prüfungsmaßstab - rechtliches Gehör - faires Verfahren |
|
Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Beschluss vom 12. Oktober 2000 - VfGBbg 35/00 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 35/00

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren K.-e.V., Beschwerdeführer, Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. K., gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 16. Mai 2000 hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg am 12. Oktober 2000 b e s c h l o s s e n : Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. G r ü n d e : A. Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers, der Verband der K., und die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Stadt B., schlossen 1982 einen Nutzungsvertrag über ein der Stadt gehörendes Grundstück, das dem K.-Verband parzelliert an einzelne Nutzer unterverpachtete. Der jährliche Pachtzins von 678,40 Mark der DDR für das 16.980 qm große Grundstück wurde nach der Wiedervereinigung Deutschlands einvernehmlich auf 3.563,60 DM erhöht. Nachdem sie 1993 zunächst mitgeteilt hatte, daß sich das Vertragsverhältnis nach den Vorschriften des Bundeskleingartengesetzes (BKleingG) richte, nahm die Eigentümerin mit Schreiben vom 27. März 1997 eine Pachtzinsanpassung unter Bezugnahme auf die Wochenendgrundstücke betreffenden Vorschriften der Nutzungsentgeltverordnung in Anspruch. Die zur Geltendmachung eines hierauf gestützten Restpachtzinsanspruchs für 1997 in Höhe von 9.794,40 DM erhobene Klage wies das Amtsgericht B. durch Urteil vom 22. April 1999 mit der Begründung ab, die Parteien hätten vertraglich vereinbart, das Pachtverhältnis nach den Vorschriften des Bundeskleingartengesetzes fortzuführen. Im Berufungsverfahren erließ das Landgericht P. nach einer Ortsbesichtigung durch den Berichterstatter zunächst zwei Beweisbeschlüsse, denen zufolge verschiedene von den Parteien benannte Zeugen zu der Behauptung des Beklagten vernommen werden sollten, am 3. Oktober 1990 seien die streitgegenständlichen Grundflächen zu mehr als 1/4 der Flächen kleingärtnerisch genutzt worden. Mit Schreiben vom 22. Februar 2000 teilte das Landgericht den Parteien dann jedoch mit, daß die Kammer “nach erneuter eingehender Beratung” der Ansicht sei, daß die Sache ohne Beweisaufnahme entscheidungsreif sein dürfte. Auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2000 hat das Landgericht durch am 24. Mai 2000 zugestelltes Urteil vom 16. Mai 2000 der Berufung der Klägerin stattgegeben und den Beschwerdeführer zur Zahlung von 9.794,40 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Januar 1998 an die Klägerin verurteilt. Zur Begründung hat die Kammer im wesentlichen ausgeführt: Die Parteien hätten sich nicht über die Einordnung des Nutzungsverhältnisses als Kleingartenpachtvertrag im Sinne des Bundeskleingartengesetzes geeinigt, was im übrigen auch nicht in zulässiger Weise hätte geschehen können, weil die konstitutiven Tatbestandsmerkmale des § 1 BKleingG nicht vorgelegen hätten. Das Bundeskleingartengesetz sei auf vor dem 3. Oktober 1990 begründete vertragliche Grundstücksnutzungen im Beitrittsgebiet nur dann anwendbar, wenn bei Ablauf des 2. Oktober 1990 die einzelne Grundstücksteilfläche überwiegend zur Erzeugung von einjährigen Gartenprodukten gedient und innerhalb einer Anlage gelegen habe, die über das Zusammenleben und die gemeinsame kleingärtnerische Nutzung fördernde Anlagen verfügt habe. Dabei sei zunächst das von den Vertragsparteien - sei es im Überlassungsvertrag oder bei einer späteren Änderung - rechtlich Gewollte zu berücksichtigen. Im übrigen sei maßgeblich auf die zum 3. Oktober 1990 tatsächlich ausgeübte Art der Nutzung abzustellen. Nach diesen Kriterien habe unter Berücksichtigung des Parteivortrags und der Ortsbesichtigung eine kleingärtnerische Nutzung im Sinne des Bundeskleingartengesetzes nicht festgestellt werden können. Entscheidend sei, daß der in der Satzung des Vereins der Unterpächter vom 10. Juli 1990 festgelegte Vereinszweck die “Bildung einer gemeinnützigen Gemeinschaft zur Erholung der Mitglieder” sei und in der Satzung nichts zur kleingärtnerischen Nutzung geregelt werde. Insofern seien die Unterpächter in ihrem Selbstverständnis offenbar davon ausgegangen, daß es sich bei den von ihnen genutzten Grundstücken nicht um Kleingärten handele. Der Einwand des Beklagten, daß der Vereinszweck aus Rechtsunkenntnis der Pächter und deshalb festgelegt worden sei, um aus dem engen Korsett des Kleingartenpachtvertrages mit dem K.-Verband herauszukommen, könne nicht überzeugen. Der Satzungszweck sei auch in der Neufassung der Satzung im Jahr 1992, mit der sich der Verein in Dauerkleingartenanlage L. e.V. umbenannt habe, nicht geändert worden. Die mit den Unterpächtern im Jahr 1985 abgeschlossenen Kleingartenpachtverträge seien kein Indiz für eine kleingärtnerische Nutzung, da das Formular des K.-Verband “Kleingarten-Nutzungsvertrag” zu diesem Zeitpunkt auch für Wochenendsiedlergärten verwendet worden sei. Der Hauptnutzungsvertrag von 1982 habe auch keine Verpflichtung zu einer typisch kleingärtnerischen Nutzung enthalten. Durch eine nach dem Stichtag erfolgte Satzungsänderung oder Intensivierung der kleingärtnerische Bewirtschaftung könne der Nutzer nicht einseitig die Voraussetzungen für die Anwendung des Bundeskleingartengesetzes schaffen. Die zu den Akten gereichten Fotos dokumentierten lediglich den Zustand des Geländes im Jahr 1999. Für eine Vernehmung der zum Umfang der kleingärtnerischen Nutzung benannten Zeugen bestünden keine ausreichenden Anhaltspunkte. II. Der Beschwerdeführer hat am 21. Juli 2000 Verfassungsbeschwerde erhoben. Er rügt die Verletzung seiner Rechte aus Art. 52 Abs. 3 und 4 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG). Das Urteil des Landgerichts sei willkürlich, indem es auf der Auffassung beruhe, daß das Bundeskleingartengesetz auf vor dem 3. Oktober 1990 begründete vertragliche Grundstücksnutzungen im Beitrittsgebiet nur dann anwendbar sei, wenn die Grundstücksfläche überwiegend zur Erzeugung von einjährigen Gartenprodukten gedient habe. Diese Auffassung finde weder im Gesetzestext noch in der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, der ”gegenwärtigen Rechtswirklichkeit im Kleingartenwesen” oder der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine Stütze. Da das Landgericht die Klärung der entscheidenden Frage im Prozeß, nämlich die Feststellung der tatsächlichen Nutzung zum maßgeblichen Zeitpunkt des 3. Oktober 1990, “verhindert” habe, indem es die Beweisbeschlüsse nicht erledigt und vorgelegte Beweismittel wie z.B. den - die streitgegenständliche Fläche als Kleingarten ausweisenden - Flächennutzungsplan der Stadt B. nicht gewürdigt habe, habe es zudem das rechtliche Gehör verweigert. Daß das Landgericht auf die Satzung des Vereins der Unterpächter abgestellt habe, sei unzulässig, da der Verein nicht Vertragspartei sei und aus der Satzung nicht abgeleitet werden könne, daß sich die einzelnen Unterpächter nicht an die Gartenordnung des K.-Verband als Vertragsbestandteil der Unterpachtverträge gehalten hätten. Nach einhelliger Auffassung in Literatur und Rechtsprechung sei die Vertragssituation für die Frage der Art und Weise der Nutzung am 2./3. Oktober 1990 im übrigen nicht entscheidend. Sollte sich die Auffassung des Landgerichts durchsetzen, würde dies den Rechtsfrieden im Kleingartenwesen der neuen Bundesländer erheblich gefährden. Das Landgericht habe sich auch nicht mit dem Vortrag des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, daß der Obst- und Gemüseanbau zum Stichtag wegen der damals noch bestehenden Versorgungslage intensiver und Einschränkungen durch vorhandene Waldbäume geringer gewesen seien als im Jahr 1999. Auch das Recht auf ein faires Verfahren sei verletzt. III. Der Präsident des Landgerichts P. hat zur Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs auf den Wechsel der Kammerbesetzung nach Erlaß der Beweisbeschlüsse und den vor dem letzten Termin zur mündlichen Verhandlung ergangenen gerichtlichen Hinweis vom 22. Februar 2000 aufmerksam gemacht. Die Erwägung der Kammer, daß es maßgeblich auf den Inhalt der Satzung ankomme, genüge den Begründungsanforderungen gemäß § 313 Abs. 3 Zivilprozeßordnung (ZPO). Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat vorgetragen, das angegriffene Urteil beruhe nicht im Kern auf der Auffassung, daß das Bundeskleingartengesetz nur dann auf vor dem 3. Oktober 1990 vertraglich begründete Grundstücksnutzungen anwendbar sei, wenn bei Ablauf des 2. Oktober 1990 die einzelne Grundstücksfläche überwiegend zur Erzeugung von einjährigen Gartenprodukten gedient hat. Zudem zeige der Blick auf Rechtsprechung und Literatur, daß sich der Standpunkt, den das Landgericht eingenommen hat, im Rahmen des Vertretbaren halte. Das rechtliche Gehör sei nicht verletzt. Da das Gericht den Beweis bereits aufgrund anderer Beweismittel für erbracht gehalten habe, seien die Zeugenvernehmungen nicht erforderlich gewesen. B. Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. I. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere steht der - nach Ausschöpfung des Rechtsweges und innerhalb der Zwei-Monats-Frist erhobenen (vgl. §§ 45 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg) – Verfassungsbeschwerde nicht entgegen, daß mit ihr die Verletzung von Landesgrundrechten in einem bundesrechtlich - durch die Zivilprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz - geregelten Verfahren gerügt wird, da ein Bundesgericht nicht befaßt war und die gerügten Landesgrundrechte - wie unter II. dargelegt - mit den entsprechenden Grundrechten des Grundgesetzes inhaltsgleich sind (vgl. zu diesen Voraussetzungen: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 16. April 1998 - VfGBbg 1/98 -, LVerfGE 8, 82, 84 f., im Anschluß an BVerfGE 96, 345, 371 ff.). Ob eine Überprüfung der Entscheidung des Landgerichts am Maßstab mit dem Grundgesetz inhaltsgleicher Grundrechte der Landesverfassung hier insoweit ausscheidet, als im Kern gerade auch die Anwendung materiellen Bundesrechts - des Bundeskleingartengesetzes - gerügt wird, kann dahinstehen, da - wie unter II. dargelegt wird - ein Grundrechtsverstoß jedenfalls nicht vorliegt. II. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Das Urteil des Landgerichts P. vom 16. Mai 2000 verletzt den Beschwerdeführer nicht in Grundrechten der Landesverfassung. 1. Es liegt kein Verstoß gegen das aus Art. 52 Abs. 3 LV, 3 Abs. 1 GG abzuleitende Willkürverbot vor. Willkürlich ist eine Entscheidung erst dann, wenn sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar ist und sich deshalb der Schluß aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen (ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg, vgl. etwa Beschluß vom 17. Februar 2000 - VfGBbg 39/99 -, NStZ-RR 2000, 172, 173; Beschluß vom 20. Januar 1997 - VfGBbg 45/96 -, NJ 1997, 307, jeweils m.w.N.; für die entsprechende Rechtslage nach Art. 3 Abs. 1 GG: BVerfGE 80, 48, 51). Die Entscheidung muß - jenseits der richtigen Anwendung des einfachen Rechts - ganz und gar unverständlich erscheinen und das Recht in einer Weise falsch anwenden, die jeden Auslegungs- und Bewertungsspielraum überschreitet (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 14. August 1996 - VfGBbg 23/95, LVerfGE 5, 67, 72, m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das angegriffene Urteil des Landgerichts P. ist jedenfalls noch vertretbar und mithin nicht willkürlich. Nach § 20 a Nr.1 BKleingG ist das Bundeskleingartengesetz anzuwenden auf Kleingartennutzungsverhältnisse, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts begründet worden und nicht beendet sind. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG setzt der Begriff des Kleingartens – neben der Lage in einer Kleingartenanlage (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG) – voraus, daß der Garten dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung). Die Auffassung des Landgerichts, daß es sich bei den von den Unterpächtern des Beschwerdeführers genutzten Parzellen am 3. Oktober 1990 nicht um Kleingärten im Sinne der gesetzlichen Begriffsbestimmung gehandelt habe, weil dies eine Nutzung überwiegend zur Erzeugung von einjährigen Gartenprodukten voraussetze, mag mit einer für die Pächter von Gartengrundstücken ungünstigen Tendenz von anderen Gerichtsentscheidungen und Schrifttumsäußerungen abweichen, hält sich aber noch innerhalb des durch den Gesetzeswortlaut eröffneten Rahmens. Welcher Anteil der Gartenfläche zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen zu nutzen ist und welche Art von Gartenprodukten hierbei zu berücksichtigen sind, läßt der Gesetzeswortlaut offen. Auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gibt es hierzu – soweit ersichtlich – keine eindeutigen Vorgaben. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs etwa ist „zentrales Merkmal eines Kleingartens ... die nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung, also die Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten durch Selbstarbeit des Kleingärtners oder seiner Familienangehörigen“, wobei „die Vielfalt der Gartenbauerzeugnisse“ für diese Nutzungsart kennzeichnend sei (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 – III ZR 89/99 -, VIZ 2000, 159). Bereits früher - in der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung - hat das hier erkennende Gericht das zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der kleingärtnerischen Nutzung bestehende Meinungsspektrum wie folgt zusammengefaßt: Es reiche nicht aus, daß das Grundstück ausschließlich der Erholung diene; ein Teil des Gartens müsse für den Anbau von Obst und Gemüse verwendet werden. Zur Größe dieses gesetzlich festgelegten Flächenanteils werde vertreten, daß die Rasen- und Zierbepflanzung nicht überwiegen, der Erholungszweck der Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen also nicht übergeordnet sein dürfe. Andere Stimmen seien großzügiger und verneinten eine kleingärtnerische Nutzung erst dann, wenn der Garten nur zur Erholung genutzt werde und keine Gartenbauerzeugnisse gewonnen würden. Im konkreten Fall wurde der Standpunkt des Fachgerichts, daß die Bepflanzung der Parzellen zumindest zu einem Viertel mit Obst und Gemüse ausreiche, als vertretbar angesehen (vgl. Beschluß vom 18. März 1999 - VfGBbg 48/98 a) und VfGBbg 48/98 b)). Ebenso wie in der damals überprüften Entscheidung hält sich auch der in der hier streitgegenständlichen Entscheidung des Landgerichts Potsdam eingenommene Standpunkt, die Grundstücksfläche müsse überwiegend zur Erzeugung von einjährigen Gartenprodukten dienen, noch innerhalb des skizzierten breiten Meinungsspektrums und gerät nicht in Widerspruch zu dem hinsichtlich der Art der Gartenbauerzeugnisse sowie des Umfangs der hierfür zu nutzenden Fläche offenen Gesetzeswortlaut. Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß sich aus dem Gesetzeszweck durchaus Argumente für eine pächterfreundlichere Auslegung des Anwendungsbereichs des Bundeskleingartengesetzes gewinnen lassen. So hat etwa das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung von 1992 zu den Überleitungsbestimmungen bei der Neuregelung des Kleingartenrechts (BVerfGE 87, 114, 147) die “wichtige soziale Funktion” des Kleingartens unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien (BTDrucks. 9/1900, S. 9) darin gesehen, daß Kleingartenpächter zum überwiegenden Teil Mieter von Wohnungen ohne Hausgarten seien, denen der Kleingarten einen Ausgleich für Mängel im Wohnbereich und Wohnumfeld sowie für oft einseitige Berufstätigkeit biete. Daß sie sich “in natürlicher Umgebung einen privaten Erholungsbereich schaffen” könnten, sei etwa wichtig für Familien mit kleinen Kindern, die im Wohnbereich häufig nur ungenügende Spielmöglichkeiten vorfänden. Zwar weist auch das Bundesverfassungsgericht zugleich darauf hin, daß auch dem wirtschaftlichen Nutzen des Kleingartens für Angehörige der unteren Einkommensschichten und für kinderreiche Familien Bedeutung zukomme. Der Beitrag des Kleingartens zur Versorgung mit Nahrungsmitteln erscheint danach aber gegenüber der Erholungsfunktion eher nachrangig. Gleichwohl ist die Auslegung des Landgerichts nicht schlechthin unvertretbar. Eine “überwiegende” Nutzung zur Erzeugung von einjährigen Gartenprodukten stellt die Funktion des Kleingartens als eines privaten Erholungsbereichs nicht grundsätzlich in Frage, sondern läßt sie lediglich zurücktreten. Wie der Beschwerdeführer selbst vorträgt, „kann sich der Nutzer auch bei Gartenarbeit erholen“. Hinzu kommt, daß nach der Konzeption des Gesetzgebers auch gemeinschaftliche Einrichtungen in der Kleingartenanlage, zu denen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG etwa Spielflächen und Vereinshäuser gehören, für Erholungszwecke zur Verfügung stehen. Auch die systematischen Bedenken des Beschwerdeführers gegen die Auslegung des Landgerichts greifen letztlich nicht durch. Insbesondere besteht kein Widerspruch zu § 1 Abs. 2 Nr. 5 BKleingG, wonach ein Grundstück, das vertraglich nur mit einjährigen Pflanzen bestellt werden darf (Grabeland), kein Kleingarten ist. Bei der „überwiegenden“ Nutzung zur Erzeugung von einjährigen Gartenprodukten, wie sie das Landgericht als Voraussetzung für die kleingärtnerische Nutzung annimmt, handelt es sich gerade nicht um eine Nutzung ausschließlich in dem in § 1 Abs. 2 Nr. 5 BKleingG beschriebenen Sinne. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf eine über den konkreten Fall hinausweisende allgemeine Bedeutung der Entscheidung des Landgerichts für das Kleingartenwesen in den neuen Bundesländern führt schon deshalb nicht weiter, weil die in dem angegriffenen Urteil des Landgerichts vertretene Auffassung zur Auslegung des § 1 Abs. 1 BKleingG keine rechtlichen Auswirkungen auf andere Verfahren hat. Nach § 322 Abs. 1 ZPO ist ein Urteil nur insoweit der Rechtskraft fähig, als darin über den durch Klage und Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. Zufolge § 325 Abs. 1 ZPO wirkt die Rechtskraft nur zwischen den an dem Rechtsstreit beteiligten Prozeßparteien. Das geltende Rechtssystem läßt – solange die Grenzen der Willkür nicht überschritten werden, was hier aber, wie dargelegt, nicht der Fall ist – unterschiedliche Entscheidungen der Gerichte zu. Ein Gericht ist rechtlich nicht daran gehindert, anderer Meinung als andere Gerichte zu sein und eine eigene Rechtsprechungslinie zu entwickeln. Wie weit sie sich durchsetzt oder nicht durchsetzt, bleibt einem dialogischen Prozeß zwischen Rechtsprechung, Rechtswissenschaft und Rechtspraxis vorbehalten. Letztlich kam es hier im übrigen auf die Frage, welcher Anteil der Gartenfläche zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen zu nutzen ist und welche Art von Gartenprodukten hierbei zu berücksichtigen sind, gar nicht entscheidend an, weil das Landgericht maßgeblich darauf abgestellt hat, welche Art der Nutzung am Stichtag dem Selbstverständnis der Unterpächter entsprochen hat. Hierzu hat das Landgericht ausweislich der Entscheidungsgründe vor allem den Inhalt der Satzung des Vereins der Unterpächter vom 10. Juli 1990 herangezogen und festgestellt, daß der darin festgelegte Vereinszweck, nämlich “Bildung einer gemeinnützigen Gemeinschaft zur Erholung der Mitglieder”, nicht kleingärtnerischer Art sei. Hinzu komme, daß auch der Hauptnutzungsvertrag von 1982 nicht für eine kleingärtnerischen Nutzung spreche. Auch der damit vom Landgericht gewählte Begründungsansatz erscheint nicht willkürlich. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, daß es unzulässig sei, auf die Satzung eines Vereins abzustellen, der nicht Vertragspartei sei, und daß der Vertragszweck für die Art und Weise der Nutzung am Stichtag nicht entscheidend sein könne, war das Landgericht gleichwohl nicht daran gehindert, unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen nach freier richterlicher Überzeugung (§ 286 Abs. 1 ZPO) aus den die tatsächliche Nutzung vorbereitenden und begleitenden Rechtsgeschäften, insbesondere aus dem Inhalt der Satzung des Vereins der Unterpächter, auf die tatsächliche Nutzung der Gartenflächen als Erholungsgrundstücke am Stichtag zurückzuschließen. 2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist ebenfalls nicht verletzt. Die Verfassungsbestimmung des Art. 52 Abs. 3 LV (im Bundesrecht: Art. 103 Abs. 1 GG) gewährleistet, daß sich die Verfahrensbeteiligten zu den entscheidungserheblichen Fragen vor Erlaß der Entscheidung äußern können (vgl. etwa Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 15. September 1994 - VfGBbg 10/93 -, LVerfGE 2, 179, 182). Die Gelegenheit hierzu stand dem Beschwerdeführer zu Gebote. Soweit der Anspruch auf rechtliches Gehör zugleich eine Verpflichtung des Gerichts beinhaltet, die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, ist auch ein Verstoß hiergegen nicht zu erkennen. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Hiervon ausgehend muß sich im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände ergeben, daß tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung nicht mit in Betracht gezogen worden ist. So liegt es hier nicht. Die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils lassen erkennen, daß die Kammer die von dem Beschwerdeführer aufgeworfenen Gesichtspunkte (lediglich) nicht für entscheidungserheblich gehalten hat. Allerdings gebietet der Anspruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozeßordnung auch die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge (BVerfGE 60, 247, 249; 60, 250, 252), ohne freilich Schutz davor zu bieten, daß ein angebotener Beweis aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht erhoben wird (vgl. BVerfGE 50, 32, 36; BVerfGE 69, 141, 144). Hiervon ausgehend liegt auch unter diesem Gesichtspunkt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht vor. Das Landgericht hat von der – in anderer Zusammensetzung der Berufungskammer zunächst ins Auge gefaßten - Zeugenvernehmung abgesehen, weil es die Beweisaufnahme - über die Behauptung des Beklagten, am 3. Oktober 1990 seien die streitgegenständlichen Grundflächen in der Anlage L. zu mehr als ¼ der Flächen kleingärtnerisch genutzt worden - nach, wie den Prozeßbeteiligten mitgeteilt, „erneuter eingehender Beratung“ nicht mehr für entscheidungserheblich gehalten hat. Dies hält sich noch im Rahmen des prozeßrechtlich Zulässigen. Dem Beschwerdeführer ist freilich einzuräumen, daß die Begründung des Landgerichts für die Nichterhebung des angebotenen Zeugenbeweises recht knapp ausgefallen ist. Im Ergebnis ist das Unterlassen der Zeugenvernehmung jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bei den vom Beklagten benannten Zeugen handelte es sich um Unterpächter, die ausweislich ihrer – von dem Beklagten in das Verfahren eingeführten - schriftlichen Erklärungen jeweils über die konkrete Nutzung ihrer Parzellen am 3. Oktober 1990 aussagen sollten. Hierdurch hätte die Art und Weise der Nutzung am Stichtag hinsichtlich eines Teils der streitgegenständlichen Grundstücke möglicherweise aufgeklärt werden können. Bei der Frage, ob es sich um eine Kleingartenanlage oder um eine sonstige Erholungs- oder Wochenendhaussiedlung handelt, ist jedoch auf den Gesamtcharakter der Anlage abzustellen (vgl. BGH, VIZ 2000, 159, 161). Auf der Linie einer solchen einheitlichen Betrachtungsweise erscheint es jedenfalls vertretbar, nicht entscheidend auf die Nutzung einzelner Parzellen, sondern als übergeordneten Maßstab auf den von den Unterpächtern in ihrer Gesamtheit zum maßgeblichen Zeitpunkt verfolgten Nutzungszweck abzustellen. Dieser kommt – wie das Landgericht vertretbar angenommen hat - vor allem in den die Nutzung regelnden Rechtsgeschäften der Unterpächter, insbesondere in der Satzung des hierfür speziell gegründeten Vereins zum Ausdruck. Insoweit ist auch unschädlich, daß die Unterpächter nicht selbst Parteien des den Gegenstand des Ausgangsverfahrens bildenden Nutzungsverhältnisses sind, geht es doch nicht um die vertraglich vorausgesetzte, sondern gerade um die tatsächliche Nutzung, für die der von den Unterpächtern vereinbarte Satzungszweck nach der vertretbaren Einschätzung des Landgerichts allerdings ein wesentlicher Anhaltspunkt ist. In die Beweiswürdigung des Landgerichts spielt wohl auch das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abzuleitende Verbot widersprüchlichen Verhaltens hinein. Die Unterpächter haben sich ausweislich ihrer Vereinssatzung zu einer „Gemeinschaft zur Erholung der Mitglieder“ zusammengeschlossen. Hierzu begeben sie sich in Widerspruch, wenn sie sich nunmehr auf eine kleingärtnerische Nutzung berufen. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint es verfassungsrechtlich hinnehmbar, daß das Landgericht von der Vernehmung der Zeugen abgesehen hat. Die angegriffene Entscheidung verstößt auch nicht deshalb gegen das Recht auf rechtliches Gehör, weil das Landgericht nicht auf sonstiges tatsächliches Vorbringen des Beschwerdeführers eingegangen wäre. Zwar wird der im Verfahren vorgelegte Flächennutzungsplan der Stadt Brandenburg an der Havel, der das streitgegenständliche Grundstück als Grünfläche mit dem – allerdings nicht eindeutig erkennbaren – Planzeichen für Dauerkleingärten ausweist, in den Entscheidungsgründen nicht erwähnt. Dies war jedoch auch nicht zwingend erforderlich. Die Darstellungen in dem - am 22. April 1999 bekanntgemachten – Flächennutzungsplan lassen nur begrenzt Rückschlüsse auf die Nutzung des Grundstücks am 3. Oktober 1990 zu. Zudem beschränkt sich der Flächennutzungsplan auf die – nicht parzellenscharfe - Darstellung von Grundzügen der vorgesehenen Art der Bodennutzung im Gemeindegebiet (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch) und hat keine unmittelbaren Rechtswirkungen für den Beschwerdeführer. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers konnte das Landgericht auch auf eine ausführliche Würdigung der vorgelegten Fotos aus dem Jahr 1999 und des Protokolls der Ortsbesichtigung durch den – an der Entscheidung nicht mehr beteiligten – früheren Berichterstatter verzichten, da es nach dem Begründungsansatz der Berufungskammer hierauf nicht ankam. Gleiches gilt für den Vortrag des Beschwerdeführers, der Obst- und Gemüseanbau sei am 3. Oktober 1990 umfänglicher und intensiver und weniger durch Waldbäume beeinträchtigt gewesen als 1999. Daß die Siedlung ausschließlich durch Eigenleistungen der Unterpächter entstanden sei, dürfte sich unter den vor dem 3. Oktober 1990 herrschenden Bedingungen nicht als taugliches Abgrenzungskriterium zwischen Kleingartenanlagen und Wochenendsiedlungen bzw. anderen Erholungsgrundstücken darstellen. 3. Auch soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art. 52 Abs. 4 Satz 1 LV) rügt, liegt ein Verfassungsverstoß nicht vor. Nach dieser Bestimmung darf sich der Richter nicht widersprüchlich verhalten, ferner aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Fehlern oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile ableiten und ist er allgemein zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet (BVerfGE 78, 123, 126 m.w.N.). Aus dem Vortrag des Beschwerdeführers wird nicht erkennbar, inwiefern ihn das Landgericht gerade durch die Gestaltung des Verfahrens benachteiligt haben soll. Letztlich wendet sich der Beschwerdeführer gegen eine ihm ungünstige Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts. Darin liegt jedoch nicht zwangsläufig eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 16. März 2000 - VfGBbg 2/00 - ). Ein Gericht kann durch die Verfahrensgrundrechte nicht daran gehindert sein, sich zu dem von ihm zu entscheidenden Fall diese oder jene Rechtsauffassung zu bilden. Die gerügte Nichtberücksichtigung von Beweismitteln stellt ebenfalls keine “unfaire” Verfahrensweise des Gerichts dar. Auf die Ausführungen zu dem behaupteten Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör kann insoweit verwiesen werden.
| ||||||||||||||||
|