VerfGBbg, Urteil vom 12. Oktober 2000 - VfGBbg 19/00 -
Verfahrensart: |
Wahlprüfung/Verlust des Mandats Hauptsache |
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entscheidungserhebliche Vorschriften: | - LV, Art. 3 Abs. 1 Satz 1; LV, Art. 6 Abs. 1; LV, Art. 22 Abs. 3 - VerfGGBbg, § 13 Abs. 1; VerfGGBbg, § 59 Abs. 1 - GG, Art. 38 Abs. 1 Satz 1; GG, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 - VwGO, § 57 Abs. 1; VwGO, § 58 - BWahlG, § 6; BWahlG, § 48 Abs. 1 - BbgWahlG, § 1 Abs. 2; BbgwahlG, § 1 Abs. 3; BbgWahlG, § 1 Abs. 5; BbgWahlG, § 43 Abs. 1 Satz 1 - WPrüfG, § 13 Abs. 2; WPrüfG, § 13 Abs. 1; WPrüfG, § 12 Abs. 2 |
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Schlagworte: | - Wahlrecht - Beschwerdebefugnis - Beschwerdefrist - Unmittelbarkeit der Wahl - Demokratieprinzip - Überhangmandat - Rechtsschutzgarantie |
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amtlicher Leitsatz: | 1. Für die Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 Satz 2 VerfGGBbg reicht es aus, daß der Beschwerdeführer jedenfalls auch noch zum Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs nach § 3 WPrüfG wahlberechtigt gewesen ist. 2. Die Zwei-Monats-Frist für die Erhebung der Wahlprüfungsbeschwerde nach § 12 Abs. 2 WPrüfG und § 59 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg beginnt nicht bereits mit der Beschlußfassung des Landtages, sondern erst mit der Zustellung der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehenen Entscheidung an die Beteiligten. 3. Der Hinweis auf das in § 59 Abs. 1 Nr. 2 VerfGGBbg geregelte Erfordernis des Beitritts von hundert Wahlberechtigten muß in der nach § 11 Abs. 2 WPrüfG zu erteilenden Rechtsmittelbelehrung enthalten sein. 4. § 43 Abs. 1 Satz 1 BbgWahlG ist mit Blick auf Wesen und Bedeutung des demokratischen Wahlrechts und den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl einschränkend dahin auszulegen, daß das Nachrücken einer Ersatzperson aus der Landesliste entfällt, wenn der oder die ausscheidende Abgeordnete nicht nach der Landesliste, sondern im Wahlkreis gewählt worden ist und die Partei, der sie angehört, über bis zu zwei Überhangmandate verfügt. |
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Fundstellen: | - DVBl 2001, 67 - NJ 2001, 94 (nur LS) - LKV 2001, 267 - NVwZ 2001, 797 (nur LS) - LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 143 - LVerfGE 11, 148 (gekürzt) |
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Zitiervorschlag: | VerfGBbg, Urteil vom 12. Oktober 2000 - VfGBbg 19/00 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de |
DES LANDES BRANDENBURG
VfGBbg 19/00
In dem Wahlprüfungsbeschwerdeverfahren Beschwerdeführer, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte B., vom B., gegen den Beschluß des Landtags Brandenburg vom 15. Dezember 1999 (LT-Drs. 3/233-B) in der Wahlprüfungssache Az. 3/WPA/LTW99/12-1 Beteiligte: Frau Angelika Thiel-Vigh, MdL, hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2000 für R e c h t erkannt: 1. Die Berufung von Frau Angelika Thiel-Vigh als Ersatzperson für die aus dem Landtag ausgeschiedene Abgeordnete Frau Dr. Regine Hildebrandt ist unwirksam.2. Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten. G r ü n d e: A. Bei der Wahl zum 3. Landtag Brandenburg am 5. September 1999 entfielen auf die Landesliste der SPD nach dem Ergebnis der Zweitstimmen 36 Sitze. Da in 37 Wahlkreisen Bewerber der SPD gewählt wurden, fiel der SPD ein Überhangmandat zu. Nachdem die im Landtagswahlkreis 35 (Elbe-Elster I) gewählte Abgeordnete Dr. Regine Hildebrandt ihren Verzicht auf das Mandat erklärt hatte, wurde die an erster Stelle der Ersatzpersonen der Landesliste der SPD stehende Frau Angelika Thiel-Vigh in der Sitzung des Landtages am 13. Oktober 1999 gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Brandenburgisches Landeswahlgesetz (BbgLWahlG) als Nachfolgerin berufen. II. Der Beschwerdeführer erhob bei dem Präsidenten des Landtages am 10. November 1999 Einspruch gegen die nachträgliche Berufung von Frau Thiel-Vigh zum Mitglied des Landtages als Ersatzperson für Frau Dr. Hildebrandt. Die nachträgliche Berufung könne angesichts des Überhangmandates nicht auf § 43 BbgLWahlG gestützt werden. Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 1998 - 2 BvC 28/96 - (BVerfGE 97, 317) würden Überhangmandate nicht auch von dem Zweitstimmenergebnis getragen und verdrängten keinen Listenplatz im Wege der Anrechnung auf das Sitzkontingent der Liste. Von daher gebe es auf der Liste keine Reservesitze, die durch Rückabwicklung der Anrechnung der Direktmandate wieder aufleben könnten, um einen Listenbewerber nachrücken zu lassen. Es sei Sache des Gesetzgebers zu regeln, ob er eine Mandatsnachfolge auch auf frei gewordene Sitze von Wahlkreisabgeordneten zulassen wolle, deren Partei Überhangmandate zustünden. Da eine solche Regelung im Brandenburgischen Landeswahlgesetz fehle, sei die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf die Rechtslage in Brandenburg übertragbar. Soweit nach § 3 Abs. 7 ff. BbgLWahlG ein Verhältnisausgleich durch Erhöhung der Anzahl der Abgeordneten gewährt werde, greife diese Regelung gemäß § 3 Abs. 11 BbgLWahlG nur, wenn mehr als zwei Überhangmandate anfallen, was hier nicht der Fall sei. Der Landtag wies den Einspruch entsprechend dem Vorschlag seines Wahlprüfungsausschusses mit Beschluß vom 15. Dezember 1999 - LT-Drs. 3/233-B - zurück und führte zur Begründung aus: Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 1998 sei nicht einschlägig, weil sie sich auf Bundeswahlrecht beziehe, das mit dem brandenburgischen Wahlrecht nicht identisch sei. Der Wahlprüfungsausschuß sei ersichtlich den Stellungnahmen des Ministers des Innern vom 25. November 1999 und des Landeswahlleiters vom 23. November 1999 gefolgt. Danach differenziere § 43 BbgLWahlG nicht danach, welche Art von Mandat übergegangen sei, und treffe keine spezielle Regelung für Überhangmandate. Wegen der Zubilligung von Ausgleichsmandaten würden in Brandenburg - anders als im Bund - auch Überhangmandate indirekt in das Prinzip der Verhältniswahl einbezogen, so daß es gerechtfertigt sei, daß eine nach dem Prinzip der Verhältniswahl über die Landesliste gewählte Ersatzperson das Überhangmandat einer nach dem Mehrheitswahlprinzip direkt gewählten Person übernehme. Dem Wähler sei die “enge wahlsystemimmanente Koppelung von Erst- und Zweitstimmen” bei der Stimmabgabe auch bewußt. Die Nachberufung sei auch vor dem Hintergrund faktischer Erwägungen gerechtfertigt, da im Fall einer Anwendung der Ausgleichsformel auf das Stimmergebnis die Sitzverteilung die gleiche geblieben wäre. Auch sei das Überhangmandat vollständig von dem maßgeblichen Zweitstimmenanteil der SPD getragen, die im Vergleich zu den anderen im Landtag vertretenen Gruppierungen die höchste Zahl von Zweitstimmen pro erlangtem Mandat habe. Unter Ziffer III. enthielt der Beschluß des Landtages eine Rechtsmittelbelehrung mit folgendem Wortlaut: “Gegen diesen Beschluss können diejenigen Personen, die Einspruch eingelegt haben, und die Abgeordneten, deren Mandat durch die Entscheidung berührt wird, gemäß § 12 Abs. 1 Wahlprüfungsgesetz Beschwerde beim Verfassungsgericht einlegen. Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Landtages kann gemäß § 12 Abs. 2 WPrüfG innerhalb einer Frist von zwei Monaten seit der Entscheidung des Landtages erhoben werden; sie ist innerhalb dieser Frist schriftlich zu begründen.” Diese Entscheidung des Landtages ist dem Beschwerdeführer am 22. Dezember 1999 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 29. Februar 2000, das dem Beschwerdeführer am 2. März 2000 zugestellt wurde, teilte der Präsident des Landtages “ergänzend zu dem Beschluss des Landtages vom 15. Dezember 1999" dem Beschwerdeführer eine “berichtigte Rechtsmittelbelehrung” mit folgendem Inhalt mit:
III. Der - seit dem 1. Mai 2000 in Berlin wohnende - Beschwerdeführer hat gegen den Beschluß des Landtages am 2. Mai 2000 Wahlprüfungsbeschwerde eingelegt und die Beitrittserklärungen von 132 Personen - nach Mitteilung des Landeswahlleiters Wahlberechtigte aus Brandenburg - beigefügt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er seine Ausführungen aus dem Einspruchsverfahren. Auf gerichtlichen Hinweis zu Bedenken gegen die Rechtzeitigkeit der Wahlprüfungsbeschwerde führt der Beschwerdeführer aus: Die Beschwerde sei vor Ablauf der Beschwerdefrist eingegangen, da die Frist vor dem 2. März 2000 nicht zu laufen begonnen habe. Eine Klage- oder Beschwerdefrist beginne regelmäßig erst mit der Zustellung der Entscheidung mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung. Dies müsse auch für das besondere Erfordernis des § 59 Abs. 1 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg), dem Beitritt von 100 Wahlberechtigten, gelten. Im Gegensatz zu dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. September 1952 (BVerfGE 1, 430, 431) zugrunde liegenden Fall seien vorliegend nicht einmal Datum und Fundstelle des die weiteren Voraussetzungen regelnden Gesetzes angegeben gewesen. Zudem sei der Landtag selbst der Auffassung gewesen, daß die Frist erst mit der Zustellung der ergänzten Rechtsmittelbelehrung zu laufen begonnen habe. Die Besonderheit, daß die Beschwerdefrist im Wahlprüfungsverfahren nach dem Gesetzeswortlaut bereits von der Entscheidung des Landtages an laufe, müsse aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) zurückstehen. IV. Der Landtag Brandenburg und die Abgeordnete Thiel-Vigh haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Eine schriftliche Stellungnahme ist nicht eingegangen. B. Die Wahlprüfungsbeschwerde ist zulässig. I. Der Beschwerdeführer ist als Wahlberechtigter im Sinne des§ 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VerfGGBbg beschwerdeberechtigt. Daß er noch vor Erhebung der Wahlprüfungsbeschwerde nach Berlin gezogen ist und damit seinen am Sitz der Hauptwohnung vermuteten ständigen Wohnsitz (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 BbgWahlG) in ein anderes Bundesland verlegt hat, ist zwar im Hinblick auf die sachlichen Voraussetzungen des Wahlrechts gemäß § 5 Abs. 1 BbgLWahlG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Satz 1 LV beacht-lich, wirkt sich aber hier auf die Beschwerdeberechtigung im Wahlprüfungsverfahren nicht mehr aus. Maßgeblich – und damit für die Annahme der Beschwerdeberechtigung ausreichend – ist, daß der Beschwerdeführer jedenfalls auch noch zum Zeitpunkt der Einlegung des Wahleinspruchs nach § 3 Wahlprüfungsgesetz (WPrüfG) wahlberechtigt gewesen ist. Die durch die Einleitung des Einspruchsverfahrens erlangte Stellung alsVerfahrensbeteiligter wird durch den späteren Verlust der Wahlberechtigung nicht berührt. Die Unbeachtlichkeit der Wohnsitzverlegung folgt freilich nicht schon aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgWahlG. Die Worte “am Wahltag” dienen erkennbar der Berechnung des Lebensalters (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BbgWahlG) und der Monatsfrist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BbgWahlG; vgl. BVerfGE 5, 2, 7 zu § 1 BWG in der damals geltenden Fassung). Von daher ist lediglich davon auszugehen, daß der Verlust des aktiven Wahlrechts nach der Stimmabgabe “zunächst nicht in Erscheinung” tritt (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 6). Entscheidend ist hier indes § 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VerfGGBbg. Soweit § 59 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VerfGGBbg die Beschwerdeberechtigung sol-chen Wahlberechtigten einräumt, “deren Wahlanfechtung vom Landtag verworfen worden ist”, liegt die Betonung erkennbar auf dem Nebensatz. Voraussetzung der Beschwerdeberechtigung ist danach die erfolglose Einlegung des Einspruchs und nicht das Fortbestehen der sachlichen Voraussetzungen des Wahlrechts gemäß § 5 Abs. 1 BbgLWahlG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Satz 1 LV. Die Bezeichnung “Wahlberechtigter” dient in diesem Zusammenhang lediglich der Abgrenzung zu den anderen Beschwerdeberechtigten (Abgeordnete, Fraktionen oder Minderheiten des Landtages). Auch § 13 Abs. 2 WPrüfG steht dieser Auslegung nicht entgegen. Hiernach findet eine Wiederholungswahl nur dann aufgrund derselben Wählerverzeichnisse wie die Hauptwahl statt, wenn die Hauptwahl nicht länger als sechs Monate zurückliegt; ein dann nicht mehr wahlberechtigter Beschwerdeführer kann mithin im Fall einer erst nach diesem Zeitpunkt zum Erfolg führenden Wahlanfechtung nicht mehr an der Wiederholungswahl teilnehmen, die infolge Ungültigerklärung nach § 13 Abs. 1 WPrüfG stattfindet. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, daß die einmal gegebene Beschwerdeberechtigung für die Wahlprüfungsbeschwerde mit dem nachträglichen Verlust der Wahlberechtigung allgemein oder jedenfalls dann entfiele, wenn der Wahltag - wie vorliegend - bereits länger als sechs Monate zurückliegt. Es widerspräche dem objektiven Charakter des Wahlprüfungsverfahrens (vgl. hierzu etwa BVerfGE 1, 430, 433; 66, 369, 378; 79, 47, 48), wenn ein durch zulässigen Einspruch eingeleitetes Wahlprüfungsverfahren wegen des späteren Wegfalls persönlicher Voraussetzungen bei dem Beschwerdeberechtigten keiner Sachentscheidung mehr zugeführt werden könnte. II. Die Wahlprüfungsbeschwerde ist nicht verspätet. Gemäß § 12 Abs. 2 WPrüfG, § 59 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg ist die Beschwerde gegen die Entscheidung des Landtages in Wahlprüfungssachen innerhalb einer Frist von 2 Monaten seit der Entscheidung des Landtages beim Verfassungsgericht zu erheben. Zwar legt der bloße Wortlaut beider Bestimmungen zunächst die Auslegung nahe, daß die Frist bereits mit Beschlußfassung des Landtages zu laufen beginnt. Aus systematischen und teleologischen Gründen ist der Begriff “Entscheidung” in diesem Zusammenhang jedoch im Sinne einer “zugestellten und mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung versehenen Entscheidung” zu verstehen (s. nachfolgend 1). Diese ist hier frühestens mit der Zustellung der berichtigten Rechtsmittelbelehrung durch den Präsidenten des Landtages am 2. März 2000 erfolgt (s. nachfolgend 2); die Zwei-Monats-Frist war mithin zum Zeitpunkt des Eingangs der Wahlprüfungsbeschwerde beim Verfassungsgericht am 2. Mai 2000 noch nicht abgelaufen. 1. a) Die Zwei-Monats-Frist beginnt - anders als nach § 48 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) - nicht bereits mit der Beschlußfassung des Landtages, sondern erst mit der Zustellung an die Beteiligten. § 12 Abs. 2 WPrüfG und § 59 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg unterscheiden sich schon im Wortlaut von § 48 Abs. 1 BVerfGG. Während dort von “Beschlußfassung” des Bundestages die Rede und damit der parlamentarische Akt angesprochen ist, knüpfen sowohl § 12 Abs. 2 WPrüfG als auch § 59 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg an die “Entscheidung” an. Beide Vorschriften greifen damit einen Sprachgebrauch auf, der eine Auslegung dahin eröffnet, daß unter “Entscheidung” die dem späteren Rechtsmittelführer zugestellte Entscheidung zu verstehen ist. Hätte der Landesgesetzgeber allein auf die Beschlußfassung des Landtages abstellen, also auf die Zustellung als Voraussetzung für den Fristbeginn verzichten wollen, hätte eine Formulierung wie im Bundesverfassungsgerichtsgesetz nahe gelegen. Nur wenn es für die Beschwerdefrist auf die Zustellung ankommt, macht es im übrigen Sinn, daß nach § 11 Abs. 2 WPrüfG der Entscheidung der Beschluß des Landtages, die Beschlußempfehlung und der Bericht des Wahlprüfungsausschusses sowie eine Rechtsmittelbelehrung beizufügen sind. “Entscheidung” im Sinne des Gesetzes bedeutet hiernach Bekanntgabe des Landtagsbeschlusses an den Einspruchsführer und gegebenenfalls die betroffenen Abgeordneten. Hinzu kommt, daß § 11 Abs. 1 WPrüfG ausdrücklich bestimmt, daß die Entscheidung des Landtages dem Beschwerdeführer innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlußfassung zuzustellen ist. Das Zustellungserfordernis beinhaltet nach der im Land Brandenburg geltenden Rechtslage zugleich, daß die Beschwerdefrist erst mit dem Zeitpunkt der Zustellung zu laufen beginnt. Dies ergibt sich aus der - in Verbindung mit der Verweisungsnorm des § 13 Abs. 1 VerfGGBbg hier anwendbaren - Bestimmung des § 57 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), derzufolge der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung beginnt. Zwar ist die Zustellung des Parlamentsbeschlusses auch im Bundesrecht vorgeschrieben (vgl. § 13 Abs. 3 Wahlprüfungsgesetz des Bundes); dies hat jedoch dort keine Auswirkungen auf den Lauf der Beschwerdefrist, weil es eine § 13 Abs. 1 VerfGGBbg vergleichbare Verweisungsvorschrift im Bundesverfassungsgerichtsgesetz nicht gibt und deshalb § 57 Abs. 1 VwGO nicht zur Anwendung kommt. Für die hier vertretene Auslegung spricht schließlich der in Art. 6 Abs. 1 LV verankerte Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes. Eine Beschränkung des Rechtsschutzes durch Befristung setzt grundsätzlich voraus, daß die Verfahrensbeteiligten in der Lage sind, Fristbeginn und -ende exakt zu bestimmen. Dem würde eine Bestimmung, derzufolge die Frist bereits mit der Beschlußfassung des Landtages zu laufen beginnt, schwerlich gerecht. Zwar ergeht der Beschluß grundsätzlich in öffentlicher Sitzung (vgl. § 19 Satz 1 der Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg), so daß Interessierte theoretisch die Möglichkeit haben, unmittelbar Kenntnis zu nehmen. Eine vorherige Information des Wahleinspruchsführers über den Termin der Sitzung, in der der Landtag über den Einspruch entscheidet, ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen. Auch kann einem Einspruchsführer zumutbarerweise nicht abverlangt werden, sich gleichsam “ins Blaue hinein” in regelmäßigen Abständen zu erkundigen, ob die Beschlußfassung in seiner Wahlprüfungssache auf der Tagesordnung einer Sitzung des Landtages steht, um auf diese Weise sicherzustellen, daß er rechtzeitig vor Ablauf der Zwei-Monats-Frist Kenntnis von der Entscheidung des Landtages erlangt. b) Der Lauf der Frist nach § 12 Abs. 2 WPrüfG und § 59 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg setzt weiterhin voraus, daß der zugestellten Entscheidung eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung beigefügt ist. Das Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung ist in § 11 Abs. 2 WPrüfG ausdrücklich bestimmt. Ohne solche Rechtsmittelbelehrung beginnt die Beschwerdefrist nicht zu laufen. Dies ergibt sich aus der - wiederum in Verbindung mit der Verweisungsnorm des § 13 Abs. 1 VerfGGBbg anwendbaren - Bestimmung des § 58 Abs. 1 VwGO, derzufolge die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen beginnt, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. Angesichts dieser Rechtslage ist es hinzunehmen, daß bei fehlender oder fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung die Wahlprüfungsbeschwerde über die in §§ 12 Abs. 2 WPrüfG, 59 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg bestimmte Zwei-Monats-Frist hinaus bis zu einem Jahr lang möglich ist (vgl. § 58 Abs. 2 VwGO) und dementsprechend die endgültige Klärung der Zusammensetzung des Parlaments längere Zeit in der Schwebe bleiben kann. Da ein erhebliches öffentliches Interesse an der alsbaldigen Klärung der Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Wahl (vgl. BVerfGE 21, 359, 361 im Zusammenhang mit der Wahlprüfungsbeschwerde nach § 48 BVerfGG) besteht und die Wahlprüfungsbeschwerde in erster Linie dem Schutz des objektiven Wahlrechts im Interesse der gesetzmäßigen Zusammensetzung des Parlaments dient (vgl. BVerfGE 1, 430, 432 f.; 66, 311, 313), hätte es allerdings gute Gründe auch für eine Lösung wie auf Bundesebene gegeben. Der Landesgesetzgeber hat sich jedoch durch die auch für das Verfahren der Wahlprüfungsbeschwerde geltende Verweisungsnorm des § 13 Abs. 1 VerfGGBbg für die Anwendung des § 58 Abs. 1 VwGO und damit für eine Einspruchsführer-freundliche Regelung entschieden. 2. Hiervon ausgehend ist die Frist der §§ 12 Abs. 2 WPrüfG, 59 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg erst mit der Zustellung der “berichtigten Rechtsmittelbelehrung” des Präsidenten des Landtages an den Beschwerdeführer am 2. März 2000 in Gang gesetzt worden. Die dem Beschluß des Landtages vom 15. Dezember 1999 als Ziffer III. angefügte Rechtsmittelbelehrung war unvollständig im Sinne des § 58 Abs. 1 VwGO und konnte deshalb die Beschwerdefrist nicht auslösen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, daß der Sitz des Verfassungsgerichts nicht genannt war. Im Hinblick darauf, daß das Landesverfassungsgericht zum Kreis der Verfassungsorgane gehört und es im Land Brandenburg nur ein Verfassungsgericht - ebenso wie nur einen Landtag und eine Landesregierung - gibt, ist im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 58 Abs. 1 VwGO bei der Rechtsmittelbelehrung die - sich von selbst verstehende - Angabe des Sitzes des Verfassungsgerichts entbehrlich. Anders verhält es sich jedoch mit dem fehlenden Hinweis auf das in § 59 Abs. 1 Nr. 2 VerfGGBbg geregelte Erfordernis des Beitritts von hundert Wahlberechtigten. Insoweit ist die Rechtsmittelbelehrung unvollständig. Zwar gehört das Beitrittserfordernis naturgemäß nicht zu dem in § 58 Abs. 1 VwGO ausdrücklich geregelten Mindestinhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung. Es handelt sich jedoch um eine zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung, die den Zugang zum Rechtsschutz für den Beschwerdeführer erheblich beschränkt. Eine fehlende oder in diesem Punkte unzutreffende Belehrung dürfte das Risiko, daß die erforderlichen hundert Beitrittserklärungen nicht rechtzeitig innerhalb der Zwei-Monats-Frist erlangt werden können, beträchtlich vergrößern. Eine Verlängerung oder Neueröffnung der Frist kommt wegen des öffentlichen Interesses an einer alsbaldigen Klärung der Gültigkeit oder Ungültigkeit der Wahl nicht in Betracht (vgl. BVerfGE 21, 359, 361 f.; 58, 172). Auch die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand besteht nach allgemeiner Ansicht nicht (vgl. Storost, in: Umbach/Cle-mens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 1992, Rn. 35 zu § 48; Schmidt-Bleibtreu, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/ Klein/ Ulsamer, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Stand Februar 1999, Rn. 35 zu § 48). Vor diesem Hintergrund kommt dem Hinweis auf das Erfordernis des Beitritts von hundert Wahlberechtigten eine so entscheidende Bedeutung zu, daß er in der nach § 11 Abs. 2 WPrüfG zu erteilenden Rechtsmittelbelehrung - auch ohne in § 58 Abs. 1 VwGO erwähnt zu sein - zwingend enthalten sein muß. Da mithin weder die Beschlußfassung des Landtages als solche noch - wegen der Unvollständigkeit der beigefügten Rechtsmittelbelehrung - die Zustellung des Landtagsbeschlusses an den Beschwerdeführer die Zwei-Monats-Frist gemäß §§ 12 Abs. 2 WPrüfG, 59 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg in Gang gesetzt haben, ist hier die Frist für die Anrufung des Landesverfassungsgerichts gewahrt. Die Zwei-Monats-Frist nach §§ 12 Abs. 2 WPrüfG, 59 Abs. 1 Satz 1 VerfGGBbg hat erst mit der Zustellung der “berichtigten Rechtsmittelbelehrung” des Präsidenten des Landtages an den Beschwerdeführer am 2. März 2000 zu laufen begonnen. Somit ist die Erhebung der Wahlprüfungsbeschwerde am 2. Mai 2000 rechtzeitig erfolgt. Ohne Bedeutung bleibt, ob der Beschwerdeführer durch die unvollständige Rechtsmittelbelehrung an einer frühzeitigen Erhebung der Wahlprüfungsbeschwerde tatsächlich gehindert war. C. Die Wahlprüfungsbeschwerde ist begründet. Die Berufung von Frau Thiel-Vigh als Nachfolgerin der ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Hildebrandt ist unwirksam. Sie läßt sich auf die - insoweit allein in Betracht kommende - Vorschrift des § 43 Abs. 1 Satz 1 BbgLWahlG nicht stützen. Für den Fall, daß ein gewählter Bewerber die Annahme der Wahl ablehnt oder ein Abgeordneter nachträglich aus dem Landtag ausscheidet, bestimmt § 43 Abs. 1 Satz 1 BbgLWahlG, daß der Sitz auf die nächste noch nicht gewählte Ersatzperson der Landesliste derjenigen Partei übergeht, für die die ausgeschiedene Person bei der Wahl aufgetreten ist. Die Feststellung trifft nach § 43 Abs. 4 Satz 1 BbgLWahlG der Landeswahlleiter. Geht man isoliert vom Wortlaut der Regelung aus, lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachfolge hier vor. Nach dem Ausscheiden der Abgeordneten Dr. Hildebrandt aus dem Landtag infolge ihres Verzichts (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BbgLWahlG) hätte danach der Sitz auf Frau Thiel-Vigh als nächste noch nicht gewählte Ersatzperson der Landesliste der SPD übergehen müssen. § 43 Abs. 1 Satz 1 BbgLWahlG ist jedoch mit Blick auf Wesen und Bedeutung des demokratischen Wahlrechts und den in Art. 22 Abs. 3 Satz 1 LV, Art. 38 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) geregelten Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl einschränkend dahin auszulegen, daß das Nachrücken einer Ersatzperson aus der Landesliste entfällt, wenn der oder die ausscheidende Abgeordnete nicht nach der Landesliste, sondern im Wahlkreis gewählt worden ist und die Partei, der sie angehört, über bis zu zwei Überhangmandate verfügt. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen: a) § 43 Abs. 1 Satz 1 BbgLWahlG entspricht weitgehend der Regelung des § 48 Abs. 1 Bundeswahlgesetz (BWG). Nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluß vom 26. Februar 1998 - 2 BvC 28/96 -, BVerfGE 97, 317) setzt eine Nachfolgeregelung für aus dem Parlament ausscheidende Bewerber voraus, daß die nachrückenden Listenbewerber schon bei der Wahl als Ersatzleute mitgewählt werden. Da nach dem Wahlsystem und seiner Ausgestaltung durch das Bundeswahlgesetz diese Mitwahl ausschließlich über die Zweitstimme erfolgt, ist ein Rückgriff auf Listenplätze nicht möglich, wenn der Sitz eines Wahlkreisabgeordneten einer Partei frei wird, die – und solange sie - über Überhangmandate verfügt; denn hierbei handelt es sich um Direktmandate, die durch die gesetzliche Anrechnung keinen Listensitz verdrängt haben und damit nicht auch durch das Zweitstimmenergebnis getragen werden. Die Nachfolgeregelung des § 48 Abs. 1 BWG ist daher in einem solchen Fall nicht anwendbar. Entgegen der in seinem den Wahleinspruch zurückweisenden Beschluß zum Ausdruck kommenden Auffassung des Landtages ist diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf die Auslegung des § 43 Abs. 1 Satz 1 BbgLWahlG zu übertragen. Die in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und 38 Abs. 1 Satz 1 GG umschriebenen Wahlrechtsgrundsätze gelten als allgemeine Rechtsprinzipien für Wahlen zu allen Volksvertretungen im staatlichen und kommunalen Bereich (BVerfGE 47, 253, Leitsatz 3). Zwar verlangt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG keine schematische Übernahme des Bundeswahlrechts durch die Länder (vgl. Dreier, in: ders. [Hrsg.], Grundgesetz-Kommentar, Bd. 2, 1998, Rn. 65 zu Art. 28). Soweit das Wahlrecht für die Wahlen zum Landtag jedoch erkennbar in Anlehnung an das Bundeswahlrecht ausgestaltet ist, ist die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einschlägig. Die wesentlichen wahlsystembestimmenden Grundentscheidungen sind im Bund und im Land Brandenburg identisch. Wie der Bundesgesetzgeber hat sich auch der brandenburgische Landesgesetzgeber - der Vorgabe in Art. 22 Abs. 3 LV entsprechend - für ein System der personalisierten Verhältniswahl entschieden. Danach wird ein Teil der Abgeordneten mit relativer Mehrheit in den Wahlkreisen, der andere Teil auf Grund von Landeslisten nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt; durch Anrechnung der Direktmandate auf die nach dem Zweitstimmenergebnis der Landesliste zustehende Sitzzahl findet sodann ein Verhältnisausgleich statt (vgl. im einzelnen § 6 BWG, § 3LWG). a)Einem Rückgriff auf die dargelegte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Auslegung des § 43 Abs. 1 Satz 1 BbgLWahlG steht entgegen der Auffassung des Landtages nicht entgegen, daß das Landeswahlrecht mit den Regelungen des Bundeswahlrechts nicht in allen Einzelheiten deckungsgleich ist. Soweit Unterschiede bestehen, wirken sie sich im vorliegend interessierenden Zusammenhang nicht aus. Entscheidend ist, daß auch § 43 Abs. 1 Satz 1 BbgLWahlG für die hier zugrundeliegende Konstellation keine Regelung der Nachfolge ausgeschiedener Wahlkreisabgeordneter für den Fall enthält, daß die betreffene Partei über Überhangmandate verfügt. Eine Abweichung von der bundesrechtlichen Rechtslage besteht insoweit nur unter der - hier nicht gegebenen - Voraussetzung, daß die Zahl der Überhangmandate mehr als zwei beträgt und andererseits nicht eine Höhe erreicht, die bei Anwendung der Ausgleichsregelung des § 3 Abs. 6 ff. dazu führen würde, daß die Höchstzahl von 110 Abgeordneten überschritten wird (vgl. § 3 Abs. 9 BbgLWahlG). Im einzelnen ergibt der Vergleich von Bundes- und Landeswahlrecht folgendes: Das Brandenburgische Landeswahlgesetz siehtebensowenig wie das Bundeswahlgesetz vor, daß für Wahlkreisbewerber Ersatzleute aufgestellt werden, die am Wahltag mit der Erststimme mitgewählt werden, um im Fall des Ausscheidens des erfolgreichen Wahlkreisbewerbers an seine Stelle treten zu können (vgl. BVerfGE 97, 317, 326). Dementsprechend werden auch in Brandenburg Ersatzleute für parteiangehörige Wahlkreisabgeordnete ebenso wie für gewählte Bewerber der Landesliste ausschließlich mit den für die Landesliste abgegebenen Zweitstimmen (vgl. § 1 Abs. 2 BbgLWahlG) gewählt. Wie die entsprechende bundesrechtliche Regelung des § 6 Abs. 4 BWG sieht auch § 3 Abs. 5 BbgLWahlG vor, daß die Direktmandate auf die Sitzzahl, die der Landesliste nach dem Zweitstimmenergebnis zusteht, angerechnet werden, so daß die Sitze der Wahlkreisabgeordneten in der Regel auch vom Ergebnis der Zweitstimmen getragen werden. Wie im Bund entfällt die Anrechnung jedoch, wenn eine Partei über mehr Direktmandate verfügt als ihr Listensitze zustehen. Solche Überhangmandate sind also auch in Brandenburg nicht vom Zweitstimmenergebnis getragen, so daß die Landesliste insoweit keine mitgewählten Ersatzleute vorhält. Allerdings sehen die Regelungen des brandenburgischen Wahlrechts in § 3 Abs. 7 ff. BbgLWahlG im Gegensatz zum Bundeswahlrecht grundsätzlich einen Verhältnisausgleich vor, demzufolge im Fall von Überhangmandaten die Gesamtzahl der Abgeordneten nach einem im einzelnen geregelten Verfahren erhöht und erneut auf der Grundlage des Zweitstimmenergebnisses auf die Parteien verteilt wird. Dies hat gegebenenfalls zur Folge, daß die errungenen Direktmandate nunmehr vollständig auf die (erhöhte) Sitzzahl, die auf die Landesliste nach dem Zweitstimmenergebnis entfallen, angerechnet werden. Da die Überhangmandate unter diesen Voraussetzungen auch vom Zweitstimmenergebnis mitgetragen werden, wäre in einem solchen Fall die Nachfolge einer Ersatzperson der Landesliste für einen ausgeschiedenen Wahlkreisabgeordneten in der Tat nicht zu beanstanden. Ein Verhältnisausgleich findet jedoch vorliegend nicht statt. Er kommt nach § 3 Abs. 11 BbgLWahlG nicht zum Tragen, wenn Parteien, politische Vereinigungen oder Listenvereinigungen - wie hier – nur bis zu zwei Sitze nach § 3 Abs. 6 BbgLWahlG erreicht haben, die Zahl der Überhangmandate mithin nicht höher als zwei ist. Bis zu zwei Überhangmandate beruhen mithin weiterhin ausschließlich auf dem Erststimmenergebnis im Wahlkreis und werden nicht auch durch das - für § 43 Abs. 1 Satz 1 BbgLWahlG allein maßgebliche - Zweitstimmenergebnis getragen. c) Entgegen der in dem Beschluß des Landtages wiedergegebenen Auffassung des Landeswahlleiters bewirkt die Brandenburgische Regelung des Verhältnisausgleichs keine “enge wahlsystemimmanente Koppelung von Erst- und Zweitstimmen bei der Stimmabgabe”, die den Wählern bewußt sei und es daher - so wohl die Stoßrichtung des Arguments - rechtfertige, die Abgabe der Erststimme zugleich als Wahl der Bewerber der Landesliste der Partei dieses Bewerbers zu werten. Der Verhältnisausgleich hat vielmehr gerade zum Ziel, den nach den Zweitstimmen zu bestimmenden Proporz zwischen den im Landtag vertretenen Parteien, der durch das Anfallen von - allein durch Erststimmen getragenen - Überhangmandaten beeinträchtigt wird, wiederherzustellen. Durch den Verhältnisausgleich kommt es mithin nicht zu einer “Koppelung von Erst- und Zweitstimmen”, sondern - im Gegenteil - zu einer möglichst weitgehenden “Entkoppelung” in dem Sinne, daß Auswirkungen der Erststimmen auf den durch das Zweitstimmenergebnis hergestellten Proporz minimiert werden. Für den Wähler zum Landtag ist mithin noch weniger als für den Wähler zum Bundestag erkennbar, daß er mit seiner Erststimme für einen Wahlkreisbewerber zugleich die Bewerber der Landesliste der Partei dieses Bewerbers als mögliche Nachrücker wählt. Unter diesen Umständen wäre das Nachrücken eines Landeslisten-Bewerbers mit dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl nicht zu vereinbaren (vgl. BVerfGE 97, 317, 326 f.). d) Daß der Gesetzgeber hinsichtlich der Nachfolgeregelung bewußt von der für das Bundeswahlrecht geltenden Rechtslage hätte abweichen wollen, ist (ungeachtet der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit) nicht ersichtlich. Er hat vielmehr - ebenso wie der Bundesgesetzgeber - die erst mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 1998 zutage getretene Problematik des Nachrückens von Listenbewerbern für ausscheidende Wahlkreisabgeordnete bei Bestehen von Überhangmandaten gar nicht gesehen. Dies wird aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes deutlich. In dem Gesetzentwurf der Landesregierung (LT-Ducks. 1/2084) heißt es in der Einzelbegründung zu § 43:
Und in der Einzelbegründung zu § 1 heißt es:
Als einzige Ausnahme vom Nachrücken - mit der Folge der Durchführung einer Ersatzwahl - wurde mithin der Fall gesehen, daß der ausgeschiedene Abgeordnete als Einzelbewerber oder als Wahlkreisabgeordneter einer Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung gewählt war, für die keine Landesliste zugelassen worden war. Ohne Bedeutung bleibt, daß der Regierungsentwurf in § 3 Abs. 7 noch vorsah, daß die Zahl der Ausgleichsmandate die Hälfte der Zahl der Überhangmandate nicht übersteigen dürfe. Bei einer derartigen Regelung hätte sich das Problem eines Nachrückens von Listenbewerbern für ausscheidende Wahlkreisabgeordnete bei Überhangmandaten nicht erübrigt, sondern - im Gegenteil - umso dringlicher gestellt, da eine Wiederherstellung des Proporzes und damit eine Abstützung der Überhangmandate durch das Zweitstimmenergebnis in keinem Fall mehr in Betracht gekommen wäre. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ist die Tragweite der Nachrückerregelung nicht mehr problematisiert worden. Andererseits lassen die Gesetzesmaterialien deutlich erkennen, daß sich die Sitzverteilung im Landtag möglichst weitgehend am Zweitstimmenergebnis orientieren sollte. Zu Beginn wurde zwar teilweise ein vollständiger Verzicht auf Ausgleichsmandate gefordert (z.B. Abg. Dr. Knoblich in der Sitzung des Rechtsausschusses vom 18.8.1993, Ausschußprot. 1/786). Im weiteren Verlauf der Beratungen bestand jedoch Übereinstimmung zwischen den Fraktionen, mit der Anwendung von Überhang- und Ausgleichsmandaten die Zusammensetzung des Landtags “weitgehend dem Wählerwillen bei Erst- und Zweitstimmen zugleich entsprechen zu wollen.” (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Hauptausschusses, LT-Drs. 1/2701, S. 72). Streitig blieb lediglich die Kappungsgrenze, d.h. die Frage, ob und wie die durch Überhang- und Ausgleichsmandate bewirkte Erhöhung der Gesamtzahl der Abgeordneten im Interesse der Kostenbegrenzung und der Arbeitsfähigkeit des Parlaments zu beschränken sei (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Hauptausschusses, a.a.O., sowie die Redebeiträge der Abg. Nooke (BÜNDNIS) und Dr. Vette (CDU), Plenarprot. 1/85 vom 26.1.1994, S. 6892 bzw. 6895). Die von einer derartigen Ausnahme vom Verhältnisausgleich ausgehenden Auswirkungen auf die Nachrückerregelung des § 43 sind indes - soweit ersichtlich - nicht erörtert worden. Dies gilt erst recht für die - im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche - Ausnahme des § 3 Abs. 11 BbgLWahlG. Die Bestimmung geht auf einen vom Hauptausschuß erbetenen Formulierungsvorschlag des Ministeriums des Innern zu § 3 des Entwurfs zurück. Eine nähere Begründung für die in Absatz 11 enthaltene Regelung enthielt der Vorschlag nicht. Die Formulierung wurde in der Sitzung des Hauptausschusses vom 18.1.1994 ohne weitere Erörterung mehrheitlich beschlossen (vgl. Ausschußprot. 1/939). Insgesamt kann bei dieser Sachlage nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber mit der Nachfolgeregelung des § 43 BbgLWahlG verbundene Abweichungen von einer ausschließlich am Zweitstimmenergebnis ausgerichteten Sitzverteilung bewußt hätte in Kauf nehmen wollen. e) Für den hier zu entscheidenden Fall ergibt sich hieraus: Da bei der Wahl zum 3. Landtag Brandenburg am 5. September 1999 nur ein einziges Überhangmandat angefallen ist und deshalb nach § 3 Abs. 11 BbgWahlG die Ausgleichsregelung nicht zur Anwendung gekommen ist, hat das betreffende Direktmandat keinen Listenplatz - hier der SPD - verdrängt und wird damit nicht auch durch das Zweitstimmenergebnis getragen. Soweit vom Landeswahlleiter ausweislich der Begründung des Landtagsbeschlusses im Einspruchsverfahren ergänzend darauf abgestellt worden ist, daß die SPD im Vergleich zu den anderen im Landtag vertretenen Gruppierungen die höchste Zahl von Zweitstimmen pro erlangtem Mandat hat, gibt dies für den hier zu entscheidenden Fall nichts her, weil sich nichts daran ändert, daß das errungene Überhangmandat nicht auch von dem - in dem Verfahren nach § 3 Abs. 3 und 4 BbgLWahlG ermittelten - maßgeblichen Zweitstimmenanteil getragen ist, sondern allein auf den Erststimmen im Wahlkreis beruht. Ohne Bedeutung bleibt auch, daß die Anwendung der Ausgleichsformel im konkreten Fall keine andere Sitzverteilung ergeben hätte, wie sich aus dem folgenden ergibt: Ohne Ausgleichsregelung entfallen nach der Feststellung des Landeswahlausschusses auf der Grundlage des endgültigen Wahlergebnisses von den insgesamt 89 Sitzen (vgl. Amtsblatt für Brandenburg 1999, 920, 966 ff.) 37 Sitze auf die SPD (einschließlich des Überhangmandates), 25 Sitze auf die CDU, 22 Sitze auf die PDS und 5 Sitze auf die DVU. Bei Anwendbarkeit der Ausgleichsregelung des § 3 Abs. 8 BbgLWahlG wäre zur Errechnung der Gesamtzahl der Abgeordneten die Zahl der in den Wahlkreisen errungenen Sitze der SPD (als der einzigen Partei, die ein Überhangmandat errungen hat) durch die Zahl ihrer Zweitstimmen im Wahlgebiet (nach dem endgültigen Wahlergebnis: 433 521) zu teilen und mit der Gesamtzahl aller zu berücksichtigenden Zweitstimmen im Wahlgebiet (d.h. der Summe der für SPD, CDU, PDS und DVU abgegebenen Stimmen, nach dem endgültigen Wahlergebnis: 1 041 711) zu multiplizieren. Da Zahlenbruchteile ab 0,5 auf die darüber liegende ganze Zahl gerundet werden, ergäbe sich wiederum eine Gesamtzahl von 89 Abgeordneten, die gemäß § 3 Abs. 8 Satz 3 nach den Absätzen 3 bis 6 zu verteilen wäre mit dem Ergebnis, daß auf die SPD ein zusätzlicher Sitz entfallen würde, auf den das bisherige Überhangmandat nach § 3 Abs. 5 Satz 1 BbgLWahlG anzurechnen wäre. Derartige hypothetische Erwägungen verbieten sich jedoch schon im Hinblick auf den Umstand, daß der Gesetzgeber in § 3 Abs. 11 BbgLWahlG ausdrücklich angeordnet hat, daß ein Verhältnisausgleich nach Absatz 7 nicht stattfindet, wenn Parteien ausschließlich bis zu zwei Überhangmandate erreicht haben. f) Nach alledem war ein Rückgriff auf die Landesliste der SPD nach dem Freiwerden des Sitzes der im Wahlkampf für die SPD aufgetretenen und in ihrem Wahlkreis direkt gewählten Abgeordneten Dr. Hildebrandt nicht zulässig. D. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 32 Abs. 7 Satz 2VerfGGBbg. E. Das Urteil ist mit 6 zu 2 Stimmen ergangen. | ||||||||||||||
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