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VerfGBbg, Beschluss vom 11. Oktober 2005 - VfGBbg 9/05 EA -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
EA
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 30 Abs. 1; VerfGGBbg, § 46
Schlagworte:
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 11. Oktober 2005 - VfGBbg 9/05 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 9/05 EA



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S
In dem Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

S.,

Antragsteller,

gegen die Vollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Königswusterhausen vom 20. Mai 2005

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr. Schröder

am 11. Oktober 2005

b e s c h l o s s e n :

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

G r ü n d e :

A.

Der Antragsteller erstrebt den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, mit der er die Aussetzung der Vollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 20. Mai 2005 erreichen will, durch das er zur Zahlung von 280,00 € nebst Zinsen abzüglich bereits gezahlter 16,66 € verurteilt wurde. Die Parteien des Ausgangsverfahrens stritten um Zahlungsansprüche aus einem Mietvertrag über ein Baugerüst. Der Antragsteller rügt - nach erfolgloser Durchführung des Gehörsrügeverfahrens -, daß das Amtsgericht ohne weitere Begründung eine vom Kläger des Ausgangsverfahrens überreichte schriftliche Vereinbarung dem Urteil zu Grunde gelegt habe, obwohl diese erst nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegt worden sei und er deren Richtigkeit bestritten habe. Der Antragsteller rügt die Verletzung des Art. 52 Abs. 3 und 4 Verfassung des Landes Brandenburg.

B.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg, da die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) nicht vorliegen.

I.

Das Landesverfassungsgericht hat zu den Voraussetzungen von § 30 Abs. 1 VerfGGBbg bereits ausgeführt (Beschluß vom 17. Juli 1997 - VfGBbg 21/97 EA -, LVerfGE 7, 101, 130 f.):

„Nach § 30 Abs. 1 VerfGGBbg kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwendung schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Insoweit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts ein strenger Maßstab anzulegen. Die Frage, ob die Landesverfassung verletzt ist, ist in dem Verfahren über den Erlaß einer einstweiligen Anordnung noch nicht Gegenstand der Prüfung; die Gründe, die für eine Verfassungsrechtsverletzung sprechen, müssen grundsätzlich ebenso außer Betracht bleiben wie die Gegengründe, es sei denn, der Antrag bzw. das Erstreben in der Hauptsache erwiese sich als von vornherein unzulässig oder als offensichtlich unbegründet. Ansonsten ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung allein eine Abwägung der Folgen vorzunehmen, die sich ergeben, wenn eine einstweilige Anordnung nicht ergeht, das Verfahren in der Hauptsache aber Erfolg hat, gegen diejenigen Nachteile, die eintreten, wenn die einstweilige Anordnung erlassen wird, der Antrag in der Hauptsache aber ohne Erfolg bleibt. Dabei müssen die nachteiligen Folgen, die ohne die einstweilige Anordnung für den Fall des Obsiegens in der Hauptsache zu vergegenwärtigen sind, im Vergleich zu den nachteiligen Folgen, die sich bei Erlaß der einstweiligen Anordnung für den Fall der Erfolglosigkeit in der Hauptsache ergeben, deutlich überwiegen, weil sie sonst bei vergleichender Betrachtungsweise nicht schwer genug im Sinne des Gesetzes sind (‚schwerer Nachteil’) bzw. keinen gleichwertigen ‚anderen’ Grund im Sinne des Gesetzes darstellen. Unbeschadet der nach diesen Vorgaben vorzunehmenden Folgenabwägung muß, und zwar im Sinne zusätzlicher Voraussetzungen, die einstweilige Anordnung ‚zum gemeinen Wohl’ und ‚dringend’ ‚geboten’ sein (vgl. zu alledem bereits Entscheidungen des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 30. November 1993 - VfGBbg 3/93 EA - LVerfGE 1, 205, 206; vom 22. Dezember 1993 - VfGBbg 9/93 EA - LVerfGE 1, 214, 216 f.; vom 15. Dezember 1994 - VfGBbg 14/94 EA - LVerfGE 2, 214, 219 f.; Urteil vom 20. Juni 1996 - VfGBbg 14/96 EA - LVerfGE 4, 190, 197).“

II.

Hiernach war der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen. Das erkennende Gericht hält die Folgen, die sich für den Antragsteller im Falle der Zwangsvollstreckung aus dem amtsgerichtlichen Urteil ergeben, nicht für so schwerwiegend, daß der Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 30 Abs. 1 VerfGGBbg geboten wäre. Die Verpflichtung zur Zahlung von rund 265,00 € nebst Zinsen ist weder existenzgefährdend noch ist sonst ersichtlich, daß der Antragsteller - für den Fall, daß die anhängige Verfassungsbeschwerde Erfolg hat - mehr als nur untergeordnet in seiner Grundrechtssphäre beeinträchtigt wird. Das Landesverfassungsgericht verkennt hierbei nicht, daß - je nach Einkommensverhältnissen - auch die Verpflichtung zur Zahlung des hier in Rede stehenden Betrags zu individuellen Härten führen kann. Eine evidente Betroffenheit des Antragstellers wurde von diesem jedoch weder geltend gemacht (vgl. § 46 VerfGGBbg), noch ist sie sonst ersichtlich. Nach alledem hält das Gericht die strengen Voraussetzungen, unter denen nach § 30 Abs. 1 VerfGGBbg ausnahmsweise eine einstweilige Anordnung ergehen kann, nicht für gegeben und weist den Antrag deshalb zurück.

III.

Der Beschluß ist unanfechtbar.
 

Weisberg-Schwarz Dr. Harms-Ziegler
   
Havemann Dr. Jegutidse
   
Dr. Knippel Dr. Schröder