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VerfGBbg, Beschluss vom 10. März 2005 - VfGBbg 56/04 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
sonstige
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 15 Abs. 3; VerfGGBbg, § 15 Abs. 4
Schlagworte: - Befangenheit
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 10. März 2005 - VfGBbg 56/04 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 56/04



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S
In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

Prof. Dr. S.,

Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin Dr. S.,

gegen den Beschluß des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. August 2004

hier: Selbstablehnung des Richters Prof. Dr. Dombert

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr. Harms-Ziegler, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schröder und Prof. Dr. Will

am 10. März 2005

b e s c h l o s s e n :

Die Selbstablehnung des Richters Prof. Dr. Dombert wird für begründet erklärt.

G r ü n d e :

I.

1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, mit der ein Antrag gemäß § 172 Abs. 2 Strafprozeßordnung – StPO – (sog. Klageerzwingungsverfahren) als unbegründet verworfen wurde. Der Beschwerdeführer - von Ende 1999 bis Ende Juli 2002 Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg – betreibt das Klageerzwingungsverfahren wegen Verletzung von Privatgeheimnissen. Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren richtete sich gegen die Beschuldigten Erhard Thomas (damaliger Pressesprecher der Landesregierung) und Rainer Speer (damaliger Chef der Staatskanzlei des Landes Brandenburg).

2. Mit Schreiben vom 10. Februar 2005 hat Richter Prof. Dr. Dombert darauf hingewiesen, daß es in der anhängigen Verfassungsbeschwerde um einen Sachverhalt gehe, der nicht nur Gegenstand der – die Verfassungsbeschwerde maßgeblich prägenden – strafrechtlichen Würdigung gewesen sei, sondern auch disziplinarrechtliche Fragen aufgeworfen habe. Im disziplinarrechtlichen Verfahren sei er als Bevollmächtigter des Beschwerdeführers aufgetreten, so daß – auch wenn die bei der Verfassungsbeschwerde im Vordergrund stehenden Rechtsfragen vermutlich keine Entsprechung im betreuten Mandat hätten – Überschneidungen nicht von der Hand zu weisen seien. Auch wenn er sich selbst nicht für befangen halte, sei die Besorgnis der Befangenheit nach allgemeinen Grundsätzen des Prozeßrechts gegeben (§ 15 Abs. 4 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VfGGBbg).

3. Der Verfassungsbeschwerdeführer und die Äußerungsberechtigten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Die Selbstablehnung ist begründet.

1. Gemäß § 15 Abs. 4 VerfGGBbg kann sich ein Richter selbst ablehnen. Hierüber entscheidet gemäß § 15 Abs. 3 VerfGGBbg das Gericht unter Ausschluß des betreffenden Richters.

2. Die Besorgnis der Befangenheit liegt nach den allgemeinen Grundsätzen des Prozeßrechts, an die § 15 VerfGGBbg erkennbar anknüpft, bereits dann vor, wenn für einen am Verfahren Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß besteht, an der Unvoreingenommenheit und der objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 15. Juni 1994 – VfGBbg 10/94 EA – LVerfGE 2, 113).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Umstand, daß Richter Prof. Dr. Dombert den Verfassungsbeschwerdeführer in einem disziplinarrechtlichen Verfahren, welchem derselbe Sachverhalt zugrunde liegt wie der Verfassungsbeschwerde, vertreten hat, ist geeignet, bei einem Verfahrensbeteiligten die Befürchtung hervorzurufen, der Richter werde an der bevorstehenden Entscheidung nicht mehr unvoreingenommen mitwirken können. Diese Besorgnis ist dann bei lebensnaher Betrachtung verständlich. Es kommt nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich „parteilich“ oder „befangen“ ist.
 

Weisberg-Schwarz Prof. Dawin
   
Prof. Dr. Harms-Ziegler Havemann
   
Dr. Jegutidse Dr. Knippel
   
Prof. Dr. Schröder Prof. Dr. Will