Toolbar-Menü
Hauptmenü

VerfGBbg, Beschluss vom 9. Dezember 2004 - VfGBbg 22/03 -

 

Verfahrensart: Kommunalverfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 97; LV, Art. 98 Abs. 1
Schlagworte: - Gemeindegebietsreform
- kommunale Selbstverwaltung
- Verhältnismäßigkeit
- interkommunales Gleichbehandlungsgebot
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 9. Dezember 2004 - VfGBbg 22/03 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 22/03



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S
In dem kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren

Gemeinde Beutel,
vertreten durch das Amt Templin-Land,
dieses vertreten durch die Amtsdirektorin,
Puschkinstraße 15/16,
17268 Templin,

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. u.a.,

wegen: kommunale Neugliederung;
hier: Eingemeindung der Gemeinde Beutel (Amt Templin-Land) in die Stadt Templin

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr. Dombert, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schröder und Prof. Dr. Will

am 9. Dezember 2004

b e s c h l o s s e n:

Die kommunale Verfassungsbeschwerde wird teils verworfen, im übrigen zurückgewiesen.

G r ü n d e :

A.

Die Beschwerdeführerin, eine bisher dem Amt Templin-Land angehörende Gemeinde, wehrt sich gegen ihre Auflösung durch Eingliederung in die Stadt Templin.

I.

1. Die Beschwerdeführerin liegt ungefähr 9 km westlich der Stadt Templin im Landkreis Uckermark. Gemeinsam mit weiteren 12 Gemeinden gehörte sie bislang dem im äußeren Entwicklungsraum gelegenen Amt Templin-Land - einem Amt nach dem sog. Amtsmodell 1 mit Verwaltungssitz in der Stadt Templin - an. Eine weitere frühere amtsangehörige, südöstlich der Stadt Templin liegende Gemeinde (Ringenwalde) schloß sich mit Wirkung zum 31. Dezember 2001 mit einer Gemeinde des Nachbaramtes Gerswalde zusammen. Die Wirksamkeit des Zusammenschlusses und die damit zusammenhängende Frage der Amtszugehörigkeit waren bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen zur Gemeindegebietsreform wegen eines schwebenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ungeklärt. Das Amt Templin-Land zog sich im Süden, Westen und Norden halbkreisförmig um die Stadt Templin und umschloß diese „wie ein Kragen“. Die im Süden und Südwesten des bisherigen Amtsgebiets liegenden Gemeinden grenzen an die Landkreise Barnim und Oberhavel an. Nordwestlich des bisherigen Amtes Templin-Land liegt die amtsfreie Stadt Lychen; im Norden die amtsfreie Gemeinde Boitzenburger Land und im Osten das Amt Gerswalde. Ende 2001 lebten von den 4242 Einwohnern des Amtsgebietes (ohne Ringenwalde) 189 im Gebiet der Beschwerdeführerin; die Stadt Templin hatte zu diesem Zeitpunkt 13.843 Einwohner. Templin-Land wies Ende 2001 mit 14 Einwohnern pro km2 die geringste Bevölkerungsdichte aller brandenburgischen Ämter aus (s. LT-Drucksache 3/5020, S. 503).

2. Ende April 2002 versandte das Ministerium des Innern Unterlagen für eine Anhörung der Beschwerdeführerin zu der beabsichtigten kommunalen Neugliederung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. Bereits im Jahre 2001 hatten bis auf Ringenwalde alle amtsangehörigen Gemeinden – darunter die Beschwerdeführerin – die Bildung einer gemeinsamen amtsfreien Einheitsgemeinde „Uckermünder Heide“ beschlossen, welche auch von den Gemeindeeinwohnern im Ergebnis von Bürgerentscheiden befürwortet worden ist. Die Genehmigung des diesbezüglichen Gebietsänderungsvertrags wurde vom Ministerium des Innern unter dem 22. Oktober 2002 abgelehnt.

3. Im September/Oktober 2002 brachte die Landesregierung sechs Gesetzentwürfe zur landesweiten Gemeindegebietsreform in den Landtag ein. § 31 des Entwurfes zum Fünften Gesetz zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Barnim, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Uckermark (5. GemGebRefGBbg) sah u.a. die Eingliederung der Beschwerdeführerin und der weiteren Gemeinden des Amtes Templin-Land (außer Ringenwalde) in die Stadt Templin vor. Im Anhörungsverfahren der Bürger zur beabsichtigten Neugliederung, welches vom 10. Juni bis zum 12. Juli 2002 stattfand, sprachen sich fast alle der über 700 abgegebenen Einwohnerstellungnahmen gegen das Vorhaben aus. Der Innenausschuß des Landtages, an den die Gesetzentwürfe nach der ersten Lesung verwiesen worden waren, führte am 20. Dezember 2002 vorab eine mündliche Anhörung durch, zu der die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 18. November 2002 geladen worden ist. Sämtliche Gemeinden des Amtes Templin machten von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch; für die Beschwerdeführerin trat die Amtsdirektorin auf. Die während der Anhörung vom Innenausschuß den Gemeinden eingeräumte Möglichkeit, bis zum 10. Januar 2003 weitere Stellungnahmen vorzulegen, nahm die Beschwerdeführerin nicht wahr. Das Gesetz wurde sodann im Frühjahr 2003 vom Landtag verabschiedet. § 30 des 5. GemGebRefGBbg vom 24. März 2003 (GVBl. I S. 82), am Tag der landesweiten Kommunalwahlen (26. Oktober 2003) in Kraft getreten (s. § 48 Satz 1 des 5. GemGebRefGBbg), lautet:

§ 30
Verwaltungseinheit Amt Templin-Land
und Gemeinde Temmen des Amtes Gerswalde

(1) Die Gemeinden Beutel, Densow, Gandenitz, Gollin, Groß Dölln, Grunewald, Hammelspring, Herzfelde, Klosterwalde, Petznick, Röddelin, Storkow und Vietmannsdorf werden in die Stadt Templin eingegliedert.

(2) Aus der Gemeinde Ringenwalde des Amtes Templin-Land und der Gemeinde Temmen des Amtes Gerswalde wird die neue Gemeinde Temmen-Ringenwalde gebildet.

(3) Das Amt Templin-Land wird aufgelöst.

II.

Die Beschwerdeführerin hat am 12. Mai 2003 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie macht geltend, daß die gesetzlich bewirkte Auflösung der Beschwerdeführerin und des Amtes Templin-Land unter Verletzung des Rechtes auf kommunale Selbstverwaltung erfolgt sei. Die Neugliederungsentscheidung sei nicht durch Gründe des öffentlichen Wohls gerechtfertigt und weise erhebliche Abwägungsmängel auf. Dies beruhe u.a. auf Ermittlungsdefiziten. Im übrigen verkenne der Gesetzgeber bei der Ablehnung eines Zusammenschlusses der bisherigen amtsangehörigen Gemeinden zu einer neuen amtsfreien Gemeinde sein eigenes Leitbild, weil dieses nur Ringbildungen um größere Orte ausschließe, und verstoße außerdem gegen den Gleichheitsgrundsatz. In vergleichbaren Fällen habe man sich gegen eine Eingliederung der Gemeinden in den Zentralort entschieden; so würde beispielsweise das Amt Seelow-Land erhalten bleiben, obwohl sich auch dessen Gemeinden „kragenförmig“ um die Stadt Seelow legten. Schließlich sei die Nichtbeachtung bzw. fehlerhafte Beachtung des gegen die Eingliederung in die Stadt Templin sprechenden Bürgerwillens systemwidrig.

Die Beschwerdeführerin beantragt zu erkennen,

§ 30 Abs. 1 und Abs. 3 des Fünften Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Barnim, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Uckermark (5. GemGebRefGBbg) vom 24.03.2003 verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 97 Abs. 1 Verfassung des Landes Brandenburg und ist nichtig.

III.

Der Landtag Brandenburg, die Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg und die Stadt Templin hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Nach Ansicht der Landesregierung stellt sich die Situation im Amt Templin-Land als ein typischer Fall der Stadt-Umland-Situation – verbunden mit einer „Kragenbildung“ – dar. Die Ablehnung der Bildung einer Gemeinde „Uckermärker Heide“ leide nicht an einem wesentlichen gesetzgeberischen Abwägungsdefizit und sei auch sonst nicht zu beanstanden. Insofern sei die zwischen einer Ring- und Kragenbildung differenzierende Interpretation des Leitbildes seitens der Beschwerdeführerin unzutreffend. Der Erhalt des Amtes Seelow-Land, auf den sich die Beschwerdeführerin berufe, sei durch näher beschriebene Besonderheiten gekennzeichnet.

B.

Die weitgehend zulässige kommunale Verfassungsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

I.

1. Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist insofern unzulässig, als sie sich - wie der Antragstellung und ihrer Begründung eindeutig zu entnehmen ist - auch gegen die in § 30 Abs. 3 des 5. GemGebRefGBbg bestimmte Auflösung des bisherigen Amtes Templin-Land richtet. Insoweit ist die Beschwerdeführerin nicht beschwerdebefugt. Eine amtsangehörige Gemeinde kann nach der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts, die entsprechend der (bloßen) verwaltungsmäßigen Hilfsfunktion des - wie immer zustandegekommenen bisherigen - Amtes für jedwede spätere Änderung der Amtszuordnung zu gelten hat, lediglich beanspruchen, daß ihr überhaupt eine geeignete (Amts-)Verwaltung, nicht aber, daß sie ihr in der bisherigen Form und in dem bisherigen Zuschnitt zur Verfügung steht (Beschluß vom 16. Mai 2002 - VfGBbg 57/01 -, LKV 2002, 515 sowie Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 -, LKV 2002, 573, 574). Soweit sich die kommunale Verfassungsbeschwerde einer amtsangehörigen Gemeinde als begründet erweist und sie (folglich) als amtsangehörige Gemeinde fortbesteht, hat das Land dafür zu sorgen, daß ihr eine Verwaltung – durch Zuordnung zu einem Amt oder Bildung eines neuen Amtes - zur Verfügung steht. Je nach Art der dann getroffenen Regelung, die also gegebenenfalls abzuwarten bleibt, mag Anlaß für eine darauf bezogene gerichtliche Überprüfung bestehen. Festhalten an dem einmal gefundenen Zuschnitt der Amtsverwaltung kann die einzelne Gemeinde das Land aber grundsätzlich nicht.

2. Im übrigen ist die kommunale Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin gemäß Art. 100 Verfassung des Landes Brandenburg (LV), §§ 12 Nr. 5, 51 Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg) statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdeführerin ungeachtet des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Neuregelung beteiligtenfähig. Eine Gemeinde gilt nach feststehender Rechtsprechung für die Dauer des gegen ihre Auflösung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens als fortbestehend. Ebenso wird die Beschwerdeführerin im kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren weiter durch das bisherige Amt vertreten. Die fortbestehende Beteiligtenfähigkeit erstreckt sich folgerichtig auf die Vertretungsverhältnisse.

II.

Die kommunale Verfassungsbeschwerde erweist sich aber in der Sache selbst als unbegründet. Die Auflösung von Gemeinden durch den Staat ist, wie sich unmittelbar aus Art. 98 Abs. 1 und 2 LV ergibt, nicht von vornherein ausgeschlossen. Die dafür ebenfalls nach Art. 98 Abs. 1 sowie Abs. 2 LV gezogenen Grenzen sind hier nicht verletzt. Formell-rechtliche Fehler von verfassungsrechtlicher Bedeutung, namentlich der Anhörung, sind weder von der Beschwerdeführerin geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Insoweit rügt die Beschwerdeführerin die Nichtberücksichtigung des Ergebnisses der Bürgeranhörung und nicht das Anhörungsverfahren an sich. Auch materiell ist die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Templin mit der Landesverfassung vereinbar.

1. In das Gebiet einer Gemeinde sowie - erst recht - in ihre körperschaftliche Existenz kann zufolge Art. 98 Abs. 1 LV nur aus Gründen des öffentlichen Wohls eingegriffen werden. Der Inhalt des Begriffes „öffentliches Wohl“ ist dabei im konkreten Fall vom Gesetzgeber auszufüllen, dem in dieser Hinsicht grundsätzlich – in dem von der Verfassung gesteckten Rahmen – ein Beurteilungsspielraum und politische Gestaltungsfreiheit in dem Sinne zukommt, daß er Ziele, Leitbilder und Maßstäbe selbst festlegen kann.

Das Verfassungsgericht überprüft zunächst, ob der Gesetzgeber den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zutreffend und umfassend ermittelt hat. Dabei ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle nicht eingeschränkt (BVerfGE 50, 50, 51 [Laatzen]; SächsVerfGH, Urteile vom 18. Juni 1999 - Vf. 51-VIII-98 - LVerfGE 10, 375, 394 [Markkleeberg] und vom 5. November 1999 - Vf. 133-VII-98 -, UA S. 13; ThürVerfGH LVerfGE 5, 391, 427 f [Jena]; Dombert, NordÖR 2004, 6, 7 m.w.N.; s. auch Stüer, DVBl 1977, 1, 3; zur verfassungsgerichtlichen Kontrolle gesetzlicher Planungsentscheidungen s. auch BVerfG, Beschluß vom 17. Juli 1996 - 2 BvF 2/93 -, BVerfGE 95, 1, 22 f [Südumfahrung Stendal]; 76, 107, 121 f.).

Das Verfassungsgericht prüft sodann, ob der Gesetzgeber den ermittelten Sachverhalt seiner Regelung zutreffend zugrundegelegt und die mit ihr einhergehenden Vor- und Nachteile in vertretbarer Weise gewichtet und in die Abwägung eingestellt hat. Hierbei darf sich das Verfassungsgericht nicht an die Stelle des Gesetzgebers setzen und hat seine Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Zielvorstellungen, Sachabwägungen, Wertungen und Einschätzungen des Gesetzgebers offensichtlich fehlerhaft, lückenhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der Wertordnung der Verfassung widersprechen. Die Bevorzugung einzelner und die gleichzeitige Hintanstellung anderer Belange bleibt dem Gesetzgeber so weit überlassen, als das mit dem Eingriff in den Bestand der Kommunen verbundene Abwägungsergebnis zur Erreichung der verfolgten Zwecke nicht offenkundig ungeeignet oder unnötig ist oder zu den angestrebten Zielen deutlich außer Verhältnis steht und frei von willkürlichen Erwägungen und Differenzierungen ist. Es ist dabei nicht die Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber die beste und zweckmäßigste Neugliederungsmaßnahme getroffen hat (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteile vom 18. Juni 1998 – VfGBbg 27/97 –, LVerfGE 8, 97, 169 f. m.w.N. und vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, UA S. 20, LKV 2002, 573, 575; ständige Rechtspr., u.a. Urteil vom 18. Dezember 2003 – VfGBbg 101/03 -, a.a.O.). Unter mehreren offensichtlich gleich gut geeigneten Lösungen muß der Gesetzgeber allerdings diejenige auswählen, die für die betroffene Gemeinde weniger belastend ist und in ihre Rechtssphäre weniger intensiv eingreift (VerfGH NW, Urteil vom 6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, UA S. 31 f; StGH BW, Urteil vom 14. Februar 1975 - GR 11/74 -, NJW 1975, 1205, 1212).

2. In Anwendung dieser Grundsätze hat sich hier der Gesetzgeber fehlerfrei auf den Standpunkt gestellt, daß für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Templin Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, und auf dieser Grundlage eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung getroffen. Im einzelnen:

a) Soweit der Gesetzgeber seine Abwägungsentscheidung maßgeblich darauf gestützt hat, daß sich die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Templin als Beitrag zur Lösung der Stadt-Umland-Problematik darstelle (vgl. LT-Drucksache 3/5020, S. 508 sowie Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu § 31 des 5. GemGebRefGBbg [Entwurf], Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550), hat er sich mit den konkreten, auf die Situation der Beschwerdeführerin, des Amtes und der Stadt bezogenen, Verhältnissen hinreichend befaßt.

aa) Er hat zunächst (allgemein) die Stadt-Umland-Problematik ausführlich untersucht und beschrieben und die Kragenämter nachvollziehbar als Unterfall dieser Problematik angesehen (s. Gesetzesbegründung zum 5. GemGebRefGBbg, LT-Drucksache 3/5020, S. 44 ff., 78 ff.). Die örtlichen Verhältnisse sind in den Gesetzesunterlagen zutreffend angesprochen (s. die Beschreibung der Gemeinde im „Neugliederungssachverhalt“ in LT-Drucksache 3/5020, S. 502 ff.). Hierbei wurde – neben der örtlichen Lage der Beschwerdeführerin - durchaus gesehen, daß sie nicht verschuldet ist (LT-Drucksache 3/5020, S. 507; dort ebenfalls Angaben zu Gewerbesteuereinnahmen und Investitionen; s. auch Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu § 31 des 5. GemGebRefGBbg [Entwurf], Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550, S. 2).

Unbeschadet dessen durfte der Gesetzgeber aber zugleich die übergreifende Situation im Bereich der Stadt Templin in den Blick nehmen. Die insoweit interessierenden Verhältnisse der Stadt Templin und der anderen zur Eingemeindung in die Stadt Templin vorgesehenen Gemeinden sind in diesem Zusammenhang zureichend dargestellt (LT-Drucksache 3/5020, S. 504 ff.). Dabei bezieht sich der Gesetzgeber im Hinblick auf die Feststellung, daß Templin ein Mittelzentrum ist, nicht allein auf die Ausweisungen in Raumordnungsplänen. Vielmehr hat er die zentralen Funktionen und gegenwärtigen Verflechtungen, auf die er abstellt, selbst ermittelt. Als grundsätzlich wesentliche Elemente einer Zentralort-Umland-Verflechtung finden sich außer dem Zahlenverhältnis von zuletzt 13.843 Einwohnern der Stadt Templin gegenüber 189 Einwohnern der Beschwerdeführerin zahlreiche öffentliche Einrichtungen (Krankenhaus, NaturTherme, Multikulturelles Centrum, Stadtbibliothek, Stadtbad, Schwimmhalle, Stadtmuseum, Mehrzweckhalle des Städtischen Gymnasiums), von deren Angeboten die Bürger des Amtes Templin-Land regen Gebrauch machen. Darüber hinaus brauchte der Gesetzgeber nicht im einzelnen zu ermitteln, wie viele Bewohner der Beschwerdeführerin wie oft die in Templin vorgehaltenen öffentlichen Einrichtungen und sonstigen Angebote nutzen. Es liegt auf der Hand, daß diese von Bewohnern aus dem Umland mangels vergleichbarer und in der Nähe gelegener Alternativen in Anspruch genommen werden. Soweit die Beschwerdeführerin darauf hinweist, daß die Inanspruchnahme öffentlicher und privater Leistungen in der Stadt Templin grundsätzlich mit der Gebührenentrichtung abgegolten sei, verkennt sie, daß es einerseits um die Darstellung der Nutzung wesentlicher Leistungen außerhalb des Gemeinde- und Amtsgebiets im Kontext der Stadt-Umland-Verflechtungen geht und daß es sich andererseits zum großen Teil um Einrichtungen handelt, welche im Interesse eines allgemeinen Zugangs jedenfalls typischerweise nicht über einen bloßen Nutzungsbeitrag finanzierbar sind. Auf die Tatsache, daß auch die Bürger der Stadt Templin die ländlichen Umlandgemeinden als Naherholungsgebiete nutzen und in diesem Zusammenhang die dortigen Infrastrukturen beanspruchen, welche durch die Steuereinnahmen der Gemeindeeinwohner finanziert werden, weist die Beschwerdeführerin zwar zutreffend hin. Dies ist aber letztlich ebenso Ausdruck einer Stadt-Umland-Verflechtung und spricht nicht gegen die Zentralortstellung der Stadt.

Im übrigen hat der Gesetzgeber ermittelt, daß im Bereich der Sekundarstufe I und II im Schuljahr 2001/2002 vorrangig Schulen in Templin sowie (in geringerem Umfang) die Gesamtschule in Lychen besucht wurden. Dies gilt im wesentlichen auch für die an die Stadt Lychen angrenzende Beschwerdeführerin (nur ein Schüler der Beschwerdeführerin besuchte die Gesamtschule in Lychen; neun hingegen die Schulen in Templin). Die Konzentration der wirtschaftlichen Aktivitäten auf die Stadt Templin (z.B. 621 IHK-Betriebe und 165 Handwerksbetriebe, 5 Gewerbegebiete) wurde – im Vergleich zu denen des Amtes Templin-Land (z.B. 222 Gewerbebetriebe und 38 Handwerksbetriebe) - ebenso beschrieben wie die gute Erreichbarkeit der Stadt über vier direkt ins Zentrum führende Landstraßen bzw. über bestehende Busverbindungen. Wegen der hohen Waldbrandgefährdung des gesamten Territoriums wurde auf die Notwendigkeit einer straffen, gemeindeübergreifenden Organisation und Durchführung von Brandbekämpfungsmaßnahmen sowie die Tatsache, daß den Feuerwehren des Amtes Templin-Land die qualifizierten Führungskräfte fehlen, hingewiesen. Ausführlich hat der Gesetzgeber außerdem die Steuer- und Finanzkraft der einzelnen amtsangehörigen Gemeinden und die Organisation der Wasser- und Abwasserorganisation dargestellt.

bb) Gegenstand der Sachverhaltsanalyse war ebenso in ausreichendem Umfang die von der Beschwerdeführerin und allen anderen amtsangehörigen Gemeinden befürwortete Bildung einer Einheitsgemeinde „Uckermärker Heide“. Die Einzelbegründung zu § 31 des Gesetzentwurfes gibt den wesentlichen Inhalt der entsprechenden Stellungnahmen der betroffenen Gemeinden und der Bevölkerung wieder (LT-Drucksache 3/5020, S. 497 ff.). Der Gesetzentwurf beließ es auch nicht etwa bei der bloßen Wiedergabe, sondern bewertete seinen Neugliederungsvorschlag einerseits und die von den Gemeinden und vom Amt favorisierte Lösung andererseits nach seinen allgemeinen Neugliederungskriterien. In diesem Sinne wurden die Einwohnerzahlen, die Wirtschaftsstruktur und die für die Aufgabenerfüllung der Stadt Templin maßgeblichen Voraussetzungen gegenübergestellt. Eine weitergehende Auseinandersetzung des Gesetzgebers mit dem zugrundeliegenden Tatsachenstoff ist von Verfassungs wegen nicht zu verlangen. Die abweichenden Auffassungen über die Rechtmäßigkeit der Neugliederung beruhen letztlich auf einer unterschiedlichen Wertung des Tatsachenmaterials; hiergegen richtet sich auch im Kern der Vorwurf der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin geht jedoch in ihrer Annahme fehl, daß es an einer Stadt-Umland-Beziehung mangele. Solche Beziehungen spielen sich im beschriebenen Bereich der Schulen, Sportstätten, Schwimm- und Freibäder, Jugendeinrichtungen, Bibliotheken, Brandschutz und der Infrastruktur ab. Entwicklungschancen und Ansiedlungserfolge in Umlandgemeinden sind nicht zuletzt durch die Attraktivität des städtischen Zentrums begründet. Der Ansatz der Beschwerdeführerin, das gesetzgeberische Ziel der Lösung bzw. Milderung der Stadt-Umland-Problematik beziehe sich nur auf die explizit aufgeführten Regionalen Entwicklungszentren des Städtekranzes und des äußeren Entwicklungsraumes im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 10 und Abs. 3 Satz 4 des Gemeinsamen Landesentwicklungsprogramm der Länder Berlin und Brandenburg (Landesentwicklungsprogramm – LEPro) – wozu Templin in der Tat nicht zählt - ist unzutreffend. Eine solche Sichtweise verkennt die spezifischen strukturellen Friktionen innerhalb großräumiger Wirkungsbereiche und das Stadt-Umland-Verhältnis in großstädtischen Verdichtungsräumen. Entsprechende Problemlagen, die durch die Konzentration von Entwicklungspotential, Funktionsteilungen zwischen Kernstadt und Umland, Verflechtungen vor allem im Bereich von Verwaltung und Wirtschaft, enge Verkehrsbeziehungen und Belastungen des Naturhaushalts gekennzeichnet sind, ergeben sich auch bei kleineren Zentralorten unabhängig von deren planungsrechtlicher Hierarchiestufe. Außerdem sind Raumordnung und Gemeindestrukturordnung nicht äquivalent. Mit Raumordnung ist die tatsächlich vorhandene räumliche Struktur eines Gebiets gemeint oder auch eine leitbildgerechte Ordnung des Raumes bzw. die Tätigkeit, durch die eine geplante räumliche Ordnung umgesetzt werden soll. Während es Aufgabe der Raumordnung ist, die Verteilung der Daseinsgrundfunktionen in der Fläche eines bestimmten Gebietes zu beeinflussen, nimmt die Gemeindestrukturordnung eine Einteilung der Fläche in Verwaltungseinheiten vor. Infolgedessen können bei der die Gemeindeneuordnung beeinflussenden Feststellung von Versorgungszentren in stark verdichteten Räumen andere Kriterien und Maßstäbe wesentlich sein als in ländlichen Räumen, in denen eine Mindestversorgung der Bevölkerung gewährleistet werden muß. Es kann in diesem Zusammenhang weder (allein) auf Begrifflichkeiten der Raumordnungs- und Landesplanung zurückgegriffen werden noch verfängt das Argument der Beschwerdeführerin, die Stadt Templin erfülle ausschließlich die ihr nach den raumplanerischen Vorgaben (Mittelzentrum) obliegenden Aufgaben zur Versorgung auch des Verflechtungsbereiches.

cc) Trotz des Fehlens näherer Angaben, Feststellungen und Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung im Amt und der Stadt (etwa zur Bevölkerungsabwanderung aus der Stadt in das Umland) sind die funktionalen Verflechtungen insgesamt hinlänglich beschrieben. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob vom Gesetzgeber sämtliche tatsächlichen Momente in allen Einzelheiten richtig erfaßt und gewürdigt worden sind. Stadt-Umland-Verflechtungen sind nicht ausschließlich durch eine die Kernstadt destabilisierende Bevölkerungssuburbanisierung gekennzeichnet. Auch wie verbunden die Beschwerdeführerin und die Stadt Templin im Detail jetzt sind, ist bei der Prognoseentscheidung zur Neugliederungsmaßnahme ersichtlich von untergeordneter Bedeutung. Es ist dem Gesetzgeber nicht grundsätzlich verwehrt, auf die in der Verwaltungspraxis gewonnenen allgemeinen Einschätzungen – hier: die Einengung zentraler Orte durch sich kragenförmig um sie gruppierende amtsangehörige Gemeinden - zurückzugreifen. Gleichwohl verbleibende Unsicherheiten der Prognose führen für sich gesehen nicht zur Verfassungswidrigkeit der gewählten Maßnahme, wenn sich der Gesetzgeber – wie vorliegend geschehen - der vorhandenen allgemeinen Erkenntnisse bedient. Insoweit ist es auch entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zu beanstanden, daß nicht im einzelnen eruiert worden ist, welche wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten bestehen oder eingeschränkt werden oder inwieweit die beschriebenen öffentlichen Einrichtungen nicht kostendeckend arbeiten.

b) Dem Gesetzgeber stehen im Sinne von Art. 98 Abs. 1 LV Gründe des öffentlichen Wohls zur Seite. Er beruft sich ausweislich der Gesetzesbegründung und der Beschlußempfehlung des Innenausschusses für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Templin hauptsächlich auf die sich bereits im Leitbild niederschlagenden raumstrukturellen Überlegungen, nach denen es nicht sachgerecht sei, daß ein „Kragenamt“ fortbestehe bzw. zu einer amtsfreien Gemeinde umgebildet werde, und somit als Verwaltungseinheit um jenen eigenständigen Zentralort fortexistiere, welcher zahlreiche öffentliche und private Leistungen für die Bevölkerung (auch) des Umlandes bereit halte, dessen Leistungen aber aus-schließlich die Bevölkerung des Zentralortes finanziere (LT-Drucksache 3/5020, S. 508). Als weiteres Entscheidungskriterium führt der Gesetzgeber den Umstand auf, dass die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Umlandgemeinden nicht ge-sichert sei und die der Festlegung (vgl. Leitbild unter I.2.b)cc); LT-Drucksache 3/5020, S. 24) der Mindestein-wohnerzahl von 500 Einwohnern zugrundeliegende Annahme einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit einwohnerschwacher Klein- und Kleinstgemeinden durch die Haushaltssituation der Gemeinden des Amtes Templin-Land bestätigt werde.

aa) Daß die Behebung von Strukturproblemen im Stadtumland ein Grund des öffentlichen Wohls ist, der eine kommunale Neugliederung zu rechtfertigen vermag, hat das Landesverfassungsgericht bereits in seinen Urteilen vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 - und - VfGBbg 97/03 - (in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung anderer Landesverfassungsgerichte, s. etwa SächsVerfGH SächsVBl 1999, 236, 239; ThürVerfGH NVwZ-RR 1997, 639, 643) entschieden. Auch im Schrifttum wird dies grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen (s. etwa Hoppe/Stüer, DVBl 1992, 641, 642 f.; v. Unruh/Thieme/Scheuner, Die Grundlagen der kommunalen Gebietsreform, 1981, S. 116, 118 f.). Das Stadt-Umland-Verhältnis wirft eine Reihe schwieriger Abklärungs- und Koordinationsfragen auf. Planung und Betrieb öffentlicher Einrichtungen - Kindergärten und -krippen, Schulen (einschließlich weiterführender Schulen), Horte, Sportstätten, Bibliotheken, Schwimmbäder, Feuerwehren, Kultureinrichtungen (etwa: Kulturhäuser, Heimatmuseen) - erfordern Abstimmung und Absprache. Auch für Infrastrukturausbau, Wirtschaftsförderung, Abfall- und Abwasserbeseitigung sowie Trinkwasserversorgung empfiehlt sich ein gemeinsames Handeln. Die in der Begründung zum Gesetzentwurf ausdrücklich genannte Zentralisation der Brandbekämpfung ist gleichfalls am Gemeinwohl orientiert. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, dies berge wegen der weiten Wege ein erhebliches Gefährdungspotential für die ländlichen Ortsteile, steht entgegen, daß es nicht um die Errichtung eines zentralen Standortes, sondern um eine Verbesserung der Organisation der Feuerwehren sowie der Brandbekämpfung geht.

bb) Demgemäß ist das vom Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Stadt-Umland-Problematik herangezogene Ziel der Abschaffung von sog. Kragenämtern bzw. die Vermeidung der Bildung einer sog. Ringgemeinde von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Bei der Entscheidung für einen „institutionellen Lösungsansatz“, d.h. für einen den kommunalen Funktions- und Verwaltungsräumen besser angepaßten Zuschnitt der kommunalen Körperschaften, ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, auf allgemeine und typisierende Erkenntnisse zurückzugreifen. Es unterliegt letztlich seiner Einschätzungsprärogative, die Kragenämter als Unterfall der Stadt-Umland-Problematik zu behandeln und konzeptionell Leitbilder und Leitlinien der Neuordnung festzulegen, die die künftigen Strukturen der Selbstverwaltungskörperschaften festlegen und die Umgestaltung in jedem Einzelfall dirigieren sollen. Es ist einleuchtend und widerspricht empirischen Untersuchungen und kommunalwissenschaftlichen Erkenntnissen nicht, bei der kragenförmigen Einschließung eines zentralen Ortes einen entwicklungshemmenden Effekt für die Kernstadt und die strukturbedingte Herausbildung funktioneller Verflechtungen zwischen Zentralort und Umlandgemeinden anzunehmen.

cc) Soweit der Gesetzgeber ergänzend auf die verminderte Leistungsfähigkeit der Klein- und Kleinstgemeinden mit weniger als 500 Einwohnern verweist, hat das erkennende Gericht bereits mit Urteil vom 29. August 2002 (- VfGBbg 34/01 -, LKV 2002, 573, 574) entschieden, daß die Regel-Mindestgröße einer amtsangehörigen Gemeinde von 500 Einwohnern als ein gesetzgeberisches Kriterium für die Gemeindegebietsreform verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Landesverfassung steht der Einschätzung, daß sich aus einer geringen Einwohnerzahl der Gemeinde typisierend Rückschlüsse auf die (verminderte) Leistungsfähigkeit der Gemeinde ergeben, nicht entgegen. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, die bisherige Leistungskraft der Beschwerdeführerin als alleiniges und zwingendes Indiz für ihre künftige Leistungsfähigkeit zu werten.

c) Zur Bewältigung dieser Strukturfragen ist die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Templin nicht offensichtlich ungeeignet. Das Landesverfassungsgericht vermag nicht zu erkennen, daß das Ziel einer Bereinigung der Strukturprobleme im Templiner Stadt-Umland-Bereich durch die Zusammenführung in einen einheitlichen und im höheren Maße übereinstimmenden Verwaltungs- und Wirkungsraum eindeutig verfehlt würde.

d) Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Templin ist nicht unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber hat die mit einer Eingliederung der Beschwerdeführerin nach Templin verbundenen Vor- und Nachteile in nicht zu beanstandender Weise gegeneinander abgewogen und ist zu einem verfassungsrechtlich vertretbaren Ergebnis gelangt.

aa) Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen die für eine Auflösung der Gemeinde sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls gegenüber den für den Fortbestand der einzugliedernden Gemeinde sprechenden Gründen erkennbar überwiegen (vgl. hierzu BayVerfGH, BayVBl 1981, 399, 400 f.; s. auch NdsStGH, OVGE 33, 497, 503; StGH BW, NJW 1975, 1205, 1211). Da die kommunale Selbstverwaltung auch dazu dient, die Bürger zu integrieren, den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl („Heimat“) zu vermitteln und damit die Grundlagen der Demokratie zu stärken, ist die Reform der Gemeindestruktur nicht ausschließlich an Rationalisierung und Verbesserung der Effizienz der Verwaltungsorganisation zu messen. Eine Gemeinde darf nicht ohne Berücksichtigung von Besonderheiten allein aus Gründen der Strukturbereinigung aufgelöst werden. Andernfalls kann der Eingriff in die Existenz einer Gemeinde und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der örtlichen Verbundenheit außer Verhältnis zu dem angestrebten Vorteil geraten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 - VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], UA S. 23, LKV 2002, 573 = NJ 2002, 642). Deshalb muß auch die gesetzgeberische Entscheidung gegen eine dem verlautbarten Willen der Gemeinde entsprechende Alternativneugliederung (vorliegend: Zusammenschluß zur Einheitsgemeinde „Uckermärker Heide“) verhältnismäßig in dem Sinne sein, daß die für die gesetzlich geregelte Neugliederung sprechenden Gründe das Übergewicht haben.

bb) Vorliegend besitzen indes nach der vertretbaren Abwägung des Gesetzgebers die für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Templin sprechenden Gründe das größere Gewicht.

Die Bildung einer Einheitsgemeinde „Uckermärker Heide“ ist keine zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels mindestens ebenso geeignete Alternative. Der von den Gemeinden und ihren Einwohnern bevorzugte Zusammenschluß zu einer Einheitsgemeinde widerspräche dem der Gemeindegebietsreform zugrunde liegenden Leitbild. Es trifft zwar zu, daß diese Lösung nicht allein deshalb leitbilddiametral wäre, weil die zu bildende Gemeinde die 5.000-Einwohner-Grenze unterschreiten würde. Denn dies schließt der Gesetzgeber in dünn besiedelten Landesteilen nicht aus (vgl. unter I.3.a) des Leitbildes; LT-Drucksache 3/5020, S. 41). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kommt es aber nicht unerläßlich darauf an, ob eines der in der Gesetzesbegründung alternativ aufgeführten „Regelbeispiele“ für eine Eingliederung vorliegt (vgl. unter I.2.c)aa) bis dd) des Leitbildes; LT-Drucksache 3/5020, S. 25). Hierbei handelt es sich um keine abschließende Aufzählung, was bereits der Eingangssatz deutlich macht („Eine Eingliederung von Umlandgemeinden soll insbesondere erfolgen, wenn...“). Entscheidend ist vielmehr, daß durch den Zusammenschluß der Beschwerdeführerin mit den anderen betroffenen Gemeinden eine die Stadt Templin hufeisenförmig umschließende Gemeinde geschaffen würde. Dies verhielte sich konträr zum Reformziel der Bereinigung der Stadt-Umland-Problematik und wird deshalb folgerichtig vom Gesetzgeber ausgeschlossen (vgl. Leitbild unter I.2.c); LT-Drucksache 3/5020, S. 25: „... sollen leistungsfähige Umlandgemeinden bestehen bleiben oder durch Zusammenschluß gebildet werden, wobei Ringbildungen zu vermeiden sind.“). Es kommt nicht – wie die Beschwerdeführerin in Verkennung der insoweit allerdings sprachlich verfehlten Begrifflichkeit „Ringbildung“ meint - darauf an, daß die Gemeinde „Uckermärker Heide“ die Stadt Templin nur halbkreisförmig (und nicht „ringförmig“) umschließen würde. Die nach dem Leitbild auszuschließenden Entwicklungshemmnisse für einen Zentralort sowie zu korrigierende bzw. zu vermeidende strukturelle Stadt-Umland-Fehlentwicklungen finden sich nicht nur dort, wo ein Amt oder eine amtsfreie Gemeinde einen zentralen Ort vollständig umsäumt, sondern auch dort, wo dieser „nur“ kragenmäßig eingefaßt wird. Dies gilt um so mehr, wenn der Zentralort im übrigen an ein anderes Amt oder eine andere größere amtsfreie Gemeinde angrenzt oder zumindest – wie vorliegend – der nicht umschlossene Teil eine Nähe zu einem anderen Amt (hier: zum Amt Gerswalde) aufweist. Bestärkt wird die Ablehnung der Einheitsgemeindenneugliederung schließlich noch dadurch, daß keine der bisherigen amtsangehörigen Gemeinden einen erheblichen „zentralortähnlichen“ Wirkungskreis aufweisen kann.

e) Auch im übrigen läßt die Abwägung des Gesetzgebers keine seine Entscheidung in Frage stellenden Defizite erkennen. Andere Neugliederungsmöglichkeiten, wie z.B. die Zuordnung einzelner bisher dem Amt zugehöriger Gemeinden zu einem anderen Amt oder die Eingliederung in andere Nachbargemeinden, wurden – auch hinsichtlich der Beschwerdeführerin wegen ihrer Nähe zum dem Landkreis Oberhavel zugehörigen Grundzentrum Fürstenberg - im einzelnen erwogen und aus verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Gründen (weil eine solche Neuordnung leitbildwidrig bisherige Landkreisgrenzen überschreiten würde) abgelehnt (vgl. LT-Drucksache 3/5020, S. 511 f.). Zutreffend hat der Gesetzgeber ferner in seine Abwägung die Tatsache eingestellt, daß sich durch die Eingliederung die Wege der Bürger für die Inanspruchnahme der Verwaltung sowie der Verwaltung für die Erbringung von Leistungen in den Ortsteilen nicht verändern werden, weil auch das Amt Templin-Land seinen Amtssitz in der Stadt Templin hatte. Die Schaffung eines weiteren Verwaltungssitzes als Folge der Bildung einer Einheitsgemeinde wäre eher nachteilig, weil die einzelnen Gemeinden teilweise weit auseinander liegen (über 20 km), verkehrsmäßig nicht gut miteinander verbunden sind und sich im (bisherigen) Amtsgebiet kein Ort mit gemeindeübergreifendem Wirkungskreis herauskristallisiert hat.

Daß städtebaulich keine Verflechtung der Beschwerdeführerin mit der Stadt Templin besteht, steht einer Eingemeindung ebenfalls nicht entgegen. Städte mit Ortsteilen, die von der Kernstadt oder von anderen Ortsteilen räumlich abgesetzt sind und mit denen nach den Gegebenheiten auch künftig kein baulicher Zusammenhang gebildet werden kann oder soll, sind nicht Bedingung für eine Eingemeindung (vgl. z.B. Rspr. des VerfGH NRW [Nw. bei Stüer, DÖV 1978, 78, 86] und Rspr. des StGH Bad.-Württ. [Nw. bei von Burski, DÖV 1976, 29, 31]).

f) Der Gesetzgeber mußte im Bereich des Templiner Umlandes auch nicht das Amt erhalten oder eine amtsfreie Gemeinde bilden, weil er andernorts entsprechend verfahren war. Die Neugliederung verstößt in dieser Hinsicht nicht gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit. Die entsprechende unter ausdrücklichem Hinweis auf den Erhalt des „Kragenamtes“ Seelow-Land erhobene Rüge eines gleichheitswidrigen Vorgehens ist unbegründet.

aa) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Verfassungsgerichte, daß der Gesetzgeber bei der Umsetzung einer Gemeindegebietsreform sein „System“ nicht ohne hinreichende Begründung verlassen darf (vgl. etwa Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 27. November 1978 - 2 BvR 165/75 -, BVerfGE 50, 50, 51 „Raum Hannover“; ThürVerfGH, Urt. vom 18. Dezember 1996 - VerfGH 2/95 -, LVerfGE 5, 391, 422; BayVerfGH, Entsch. vom 20. April 1978 - Vf.6-VII-78 -, BayVBl 1978, 497, 503; hinsichtlich Kreisgebietsreform bereits das erkennende Gericht: Urteil vom 14. Juli 1994 – VfGBbg 4/93 – LVerfGE 2, 125, 142; vgl. auch Dreier, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Bd. 2, 1998, Art. 28 Rn. 122; Tettinger, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Das Bonner Grundgesetz Band 2, Art. 28 Rn. 233). Bei einer landesweiten Gemeindeneugliederung muß nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung ein einheitliches Konzept zugrundegelegt werden und sind im wesentlichen vergleichbare Neugliederungen gleich zu behandeln. Das schließt jedoch nicht aus, daß dem Gesetzgeber ein hinreichender Spielraum zur Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten verbleibt. Nur Regelungen, die ohne hinreichende Begründung das zugrundeliegende System verlassen, verstoßen gegen das öffentliche Wohl.

bb) Der Erhalt des Amtes Seelow-Land kann allenfalls dann als Vergleichsfall herangezogen werden, wenn sich die dortigen Verhältnisse in allen wesentlichen Punkten mit denen der Beschwerdeführerin, der anderen bisher amtsangehörigen Gemeinden und der Stadt Templin glichen. Es genügt nicht, daß einzelne Strukturdaten übereinstimmen. Die einzelnen Neugliederungsmaßnahmen beruhen generell auf verschiedenen, in ihrer Rangfolge abgestuften Zwecken und Abwägungsüberlegungen und setzen eine Vielzahl tatsächlicher Feststellungen und Bewertungen voraus. Sollten im Seelower Stadt-Umland-Bereich Besonderheiten vorliegen, wäre die Entscheidung des Amtserhalts daher allein hierdurch gerechtfertigt. Es kann aber letztlich dahingestellt sein, ob die Einschätzung des Gesetzgebers, es lägen im Seelower Stadt-Umland-Bereich keine hinreichenden Gründe für die Eingliederung aller amtsangehörigen Gemeinden in den Zentralort vor (vgl. LT-Drucksache 3/5020, S. 282), an der Verfassung gemessen Bestand haben kann. Denn jedenfalls wird durch diesen Einzelfall das Gliederungssystem nicht insgesamt in Frage gestellt. Die allgemeinen Leitbilder und Leitlinien bilden lediglich einen für jede einzelne Maßnahme konkretisierungsbedürftigen Rahmen, wobei unterschiedliche Neugliederungsentscheidungen nicht ausgeschlossen sind, solange sie im Rahmen einer zulässigen Typisierung und Generalisierung getroffen werden. Insofern gebietet der Grundsatz der Systemgerechtigkeit als Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht, bei ähnlich gelagerten Fällen ausnahmslos in gleicher Weise vorzugehen. Geboten ist vielmehr ein systemgerechtes Vorgehen in dem Sinne, daß bei Eingemeindungen nur sachliche, an Leitbild und Leitlinien der Reform ausgerichtete Gründe den Gesetzgeber dazu bewegen dürfen, eine Gemeinde in die Kernstadt einzugliedern und eine andere vergleichbare Gemeinde nicht. Jedenfalls bei der Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Stadt Templin hat der Gesetzgeber aber eine solche systemgerechte und leitbildorientierte Entscheidung getroffen.

cc) Den weiteren Fällen, in denen die betreffenden Orte vom Gesetzgeber nicht - wie die Beschwerdeführerin - dem Gebiet einer Stadt zugeordnet worden sind, liegen von vornherein andere geographische bzw. bevölkerungs- und infrastrukturpolitische Gegebenheiten zugrunde. Diesbezüglich erhebt die Beschwerdeführerin auch keine näher begründeten Rügen.

g) Der Gesetzgeber war an einer Eingliederung der über eine stabile hauswirtschaftliche Situation verfügenden Beschwerdeführerin in die Stadt Templin des weiteren nicht durch deren Verschuldung gehindert. Die Verschuldung der Stadt Templin beruht - jedenfalls teilweise - auch darauf, daß (Infrastruktur-)Einrichtungen geschaffen worden sind, die zugleich den Menschen aus dem Umland zugute kommen. Insofern ist eine Beteiligung des Umlandes an der Schuldenlast nicht unangemessen. Unabhängig davon ist die Finanzlage naturgemäß nicht von Dauer, sondern veränderlich. Die wirtschaftliche Entwicklung des Gesamtneugliederungsgebietes ist so oder so nicht sicher einschätzbar. Deshalb ist es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch unschädlich, daß der Gesetzesbegründung keine umfassenden Angaben zur Haushaltssituation der Stadt Templin zu entnehmen sind.

h) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich, wie der Gesetzgeber den geäußerten Willen der Bevölkerung gewichtet hat. Die aus der Anhörung der Bevölkerung und der Gemeinden des Amtes Templin-Land resultierenden Stellungnahmen und Ergebnisse sind in das Gesetzgebungsverfahren eingeflossen (vgl. LT-Drucksache 3/5021, S. 497). An das sich daraus ergebende Stimmungsbild ist der Gesetzgeber aber nicht gebunden. Das Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung stellt vielmehr nur ein Merkmal unter weiteren Gesichtspunkten dar, die für die Ermittlung der Gründe des öffentlichen Wohles und damit für die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers von Bedeutung sind. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es eben auch darum, größere Räume neu zu gliedern, so daß nicht nur örtliche Gegebenheiten - wie etwa die Akzeptanz des Vorhabens bei den Bürgern der einzelnen Gemeinde - ins Gewicht fallen. Hiervon ausgehend hat sich der Landtag in den Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit bewegt, als er nicht dem Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung gefolgt ist, sondern den für die Eingliederung der Beschwerdeführerin nach Templin sprechenden Umständen - dem Ziel der Schaffung eines einheitlichen Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsraumes im Umfeld brandenburgischer Städte - das höhere Gewicht beigemessen hat.

C.

Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1 2. Alt. VerfGGBbg. Der Beschluß ist unanfechtbar.
 

Weisberg-Schwarz Prof. Dawin
   
Prof. Dr. Dombert Havemann
   
Dr. Jegutidse Dr. Knippel
 
Prof. Dr. Schröder Prof. Dr. Will