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VerfGBbg, Beschluss vom 9. September 2016 - VfGBbg 94/15 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 52 Abs. 3 Alt. 1
- VerfGGBbg, § 21 Satz 1; VerfGGBbg, § 20 Abs. 1; VerfGGBbg, § 46
- SGG, § 73a
Schlagworte: - Subsidiarität
- Anhörungsrüge
- Begründungsanforderungen
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 9. September 2016 - VfGBbg 94/15 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 94/15




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

H.

Beschwerdeführerin,

Verfahrensbevollmächtigter:             Rechtsanwalt
L.

 

wegen Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 17. November 2015
(S 38 AS 3233/13)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 9. September 2016

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer und Partikel

beschlossen: 

 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

 

A.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Behandlung eines Prozesskostenhilfeantrags.

 

I.

Die Beschwerdeführerin begehrte vom Beklagten des Ausgangsverfahrens (nachfolgend: Beklagter) den Ersatz von Kosten einer anwaltlichen Vertretung nach einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren. Auf einen anwaltlichen Kostenfestsetzungsantrag über 309,40 € erkannte der Beklagte einen Erstattungsbetrag von 57,12 € an. Die Beschwerdeführerin erhob nach erfolglosem Vorverfahren Klage, die sie zunächst nicht bezifferte, und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Das Sozialgericht Cottbus gab der Klage, die erstmals in der mündlichen Verhandlung auf (weitere) 57,12 € präzisiert worden war, mit Urteil vom 8. Oktober 2015 statt und ordnete an, dass der Beklagte der Beschwerdeführerin 4/5 der Kosten zu erstatten habe.

 

Mit Beschluss vom 17. November 2015 lehnte das Sozialgericht den Prozesskostenhilfeantrag ab. Die Bewilligung sei nicht mehr notwendig, nachdem die Klage Erfolg gehabt und die Beschwerdeführerin die Kosten insoweit nicht zu tragen habe. Mangels Bezifferung hätten die Erfolgsaussichten zunächst nicht beurteilt werden können. Soweit die Klage möglicherweise auf den Betrag gerichtet gewesen sein sollte, der im Kostenfestsetzungsantrag zum Widerspruchsverfahren genannt worden sei, sei sie nur zu einem geringen Teil begründet gewesen. Soweit die Bezifferung in der mündlichen Verhandlung vorgenommen worden sei, habe ein über den ausgeurteilten Betrag hinausgehender Antrag keine hinreichende Erfolgsaussicht gehabt.

 

Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Beschluss Anhörungsrüge erhoben, mit der sie eine Verletzung des Grundrechts der Rechtsschutzgleichheit rügt.

 

II.

Die Beschwerdeführerin hat am 21. Dezember 2015 parallel zur Anhörungsrüge Verfassungsbeschwerde erhoben und geltend gemacht, die Ablehnung der Prozesskostenhilfe verletze sie in ihrem Grundrecht aus Art. 52 Abs. 3 Landesverfassung (LV). Das Sozialgericht verkenne das Grundrecht der Rechtsschutzgleichheit. Prozesskostenhilfe sei nicht nur in dem Umfang zu gewähren, in dem die Klage Erfolg habe, sondern müsse immer dann bewilligt werden, wenn überhaupt hinreichende Erfolgsaussicht bestehe.

 

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 1 Verfassungsgerichtsgesetz Bran-denburg (VerfGGBbg) zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

 

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht schon deshalb unzulässig, weil die Beschwerdeführerin parallel Anhörungsrüge erhoben hat. Denn die Anhörungsrüge ist offensichtlich aussichtslos. Die Anhörungsrüge ist nicht gegen beliebige Rechtsverstöße, sondern allein gegen Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör eröffnet (Beschluss vom 16. Januar 2015 - VfGBbg 29/14 -,
www.verfassungsgericht.brandenburg.de). Einen möglichen Gehörsverstoß hat die Beschwerdeführerin mit ihrer Gehörsrüge aber nicht geltend gemacht, sondern allein gerügt, die Entscheidung verstoße gegen das Grundrecht der Rechtsschutzgleichheit. Dies berührt nach keiner Betrachtungsweise den Schutzbereich des Grundrechts auf rechtliches Gehör.

 

2. Die Verfassungsbeschwerde ist aber unzulässig, weil das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht dem aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg folgenden Begründungserfordernis genügt. Danach muss die Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Verletzung ihrer Grundrechte hinreichend deutlich aufzeigen (vgl. BVerfGE 98, 169, 196). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (Beschluss vom 22. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfGE 88, 40, 45; 99, 84, 87; 101, 331, 345; 105, 252, 264; 108, 370, 386 f). Demnach muss die Beschwerdeführerin ausgehend vom Entscheidungsinhalt aufzeigen, worin der Grundrechtsverstoß aus ihrer Sicht im Einzelnen liegt. Dem genügt ihr Vorbringen nicht. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, worin die grundsätzlich unrichtige Anschauung des Sozialgerichts von der Bedeutung der grundrechtlich verbürgten Rechtsschutzgleichheit liegen soll.

 

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Partikel