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VerfGBbg, Beschluss vom 9. September 2016 - VfGBbg 13/16 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - LV, Art. 12 Abs. 1; LV, Art. 20 Abs. 1; LV, Art. 41 Abs. 1
- VerfGGBbg, § 20 Abs. 1 Satz 2; VerfGGBbg, § 21 Satz 2; VerfGGBbg, § 46
- BbgIngG, § 4 Abs. 3, Abs. 4
Schlagworte: - Verfassungsbeschwerde gegen Gesetz
- Verletzung fremder Rechte
- Verletzung eigener Rechte
- Inländerdiskriminierung
- Gleichheitsrecht
- Begründungserfordernis
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 9. September 2016 - VfGBbg 13/16 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 13/16




IM NAMEN DES VOLKES

B e s c h l u s s

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren

M.,

Beschwerdeführer,

wegen Brandenburgisches Ingenieurgesetz vom 25. Januar 2016 (GVBl. I/16 Nr.4) (BbgIngG)

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg

am 9. September 2016

durch die Verfassungsrichter Möller, Dr. Becker, Dielitz, Dresen, Dr. Fuchsloch, Dr. Lammer, und Partikel

beschlossen: 

 

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

 

 

Gründe:

 

I.

 

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) als unzulässig zu verwerfen, nachdem der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4. April 2016 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde hingewiesen worden ist und diese mit seinem Schreiben vom
9. Mai 2016 nicht ausgeräumt hat.

Es bleibt zunächst dabei, dass die Verfassungsbeschwerde insoweit unzulässig ist, als mit ihr eine Verletzung von Rechten der Brandenburgischen Ingenieurkammer (BBIK) und nicht eigener Rechte des Beschwerdeführers selbst geltend gemacht wird.

Dies gilt auch hinsichtlich der mit Schreiben vom 9. Mai 2016 ergänzend vorgetragenen, mit dem gerügten Eingriff in die innere Ordnung der Kammer und in ihr Beitrags- und Kostengefüge nach Ansicht des Beschwerdeführers verbundenen Verletzung der Grundrechte aus Art. 20 Abs. 1 Landesverfassung (LV) und Art. 41 Abs. 1 LV. Der Beschwerdeführer ist nicht selbst, sondern allenfalls mittelbar betroffen. Die gesetzliche Regelung betrifft die Kammer, ihre Aufgaben und innere Organisation, nicht hingegen Rechte ihrer einzelnen Mitglieder. Derartige reflexhafte Wirkungen von Gesetzen können aber mit der Verfassungsbeschwerde von Dritten nicht abgewehrt werden (BVerfGE 35, 348, 352; E 108, 370, 384 f; NVwZ-RR 2014, 537 f; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand: Februar 2016, Band 2, § 90 Rn. 355 ff m. w. Nachw.).

Abgesehen davon, genügen die vom Beschwerdeführer  vorgetragenen Beeinträchtigungen - Verwendung der Mitgliedsbeiträge für Personal der Kammer und für das Prüfsachverständigenverfahren, Rechte zur Mitgestaltung innerhalb der BBIK - nicht dem Begründungserfordernis aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg. Der Beschwerdeführer zeigt mit ihr seine Beschwerdebefugnis im Sinne der Möglichkeit, durch das BbgIngG in seinen Grundrechten verletzt zu sein, nicht auf.

Eine § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg genügende Begründung der Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird. Es muss deutlich werden, inwieweit hierdurch das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (st. Rspr., s. nur Beschluss vom 25. Mai 2015 - VfGBbg 32/14 -; zum Bundesrecht vgl. BVerfGE 130, 1, 21 m. w. Nachw.). Der Beschwerdeführer legt aber zu Art. 20 Abs. 1 LV nicht dar, dass die Mitgliedschaft in der BBIK unter den Schutzbereich des Grundrechts fällt (vgl. zu Art. 9 Abs. 1 Grundgesetz (GG) BVerfG NVwZ 2001, 335, 336), denn der Schutz der Vereinigungsfreiheit ist auf privatrechtlichen Zusammenschluss auf Basis der Freiwilligkeit begrenzt. Dargetan ist weiter nicht, welche seiner Mitwirkungsrechte in verfassungsrechtlich relevanter Weise konkret beeinträchtigt werden. Zu Art. 41 LV zeigt er schon nicht auf, dass die Verwendung erhobener Mitgliedsbeiträge überhaupt einen Eigentumseingriff bewirken kann (vgl. etwa BVerfGE 115, 25, 42: Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten durch Beitragspflicht kann (nur) das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit betreffen; BVerfGE 78, 320, 330 f, zum fehlenden grundrechtlichen Anspruch auf eine  bestimmte Verwendung öffentlicher Mittel; BVerfGE 38, 281, 310 f, zur fehlenden fühlbaren Belastung durch Mitgliedsbeiträge; BVerfG, NVwZ 2002, 335, 337, zur verfassungsrechtlich zulässigen finanziellen Beteiligung der Kammerzugehörigen über ihre Mitgliedsbeiträge (auch) an der Kammer zugewiesenen Gemeinwohlaufgaben).

Auch der ebenfalls mit den Schreiben vom 9. Mai 2016 und vom 6. September 2016 ergänzend unterbreitete Vortrag des Beschwerdeführers zur behaupteten Verletzung seines Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 LV, den er im Sinne einer „Inländerdiskriminierung“ darin begründet sieht, dass EU-Inländer gemäß § 4 Abs. 3, 4 BbgIngG die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ auch tragen dürften, wenn sie anstelle des in § 1 Abs. 1 Nr. 1 BbgIngG regelmäßig geforderten Hochschulabschlusses wahlweise an einem Anpassungslehrgang teilnähmen oder sich einer Eignungsprüfung unterzögen, genügt nicht dem Begründungserfordernis aus § 20 Abs. 1 Satz 2, § 46 VerfGGBbg. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz setzt hiernach einen Vortrag voraus, dass es durch eine spezifische gesetzliche Neuregelung - in Abgrenzung zu der bislang bestehenden - zu einer unterschiedlichen Behandlung miteinander vergleichbarer Personengruppen und hierdurch zu einem konkret darzustellenden Nachteil (zu einer Beeinträchtigung eines rechtlich geschützten Interesses) bei einer der Gruppen kommt, ohne dass die Ungleichbehandlung durch hinreichende Sachgründe gerechtfertigt ist. Nur in einem solchen Fall kommt eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 LV in Betracht. Die Ungleichbehandlung auch vergleichbarer Sachverhalte ist nämlich nicht generell unzulässig, sondern kann durch einen „hinreichend gewichtigen Grund“ gerechtfertigt sein (BVerfGE 100, 138, 174). Als ein solcher Grund kommt jede vernünftige Erwägung in Betracht. Es ist „grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft“, vorausgesetzt, die Auswahl ist „sachlich vertretbar“ (BVerfGE 90, 145, 196). Der Beschwerdeführer hat jedoch hier weder eine klare Gegenüberstellung der jeweils für die unterschiedlichen Personengruppen geltenden einschlägigen Normen vorgenommen, die deutlich macht, dass die einander gegenübergestellten Personengruppen miteinander vergleichbar sind, noch dargetan, welche Differenzierungen die gesetzlichen Regelungen konkret verursachen und dass Nachteile für eine der Gruppen - der der Beschwerdeführer angehört – entstehen. Erst recht ist nicht dargetan, dass die betreffende gesetzliche Regelung und die mit ihr einhergehende Differenzierung nicht durch einen vernünftigen Grund getragen ist. Der Beschwerdeführer belässt es bei dem bloßen Hinweis auf die gesetzliche Differenzierung. Dies genügt nicht.

II.

 

Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

 

III.

 

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.

Möller Dr. Becker
   
Dielitz Dresen
   
Dr. Fuchsloch Dr. Lammer
   
Partikel