In dem kommunalen
Verfassungsbeschwerdeverfahren 1.
Gemeinde Jeserig,
2. Gemeinde Schenkenberg,
jeweils vertreten durch das Amt Emster-Havel,
dieses vertreten durch den Amtsdirektor,
Potsdamer Straße 49b,
14778 Jeserig,
Beschwerdeführerinnen,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte
L., H. und M,
wegen: |
kommunale Neugliederung;
hier: Eingliederung der Gemeinden Jeserig und Schenkenberg (Amt
Emster-Havel) in die neugebildete amtsfreie Gemeinde Groß Kreutz/Emster |
hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr.
Dombert, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schröder und Prof.
Dr. Will
am 09. Februar 2006
b e s c h l o s s e n :
Das Verfahren wird insoweit eingestellt,
als die Beschwerdeführerinnen ihre gegen § 13 Abs. 3 des Vierten Gesetzes
zur landesweiten Gemeindegebietsreform gerichtete kommunale
Verfassungsbeschwerde zurückgenommen haben.
Die weitere kommunale Verfassungsbeschwerde wird teils verworfen, im übrigen
zurückgewiesen.
G r ü n d e :
A.
Die Beschwerdeführerinnen, zwei bisher dem
Amt Emster-Havel angehörende Gemeinden, wehren sich gegen ihre Auflösung
durch Eingliederung in die neue amtsfreie Gemeinde Groß Kreutz/Emster (seit
Juli 2004: Groß Kreutz (Havel)).
I.
1. Die im Landkreis Potsdam-Mittelmark
gelegenen Beschwerdeführerinnen gehörten zunächst mit den Gemeinden Damsdorf,
Gollwitz, Götz, Trechwitz und Wust dem Amt Emster-Havel im äußeren
Entwicklungsraum des Landes Brandenburg an. Östlich des Amtsgebietes lag das
Amt Groß Kreutz, das Teil des engeren Verflechtungsraums Brandenburg-Berlin
war. Südlich des Amtes Emster-Havel befand sich die amtsfreie Gemeinde
Kloster Lehnin, westlich die kreisfreie Stadt Brandenburg an der Havel und
nördlich der - dort nur mit Umwegen über die Stadt Brandenburg an der Havel
oder zur Fähre in der Stadt Ketzin zu überquerenden - Havel das Amt Beetzsee.
Die Beschwerdeführerinnen waren unmittelbar benachbart. Ihre Ortszentren
lagen ca. zwei Kilometer entfernt. Entlang der Verbindungsstraße zwischen
ihnen bestand eine zusammenhängende Bebauung, die sich entlang der
Bundesstraße 1 im südlichen Teil der Gemeinde Götz (mit Bahnhof und
Ausbildungszentrum der Handwerkskammer Potsdam) sowie in der Gemeinde Groß
Kreuz (Ortsteil Ausbau) fortsetzte. Die Beschwerdeführerinnen grenzten
jeweils im Osten an die Gemeinde Groß Kreutz, deren Zentrum von dem der
Beschwerdeführerin zu 1 entlang der Bundesstraße 1 ca. fünf Kilometer und
von dem der Beschwerdeführerin zu 2 ca. sechs Kilometer entfernt war.
Südlich der Beschwerdeführerin zu 2 grenzten die Gemeinde Trechwitz, im
Westen die amtsfreie Gemeinde Kloster Lehnin und im Nordwesten die Gemeinde
Gollwitz an. Diese Gemeinde sowie die Gemeinde Götz grenzten zu dem im
Westen und Norden an die Beschwerdeführerin zu 1.
Im April 2002 gliederte sich die nach Einwohnern im Amt Emster-Havel
stärkste Gemeinde Damsdorf mit ca. 1.700 Einwohnern in die ihr benachbarte
amtsfreie Gemeinde Kloster Lehnin ein. Danach lebten im Amt Emster-Havel ca.
5.240 Einwohner, davon im Gebiet der Beschwerdeführerin zu 2 ca. 1.540, in
Götz ca. 1.260, im Gebiet der Beschwerdeführerin zu 1 ca. 1.190, in Gollwitz
ca. 470, in Wust ca. 420 sowie in Trechwitz ca. 360 Einwohner. Die
Flächengröße des Amtes betrug 62,6 Quadratkilometer mit einer
Bevölkerungsdichte von 84 Einwohnern je Quadratkilometer. Alle Gemeinden des
Amtes verzeichneten gegenüber dem Jahr 1992 einen Einwohnerzuwachs, am
stärksten die Beschwerdeführerin zu 2 um 150 %. Der Amtssitz befand sich auf
dem Gebiet der Beschwerdeführerin zu 1.
Die Gemeinde Wust grenzte im Norden und Westen an die kreisfreie Stadt
Brandenburg an der Havel und hatte vielfältige Verflechtungsbeziehungen zu
dieser Stadt entwickelt. Sie war Standort des „Brandenburger Einkaufszentrum
- EKZ“ mit ca. 28.700 m² Verkaufsfläche und 7.000 m² Allgemeinfläche,
Sportzentrum und Multiplexkino sowie eines Gewerbegebiets auf insgesamt 22
ha Fläche. Die Gemeinde Gollwitz grenzte ebenfalls an das Gebiet der Stadt
Brandenburg an der Havel und war mit der Gemeinde Wust näher verbunden. Die
Gemeinde Trechwitz nahm insbesondere die Versorgungseinrichtungen und
Dienstleistungsangebote der ihr nächstgelegenen Gemeinde Kloster Lehnin
(Ortsteil Damsdorf) in Anspruch, dort besuchten auch 70 % der Trechwitzer
Schüler sowie die Mehrheit der Kleinkinder die Schulen und
Kindertagesstätten.
Das Nachbaramt Groß Kreutz bestand zum 31. Dezember 2001 aus sieben
Gemeinden mit insgesamt ca. 4.880 Einwohnern. Davon entfielen auf die
bisherige Gemeinde Groß Kreutz ca. 1.700, auf Deetz ca. 930, Schmergow ca.
850, Bochow knapp 600, Derwitz 460 sowie Krielow ca. 340 Einwohner. Die
Flächengröße des Amtes betrug 75,4 Quadratkilometer, die Bevölkerungsdichte
ca. 65 Einwohner je Quadratkilometer. Die Einwohnerzahl der Gemeinde Groß
Kreutz schwankte geringfügig, alle anderen Gemeinden des Amtes verzeichneten
von 1992 bis 2001 einen geringen aber kontinuierlichen Einwohnerzuwachs. Der
Amtssitz befand sich in Groß Kreutz. Die Gemeinde Derwitz war besonders
durch historische, wirtschaftliche und entstehende touristische Beziehungen
zur Nachbarstadt Werder (Havel) geprägt; ihre Schüler der Sekundarstufe
besuchten mehrheitlich Schulen in Werder (Havel). Beiderseits der
Bundesautobahn 10 und der Bundesstraße 1 vollzog sich eine zunehmende
Annäherung der Bebauung der Gemeinde Derwitz und des Ortsteils Plötzin/Neuplötzin
der Stadt Werder (Havel).
Grundschulen sowie Schulen der Sekundarstufe 1 gab es in Groß Kreutz und im
Gebiet der Beschwerdeführerin zu 1. Die meisten Grundschüler aus dem Bereich
des Amtes Emster-Havel - mit Ausnahme der Trechwitzer Schüler - gingen in
die Schule der Beschwerdeführerin zu 1, einige auch in Groß Kreutz. Alle
Gemeinden des Amtes Groß Kreutz verfügten über eine ausreichende bis gute
Investitionskraft. Aus sehr hohen Investitionen in der Gemeinde Groß Kreutz
folgte eine hohe Verschuldung. Die Gemeinden des Amtes Emster-Havel hatten
nur eine geringe Investitionskraft. In diesem Amt konnte allein die
Beschwerdeführerin zu 2 durchgängig positive Finanzierungssalden ausweisen,
im Amt Groß Kreutz vermochten dies alle Gemeinden außer Bochow. Die Gemeinde
Götz ist sehr hoch verschuldet und mußte im Jahr 2002 mehrere Millionen Euro
Landeshilfen in Anspruch nehmen; für 2003 waren ihr weitere Landesmittel zum
Schuldenabbau zugesagt.
2. Bereits Ende April 2002 versandte das Ministerium des Innern Unterlagen
für eine Anhörung der Beschwerdeführerinnen und der anderen Gemeinden der
Ämter Emster-Havel und Groß Kreutz zu der für sie beabsichtigten kommunalen
Neugliederung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. In den ersten beiden
Maiwochen wurden auch die Unterlagen für die Anhörung der Bevölkerung an den
Landrat des Landkreises Potsdam-Mittelmark versandt. Für die Anhörung der
Bürger stand ein Monat zur Verfügung.
3. Die Gemeinden Groß Kreutz, Bochow, Deetz und Schmergow des Amtes Groß
Kreutz und die Gemeinde Götz des Amtes Emster-Havel beschlossen, eine
amtsfreie Gemeinde Groß Kreutz zu bilden. Die Gemeinden Derwitz und Krielow
beabsichtigten, in die Stadt Werder (Havel) eingegliedert zu werden. Die
Gemeinde Gollwitz erstrebte ihre Eingliederung in die Stadt Brandenburg an
der Havel. Betreffende Verträge dieser Gemeinden wurden vor der gesetzlichen
Neugliederung nicht mehr verwirklicht. Lediglich die Beschwerdeführerinnen
sowie die Gemeinden Trechwitz und Wust aus dem Amt Emster-Havel sowie die
Gemeinde Krielow aus dem Amt Groß Kreutz mit insgesamt ca. 3.840 Einwohnern
präferierten den Erhalt ihrer Ämter bzw. eines Amtes, innerhalb dessen sich
die Beschwerdeführerinnen mit der Gemeinde Trechwitz zu einer Gemeinde
zusammenschließen wollten.
4. Im September/Oktober desselben Jahres brachte die Landesregierung sechs
Gesetzentwürfe zur landesweiten Gemeindegebietsreform in den Landtag ein. §
1 des Entwurfs zum Ersten Gesetz zur landesweiten Gemeindegebietsreform
betreffend die kreisfreie Stadt Brandenburg an der Havel und die Gemeinden
Gollwitz und Wust (1. GemGebRefGBbg) sah die Eingliederung der Gemeinden
Gollwitz und Wust in die Stadt Brandenburg an der Havel vor. § 13 des
Entwurfs zum Vierten Gesetz zur landesweiten Gemeindegebietsreform
betreffend die Landkreise Havelland, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming (4.
GemGebRefGBbg) betraf u.a. die Eingliederung der Beschwerdeführerinnen sowie
weiterer Gemeinden der Ämter Groß Kreutz und Emster-Havel in die
neugebildete Gemeinde Groß Kreutz/Emster. Der Innenausschuß des Landtages,
an den die Gesetzentwürfe nach der ersten Lesung verwiesen worden waren,
führte am 23. Oktober 2002 vorab eine Anhörung zu grundsätzlichen Fragen
durch. Zur Anhörung der Beschwerdeführerinnen vor dem Innenausschuß am 20.
November 2002 sprachen sie sich für den Erhalt einer Amtsverwaltung aus und
machten geltend, nicht die Gemeinde Groß Kreutz sondern die Gemeinde Wust
habe den Schwerpunkt der Region gebildet. Auf Anregung des Innenausschusses
wurde der Gesetzentwurf insoweit geändert, daß die Gemeinde Derwitz nicht
mehr in die neue Gemeinde Groß Kreutz/Emster eingemeindet werden sollte.
Daraufhin genehmigte das Innenministerium den Vertrag zur Eingliederung
dieser Gemeinde in die Stadt Werder (Havel). Die Gesetze wurden sodann im
Frühjahr 2003 vom Landtag verabschiedet. § 1 des 1. GemGebRefGBbg vom 24.
März 2003 (GVBl. I S. 66) sowie § 13 des 4. GemGebRefGBbg vom 24. März 2003
(GVBl. I S. 73), jeweils am Tag der landesweiten Kommunalwahlen (26. Oktober
2003) in Kraft getreten (s. § 11 des 1. GemGebRefGBbg bzw. § 37 des 4.
GemGebRefGBbg),lauten:
§ 1
Kreisfreie Stadt Brandenburg an der Havel
und Gemeinden Gollwitz und Wust des Amtes Emster-Havel
(1) Die Gemeinden Gollwitz und Wust des
Amtes Emster-Havel, Landkreis Potsdam-Mittelmark, werden in die kreisfreie
Stadt Brandenburg an der Havel eingegliedert.
(2) Die Grenzen der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel und des
Landkreises Potsdam-Mittelmark werden entsprechend geändert.
§ 13
Verwaltungseinheiten Ämter Emster-Havel und Groß Kreutz
sowie Gemeinde Kloster Lehnin
(1) Aus den Gemeinden Bochow, Deetz,
Groß Kreutz, Krielow und Schmergow des Amtes Groß Kreutz und den Gemeinden
Götz, Jeserig und Schenkenberg des Amtes Emster-Havel wird die neue
Gemeinde Groß Kreutz/Emster gebildet.
(2) Die Gemeinde Trechwitz des Amtes Emster-Havel wird in die Gemeinde
Kloster Lehnin eingegliedert.
(3) Die Ämter Groß Kreutz und Emster-Havel werden aufgelöst. Die Gemeinde
Groß Kreutz/Emster ist amtsfrei.
§ 9 des 1. GemGebRefGBbg und § 35 des 4.
GemGebRefGBbg betrafen eine Auflistung der vor der gesetzlichen
Neugliederung bestehenden Landkreise, Gemeinden und Ämter sowie eine
Regelung, daß Form- und Verfahrensfehler bestimmter genehmigter
Gebietsänderungsverträge unbeachtlich seien.
Nachdem das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg auf eine kommunale
Verfassungsbeschwerde der Gemeinde Trechwitz (VfGBbg 212/03) mit Beschluß
vom 24. Juni 2004 § 13 Abs. 2 des 4. GemGebRefGBbg infolge eines
Anhörungsmangels im Gesetzgebungsverfahren für mit der Landesverfassung
unvereinbar erklärt und dem Gesetzgeber die zum 01. Januar 2006 befristete
Möglichkeit eingeräumt hatte, unter Vermeidung der Nichtigkeit eine
Neugliederung vorzunehmen, bestimmte der Gesetzgeber mit § 1 Nr. 1 Buchst.
e) des Gesetzes zur Bestätigung der landesweiten Gemeindegebietsreform nach
weiterer Bevölkerungsanhörung vom 29. Juni 2004 (GVBl. I S. 295), daß die
ehemalige Gemeinde Trechwitz gemäß § 13 Abs. 2 des 4. GemGebRefGBbg in die
Gemeinde Kloster Lehnin eingegliedert bleibt.
Die neugebildete Gemeinde Groß Kreutz/Emster änderte im Juli 2004 ihren
Namen in Groß Kreutz (Havel).
II.
Die Beschwerdeführerinnen haben am 22.
Juli 2003 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie machen geltend, § 1
des 1. GemGebRefGBbg setze Zwangspunkte für ihr Schicksal. Die Anhörung sei
fehlerhaft durchgeführt worden. Die Fristen zur Anhörung seien zu kurz, die
Unterlagen unvollständig gewesen. Die Maßstäbe der Neugliederungsmaßnahmen
seien nicht nachvollziehbar gewesen. Der Gesetzgeber habe sein Leitbild an
mehreren raumordnungsrechtlichen Festlegungen orientiert, unter anderem dem
Regionalplan Havelland-Fläming, der der Begründung der Entwürfe nicht
beigefügt gewesen sei. Der Gesetzgeber habe verkannt, daß hinsichtlich der
Kreisgebietsreform des Jahres 1992 und der Ämterbildung eine
Mehrfachneugliederung vorliege und den danach erhöhten Anforderungen nicht
genüge.
Das öffentliche Wohl rechtfertige die Neugliederungsmaßnahme nicht. Der
Gesetzgeber habe keine leitbildgemäße Entscheidung getroffen. Das Leitbild
sei zu offen formuliert und erlaube willkürliche Entscheidungen. Es liege im
Fall der Gemeinde Wust lediglich eine Stadt-Umland-Situation aber keine für
eine Eingliederung sprechende Stadt-Umland-Problematik vor. Einen für die
Bildung einer amtsfreien Gemeinde vorauszusetzenden Kristallisationskern
gebe es auf dem Gebiet der Ämter Groß Kreutz und Emster-Havel nicht. Die
Ortskerne der Beschwerdeführerinnen und der Gemeinde Götz seien baulich
enger miteinander verflochten als Götz mit dem Ortskern der Gemeinde Groß
Kreutz. Nicht vertretbar sei, wenn sich der Gesetzgeber auf den nichtigen
Regionalplan Havelland-Fläming berufe. Er habe die Umstände des Einzelfalles
nicht hinreichend abgewogen, insbesondere nicht, daß die Gemeinde Wust eine
finanzstarke und handlungsfähige Gemeinde mit erfolgreicher
Wirtschaftspolitik sei. Für die Einwohner der Beschwerdeführerinnen seien
infolge der Neugliederung finanzielle Nachteile zu befürchten. Die Gemeinde
Groß Kreutz sei mit 5 Mio. Euro und die Gemeinde Götz mit 4,5 Mio. Euro
Schulden belastet, die nun von einer größeren Gemeinde unter Einschluß der
Beschwerdeführerinnen getragen werden müßten. Daß die Grenze zwischen den
Ämtern bis zum Jahr 1992 der Grenze zwischen zwei Landkreisen entsprochen
und Orientierungen insbesondere des sozialen, kulturellen und politischen
Lebens bedingt habe, sei vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt worden. Eine
Gemeindeauflösung und -eingliederung über Amtsgrenzen hinweg sei nicht
leitbildgerecht. Es treffe zu, daß die Gemeinde Gollwitz schon immer eine
enge Verflechtung mit der Gemeinde Wust gehabt habe. Vorzugswürdige
Alternativen seien aber der Erhalt des Amtes Emster-Havel, die Bildung eines
Amtes oder einer amtsfreien Gemeinde Groß Kreutz/Emster unter Einbeziehung
der Gemeinde Wust gewesen. Die Beschwerdeführerin zu 1 befürchtet, daß
bisherige Investitionen für das Amtsgebäude, die Grund- und Gesamtschule
sowie eine Kindertagesstätte auf ihrem Gebiet vergeblich wären, falls diese
Einrichtungen zugunsten entsprechender in der bisherigen Gemeinde Groß
Kreutz nicht mehr wie bisher genutzt würden.
Nachdem die Beschwerdeführerinnen hinsichtlich § 13 Abs. 3 des 4.
GemGebRefGBbg ihre kommunale Verfassungsbeschwerde zurückgenommen haben,
beantragen sie festzustellen:
§ 1 und § 9 des Ersten Gesetzes zur
landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die kreisfreie Stadt
Brandenburg an der Havel und die Gemeinden Gollwitz und Wust des Amtes
Emster-Havel sowie § 13 Absätze 1 und 2 und § 35 Abs. 3 des Vierten
Gesetzes zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise
Havelland, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming sind mit Art. 97 Abs. 1,
Art. 98, Art. 99 der Verfassung des Landes Brandenburg unvereinbar und
deshalb nichtig.
III.
Der Landtag Brandenburg, die
Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg und die Gemeinde
Groß Kreutz (Havel) hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Landesregierung hält die kommunale Verfassungsbeschwerde für
unbegründet. Das Anhörungsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Eine Mehrfachneugliederung liege nicht vor. Das Leitbild des Gesetzgebers
sei hinreichend bestimmt. Der Sachverhalt, soweit es auf ihn ankomme, sei
hinreichend ermittelt und in die Abwägung einbezogen worden. Die Situation
der Gemeinde Wust stelle einen nahezu typischen Fall der
Stadt-Umland-Problematik dar.
B.
Das Verfahren war gemäß § 13 Abs. 1
Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) in Verbindung mit § 92
Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung insoweit einzustellen, als die
Beschwerdeführerinnen ihre gegen § 13 Abs. 3 des 4. GemGebRefGBbg gerichtete
kommunale Verfassungsbeschwerde mit Schreiben vom 22. April 2004
zurückgenommen haben.
C.
Die kommunale Verfassungsbeschwerde im übrigen bleibt ohne Erfolg.
I.
Sie ist nur in begrenztem Umfang zulässig.
1. Soweit sich die Beschwerdeführerinnen gegen die sie gar nicht unmittelbar
erwähnenden § 35 Abs. 3 des 4. GemGebRefGBbg sowie § 1 Abs. 2 und § 9 des 1.
GemGebRefGBbg wenden, ist der Antrag unzulässig. Eine eigene Betroffenheit
haben sie bezogen auf diese Regelungen bereits nicht dargelegt (zu diesem
Erfordernis bei der kommunalen Verfassungsbeschwerde: u.a.
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 -
VfGBbg 34/01 - [Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg zu Bd. 13, 116, 131 = LKV
2002, 573 = NJ 2002, 642). „Zwangspunkte“ gegen die Beschwerdeführerinnen
ergeben sich aus diesen Normen nicht. Die in § 35 des 4. GemGebRefGBbg
geregelte sowie in § 9 des 1. GemGebRefGBbg in Bezug genommene Heilung der
Verletzung von Form- und Verfahrensvorschriften beim Abschluß vom
Innenministerium genehmigter Gebietsänderungsverträge betrifft die
Beschwerdeführerinnen nicht. Die zeitweilig verhandelten Verträge - etwa der
Gemeinde Gollwitz mit der Stadt Brandenburg an der Havel und der Gemeinde
Götz mit Gemeinden des Amtes Groß Kreutz - sind aus anderen Gründen nicht
zustande gekommen und ohne rechtliche Wirkung geblieben. Die nach § 35 Abs.
3 des 4. GemGebRefGBbg in der Anlage zum Gesetz enthaltene Auflistung der
vor dem Wirksamwerden der gesetzlichen Neugliederungsregelungen
existenten Gemeinden und Ämter betrifft die Beschwerdeführerinnen nicht
nachteilig.
Auch im Hinblick darauf, daß § 1 Abs. 2 des 1. GemGebRefGBbg die Grenzen des
Landkreises und der kreisfreien Stadt anspricht und in § 13 Abs. 1 des 4.
GemGebRefGBbg Gemeinden des bisherigen Nachbaramtes Groß Kreutz in die neue
Gemeinde Groß Kreutz/Emster einbezogen werden, haben die
Beschwerdeführerinnen eine Beschwer weder dargetan noch sind dafür
erhebliche Gesichtspunkte erkennbar.
Soweit sich die Beschwerdeführerinnen noch gegen § 13 Abs. 2 des 4.
GemGebRefGBbg wenden, ist ihre kommunale Verfassungsbeschwerde unzulässig
(geworden). Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat diese
Vorschrift bereits mit Beschluß vom 24. Juni 2004 (VfGBbg 212/03 [Trechwitz])
für mit der Landesverfassung unvereinbar erklärt und dem Gesetzgeber die
Möglichkeit einer Neuregelung unter Vermeidung der Nichtigkeit bis zum 01.
Januar 2006 eingeräumt. Die entsprechende Neuregelung durch § 1 Nr. 1
Buchst. e) des Bestätigungsgesetzes vom 29. Juni 2004 haben die
Beschwerdeführerinnen aber nicht innerhalb der mittlerweile abgelaufenen
Frist zum Gegenstand der vorliegenden oder einer neuen kommunalen
Verfassungsbeschwerde gemacht.
2. Im übrigen ist die kommunale Verfassungsbeschwerde der
Beschwerdeführerinnen gemäß Art. 100 Verfassung des Landes Brandenburg (LV),
§§ 12 Nr. 5, 51 VerfGGBbg statthaft und auch sonst zulässig.
a) Insbesondere sind die Beschwerdeführerinnen ungeachtet des
zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Neuregelung beteiligtenfähig. Eine
Gemeinde gilt nach feststehender Rechtsprechung für die Dauer des gegen ihre
Auflösung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens als
fortbestehend. Ebenso werden die Beschwerdeführerinnen im kommunalen
Verfassungsbeschwerdeverfahren weiter durch das bisherige Amt vertreten.
b) Die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerinnen ist im Hinblick auf ihre
eigene Einbeziehung in die neugebildete Gemeinde Groß Kreutz/Emster nach §
13 Abs. 1 des 4. GemGebRefGBbg offensichtlich gegeben.
c) Die Möglichkeit der Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerinnen aus
der Landesverfassung besteht aber auch im Hinblick auf die Eingliederung der
bislang gleichfalls dem Amt Emster-Havel angehörenden Gemeinde Götz in die
neue Gemeinde Groß Kreutz/Emster nach § 13 Abs. 1 des 4. GemGebRefGBbg sowie
der Gemeinden Gollwitz und Wust in die kreisfreie Stadt Brandenburg an der
Havel nach § 1 Abs. 1 des 1. GemGebRefGBbg.
Gemäß Art. 100 LV, § 51 Abs. 1 VerfGGBbg können Gemeinden und
Gemeindeverbände kommunale Verfassungsbeschwerde (nur) mit der Behauptung
erheben, daß „ihr Recht auf Selbstverwaltung nach der Verfassung“
verletzt sei. § 51 VerfGGBbg setzt damit voraus, daß die beschwerdeführende
Gemeinde von den Rechtswirkungen der angefochtenen Regelung selbst betroffen
sein muß. Eigene Betroffenheit liegt dabei auch vor, wenn die Verletzung
eines verfassungsmäßig garantierten Rechts durch eine Gesetzesbestimmung
gerügt wird, die zwar unmittelbar Dritte im Blick hat, gleichzeitig aber wie
ein unmittelbar an die Beschwerdeführerin gerichteter Gesetzesbefehl wirkt
(vgl. schon BVerfGE 4, 96, 101; 13, 230, 232 f.; Verfassungsgericht des
Landes Brandenburg, Urteil vom 26. August 2004 - VfGBbg 230/03 - [Groß
Machnow] S. 8 f. des UA m.w.N.).
Wenn Gemeinden im Rahmen einer kommunalen Verfassungsbeschwerde gegen
Regelungen einer landesweiten Gebietsreform ihren bisherigen Status erhalten
wollen und zugleich die Auflösung weiterer Gemeinden oder auch ihres Amtes
verhindern wollen, ist nur schwerlich vorstellbar, daß das Schicksal der
Gemeinde mit dem ihrer Nachbarn oder dem des Amtes in einem Maße verknüpft
ist, daß die eigene kommunale Selbstverwaltung von dem Bestand der Nachbarn
abhängt. Weil eine (amtsangehörige) Gemeinde beanspruchen kann, daß ihr eine
geeignete (Amts-)Verwaltung zur Verfügung steht, kann die Gemeinde im Falle
eines Erfolges auch ohne bisherige Nachbargemeinden oder auch mit einem
anders zugeschnittenen Amt fortbestehen.
Anders ist es zu beurteilen, wenn die Gemeinde „zielortbezogene“ Einwände
erhebt, d.h. Beanstandungen, die mit der neuen Gemeinde zu tun haben, etwa
im Hinblick auf ihre eigene räumliche Zuordnung. Gründe des öffentlichen
Wohls müssen nicht nur das „ob“ einer Maßnahme rechtfertigen, sondern auch
das „wie“ und damit die Grundlage auch für die Entscheidung bilden, in
welche andere Gemeinde die aufgelöste Gemeinde eingegliedert wird. Wenn die
bisherige Gemeinde ihre Selbständigkeit zugunsten einer Lösung aufgeben
soll, deren Qualität in gewichtigem Maße von der Zuordnung ehemaliger
Nachbargemeinden oder dem Unterbleiben einer Zuordnung abhängt, ist sie von
der Neugliederungsentscheidung ihrer Nachbargemeinde mitbetroffen. Die
Gemeinde kann deshalb verlangen, daß - unbeschadet der dem Gesetzgeber
insoweit zuzugestehenden Freiräume - die dauernde Eignung der Gemeinde, wie
sie aus der Gemeindegebietsneugliederung hervorgeht, für die Wahrnehmung der
künftigen Verwaltung nicht ernsthaft in Frage gestellt und daß die neue bzw.
vergrößerte Gemeinde ohne Verstoß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit,
etwa durch systemwidriges Unterlassen der Eingliederung weiterer Gemeinden,
gebildet wird (vgl. dazu Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil
vom 26. August 2004, a.a.O., m.w.N.).
Daran gemessen sind die Beschwerdeführerinnen auch im Blick auf die
Ausgliederung der bislang gleichfalls dem Amt Emster-Havel angehörenden
Gemeinden Wust und Gollwitz (nach Brandenburg an der Havel) sowie Götz (nach
Groß Kreutz/Emster) beschwerdebefugt. Es ist nicht auszuschließen, daß für
die Beschwerdeführerinnen eine qualitativ wesentlich andere und vorrangige
Alternative der Gemeindeneugliederung bestehen würde, wenn keine dieser drei
Gemeinden wie gesetzlich bestimmt eingegliedert würde, sondern sie mit den
Beschwerdeführerinnen weiterhin ein Amt oder eine nicht mit dem Bereich Groß
Kreutz vereinte amtsfreie Gemeinde hätten bilden können. Der maßgebliche
Umstand liegt hier darin, daß die Ausgliederung auch nur einer der Gemeinden
Gollwitz, Götz oder Wust, die Einwohnerzahl des bisherigen Amtes von ca.
5.240 Einwohnern (einschließlich der Gemeinde Trechwitz bzw. ohne diese
bereits nur ca. 4.880) deutlich unter den Schwellenwert von 5.000 Einwohnern
fallen läßt, der nach dem Leitbild des Gesetzgebers im Regelfall für die
Bildung eines Amtes oder einer amtsfreien Gemeinde vorausgesetzt wird (Ziff.
2. b) bb) sowie Sätze 1 und 3 nach 2. a) dd) des Leitbildes, LT-Drucksache
3/4880, S. 13 ff., LT-Drucksache 3/4883, S. 19 ff.). Insofern lassen es die
von den Beschwerdeführerinnen vorgetragenen Tatsachen zumindest als möglich
erscheinen, daß die gesetzgeberische Neugliederung der Gemeinden Gollwitz,
Götz und Wust das Recht der kommunalen Selbstverwaltung zulasten der
Beschwerdeführerinnen verletzt.
II.
Die kommunale Verfassungsbeschwerde erweist sich aber in der Sache selbst
als unbegründet. Die Auflösung von Gemeinden durch den Staat ist, wie sich
unmittelbar aus Art. 98 Abs. 1 und 2 LV ergibt, nicht von vornherein
ausgeschlossen. Die dafür nach Art. 98 Abs. 1 sowie Abs. 2 LV gezogenen
Grenzen sind hier nicht verletzt.
1. Die nach der Landesverfassung geltenden Anhörungserfordernisse sind
eingehalten worden. Im Hinblick auf die in einer Vielzahl anderer Verfahren
- darunter auch der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerinnen -
im wesentlichen gleichlautend vorgebrachten Einwände wird mit folgenden
Ergänzungen auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes (vgl.
u.a. Urteil vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -, LVerfGE 14, 203; Urteil
vom 26. August 2004 -, a.a.O., und zuletzt ausführlich Beschluß vom 16.
September 2004 - VfGBbg 118/03 - www.verfassungsgericht.brandenburg.de)
verwiesen.
Insbesondere kann den Beschwerdeführerinnen auch nicht darin gefolgt werden,
daß die Anhörung die verfassungsrechtlichen Anforderungen deshalb verfehle,
weil es den Anzuhörenden nicht möglich gewesen sei, sich in den
Anhörungsunterlagen über wesentliche und tragende Maßstäbe des Leitbildes zu
informieren, beispielsweise die einzelnen Funktionen der Ober-, Mittel- oder
Grundzentren und die Nahbereichsabgrenzungen, weil diese nicht erläutert
wurden und entsprechende Pläne nicht beigefügt gewesen seien. Bei der
Komplexität des Vorhabens ist es nicht zu beanstanden, wenn im ausgelegten
Material auf Unterlagen Bezug genommen wird, etwa darauf, daß die Gemeinden
Wust und Gollwitz nach dem Regionalplan Havelland-Fläming zum Nahbereich der
Stadt Brandenburg an der Havel gehören. Solches Material mußte bei der
Anhörung nicht vorgehalten werden. In anderen kommunalen
Verfassungsbeschwerden wurde demgegenüber sogar gerügt, bei den mehr als
1.000 Seiten umfassenden Anhörungsunterlagen handele es sich um eine
undurchdringliche „Überinformation“. Die Einwohner der Beschwerdeführerinnen
hatten bei Interesse die zumutbare Möglichkeit, weitere Unterlagen zur
Landesplanung zu erhalten, auch wenn dies mit finanziellem Aufwand und
gewisser Mühe verbunden war. Unbeschadet dessen lagen die Kernfragen -
nämlich: Sollen u.a. die Beschwerdeführerinnen ihre Selbständigkeit
verlieren und in eine neugebildete Gemeinde Groß Kreutz/Emster einbezogen
bzw. die Gemeinde Wust und Gollwitz nach Brandenburg an der Havel
eingegliedert werden? – offen zutage.
Die Eingliederung der Beschwerdeführerinnen in die neugebildete Gemeinde
Groß Kreutz/Emster bleibt auch in der Sache selbst im Einklang mit der
Landesverfassung.
a) In das Gebiet einer Gemeinde sowie - erst recht - in ihre
körperschaftliche Existenz kann zufolge Art. 98 Abs. 1 LV nur aus Gründen
des öffentlichen Wohls eingegriffen werden. Der Inhalt des Begriffes
„öffentliches Wohl“ ist dabei im konkreten Fall vom Gesetzgeber auszufüllen,
dem in dieser Hinsicht grundsätzlich – in dem von der Verfassung gesteckten
Rahmen – ein Beurteilungsspielraum und politische Gestaltungsfreiheit in dem
Sinne zukommt, daß er Ziele, Leitbilder und Maßstäbe selbst festlegen kann.
Das Verfassungsgericht überprüft zunächst, ob der Gesetzgeber den
entscheidungsrelevanten Sachverhalt zutreffend und umfassend ermittelt hat.
Dabei ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle nicht eingeschränkt
(Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, ständige Rechtsprechung, u.a.
Beschluß vom 27. Mai 2004 - VfGBbg 138/03 - [Königsberg]; BVerfGE 50, 50, 51
[Laatzen]).
Das Verfassungsgericht prüft sodann, ob der Gesetzgeber den ermittelten
Sachverhalt seiner Regelung zutreffend zugrundegelegt und die mit ihr
einhergehenden Vor- und Nachteile in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise
gewichtet und in die Abwägung eingestellt hat. Hierbei darf sich das
Verfassungsgericht nicht an die Stelle des Gesetzgebers setzen und hat seine
Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Zielvorstellungen, Sachabwägungen,
Wertungen und Einschätzungen des Gesetzgebers offensichtlich fehlerhaft,
lückenhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der Wertordnung der
Verfassung widersprechen. Die Bevorzugung einzelner und die gleichzeitige
Hintanstellung anderer Belange bleibt dem Gesetzgeber so weit überlassen,
als das mit dem Eingriff in den Bestand der Kommunen verbundene
Abwägungsergebnis zur Erreichung der verfolgten Zwecke nicht offenkundig
ungeeignet oder unnötig ist oder zu den angestrebten Zielen deutlich außer
Verhältnis steht und frei von willkürlichen Erwägungen und Differenzierungen
ist. Es ist dabei nicht die Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob der
Gesetzgeber die beste und zweckmäßigste Neugliederungsmaßnahme getroffen hat
(Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteile vom 18. Juni 1998 –
VfGBbg 27/97 –, LVerfGE 8, 97, 169 f. m.w.N. und vom 29. August 2002, a.a.O.;
ständige Rechtspr., u.a. Urteil vom 18. Dezember 2003 – VfGBbg 101/03 -,
a.a.O.).
b) In Anwendung dieser Grundsätze hat sich hier der Gesetzgeber fehlerfrei
auf den Standpunkt gestellt, daß für die Eingliederung der
Beschwerdeführerinnen in die neugebildete Gemeinde Groß Kreutz/Emster Gründe
des öffentlichen Wohls vorliegen, und auf dieser Grundlage eine
verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Regelung getroffen. Im
einzelnen:
aa) Die allgemeinen vom Gesetzgeber hier
herangezogenen Kriterien für die kommunale Neugliederung halten sich im
Rahmen des öffentlichen Wohls (Art. 98 Abs. 1 LV). Der Gesetzgeber beruft
sich - bezogen auf den Bereich des bisherigen Amtes Groß Kreutz - für die
Bildung der neuen Gemeinde Groß Kreutz/Emster wesentlich auf das Bedürfnis
einer Strukturänderung der brandenburgischen Gemeinden in der Nähe zu Berlin
(vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 240 sowie Beschlußempfehlung des
Innenausschusses zu § 13 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache
3/5550), und zwar auf das Leitbild des Zusammenschlusses bislang
amtsangehöriger zu amtsfreien Gemeinden im engeren Verflechtungsraum
Brandenburg-Berlin (2. a) aa) des Leitbildes). Daneben untersuchte der
Gesetzgeber, inwieweit sich auch für den Bereich des bisherigen Amtes
Emster-Havel, der dem äußeren Entwicklungsbereich des Landes zugeordnet war,
eine dem öffentlichen Wohl entsprechende, leitbildgerechte
Neugliederungslösung aus den Möglichkeiten dieses Amtes allein oder zusammen
mit dem Amt Groß Kreutz ergeben konnte. Dies ist von Verfassungs wegen nicht
zu beanstanden.
(1) Die Einteilung des Landes in verschiedene Neugliederungsräume mit
der Differenzierung zwischen engerem Verflechtungs- und äußerem
Entwicklungsraum einschließlich der Grundsatzentscheidung für amtsfreie
Gemeinden in einem Bereich um Berlin ist verfassungsrechtlich zulässig. Der
Gesetzgeber hat die Problematik des engeren Verflechtungsraumes ausführlich
untersucht und beschrieben (s. Gesetzesbegründung zum 4. GemGebRefGBbg,
LT-Drucksache 3/4883, S. 23 ff., 75 f.). Wenn er annimmt, die beiden
Teilräume des Landes unterschieden sich in einigen Kennziffern deutlich -
etwa Bevölkerungsdichte, Siedlungsdichte, Besiedlungsgrad, durchschnittliche
Gemeindegröße, Bevölkerungsentwicklung, Entfernung nach Berlin, Anteil der
Auspendler nach Berlin, Anteil der Einpendler in die Brandenburger Gebiete
aus Berlin, Arbeitslosenquote etc. (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 23 ff.) -
und er für diese Teilräume grundsätzlich jeweils eine andere Struktur
präferiert, so liegt darin nicht die Entscheidung für offenkundig
ungeeignete oder unnötige Maßnahmen (Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg, ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. Urteil vom 26. August 2004,
a.a.O.).
(2) Es kann auch nicht festgestellt werden, daß der Gesetzgeber
grundsätzlich fehlerhaft die Abgrenzung zwischen den beiden
Neugliederungsräumen vorgenommen hätte. Er hat im Gesetzgebungsverfahren,
ausgehend von der bisherigen landesplanerischen Einordnung nach Anhang B 1
zum Landesentwicklungsprogramm und Anlage 1 zum Landesplanungsvertrag,
geprüft, ob die Einordnung einer Gemeinde bzw. eines Amtes in den engeren
Verflechtungsraum angesichts der tatsächlichen Entwicklung der letzten Jahre
noch trägt. Diese Vorgehensweise ist verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden (eingehend hierzu: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg,
u.a. Urteil vom 26. August 2004, a.a.O.).
bb) Der Gesetzgeber hat sich ausreichend mit den tatsächlichen Verhältnissen
befaßt.
Sie sind sowohl mit Blick auf die allgemeinen Strukturprobleme, die sich für
die Gemeinden des bisherigen Amtes Groß Kreutz aus der Nähe zu Berlin
ergeben, als auch die Verflechtung der Beschwerdeführerinnen mit den
weiteren die neue Gemeinde Groß Kreutz/Emster bildenden Gemeinden der beiden
bisherigen Ämter in den Gesetzesunterlagen zutreffend angesprochen (s. die
Beschreibung der Gemeinden im „Neugliederungssachverhalt“ in LT-Drucksache
3/4883, S. 235 ff.). Zugleich hat der Gesetzgeber die besondere Situation,
die sich aus der Nachbarschaft der auszugliedernden Gemeinden Wust und
Gollwitz zur kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel ergab, in den
Gesetzesunterlagen erfaßt (s. LT-Drucksachen 3/4880, S. 88 ff. und 3/4883,
S. 235 ff.).
(1) So ist nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber die Zugehörigkeit des
Amtsgebiets Groß Kreutz zum engeren Verflechtungsraum annahm. Er hat
gesehen, daß einzelne der im engeren Verflechtungsraum häufig gegebenen
Merkmale nicht erfüllt waren. Zwar wies dieses Amtsgebiet eine unter dem
Landesdurchschnitt liegende Einwohnerdichte auf. Diese lag aber noch
deutlich über dem Bevölkerungsdurchschnitt des äußeren Entwicklungsraums im
Land Brandenburg. Zudem verzeichneten das Amt Groß Kreutz und - mit einer
Ausnahme - alle amtsangehörigen Gemeinden eine kontinuierliche
Bevölkerungszunahme. Als typisch für eine Belegenheit im engeren
Verflechtungsraum durfte der Gesetzgeber die guten Verbindungen des
Öffentlichen Personennahverkehrs berücksichtigen. Über regelmäßige
Busverbindungen zum Bahnhof Groß Kreutz der Regionalexpreßlinie 1 - sowie
zum Bahnhof Götz - bestand halbstündlich Anschluß nach Potsdam und Berlin.
Auch über die mitten durch das Amtsgebiet (u.a. die Gemeinden Groß Kreutz
und Bochow) sowie durch die benachbarte Gemeinde Götz und das Gebiet der
Beschwerdeführerin zu 1 verlaufende Bundesstraße 1 mit Anbindung an die nahe
Bundesautobahn 10 waren Potsdam und Berlin gut erreichbar. Ebenso ist der
über die Amtsgrenzen u.a. bis nach Potsdam und Berlin reichende starke
Pendelverkehr der Arbeitnehmer aus allen Gemeinden des Amtes ein typisches
Merkmal des engeren Verflechtungsraums um Berlin. Daß der Gesetzgeber das
Gebiet des Amtes Groß Kreutz nicht als dem äußeren Entwicklungsraum
zugehörig ansehen mußte, wird schließlich auch daran deutlich, daß abgesehen
von einigen Landwirtschafts- und Gartenbaubetrieben insbesondere das
Gewerbegebiet in Groß Kreutz in Beziehung mit den nahen Gewerbegebieten der
Beschwerdeführerin zu 1 und der Gemeinde Götz eine erhebliche
wirtschaftliche Bedeutung entfalteten.
(2) Der Gesetzgeber stellte weiter fest, daß das Amt Groß Kreutz vor der
Neugliederung bereits weniger als 5.000 Einwohner aufwies und auch das Amt
Emster-Havel nur wenig mehr (5.240) Einwohner hatte. Nach den
Ausgliederungen von Wust und Gollwitz würde das Amt Emster-Havel noch ca.
4.350 und ohne Götz sogar nur ca. 3.090 Einwohner haben. Darüber hinaus
erfaßte der Gesetzgeber insbesondere die Entfernungen in und zwischen den
Ämtern sowie die Verkehrssituation, namentlich ein die jeweils
amtsangehörigen Gemeinden mit dem bisherigen Amtssitz verbindendes Netz des
Öffentlichen Personennahverkehrs, das durch eine zwischen den ca. fünf
Kilometer voneinander entfernten Amtssitzen und weiteren Gemeinden
verkehrende Buslinie ergänzt wurde. Hinzu kamen die unmittelbare Verbindung
der Gemeinden Bochow, Groß Kreutz, Götz und der Beschwerdeführerin zu 1
durch die Bundesstraße 1 sowie die ebenfalls zentral durch das Gebiet beider
Ämter verlaufende Regionalexpreßlinie der Deutschen Bahn. Der Gesetzgeber
hob hervor, daß die Beschwerdeführerin zu 1 und die Gemeinde Groß Kreutz
jeweils über eine Grundschule und eine Schule der Sekundarstufe 1 verfügten.
Dabei besuchten einige Schüler aus dem Amt Emster-Havel auch die Schulen in
Groß Kreutz. Zudem führte der Gesetzgeber den Ausstattungsgrad der
bisherigen Amtssitze an. Dabei sah er die bisherige Gemeinde Groß Kreutz als
ein Kleinzentrum bestätigt, ohne zu verkennen, daß die Einwohner des Amtes
Emster-Havel stärker die Versorgungseinrichtungen und
Dienstleistungsangebote in Wust in Anspruch nahmen. Danach ist die
Auffassung des Gesetzgebers beanstandungsfrei, daß schon die bisherige
Gemeinde Groß Kreutz aufgrund ihrer Lage sowie als bedeutender
Verkehrsknotenpunkt und gewerbliches Zentrum mit zahlreichen Arbeitsstätten
einen Kristallisationskern für die bislang dem Amt Groß Kreutz angehörigen
Gemeinden bildete. Dies trifft um so mehr zu, als allein durch die
leitbildgerechte Eingliederung der diesem Amt bislang angehörenden Gemeinden
eine neue Gemeinde mit mehr als 4.000 Einwohnern entsteht. Schließlich wurde
auch die Haushaltssituation der Beschwerdeführerinnen und der übrigen
Gemeinden der Ämter ermittelt.
Insbesondere in Bezug auf die größere Entfernung zu Berlin, mit der
teilweise eine stärkere Beziehung zur kreisfreien Stadt Brandenburg an der
Havel einherging, ist auch nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber das Amt
Emster-Havel als dem äußeren Entwicklungsraum zugehörig ansah. Dabei
verkannte er nicht, daß dieses Amt angesichts der baulichen Verflechtung der
Beschwerdeführerinnen und der Gemeinde Götz mit der Gemeinde Groß Kreutz und
einer sogar höheren Bevölkerungsdichte als im Amt Groß Kreutz zumindest
partiell auch typische Eigenschaften des engeren Verflechtungsraumes
verkörperte.
(3) In der kleinen Gemeinde Wust mit im Jahr 1992 noch 350 Einwohnern
stellte der Gesetzgeber immerhin - wenngleich nur um ca. 70 Einwohner -
einen im äußeren Entwicklungsraum seltenen Einwohnerzuwachs fest. Der
Anstieg der Bevölkerungszahl dieser Gemeinde um ca. 20 % beruhte nach den
Feststellungen des Gesetzgebers allein in den Jahren 1992 bis 2001
wesentlich auf einem Zuzug ehemaliger Einwohner der Stadt Brandenburg an der
Havel, die im gleichen Zeitraum ca. 13.000 Einwohner verlor. Daß in
nördlicher Richtung zwischen der Gemeinde Wust und dem Brandenburger
Stadtteil Klein Kreutz die Havel und ausgedehnte Feuchtgebiete liegen, hat
der Gesetzgeber gesehen. Demgegenüber durfte er für eine Verflechtung
berücksichtigen, daß das in Wust neuentstandene „Brandenburger
Einkaufszentrum“ sowie das dortige große Gewerbegebiet durch die
Bundesstraße 1 mit teils lockerer straßenbegleitender Bebauung bis zum in
westliche Richtung wenige hundert Meter entfernten Brandenburger Stadtteil
Neuschmerzke und über weitere 3 bis 5 km mit der Brandenburger Innenstadt
verbunden waren. Zu den Gewerbeansiedlungen in Wust zählte insbesondere ein
großes Multiplexkino mit über 2.000 Sitzplätzen in acht Sälen. 71 Pendlern
dieser Gemeinde, die in der Stadt Brandenburg an der Havel arbeiteten,
standen 370 im wesentlichen aus der Stadt kommende Pendler gegenüber, die
ihre Arbeitsstelle im Gewerbepark bzw. dem Einkaufszentrum hatten. Der
Gesetzgeber sah auch, daß die Gemeinde Wust über eine elfmal täglich
verkehrende Buslinie in das Netz des Öffentlichen Personennahverkehrs der
Stadt Brandenburg an der Havel integriert war. Zudem fuhr während der
Geschäftszeiten halbstündlich ein Bus zwischen dem Einkaufszentrum und der
Stadt Brandenburg an der Havel. Die Gemeinde Wust wurde von der Stadt
Brandenburg an der Havel mit Trinkwasser versorgt, während die
Abwasserentsorgung durch die Kläranlage der Beschwerdeführerin zu 1
erfolgte. Der Gesetzgeber hielt fest, daß zwar die meisten Grund- und
Gesamtschüler aus Wust zur Schule auf dem Gebiet der Beschwerdeführerin zu 1
fuhren, daß jedoch im übrigen die Gesamtschule und das Gymnasium in der
Stadt Brandenburg an der Havel besucht wurden. Die Gemeinde Wust verfügte
über eine Kindertagesstätte, einige Kinder wurden in Einrichtungen freier
Träger in der Stadt Brandenburg an der Havel betreut.
(4) Der Gesetzgeber hat auch gesehen, daß die an die Gemarkungen der Stadt
Brandenburg an der Havel sowie der Gemeinde Wust grenzende kleine Gemeinde
Gollwitz - abgesehen davon, daß sie selbst über keine nennenswerten
Einrichtungen verfügte und bei geringen Einnahmen und Investitionen
überdurchschnittlich verschuldet war - ähnlich wie die Gemeinde Wust auf die
Stadt Brandenburg an der Havel orientiert und, wenngleich nicht unmittelbar
mit der Stadt Brandenburg an der Havel so doch über die Bundesstraße 1 und
die Arbeits- sowie Einkaufsmöglichkeiten - wie auch die
Beschwerdeführerinnen einräumten - eng mit der Nachbargemeinde Wust und in
Gemeinschaft mit dieser mit der Stadt Brandenburg an der Havel verbunden
war. Auch die Kindertagesstätte und der Hort in Wust wurden von den Kindern
aus Gollwitz besucht, soweit sie nicht Einrichtungen in der Stadt
Brandenburg an der Havel nutzten.
(5) Diese Sachverhaltsermittlung begegnet keinen verfassungsrelevanten
Bedenken. Der Gesetzgeber hat sich in nicht zu beanstandender Weise
lediglich auf die zutreffenden sachlichen Aussagen eines Raumordnungsplans
bezogen. Dessen rechtliche Qualität war insoweit nicht von Bedeutung.
Daneben ermittelte und beschrieb der Gesetzgeber zentrale Funktionen und
stellte damit auf die tatsächlich vorhandenen Verflechtungen ab. Es kommt
nicht darauf an, ob er sämtliche tatsächlichen Momente in allen Einzelheiten
richtig erfaßt und gewürdigt hat. Ins Gewicht fällt vielmehr nur, ob der
Gesetzgeber die für die Durchführung des gewählten Leitbildes bestimmenden
Elemente in ihrem wesentlichen Gehalt richtig erkannt und daraus
sachgerechte Folgerungen gezogen hat. Nur wenn die Richtigkeit einer die
Entscheidung tragenden Tatsache bestritten und es möglich ist, daß bei
Zugrundelegung der behaupteten abweichenden Situation die Neugliederung
anders ausgefallen wäre, besteht deshalb eine Nachprüfungspflicht für das
Verfassungsgericht (vgl. SächsVerfGH, LVerfGE 10, 375, 398 „[mit-]entscheidend“;
VerfGH NW, Urteil vom 6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, UA S. 25; StGH BW,
NJW 1975, 1205, 1213). Derartige Tatsachen sind indes nicht ersichtlich.
cc) Dem Gesetzgeber stehen im Sinne von Art. 98 Abs. 1 LV Gründe des
öffentlichen Wohls zur Seite. Er strebte eine leitbildgerechte Lösung für
den Raum Groß Kreutz/Emster-Havel unter Berücksichtigung dessen an, daß im
engeren Verflechtungsraum amtsfreie Gemeinden durch Zusammenschluß
amtsangehöriger Gemeinden gebildet werden sollen (2. a) aa) des Leitbildes),
Ämter wie auch amtsfreie Gemeinden - abgesehen von dünn besiedelten
Landesteilen - mindestens 5.000 Einwohner haben sollen (2. b) bb) sowie
Sätze 1 bis 3 nach 2. a) dd) des Leitbildes) und - in Bezug auf Wust und
Gollwitz - die Notwendigkeit bestand, die brandenburgische Gemeindestruktur
im Umland regionaler Zentren zu ändern (vgl. 2. c) und 2. d) aa) und bb) des
Leitbildes). Dieses Vorgehen und die gefundene Neugliederungslösung des
Gesetzgebers sind verfassungsrechtlich unbedenklich.
(1) Dies gilt insbesondere für die Eingliederung der Gemeinden Wust und
Gollwitz in die Stadt Brandenburg an der Havel.
(aa) Daß die Behebung von Strukturproblemen im Stadtumland ein Grund
des öffentlichen Wohls ist, der eine kommunale Neugliederung zu
rechtfertigen vermag, hat das Landesverfassungsgericht bereits in seinen
Urteilen vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -, a.a.O., und - VfGBbg 97/03
- (in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung anderer
Landesverfassungsgerichte, s. etwa SächsVerfGH SächsVBl 1999, 236, 239;
ThürVerfGH NVwZ-RR 1997, 639, 643) entschieden. Auch im Schrifttum wird dies
grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen (s. etwa Hoppe/Stüer, DVBl 1992, 641,
642 f.; v. Unruh/Thieme/Scheuner, Die Grundlagen der kommunalen
Gebietsreform, 1981, S. 116, 118 f.). Das Stadt-Umland-Verhältnis wirft eine
Reihe schwieriger Abklärungs- und Koordinationsfragen auf. Planung und
Betrieb öffentlicher Einrichtungen - Kindergärten und -krippen, Schulen
(einschließlich weiterführender Schulen), Horte, Sportstätten, Bibliotheken,
Schwimmbäder, Feuerwehren, Kultureinrichtungen (etwa: Kulturhäuser,
Heimatmuseen) - erfordern Abstimmung und Absprache. Auch im Hinblick auf den
Öffentlichen Personennahverkehr, Infrastrukturausbau, die
Wirtschaftsförderung, Abfall- und Abwasserbeseitigung sowie
Trinkwasserversorgung empfiehlt sich ein gemeinsames Handeln. Es ist
entgegen der Einschätzung der Beschwerdeführerinnen auch im einzelnen
nachvollziehbar, daß der Gesetzgeber Probleme der Suburbanisierung zwischen
der Stadt Brandenburg an der Havel einerseits und den einzugliedernden
Gemeinden Wust und Gollwitz andererseits sieht und zu bewältigen sucht. Die
Ansicht der Beschwerdeführerinnen, es gebe zwar ein Stadt-Umland-Verhältnis,
aber keine Stadt-Umland-Probleme, zumal insbesondere die Gemeinde Wust
wirtschaftlich leistungsfähig sei, greift zu kurz. Es kommt auch nicht
darauf an, daß die Eingliederungen nicht alle Strukturprobleme der
aufnehmenden Städte nachhaltig lösen werden. Vielmehr kann bereits eine
Verbesserung der Verwaltung des Gesamtraumes die Neugliederung rechtfertigen
(Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, u.a. Urteil vom 26. August 2004,
a.a.O., und Beschluß vom 16. September 2004 - VfGBbg 102/03 - sowie bereits
zum Raum Emster-Havel: Beschlüsse vom 11. Oktober 2005 - VfGBbg 34/04 -
[Wust] und - VfGBbg 223/03 - [Landkreis Potsdam-Mittelmark]). Einer solchen
Verbesserung dient hier die Umsetzung der Leitbildbestimmungen.
(bb) Aufgrund entstandener Disparitäten in der Bevölkerungs- und
Wirtschaftsentwicklung der Umlandgemeinden zu Lasten der kreisfreien Stadt
Brandenburg an der Havel, die sich infolge - an den jeweiligen
Eigeninteressen orientierter und häufig streitiger - kommunaler Planungen
vertieften, durfte der Gesetzgeber insbesondere die leistungsstarke
Gemeinden Wust in den Zentralort eingliedern, weil dies bei enger
Verflechtung die Erfüllung wesentlicher kommunaler Aufgaben erleichtert oder
verbessert (vgl. Ziff. 2. c) Satz 5 Regelbeispiel aa) des Leitbildes). Dem
steht nicht entgegen, daß dieses Regelbeispiel von einer engen baulichen
Verflechtung ausgeht und eine bauliche Verbindung zwischen der Stadt
Brandenburg an der Havel und der Gemeinde Wust nur in lockerer Form entlang
der Bundesstraße 1 vorlag. Das verfassungsrechtlich unbedenkliche Leitbild
ist insoweit offen formuliert („insbesondere“), daß der Gesetzgeber auch
eine sonstige enge Verflechtung, wenn mit ihr lösungsbedürftige
Stadt-Umland-Probleme einhergehen, zum Anlaß der Eingliederung der
Umlandgemeinde in den Zentralort nehmen durfte. So ist die Lage hier.
Daß Umverteilungsprozesse zu Lasten des städtischen Zentrums und zu ihren
Gunsten stattgefunden haben, verneinten weder der Beschwerdeführerinnen noch
(in ihrem eigenen kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren - VfGBbg 34/04
-, s. Beschluß vom 11. Oktober 2005) die prosperierende Gemeinde Wust.
So gab es zahlreiche und vielfältige Gewerbebetriebe, die sich nicht in der
Stadt Brandenburg an der Havel, sondern „vor ihren Toren“ in Wust
niedergelassen hatten, obgleich sie offenkundig - teilweise zudem mit ihrer
Standortwerbung („Brandenburger Einkaufszentrum“) - vornehmlich auf das
Kundenpotential der Stadt Brandenburg an der Havel ausgerichtet und
dimensioniert waren. Als markantes Beispiel hat der Gesetzgeber das auf dem
Gebiet der weniger als 450 Einwohner zählenden Gemeinde Wust errichtete
Multiplexkino mit seinen über 2.000 Sitzplätzen in acht Sälen erwähnt. Auch
die Flächengrößen des Gewerbegebiets und des Einkaufszentrums mit 22 ha,
darunter 28.700 m² Verkaufsfläche, sprechen für sich.
Auch eigenes wirtschaftliches Geschick und Standortvorteile der Gemeinde
Wust wie die Nähe zu Bundesstraßen sowie ein Flächenangebot für größere
Bauvorhaben ändern nichts daran, daß sie sich in den unmittelbaren
Wirtschaftsraum der Stadt Brandenburg an der Havel eingeflochten hatte und
entscheidend von diesem ihre Dynamik und Leistungskraft bezog, während die
Leistungsstärke in der Stadt Brandenburg an der Havel (auch) dadurch bedingt
nachließ bzw. entsprechende Zuwächse oder zumindest eine Stabilisierung dort
ausblieben.
Demgegenüber ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der
Gesetzgeber einen einheitlichen Verwaltungsraum für die am engsten
miteinander verflochtenen Stadt- und Umlandbereiche herstellt. Dabei durfte
der Gesetzgeber mit der Gemeinde Wust auch die Gemeinde Gollwitz in die
Stadt Brandenburg an der Havel eingliedern. Diese unmittelbare
Nachbargemeinde Wusts und der Stadt Brandenburg an der Havel weiterhin das
Schicksal der Gemeinde Wust teilen zu lassen, begegnet keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal diese Eingliederung dem
ausdrücklichen Wunsch der Gemeindevertretung sowie der Mehrheit der Bürger
von Gollwitz und den - auch von den Beschwerdeführerinnen eingeräumten -
tatsächlichen Verflechtungsbeziehungen (insbesondere Wirtschaft,
Dienstleistungen, Schulbesuch) entsprach (so bereits Beschlüsse vom 11.
Oktober 2005, a.a.O.).
(2) Einen Neugliederungsbedarf durfte der Gesetzgeber für die Ämter
Emster-Havel und Groß Kreutz bzw. für deren nach Ausgliederungen
verbleibende Teile im Hinblick auf die geringe Einwohnerzahl annehmen.
(aa) Der Gesetzgeber durfte seine Entscheidung darauf stützen, daß beide
Ämter für sich genommen nicht (mehr) dem regelmäßig für einen Fortbestand
vorausgesetzten Schwellenwert von 5.000 Einwohnern entsprechen konnten. Das
Amt Groß Kreutz zählte schon vor der gesetzlichen Neugliederung lediglich
4.880 Einwohner. Das Amt Emster-Havel hatte nach der verfassungsrechtlich
unbedenklichen Ausgliederung der Gemeinden Wust und Gollwitz lediglich 4.350
Einwohner. Auf die Ausgliederung auch noch der Gemeinden Götz und Trechwitz
aus dem Amt Emster-Havel und deren Verfassungsrechtmäßigkeit kam es für die
Beschwerdeführerinnen nicht mehr an. Den Fortbestand eines Amtes
Emster-Havel oder einer allein aus den Gemeinden dieses Amtes gebildeten
amtsfreien Gemeinde als Ausnahme vom Erfordernis der Mindesteinwohnerzahl
durfte der Gesetzgeber bereits nach der Ausgliederung der Gemeinden Wust und
Gollwitz ausschließen.
(bb) Die Vorgabe einer Mindestgröße nach der Einwohnerzahl für das Amt wie
auch für eine amtsfreie Gemeinde im Leitbild des Gesetzgebers ist ein dem
öffentlichen Wohl dienendes Neugliederungsziel. Eine leistungsfähige
Verwaltung setzt eine gewisse Einwohnerzahl voraus, die ein Mindestmaß an
wirtschaftlicher Leistungskraft sicherstellt. Erst ab einer bestimmten Größe
der Verwaltung ist es möglich, daß das hauptamtliche Personal spezialisierte
Tätigkeitsbereiche erhält und die Behörde zeitgemäß ausgestattet wird.
Dementsprechend sind auch in anderen Bundesländern bei
Gemeindegebietsreformen je nach Bevölkerungsdichte und Siedlungsstruktur
Mindestgrößen für die einzelne Verwaltungseinheit zugrunde gelegt worden. So
wurde z.B. in Nordrhein-Westfalen für ländliche Orte eine Größe von 8.000,
in Niedersachsen von 5.000, in Rheinland-Pfalz von 7.500 und in
Schleswig-Holstein von 5.000 Einwohnern angestrebt (vgl. von Unruh/Thieme/Scheuner,
Die Grundlagen der kommunalen Gebietsreform, 1981, S. 110). Auch in Bayern
ist seinerzeit bei der Gemeindegebietsreform nicht nur der Richtwert von
5.000 Einwohnern pro Verwaltungseinheit (Einheitsgemeinde oder
Verwaltungsgemeinschaft), sondern auch ein Richtwert von 1.000 Einwohnern
für die einzelne Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft zugrunde
gelegt worden. Derartige Vorgaben sind verfassungsgerichtlich jeweils
unbeanstandet geblieben (siehe etwa VerfGH Sachsen, Urteil vom 18. November
1999 – Vf. 174-VIII-98 -; StGH Baden-Württemberg, DVBl 1975, 385, 391; vgl.
auch BayVGH, BayVBl 1979, 146, 148). Auch im Schrifttum werden Vorgaben
nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen (s. etwa Hoppe/Stüer, DVBl 1992, S.
641, 652: Bildung von Verwaltungsgemeinschaften/Ämterverwaltungen mit
„numerischen Vorgaben insbesondere für akzeptable Mindestzahlen von
Einwohnern“), wenngleich zu der exakten zahlenmäßigen Fixierung der
Mindestgröße unterschiedliche Auffassungen bestehen. Wenn der Gesetzgeber
sich in seinem Leitbild auf den hier in Rede stehenden Richtwert von 5.000
Einwohnern festgelegt hat, dann sind seine diesbezüglichen Wertungen und
Erwägungen nicht offensichtlich fehlerhaft oder widerlegbar (so bereits
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 -
VfGBbg 34/01 -, a.a.O., sowie u.a. Beschluß vom 26. Februar 2004 - VfGBbg
150/03 -, S. 17 f. des Entscheidungsabdrucks).
(cc) Auch ist nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber in den Bereichen
Groß Kreutz und Emster-Havel gemäß Satz 3 nach Ziffer 2. a) dd) seines
Leitbildes nicht ausnahmsweise die Mindesteinwohnerzahlen unterschreitende
amtsfreie Gemeinden oder Ämter zugelassen hat. Die Ausnahmeregelung stellt
darauf ab, daß solche Unterschreitungen nur in dünn besiedelten Landesteilen
unter Beachtung der Raum- und Siedlungsstruktur zulässig seien. Angesichts
einer Einwohnerdichte in den beiden Ämtern, die zwar unter dem
Landesdurchschnitt aber immer noch deutlich über dem Durchschnitt des
äußeren Entwicklungsraums lag, brauchte der Gesetzgeber keinen Ausnahmefall
anzunehmen. Überdies ist nichts gegen seine raumstrukturbezogene Erwägung
einzuwenden, daß zwischen den sehr starken Zentralorten Brandenburg an der
Havel und Werder (Havel) sowie Potsdam die Schaffung einer mit schließlich
ca. 8.400 Einwohnern leistungsfähige Einheit vorzugswürdig gegenüber zwei
jeweils leistungsschwachen Ämtern oder Gemeinden sei.
dd) Zur Erreichung dieser Reformziele ist die Eingliederung der
Beschwerdeführerinnen in die neugebildete Gemeinde Groß Kreutz/Emster
nicht offensichtlich ungeeignet. Das Landesverfassungsgericht vermag
nicht zu erkennen, daß das Ziel einer Bereinigung der Kleingemeindestruktur
durch die Eingliederung auch der Beschwerdeführerinnen in einen
einheitlichen Aufgaben- und Verwaltungsraum eindeutig verfehlt würde.
ee) Die Eingliederung ist auch nicht unverhältnismäßig.
(1) Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen die für eine Auflösung der
Gemeinde sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls gegenüber den für ihren
Fortbestand sprechenden Gründen erkennbar überwiegen (vgl. hierzu BayVerfGH
BayVBl 1981, 399, 400 f.; s. auch NdsStGH OVGE 33, 497, 503; StGH BW NJW
1975, 1205, 1211). Da die kommunale Selbstverwaltung auch dazu dient, die
Bürger zu integrieren, den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl („Heimat“) zu
vermitteln und damit die Grundlagen der Demokratie zu stärken, ist die
Reform der Gemeindestruktur nicht ausschließlich an Rationalisierung und
Verbesserung der Effizienz der Verwaltungsorganisation zu messen. Eine
Gemeinde darf nicht ohne Berücksichtigung von Besonderheiten allein aus
Gründen der Strukturbereinigung aufgelöst werden. Andernfalls können der
Eingriff in die Existenz einer Gemeinde und die dadurch bewirkte
Beeinträchtigung der örtlichen Verbundenheit außer Verhältnis zu dem
angestrebten Vorteil geraten (vgl. Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002, a.a.O.).
(2) Der Gesetzgeber hat die Vor- und Nachteile seines
Neugliederungsvorhabens in nicht zu beanstandender Weise gegeneinander
abgewogen und ist zu einem verfassungsrechtlich vertretbaren Ergebnis
gelangt.
(aa) Ihm war die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung gegenwärtig. Er
hat die Belange der Einwohner im Blick gehabt und sich damit, ablesbar aus
der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs (s. LT-Drucksache 3/4883, S. 229
ff., 243 ff.) und den Beratungen im Landtag und seinen Ausschüssen (Beschlußempfehlung
des Innenausschusses zu § 13 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache
3/5550), auseinandergesetzt. Auf der anderen Seite hat er jedoch als
gegenläufige Belange in zulässiger und vertretbarer Weise im Bereich der
Ämter Emster-Havel und Groß Kreutz insbesondere die einzeln jeweils geringe
Einwohnerzahl der Ämter und Gemeinden berücksichtigt. Es ist nicht zu
beanstanden, wenn der Gesetzgeber von der Notwendigkeit der Bildung einer
größeren Verwaltungseinheit im Bereich beider Ämter durch Zusammenschluß der
Beschwerdeführerinnen mit den anderen - nach der Ausgliederung insbesondere
von Wust und Gollwitz - verbliebenen Gemeinden ausging. Besonderheiten, die
ihren Fortbestand als eigenständige (amtsangehörige) Gemeinde oder die
Schaffung einer kleinen amtsfreien Gemeinde allein aus den Gemeinden des
bisherigen Amtes Emster-Havel (außer Wust und Gollwitz) gebieten, haben die
Beschwerdeführerinnen nicht geltend gemacht. Solche sind auch nicht
ersichtlich.
(bb) Eine vorzugswürdige Alternative gegenüber der vom Gesetzgeber gewollten
Neuordnung (vgl. dazu Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom
29. August 2002, a.a.O.) ist nicht erkennbar.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen war der Gesetzgeber für den
Bereich Groß Kreutz/Emster-Havel nicht gehindert, eine Neugliederung
vornehmen, mit der bisherige Ämtergrenzen überschritten wurden. Im Leitbild
heißt es unter 2. d) bb), daß Gemeindenzusammenschlüsse innerhalb der
Grenzen der bestehenden Ämter erfolgen sollen. Abweichungen von den
bisherigen Amtsgrenzen können unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen.
Angesichts des im Leitbild u.a. genannten Regelbeispiels der Schaffung von
Verwaltungseinheiten annähernd gleicher Leistungskraft ist die Erwägung des
Gesetzgebers, zwischen den starken Zentralorten Brandenburg an der Havel,
Werder (Havel) und Potsdam eine leistungsfähige Verwaltungseinheit und nicht
lediglich zwei wesentlich schwächere Ämter bzw. Gemeinden zu bilden, nicht
zu beanstanden. Ein Verfassungsverstoß liegt nicht vor. Das
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat u.a. bereits mit Beschluß vom
27. Mai 2004 (- VfGBbg 138/03 - [Königsberg], S. 17 f. des UA) entschieden,
daß „wenn eine Lösung innerhalb der Grenzen des bestehenden Amtes nicht
möglich ist und es ohnehin zu einer Abwicklung des Amtes kommt, ... sowohl
nach dem Leitbild als auch nach dessen tatsächlicher Umsetzung im
Gesetzgebungsverfahren die gesetzliche Zuordnung jeder Gemeinde unabhängig
von der der übrigen Gemeinden des bisherigen Amtes und deren Zuordnung und
unabhängig von einer abstrakten `Amtsverbundenheit` erfolgen (muß)“. Hier
war schon mit der durch die besondere Stadt-Umland-Problematik gebotenen
Ausgliederung zumindest der Gemeinde Wust die bisherige „Amtsverbundenheit“
gelöst und weiterer Raum für eine bei Bedarf ämterübergreifende Lösung
eröffnet.
Es ist angesichts der unmittelbaren Nachbarschaft sowie der ausgeprägten
strukturellen und wirtschaftlichen Vergleichbarkeit der
Beschwerdeführerinnen, der Gemeinde Götz und der bisherigen Gemeinde Groß
Kreutz verfassungsrechtlich unbedenklich, daß der Gesetzgeber gerade ihren
Zusammenschluß bestimmt hat. Auch wenn das Amt Groß Kreutz dem engeren
Verflechtungsraum zugehörte und das Amt Emster-Havel dem äußeren
Entwicklungsraum, waren beide Bereiche einander strukturell erheblich
angenähert. So wies das Amt Groß Kreutz etwa eine für den engeren
Verflechtungsraum untypisch geringe Einwohnerdichte auf, während das Amt
Emster-Havel sogar einen höheren Wert verzeichnete. Der Gesetzgeber hat auch
gesehen, daß die bisherige Ämtergrenze etwa zehn Jahre zuvor noch Grenze
zweier kleiner Landkreise im Bezirk Potsdam der DDR war, ohne daß insoweit
Hindernisse für die Bildung eines einheitlichen Verwaltungsraums
festzustellen waren. Es ist nicht fehlsam, wenn der Gesetzgeber seiner
Neugliederungsentscheidung vielmehr zugrundelegte, daß die Entfernungen
zwischen den Zentren dieser Gemeinden gering waren, sie durch eine
Bundesstraße und Landesstraßen untereinander sowie mit dem weiteren Umland
bis nach Brandenburg an der Havel und nach Berlin verkehrsmäßig gut
verbunden waren und daraus wechselseitige Inanspruchnahmen der vorhandenen
Einrichtungen resultierten.
Auch die Entscheidung, für den Raum Groß Kreutz und Emster-Havel - soweit
nicht eine andere Zuordnung bestimmt wurde - insgesamt eine amtsfreie
Gemeinde und kein größeres Amt zu schaffen ist verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden. Leitbildgerecht war zunächst, für den Bereich Groß Kreutz im
engeren Verflechtungsraum eine amtsfreie Gemeinde zu schaffen (Ziff. 2. a)
aa) des Leitbildes). Für den Bereich Emster-Havel des äußeren
Entwicklungsraums kamen hingegen grundsätzlich die Schaffung eines größeren
Amtes und einer amtsfreien Gemeinde als Alternativen in Frage (Ziff. 2. a)
dd) des Leitbildes). Insoweit ist es nicht unvertretbar, daß der Gesetzgeber
dem Votum der zugleich die meisten Einwohner verkörpernden Mehrheit der
neuzugliedernden Gemeinden - in Gestalt der Gemeinden Groß Kreutz, Deetz,
Schmergow, Bochow und Götz - für die Schaffung einer amtsfreien Gemeinde
gefolgt ist und nicht nach dem Willen der Beschwerdeführerinnen die -
abgesehen von ihrer noch unzureichenden Einwohnerzahl nach dem Leitbild zur
Amtsfreiheit berechtigte - Gemeinde Groß Kreutz in ein Amt eingebunden hat.
Eine Vereinigung der Beschwerdeführerinnen mit anderen Gemeinden durfte der
Gesetzgeber mangels vergleichbarer Verhältnisse und Beziehungen
ausschließen. Ein zur Aufnahme der Beschwerdeführerinnen geeignetes Amt
bestand in ihrer Umgebung nicht. Zudem haben die Beschwerdeführerinnen -
außer einem Festhalten an einer auf den Raum Emster-Havel oder auch nur auf
einen Teil davon begrenzten Lösung - anderweitige Präferenzen, die insoweit
neue Erwägungen hätten veranlassen können, nicht geäußert.
(cc) Der Gesetzgeber hat bedacht, daß die Anfang 1993 in Brandenburg
abgeschlossene Ämterbildung zum Ziel hatte, eine große Anzahl von Gemeinden
unter Beibehaltung ihrer Selbständigkeit und ihres Selbstverwaltungsrechtes
in Verwaltungseinheiten zusammenzufassen. Auch in den Umlandgemeinden von
Berlin wurde diese strukturelle Neugliederung umgesetzt. Es ist in
verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen worden,
daß es sich bei der nun gesetzlich angeordneten Neustrukturierung nicht um
eine sogenannte Mehrfachneugliederung - ein „Hin und Her“ gebietlicher
Zuordnungen der Gemeinden und Gemeindeteile -, sondern um eine
Fortentwicklung der nach 1990 begonnenen Strukturreform von zumeist sehr
kleinen Gemeinden hin zu dauerhaft leistungsstarken Verwaltungseinheiten
handelt. Die Ämterbildung war ein erster Lösungsansatz, der vom Gesetzgeber
u.a. wegen zunehmender Stadt-Umland-Probleme, insbesondere im engeren
Verflechtungsraum um Berlin, wie auch wegen fortschreitender
Strukturschwäche im äußeren Entwicklungsraum für letztlich unzureichend
befunden werden durfte (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 56 ff.).
ff) Auch im übrigen läßt die Abwägung des Gesetzgebers keine seine
Entscheidung in Frage stellenden Defizite erkennen.
(1) Insbesondere war der Gesetzgeber nicht durch die finanziellen Folgen an
einer Eingliederung der Beschwerdeführerinnen in die Gemeinde Groß Kreutz/Emster
gehindert. Für die Beurteilung am Maßstab des öffentlichen Wohls im Sinne
des Art. 98 Abs. 1 LV ist nicht ausschließlich oder auch nur in erster Linie
entscheidend, welche Lösung für die Einwohner der einzelnen Gemeinde die
meisten Vorteile bietet. Entscheidend ist vielmehr, welche Lösung den
Interessen des gesamten neu zu gliedernden Verwaltungsraumes und seiner
Bevölkerung sowie darüber hinaus der Gesamtbevölkerung des Landes am besten
entspricht. Von dieser Erwägung hat sich der Gesetzgeber bei der Ausübung
seines Ermessens leiten lassen. Die Annahme des Gesetzgebers, daß die
Beschwerdeführerinnen - auch wenn die Finanzlage naturgemäß veränderlich ist
- allein wenig leistungsfähig sind, durch den Gemeindenzusammenschluß aber
auf Dauer eine strukturelle Stärkung erfahren, ist beanstandungsfrei. Der
Gesetzgeber wäre allerdings gehindert, eine Gemeinde zu bilden, deren
Finanzausstattung evident unzureichend sein wird und in der für eine
gemeindliche Selbstverwaltung auf Dauer kein Raum mehr ist. Eine derartige
Gemeinde führte lediglich ein „Scheindasein“ (BVerfGE 1, 167, 175; vgl. auch
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 16. September 1998 -
VfGBbg 28/98 -, LVerfGE 10, 237, 242). So liegen die Dinge hier nicht. Auch
wenn aus Investitionen der Vergangenheit noch eine hohe Verschuldung der
bisherigen Gemeinden Groß Kreutz und Götz resultierte, durfte der
Gesetzgeber berücksichtigen, daß es bereits im Jahr 2002 erhebliche
Landesmittel als Finanzhilfen gab, die den Schuldenstand erheblich
reduzierten, sowie Zusagen für künftige Landeshilfen. Sofern sich die
Beschwerdeführerinnen sorgen, künftig würden die vorhandenen Mittel nicht
sinnvoll und gerecht auf das Gesamtgebiet verteilt, bestehen Anhaltspunkte
für ein solches Verhalten der Gemeinde Groß Kreutz (Havel) nicht.
Kommunalpolitische Aufgaben, wie sie es auch in jeder anderen aus Ortsteilen
bestehenden Gemeinde gibt, lassen sich zudem, wie zahlreiche Beispiele
zeigen, auch bei einer gewissen mehrpoligen Gemeindestruktur mit Geschick so
lösen, daß einzelne Ortsteile sich nicht dauernd ausgeschlossen fühlen.
Ebenso durfte es der Gesetzgeber der politischen Gestaltung durch die
neugebildete Gemeinde überlassen, in welcher Weise auf dem Gebiet der
Beschwerdeführerin zu 1 getätigte Investitionen für das Gebäude der
bisherigen Amtsverwaltung und für die Schule - wie auch Investitionen in
anderen Gemeinden der beiden Ämter - weiterhin möglichst sinnvoll genutzt
werden. Daß eine der Schulen - wie die Beschwerdeführerinnen vermuten -
größere Bedeutung erhalten werde als andere und welches der Amtsgebäude den
(Haupt-)Sitz der Verwaltung der neuen Gemeinde aufnehmen werde, ist mit der
Neugliederung weder entschieden worden noch zu entscheiden gewesen.
(2) Verfassungsrechtlich unbedenklich ist schließlich auch, wie der
Gesetzgeber den geäußerten Willen der Bevölkerung gewichtet hat. Die aus der
Anhörung der Bevölkerung der Beschwerdeführerinnen und der weiteren
Gemeinden beider Ämter resultierenden Stellungnahmen und gegebenenfalls
Ergebnisse von Bürgerentscheiden (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 192 ff.) zur
beabsichtigten Neugliederung lagen im Landtag vor und sind damit in das
Gesetzgebungsverfahren eingeflossen. An das sich daraus ergebende
Stimmungsbild ist der Gesetzgeber nicht gebunden. Das Ergebnis der Anhörung
der Bevölkerung stellt vielmehr nur ein Merkmal unter weiteren
Gesichtspunkten dar, die für die Ermittlung der Gründe des öffentlichen
Wohles und damit für die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers von
Bedeutung sind. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es eben auch darum,
größere Räume neu zu gliedern, so daß nicht nur örtliche Gegebenheiten - wie
etwa die Akzeptanz des Vorhabens bei den Bürgern der einzelnen Gemeinde -
ins Gewicht fallen. Hiervon ausgehend hat sich der Landtag in den Grenzen
seiner Entscheidungsfreiheit bewegt, als er den für die Eingliederung der
Beschwerdeführerinnen in die neue Gemeinde Groß Kreutz/Emster sprechenden
Umständen mit dem Ziel, der Schaffung eines einheitlichen Lebens-, Arbeits-
und Wirtschaftsraumes im Umfeld brandenburgischer Städte sowie Berlins, auch
hier das höhere Gewicht beigemessen hat.
C.
Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine mündliche Verhandlung nicht
für erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1 2. Alt. VerfGGBbg.
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