In dem kommunalen
Verfassungsbeschwerdeverfahren
Gemeinde Krielow,
vertreten durch das Amt Groß Kreutz,
dieses vertreten durch den Amtsdirektor,
Bochower Straße 5,
14550 Groß Kreutz,
Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin
M.,
wegen: |
kommunale Neugliederung;
hier: Eingliederung der Gemeinde Krielow (Amt Groß Kreutz) in die
neugebildete amtsfreie Gemeinde Groß Kreutz/Emster |
hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr.
Dombert, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel, Prof. Dr. Schröder und Prof.
Dr. Will
am 09. Februar 2006
b e s c h l o s s e n :
Die kommunale Verfassungsbeschwerde wird
teils verworfen, im übrigen zurückgewiesen.
G r ü n d e :
A.
Die Beschwerdeführerin, eine bisher dem
Amt Groß Kreutz angehörende Gemeinde, wehrt sich gegen ihre Auflösung durch
Eingliederung in die neue amtsfreie Gemeinde Groß Kreutz/Emster (seit Juli
2004: Groß Kreutz (Havel)).
I.
1. Die Beschwerdeführerin liegt knapp 20
km westlich der Berliner Stadt- und Landesgrenze im Landkreis
Potsdam-Mittelmark. Das nach dem sog. Amtsmodell 1 gebildete bisherige Amt
Groß Kreutz mit den Gemeinden Bochow, Deetz, Derwitz, Groß Kreutz, Schmergow
und der Beschwerdeführerin lag im engeren Verflechtungsraum zu Berlin (s.
Art. 1 Anlage 1 § 4 S. 4 Nr. 1 i.V.m. Anhang B 1 des Staatsvertrages vom 7.
August 1997 über das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm der Länder Berlin
und Brandenburg [Landesentwicklungsprogramm, nachfolgend LEPro] und über die
Änderung des Landesplanungsvertrages [GVBl. 1998 I S. 14]). Die
Beschwerdeführerin war von allen anderen amtsangehörigen Gemeinden
unmittelbar umgeben und hatte im Osten eine gemeinsame Gemarkungsgrenze mit
der Stadt Werder (Havel) (Ortsteile Kemnitz und Phöben), deren Stadtzentrum
etwa zehn Kilometer vom Zentrum der Beschwerdeführerin entfernt lag. Die
Bebauung der Beschwerdeführerin reichte bis unmittelbar an die
Gemarkungsgrenzen zu Groß Kreutz im Westen und Derwitz im Südosten. Das
Ortszentrum der Beschwerdeführerin war mit der einen Kilometer entfernten
Haltstelle Groß Kreutz der nach Berlin führenden Regionalexpreßlinie RE 1
und nach einem weiteren Kilometer mit dem bisherigen Amtssitz in Groß Kreutz
über eine gut ausgebaute Landesstraße verbunden. In Groß Kreuz ebenso wie in
der von der Beschwerdeführerin ca. drei Kilometer entfernten Gemeinde
Derwitz bestand Anschluß zur Bundesstraße 1 nach Berlin sowie weiter zur
Bundesautobahn 10 („Berliner Ring“, Anschlußstelle Groß Kreutz). Die
Flächengröße des Amtes Groß Kreutz lag mit 75,4 Quadratkilometer deutlich
unter dem Landesdurchschnitt vor der kommunalen Neugliederung (161 km²). Die
Bevölkerungsdichte betrug mit ca. 65 Einwohnern je Quadratkilometern zum 31.
Dezember 2001 mehr als der Durchschnitt des äußeren Entwicklungsraums (knapp
50 Einwohner je Quadratkilometer) und weniger als der Landesdurchschnitt (87
Einwohner je Quadratkilometer). Zu diesem Zeitpunkt lebten von den etwa
4.880 Einwohnern des Amtsgebietes ca. 1.700 in Groß Kreutz, ca. 930 in Deetz,
ca. 850 in Schmergow, knapp 600 in Bochow, 460 in Derwitz und ca. 340 im
Gebiet der Beschwerdeführerin. Die Einwohnerzahl der Gemeinde Groß Kreutz
schwankte geringfügig, alle anderen Gemeinden des Amtes verzeichneten von
1992 bis 2001 einen geringen aber kontinuierlichen Einwohnerzuwachs.
Das westliche Nachbaramt Emster-Havel gehörte dem äußeren Entwicklungsraum
des Landes Brandenburg an. Es bestand zum 31. Dezember 2001 aus sieben
Gemeinden. Im April 2002 gliederte sich die einwohnerstärkste Gemeinde
Damsdorf mit ca. 1.700 Einwohnern in die benachbarte amtsfreie Gemeinde
Kloster Lehnin ein. Danach lebten im Amtsgebiet ca. 5.240 Einwohner, davon
in Schenkenberg ca. 1.540, in Götz ca. 1.260, in Jeserig ca. 1.190, in
Gollwitz ca. 470, in Wust ca. 420 sowie in Trechwitz ca. 360 Einwohner. Die
Flächengröße des Amtes Emster-Havel betrug 62,6 km² mit einer
Bevölkerungsdichte von 84 Einwohnern je Quadratkilometer. Alle Gemeinden des
Amtes verzeichneten gegenüber dem Jahr 1992 einen Einwohnerzuwachs, am
stärksten die Gemeinde Schenkenberg um 150 %. Der Amtssitz befand sich in
der Gemeinde Jeserig.
Eine bauliche Verflechtung bestand
zwischen den Gemeinden Schenkenberg, Jeserig sowie über den südlichen Teil
der Gemeinde Götz (mit Bahnhof und Ausbildungszentrum der Handwerkskammer
Potsdam) auch mit der Gemeinde Groß Kreutz (Ortsteil Ausbau). Grundschulen
sowie Schulen der Sekundarstufe 1 gab es in Groß Kreutz und in Jeserig. Die
meisten Grundschüler aus dem Bereich des Amtes Emster-Havel gingen in
Jeserig zur Schule, einige auch in Groß Kreutz. Die Schüler aus dem Bereich
der Beschwerdeführerin fuhren zu den Schulen in Groß Kreutz bzw. zu
weiterführenden Schulen in größeren Orten. Im Zeitpunkt der Entscheidung des
Gesetzgebers besuchte kein Schüler der Beschwerdeführerin eine Schule in der
Stadt Werder (Havel). Alle Gemeinden des Amtes Groß Kreutz verfügten über
eine ausreichende bis gute Investitionskraft. Aus sehr hohen Investitionen
in Groß Kreutz folgte eine hohe Verschuldung. Die Gemeinden des Amtes
Emster-Havel hatten nur eine geringe Investitionskraft. In diesem Amt konnte
allein die Gemeinde Schenkenberg durchgängig positive Finanzierungssalden
ausweisen, im Amt Groß Kreutz vermochten dies alle Gemeinden außer Bochow.
Die Gemeinde Götz ist sehr hoch verschuldet und mußte wiederholt mehrere
Millionen Euro Landeshilfen in Anspruch nehmen.
2. Bereits Ende April 2002 versandte das Ministerium des Innern Unterlagen
für eine Anhörung der Beschwerdeführerin und der anderen Gemeinden der Ämter
Groß Kreutz und Emster-Havel zu der für sie beabsichtigten kommunalen
Neugliederung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. In den ersten beiden
Maiwochen wurden auch die Unterlagen für die Anhörung der Bevölkerung an den
Landrat des Landkreises Potsdam-Mittelmark versandt. Für die Anhörung der
Bürger stand ein Monat zur Verfügung.
3. Die Gemeinden Groß Kreutz, Bochow,
Deetz und Schmergow des Amtes Groß Kreutz und die Gemeinde Götz des Amtes
Emster-Havel beschlossen, eine amtsfreie Gemeinde Groß Kreutz zu bilden. Die
Gemeinde Derwitz und die Beschwerdeführerin beabsichtigten, in die Stadt
Werder (Havel) eingegliedert zu werden. Die Gemeinde Gollwitz erstrebte ihre
Eingliederung in die Stadt Brandenburg an der Havel. Betreffende Verträge
dieser Gemeinden wurden vor der gesetzlichen Neugliederung nicht mehr
verwirklicht. Lediglich die Gemeinden Jeserig, Schenkenberg, Trechwitz und
Wust mit insgesamt ca. 3.500 Einwohnern aus dem Amt Emster-Havel
präferierten den Erhalt einer Amtsverwaltung.
4. Im September/Oktober des Jahres 2002 brachte die Landesregierung sechs
Gesetzentwürfe zur landesweiten Gemeindegebietsreform in den Landtag ein. §
13 des Entwurfs zum Vierten Gesetz zur landesweiten Gemeindegebietsreform
betreffend die Landkreise Havelland, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming (4.
GemGebRefGBbg) sah u.a. die Eingliederung der Beschwerdeführerin sowie
weiterer Gemeinden der Ämter Groß Kreutz und Emster-Havel in die
neugebildete Gemeinde Groß Kreutz/Emster vor. Demgegenüber erstrebte die
Beschwerdeführerin weiterhin eine Eingliederung in die Stadt Werder (Havel).
Daneben sah § 1 des Entwurfs zum Ersten Gesetz zur landesweiten
Gemeindegebietsreform (1. GemGebRefG) die Eingliederung der Gemeinden
Gollwitz und Wust in die kreisfreie Stadt Brandenburg an der Havel vor. Der
Innenausschuß des Landtages, an den die Gesetzentwürfe nach der ersten
Lesung verwiesen worden waren, führte am 23. Oktober 2002 vorab eine
Anhörung zu grundsätzlichen Fragen durch. In der Anhörung der
Beschwerdeführerin vor dem Innenausschuß am 20. November 2002 machte deren
ehrenamtlicher Bürgermeister geltend, zur Zeit der Wende habe eine stärkere
Bindung zu Groß Kreutz bestanden und die Bindung durch die Schule und die
Kindertagesstätte sei weiterhin gegeben, aber auch eine Tendenz in Richtung
auf Werder (Havel). Auf Anregung des Innenausschusses wurde der
Gesetzentwurf insoweit geändert, daß die Gemeinde Derwitz nicht mehr in die
neue Gemeinde Groß Kreutz/Emster eingemeindet werden sollte. Daraufhin
genehmigte das Innenministerium den Vertrag zur Eingliederung dieser
Gemeinde in die Stadt Werder (Havel). Das Gesetz wurde sodann im Frühjahr
2003 vom Landtag verabschiedet. § 13 des 4. GemGebRefGBbg vom 24. März 2003
(GVBl. I S. 73), am Tag der landesweiten Kommunalwahlen (26. Oktober 2003)
in Kraft getreten (s. § 37 des Gesetzes), lautet:
§ 13
Verwaltungseinheiten Ämter Emster-Havel und Groß Kreutz sowie Gemeinde
Kloster Lehnin
(1) Aus den Gemeinden Bochow, Deetz, Groß
Kreutz, Krielow und Schmergow des Amtes Groß Kreutz und den Gemeinden Götz,
Jeserig und Schenkenberg des Amtes Emster-Havel wird die neue Gemeinde Groß
Kreutz/Emster gebildet.
(2) Die Gemeinde Trechwitz des Amtes Emster-Havel wird in die Gemeinde
Kloster Lehnin eingegliedert.
(3) Die Ämter Groß Kreutz und Emster-Havel werden aufgelöst. Die Gemeinde
Groß Kreutz/Emster ist amtsfrei.
Nachdem das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg auf eine kommunale Verfassungsbeschwerde der Gemeinde Trechwitz
(VfGBbg 212/03) mit Beschluß vom 24. Juni 2004 § 13 Abs. 2 des 4. GemGebRefG
infolge eines Anhörungsmangels im Gesetzgebungsverfahren für mit der
Landesverfassung unvereinbar erklärt und dem Gesetzgeber die zum 01. Januar
2006 befristete Möglichkeit eingeräumt hatte, unter Vermeidung der
Nichtigkeit eine Neugliederung vorzunehmen, bestimmte der Gesetzgeber mit §
1 Nr. 1 Buchst. e) des Gesetzes zur Bestätigung der landesweiten
Gemeindgebietsreform nach weiterer Bevölkerungsanhörung vom 29. Juni 2004 (GVBl.
I S. 295), daß die ehemalige Gemeinde Trechwitz gemäß § 13 Abs. 2 des 4.
GemGebRefG in die Gemeinde Kloster Lehnin eingegliedert bleibt.
Die neugebildete Gemeinde änderte im Juli 2004 ihren Namen in Groß Kreutz
(Havel).
II.
Die Beschwerdeführerin hat am 26. Mai 2003
kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie macht geltend, ihre
Eingliederung in die Gemeinde Groß Kreutz/Emster sei schon deshalb
verfassungswidrig, weil weder die Bevölkerung des unmittelbar betroffenen
Gebietes noch sie selbst (als Gemeinde) ordnungsgemäß angehört worden seien.
Die Anhörungsfehler seien „absolute Nichtigkeitsgründe“. Auf Fragen der
Kausalität komme es nicht an. Daß sich von 302 Gemeinden, die der
Gesetzgeber aufzulösen versucht habe, 250 mit kommunalen
Verfassungsbeschwerden dagegen zu Wehr setzten, sei bereits „ernstes Indiz
für die verfassungswidrige Gewalt der gesetzlichen Regelung“. Es fehle an
dem Nachweis, daß die Beschwerdeführerin ungeeignet sei, den Anforderungen
moderner Selbstverwaltung zu entsprechen. Der Abwägungsvorgang sei
fehlerhaft, was u.a. auf Ermittlungsdefiziten beruhe.
Die Beschwerdeführerin beantragt festzustellen:
§ 13 des Vierten
Gemeindegebietsreformgesetzes Brandenburg verletzt die Beschwerdeführerin
in ihren verfassungsmäßigen Rechten und ist deshalb nichtig.
III.
Der Landtag Brandenburg, die
Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg und die
neugebildete Gemeinde Groß Kreutz (Havel) hatten Gelegenheit zur
Stellungnahme.
B.
Die kommunale Verfassungsbeschwerde bleibt
ohne Erfolg.
I.
Sie ist in begrenztem Umfang
zulässig.
1. Die kommunale
Verfassungsbeschwerde ist insofern unzulässig, als sie sich auch gegen die
(hier in § 13 Abs. 3 des 4. GemGebRefGBbg bestimmte) Auflösung der
bisherigen Ämter sowie zugleich gegen die Eingliederung der anderen
amtsangehörigen Gemeinden in die neugebildete amtsfreie Gemeinde Groß
Kreutz/Emster (§ 13 Abs. 1 des 4. GemGebRefG) und gegen die Eingliederung
der Gemeinde Trechwitz in die Gemeinde Kloster Lehnin (§ 13 Abs. 2 des 4.
GemGebRefG) richtet. Insoweit ist die Beschwerdeführerin - auch unabhängig
davon, daß § 13 Abs. 2 des 4. GemGebRefG nur in Verbindung mit einem Angriff
gegen § 1 Nr. 1 Buchst. e) des Bestätigungsgesetzes vom 29. Juni 2004
Beschwerdegegenstand hätte werden oder verbleiben können - jedenfalls nicht
beschwerdebefugt. Eine amtsangehörige Gemeinde kann nach der Rechtsprechung
des Landesverfassungsgerichts lediglich beanspruchen, daß ihr überhaupt eine
geeignete (Amts-)Verwaltung, nicht aber, daß sie ihr in der bisherigen Form
und in dem bisherigen Zuschnitt zur Verfügung steht (Beschluß vom 16. Mai
2002 - VfGBbg 57/01 -, LKV 2002, 515 sowie Urteil vom 29. August 2002 -
VfGBbg 34/01 -, [Kreuzbruch], LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 13, S. 116 = LKV
2002, 573, 574). Gesichtspunkte für eine Beschwer sind insoweit weder
geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
2. Im übrigen ist die
kommunale Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin gemäß Art. 100
Verfassung des Landes Brandenburg (LV), §§ 12 Nr. 5, 51
Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg) statthaft und
auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdeführerin ungeachtet des
zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Neuregelung beteiligtenfähig. Eine
Gemeinde gilt nach feststehender Rechtsprechung für die Dauer des gegen ihre
Auflösung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens als
fortbestehend. Ebenso wird die Beschwerdeführerin im kommunalen
Verfassungsbeschwerdeverfahren weiter durch das bisherige Amt vertreten. II.
Die kommunale Verfassungsbeschwerde erweist sich aber in der Sache selbst
als unbegründet. Die Auflösung von Gemeinden durch den Staat ist, wie sich
unmittelbar aus Art. 98 Abs. 1 und 2 LV ergibt, nicht von vornherein
ausgeschlossen. Die dafür nach Art. 98 Abs. 1 sowie Abs. 2 LV gezogenen
Grenzen sind hier nicht verletzt.
1. Die nach der Landesverfassung geltenden Anhörungserfordernisse sind
eingehalten worden. Im Hinblick auf die insoweit von der
Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in einer Vielzahl von
Verfahren im wesentlichen gleichlautend vorgebrachten Einwände wird auf die
ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes (vgl. u.a. Urteil vom 18.
Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -, LVerfGE 14, 203, und zuletzt ausführlich
Beschluß vom 16. September 2004 - VfGBbg 118/03 -
www.verfassungsgericht.brandenburg.de) Bezug genommen.
Insbesondere ist die durchgeführte Anhörung der Beschwerdeführerin hier auch
nicht deshalb obsolet geworden, weil danach der Gesetzentwurf geändert
worden ist. Eine erneute Anhörung ist nur geboten, wenn es zu einer
wesentlichen Änderung kommt (vgl. BVerfGE 50, 195, 203; SächsVerfGH
LVerfGE 11, 356, 386; NdsStGH NJW 1979, 2301; StGH BW DÖV 1976, 245; VerfGH
NW OVGE 26, 306). Das war hier auch insoweit nicht der Fall, als mit der
schließlich vom Innenministerium genehmigten vertraglichen Eingliederung der
Gemeinde Derwitz in die Stadt Werder (Havel) die noch im Anhörungsentwurf
enthaltene Textpassage über die Einbeziehung auch dieser Gemeinde in die
neugebildete Gemeinde Groß Kreutz/Emster entfiel. Bereits grundsätzlich ist
eine Gemeinde in Bezug auf die Eingliederung anderer Gemeinden nicht in
ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung betroffen (Verfassungsgericht des
Landes Brandenburg, u.a. Beschluß vom 16. Mai 2002, a.a.O.; Urteil vom 29.
August 2002, a.a.O.). Für einen Ausnahmefall, in dem eine Gemeinde ihre
Selbständigkeit zugunsten einer Lösung aufgeben soll, deren Qualität in
gewichtigem Maße von der Zuordnung einer anderen Gemeinde abhängt (vgl.
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 26. August 2004 -
VfGBbg 230/03 - [Groß Machnow]), ist angesichts der nur 460 Einwohner
zählenden und am Rande des Gebiets der bisherigen Ämter gelegenen Gemeinde
Derwitz nichts ersichtlich. Auch die Beschwerdeführerin hat der Änderung des
Neugliederungsvorhabens in ihrem Vortrag keine Bedeutung beigemessen.
2. Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neugebildete Gemeinde
Groß Kreutz/Emster bleibt auch in der Sache selbst im Einklang mit der
Landesverfassung.
a) In das Gebiet einer Gemeinde sowie - erst recht - in ihre
körperschaftliche Existenz kann zufolge Art. 98 Abs. 1 LV nur aus Gründen
des öffentlichen Wohls eingegriffen werden. Der Inhalt des
Begriffes „öffentliches Wohl“ ist dabei im konkreten Fall vom Gesetzgeber
auszufüllen, dem in dieser Hinsicht grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum
und politische Gestaltungsfreiheit in dem Sinne zukommt, daß er Ziele,
Leitbilder und Maßstäbe festlegen kann.
Das Verfassungsgericht überprüft zunächst, ob der Gesetzgeber den
entscheidungsrelevanten Sachverhalt zutreffend und umfassend ermittelt hat.
Dabei ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle nicht eingeschränkt
(Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, ständige Rechtsprechung, u.a.
Beschluß vom 27. Mai 2004 - VfGBbg 138/03 - [Königsberg]; BVerfGE 50, 50, 51
[Laatzen]).
Das Verfassungsgericht prüft sodann, ob der Gesetzgeber den ermittelten
Sachverhalt seiner Regelung zutreffend zugrundegelegt und die mit ihr
einhergehenden Vor- und Nachteile in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise
gewichtet und in die Abwägung eingestellt hat. Hierbei darf sich das
Verfassungsgericht nicht an die Stelle des Gesetzgebers setzen und hat seine
Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Zielvorstellungen, Sachabwägungen,
Wertungen und Einschätzungen des Gesetzgebers offensichtlich fehlerhaft,
lückenhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der Wertordnung der
Verfassung widersprechen. Die Bevorzugung einzelner und die gleichzeitige
Hintanstellung anderer Belange bleibt dem Gesetzgeber so weit überlassen,
als das mit dem Eingriff in den Bestand der Kommunen verbundene
Abwägungsergebnis zur Erreichung der verfolgten Zwecke nicht offenkundig
ungeeignet oder unnötig ist oder zu den angestrebten Zielen deutlich außer
Verhältnis steht und frei von willkürlichen Erwägungen und Differenzierungen
ist. Es ist dabei nicht die Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob der
Gesetzgeber die beste und zweckmäßigste Neugliederungsmaßnahme getroffen hat
(Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteile vom 18. Juni 1998 –
VfGBbg 27/97 –, LVerfGE 8, 97, 169 f. m.w.N. und vom 29. August 2002, a.a.O.;
ständige Rechtspr., u.a. Urteil vom 18. Dezember 2003 – VfGBbg 101/03 -,
a.a.O.).
b) In Anwendung dieser Grundsätze
hat sich hier der Gesetzgeber fehlerfrei auf den Standpunkt gestellt, daß
für die Eingliederung der Beschwerdeführerin Gründe des öffentlichen Wohls
vorliegen, und auf dieser Grundlage eine verfassungsrechtlich nicht zu
beanstandende Regelung getroffen. Im einzelnen:
aa) Die allgemeinen vom Gesetzgeber hier
herangezogenen Kriterien für die kommunale Neugliederung halten sich im
Rahmen des öffentlichen Wohls (Art. 98 Abs. 1 LV). Der Gesetzgeber beruft
sich für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neugebildete
Gemeinde Groß Kreutz/Emster wesentlich auf das Bedürfnis einer
Strukturänderung der brandenburgischen Gemeinden in der Nähe zu Berlin (vgl.
LT-Drucksache 3/4883, S. 240 sowie Beschlußempfehlung des Innenausschusses
zu § 13 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550), und zwar
auf das Leitbild des Zusammenschlusses bislang amtsangehöriger zu amtsfreien
Gemeinden im engeren Verflechtungsraum Brandenburg-Berlin (2. a) aa) des
Leitbildes).
(1) Die Einteilung des Landes in verschiedene Neugliederungsräume mit
der Differenzierung zwischen engerem Verflechtungs- und äußerem
Entwicklungsraum einschließlich der Grundsatzentscheidung für amtsfreie
Gemeinden in einem Bereich um Berlin ist verfassungsrechtlich zulässig. Der
Gesetzgeber hat die Problematik des engeren Verflechtungsraumes ausführlich
untersucht und beschrieben (s. Gesetzesbegründung zum 4. GemGebRefGBbg,
LT-Drucksache 3/4883, S. 23 ff., 75 f.). Wenn er annimmt, die beiden
Teilräume des Landes unterschieden sich in einigen Kennziffern deutlich -
etwa Bevölkerungsdichte, Siedlungsdichte, Besiedlungsgrad, durchschnittliche
Gemeindegröße, Bevölkerungsentwicklung, Wanderungssaldo, Anteil der
Auspendler nach Berlin, Anteil der Einpendler in die Brandenburger Gebiete
aus Berlin, Arbeitslosenquote etc. (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 23 ff.) -
und er für diese Teilräume grundsätzlich jeweils eine andere Struktur
präferiert, so liegt darin nicht die Entscheidung für offenkundig
ungeeignete oder unnötige Maßnahmen (Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg, ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. Urteil vom 26. August 2004 -
VfGBbg 230/03 - [Groß Machnow]).
(2) Es kann auch nicht festgestellt werden, daß der Gesetzgeber
grundsätzlich fehlerhaft die Abgrenzung zwischen den beiden
Neugliederungsräumen vorgenommen hätte. Er hat im Gesetzgebungsverfahren,
ausgehend von der bisherigen landesplanerischen Einordnung nach Anhang B 1
zum Landesentwicklungsprogramm und Anlage 1 zum Landesplanungsvertrag,
geprüft, ob die Einordnung einer Gemeinde bzw. eines Amtes in den engeren
Verflechtungsraum angesichts der tatsächlichen Entwicklung der letzten Jahre
noch trägt. Diese Vorgehensweise ist verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden (eingehend hierzu: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg,
u.a. Urteil vom 26. August 2004, a.a.O.).
bb) Der Gesetzgeber hat sich ausreichend mit den danach maßgeblichen
tatsächlichen Verhältnissen befaßt.
Sie sind sowohl mit Blick auf die allgemeinen Strukturprobleme, die sich aus
der Nähe zu Berlin ergeben, als auch die Verflechtung der Beschwerdeführerin
mit den weiteren die neue Gemeinde Groß Kreutz/Emster bildenden bislang
amtsangehörigen Gemeinden in den Gesetzesunterlagen zutreffend angesprochen
(s. die Beschreibung der Gemeinden im „Neugliederungssachverhalt“ in
LT-Drucksache 3/4883, S. 235 ff.).
So ist nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber die Zugehörigkeit des
Amtsgebiets Groß Kreutz zum engeren Verflechtungsraum annahm. Er hat
gesehen, daß einzelne der im engeren Verflechtungsraum häufig gegebenen
Merkmale nicht erfüllt waren. Zwar wies das Amtsgebiet eine unter dem
Landesdurchschnitt liegende Siedlungsdichte auf. Diese lag aber noch
deutlich über dem Bevölkerungsdurchschnitt des äußeren Entwicklungsraums im
Land Brandenburg. Zudem verzeichneten das Amt und - mit einer Ausnahme -
alle amtsangehörigen Gemeinden eine kontinuierliche Bevölkerungszunahme. Als
typisch für eine Belegenheit im engeren Verflechtungsraum durfte der
Gesetzgeber die guten Verbindungen des Öffentlichen Personennahverkehrs
berücksichtigen. Über regelmäßige Busverbindungen zum Bahnhof Groß Kreutz
der Regionalexpreßlinie 1 - sowie zum Bahnhof Götz - bestand halbstündlich
Anschluß nach Potsdam und Berlin. Auch über die mitten durch das Amtsgebiet
(u.a. Gemeinden Groß Kreutz und Bochow) sowie durch die Gemeinden Götz und
Jeserig des bisherigen Nachbaramtes Emster-Havel verlaufende Bundesstraße 1
mit Anbindung an die nahe Bundesautobahn 10 waren Potsdam und Berlin gut
erreichbar. Ebenso ist der über die Amtsgrenzen u.a. bis nach Potsdam und
Berlin reichende starke Pendelverkehr der Arbeitnehmer aus allen Gemeinden
des Amtes ein typisches Merkmal des engeren Verflechtungsraums um Berlin.
Daß der Gesetzgeber das Gebiet des Amtes Groß Kreutz nicht als dem äußeren
Entwicklungsraum zugehörig ansehen mußte, wird schließlich auch daran
deutlich, daß abgesehen von einigen Landwirtschafts- und Gartenbaubetrieben
insbesondere das Gewerbegebiet in Groß Kreutz in Beziehung mit den nahen
Gewerbegebieten in Götz und Jeserig eine erhebliche wirtschaftliche
Bedeutung besaßen.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber nachvollziehbar dargestellt, daß in
erheblichem Umfang Verbindungen schon zwischen der bisherigen größten
Gemeinde Groß Kreutz des gleichnamigen Amtes und den übrigen amtsangehörigen
Gemeinden - mit Ausnahme der am Rande des Amtsgebiets nahe der Stadt Werder
(Havel) gelegenen Gemeinde Derwitz - bestanden. Dies galt, wie auch der
Bürgermeister der Beschwerdeführerin einräumte, besonders auf dem Gebiet des
Schulwesens und der Kinderbetreuung, aber auch im Hinblick auf
Dienstleistungs- und Versorgungsangebote sowie Arbeitsstätten. Um so
deutlicher stellt sich die Einschätzung des Gesetzgebers als
beanstandungsfrei dar, daß die im Zuge eines von den meisten Gemeinden des
Amtes mittels Vertrages erstrebten leitbildgerechten Zusammenschlusses
neugebildete Gemeinde Groß Kreutz/Emster mit ca. 4.080 Einwohnern - und mit
ca. 5.330 Einwohnern nach der auch von der aus dem Nachbaramt kommenden
Gemeinde Götz beantragten Aufnahme dieser Gemeinde - aufgrund ihrer Lage
sowie als bedeutender Verkehrsknotenpunkt und gewerbliches Zentrum mit
zahlreichen Arbeitsstätten in jedem Fall einen Kristallisationskern für die
bislang amtsangehörigen Gemeinden bildet. Dabei hat der Gesetzgeber nicht
übersehen, daß die Gemeinde Derwitz insoweit einen Ausnahmefall darstellte,
als sie durch besondere historische, wirtschaftliche und entstehende
touristische Beziehungen zur Nachbarstadt Werder (Havel) geprägt war, ihre
Schüler der Sekundarstufe mehrheitlich Schulen in Werder (Havel) besuchten
und sich eine zunehmende Annäherung der Bebauung der Gemeinde Derwitz und
des Ortsteils Plötzin/Neuplötzin der Stadt Werder (Havel) beiderseits der
Bundesautobahn 10 und der Bundesstraße 1 vollzog. Die Beschwerdeführerin
hingegen wies vergleichbare Ausnahmeumstände nicht auf.
Auch die weiteren wesentlichen Strukturdaten wurden zutreffend ermittelt,
etwa die Haushaltssituation der Beschwerdeführerin und der übrigen Gemeinden
des Amtes sowie ihre Lage im Bezirk der Grundschule und der Schule der
Sekundarstufe 1 in der bisherigen Gemeinde Groß Kreutz.
Diese Sachverhaltsermittlung begegnet keinen verfassungsrelevanten Bedenken.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber sämtliche tatsächlichen
Momente in allen Einzelheiten richtig erfaßt und gewürdigt hat. Ins Gewicht
fällt vielmehr nur, ob er die für die Durchführung des gewählten Leitbildes
bestimmenden Elemente in ihrem wesentlichen Gehalt richtig erkannt und
daraus sachgerechte Folgerungen gezogen hat. Nur wenn die Richtigkeit einer
die Entscheidung tragenden Tatsache bestritten und es möglich ist, daß bei
Zugrundelegung der behaupteten abweichenden Situation die Neugliederung
anders ausgefallen wäre, besteht eine Nachprüfungspflicht für das
Verfassungsgericht (vgl. SächsVerfGH, LVerfGE 10, 375, 398 „[mit-]entscheidend“;
VerfGH NW, Urteil vom 6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, UA S. 25; StGH BW,
NJW 1975, 1205, 1213). Derartige Tatsachen hat die Beschwerdeführerin indes
nicht mitgeteilt.
cc) Zur Bewältigung der vom Gesetzgeber benannten Strukturfragen ist die
Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neugebildete Gemeinde Groß
Kreutz/Emster nicht offensichtlich ungeeignet. Das
Landesverfassungsgericht vermag nicht zu erkennen, daß das Ziel einer
Bereinigung der Strukturprobleme in diesem Bereich durch die Zusammenführung
in einem einheitlichen Aufgaben- und Verwaltungsraum eindeutig verfehlt
würde.
dd) Die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neugebildete Gemeinde
Groß Kreutz/Emster ist nicht unverhältnismäßig.
Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen die für eine Auflösung der
Gemeinde sprechenden Gründe des öffentlichen Wohls gegenüber den für ihren
Fortbestand sprechenden Gründen erkennbar überwiegen (vgl. hierzu BayVerfGH
BayVBl 1981, 399, 400 f.; s. auch NdsStGH OVGE 33, 497, 503; StGH BW NJW
1975, 1205, 1211). Dies ist hier - nach der vertretbaren Wertung des
Gesetzgebers - der Fall. Da die kommunale Selbstverwaltung auch dazu dient,
die Bürger zu integrieren, den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl („Heimat“)
zu vermitteln und damit die Grundlagen der Demokratie zu stärken, ist die
Reform der Gemeindestruktur nicht ausschließlich an Rationalisierung und
Verbesserung der Effizienz der Verwaltungsorganisation zu messen. Eine
Gemeinde darf nicht ohne Berücksichtigung von Besonderheiten allein aus
Gründen der Strukturbereinigung aufgelöst werden. Andernfalls können der
Eingriff in die Existenz einer Gemeinde und die dadurch bewirkte
Beeinträchtigung der örtlichen Verbundenheit außer Verhältnis zu dem
angestrebten Vorteil geraten (vgl. Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002, a.a.O.).
Vorliegend besitzen indes nach der vertretbaren Abwägung des Gesetzgebers
die für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neugebildete
Gemeinde Groß Kreutz/Emster sprechenden Gründe das größere Gewicht. Dem
Gesetzgeber war die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung gegenwärtig.
Er hat die Belange der Einwohner durchaus im Blick gehabt und sich damit,
ablesbar aus der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs (s. LT-Drucksache
3/4883, S. 229 ff., 243 ff.; s. auch S. 63 ff., 80 f.), den Niederschriften
über die Beratungen im Landtag und seinen Ausschüssen (Beschlußempfehlung
des Innenausschusses zu § 13 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache
3/5550), auseinandergesetzt. Auf der anderen Seite hat er als gegenläufige
Belange in zulässiger und vertretbarer Weise namentlich die Steigerung der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung durch die Zusammenführung
in einer einheitlichen Kommune, ferner die bereits heute - neben denjenigen
zum verkehrsmäßig gut erreichbaren Berlin - bestehenden nicht unerheblichen
Verflechtungsbeziehungen (z.B. im Schulwesen, bei den Dienstleistungen, u.a.
des Gesundheitswesens, sowie Gesichtspunkte der Raumordnung in seine
Abwägung eingestellt und ihnen die größere Bedeutung beigemessen (vgl.
LT-Drucksache 3/4883, S. 240 ff. sowie Beschlußempfehlung des
Innenausschusses zu § 13 des 4. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache
3/5550). Dies ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
Auch die Einschätzung des Gesetzgebers ist nachvollziehbar, daß sich die
hier in Frage stehenden Strukturprobleme im unmittelbaren Wirkbereich
Berlins und Potsdams nicht ebenso gut durch interkommunale Zusammenarbeit
bewältigen lassen. Interkommunale Zusammenarbeit, in welcher Form auch immer
(in Gestalt von Zweck- oder Planungsverbänden, Arbeitsgemeinschaften oder
Kapitalgesellschaften oder durch öffentlich-rechtliche
Kooperationsverträge), kann typischerweise jeweils nur in Teilbereichen
wirken. Sie wirft zudem ihrerseits Abstimmungs- und Kooperations- sowie
Rechts- und Personalfragen auf. Im Vergleich zu einer gemeindlichen
Neuordnung ist die interkommunale Zusammenarbeit schwächer und instabiler.
ee) Auch im übrigen läßt die Abwägung des Gesetzgebers keine seine
Entscheidung in Frage stellenden Defizite erkennen.
(1) Eine mindestens gleich geeignete Alternative zu der Eingliederung der
Beschwerdeführerin in die neue Gemeinde Groß Kreutz/Emster ist weder von der
Beschwerdeführerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Gesetzgeber
durfte seiner Entscheidung die Verflechtungsbeziehungen der
Beschwerdeführerin mit den anderen Gemeinden des bisherigen Amtes Groß
Kreutz und insbesondere dessen Kleinzentrum Groß Kreutz zugrundelegen. Daß
er sich letztlich dafür entschied, die Gemeinde Derwitz - anders als die
Beschwerdeführerin - nicht in die neugebildete Gemeinde einzubeziehen, so
daß sie wunschgemäß in die Stadt Werder (Havel) eingemeindet werden konnte,
ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, insbesondere ligt kein
Verstoß gegen das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung vor. Der auch
von der Beschwerdeführerin und der Stadt Werder (Havel) beabsichtigte
Zusammenschluß stellte keine Alternative dar. Für den Sonderfall der in
südöstlicher Randlage des Amtes gelegenen und durch die Bundesstraße 1 sehr
gut mit der unmittelbaren Nachbarstadt Werder (Havel) verbundenen Gemeinde
Derwitz hat der Gesetzgeber erhebliche Verflechtungsbeziehungen zu dieser
Stadt festgestellt. Dazu zählten insbesondere die begonnene bauliche
Verflechtung beiderseits der Autobahnanschlußstelle und der Besuch
weiterführender Schulen ab der Sekundarstufe. Eine vergleichbare Situation
war für andere Gemeinden des Amtes Groß Kreutz und insbesondere die
Beschwerdeführerin weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
(2) Der Gesetzgeber war auch nicht durch die finanziellen Folgen an
einer Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neugebildete Gemeinde Groß
Kreutz/Emster gehindert. Er hat die Problematik der Verlagerung der Finanz-
und Planungshoheit gesehen und demgegenüber dem Vorteil der Bündelung der
finanziellen Möglichkeiten infolge der Neugliederung im Verbund der
Gesamtabwägung und mit Blick auf gestärkte Instrumente der
Ortschaftsverfassung (§§ 54 - 54 e GO) sowie die Pflicht einer jeden
Gemeinde und Stadt, für das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Wohl
aller ihrer Einwohner, für eine harmonische Gestaltung der
Gemeindeentwicklung, zu sorgen (vgl. u.a. § 1 Abs. 2 Sätze 2 und 3, § 3 Abs.
2 GO), in vertretbarer Weise höheres Gewicht zuerkannt (vgl. LT-Drucksache
3/4883, S. 84 f.). Für die Beurteilung am Maßstab des öffentlichen Wohls im
Sinne des Art. 98 Abs. 1 LV ist nicht ausschließlich oder auch nur in erster
Linie entscheidend, welche Lösung für die Einwohner der einzelnen Gemeinde
die meisten Vorteile bietet. Entscheidend ist vielmehr, welche Lösung den
Interessen des gesamten neu zu gliedernden Verwaltungsraumes und seiner
Bevölkerung sowie darüber hinaus der Gesamtbevölkerung des Landes am besten
entspricht. Von dieser Erwägung hat sich der Gesetzgeber bei der Ausübung
seines Ermessens leiten lassen. Eine Beteiligung aller Gemeinden an den
finanziellen Lasten des miteinander verflochtenen Gesamtraumes ist nicht
unangemessen. Unabhängig davon ist die Finanzlage naturgemäß nicht von
Dauer, sondern veränderlich. Die wirtschaftliche Entwicklung des
Gesamt-Neugliederungsgebietes ist so oder so nicht sicher einschätzbar.
(3) Der Gesetzgeber ist sich bei seiner Abwägungsentscheidung auch des
Spannungsverhältnisses von Bürgernähe und Verwaltungseffizienz bewußt
gewesen. Deshalb ergibt sich eine Fehlerhaftigkeit weder des
Abwägungsprozesses noch seines Ergebnisses daraus, daß der Gesetzgeber
einerseits anstrebte, beiden Zwecken möglichst weitgehend zu dienen und
andererseits in Kauf nahm, bei der Gemengelage unterschiedlicher
Zielsetzungen und Maßstäbe nicht gewährleisten zu können, daß sämtliche
Reformziele stets gleichermaßen verwirklicht werden (LT-Drucksache 3/4883,
S. 18 f.).
(4) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich auch, wie der
Gesetzgeber den geäußerten Willen der Bevölkerung gewichtet hat. Die aus der
Anhörung der Bevölkerung der bisher amtsangehörigen Gemeinden der Ämter Groß
Kreutz und Emster-Havel resultierenden Stellungnahmen und gegebenenfalls
Ergebnisse von Bürgerentscheiden (vgl. LT-Drucksache 3/4883, S. 192 ff.) zur
beabsichtigten Neugliederung lagen im Landtag vor und sind damit in das
Gesetzgebungsverfahren eingeflossen. Auffällig war dabei, daß 173 Einwohner
der Gemeinde Derwitz gegen die Eingemeindung nach Groß Kreutz Stellung
bezogen und ein Zusammengehen mit der Stadt Werder (Havel) befürworteten,
während sich kein Einwohner der Beschwerdeführerin äußerte. An das sich
daraus ergebende Stimmungsbild ist der Gesetzgeber nicht gebunden. Das
Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung stellt vielmehr nur ein Merkmal unter
weiteren Gesichtspunkten dar, die für die Ermittlung der Gründe des
öffentlichen Wohles und damit für die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers
von Bedeutung sind. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es eben auch
darum, größere Räume neu zu gliedern, so daß nicht nur örtliche
Gegebenheiten - wie etwa die Akzeptanz des Vorhabens bei den Bürgern der
einzelnen Gemeinde - ins Gewicht fallen. Hiervon ausgehend hat sich der
Landtag in den Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit bewegt, als er den für
die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die neugebildete Gemeinde Groß
Kreutz/Emster sprechenden Umständen, dem Ziel der Schaffung eines
einheitlichen Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsraumes im Umfeld
brandenburgischer Städte sowie Berlins, auch hier das höhere Gewicht
beigemessen hat.
C.
Das Verfassungsgericht hat einstimmig eine mündliche Verhandlung nicht
für erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1, 2. Alt. VerfGGBbg.
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