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VerfGBbg, Beschluss vom 8. Dezember 2008 - VfGBbg 57/08 -

 

Verfahrensart: Verfassungsbeschwerde
Hauptsache
entscheidungserhebliche Vorschriften: - VerfGGBbg, § 21 Satz 2
- LV, Art. 52 Abs. 1 Satz 2
- StPO, § 7 Abs. 1
- StGB, § 9
Schlagworte: - Subsidiarität
- Strafprozessualer Eröffnungsbeschluss
- örtliche Zuständigkeit
Zitiervorschlag: VerfGBbg, Beschluss vom 8. Dezember 2008 - VfGBbg 57/08 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

VERFASSUNGSGERICHT
DES LANDES BRANDENBURG

VfGBbg 57/08



IM NAMEN DES VOLKES

 
B E S C H L U S S

In dem Verfassungsbeschwerdeverfahren sowie in dem Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

M.,

Beschwerdeführer und Antragsteller,

gegen Beschluß des Amtsgerichts Schwedt/Oder vom 06. Oktober 2008

hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr. Schröder

am 08. Dezember 2008

b e s c h l o s s e n :

1. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

2. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist erledigt.

G r ü n d e :

I.

Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 21 Satz 2 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg) zu verwerfen, nachdem der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. November 2008 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde hingewiesen worden ist und diese Bedenken nicht, auch nicht durch sein Schreiben vom 26. November 2008, ausgeräumt hat.

1. Es bleibt dabei, daß die Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität unzulässig ist (§ 45 Abs. 2 VerfGGBbg). Bei dem Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts handelt es sich um eine der Urteilsfällung vorangehende, schon nach §§ 210 Abs. 1, 305 Strafprozeßordnung (StPO) mit der gewöhnlichen Beschwerde nicht anfechtbare Zwischenentscheidung, die für sich allein mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffen werden kann (vgl. BVerfGE 1, 9, 10; BVerfG, Beschluß vom 5. März 1998 – 2 BvQ 5/98, zitiert nach juris). Strafprozessuale Eröffnungsbeschlüsse können grundsätzlich nicht Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur unter der Voraussetzung in Betracht, daß die Entscheidung nach dem substantiierten Vortrag des Beschwerdeführers Verfassungsrecht verletzen kann und die verfassungsrechtliche Beschwer im weiteren fachgerichtlichen Verfahren nicht folgenlos ausgeräumt werden könnte (BVerfG, Beschluß vom 02. September 2004, BVerfGK 4, 49).

Die Entscheidung des Amtsgerichts Schwedt/Oder, das Hauptverfahren zu eröffnen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie verstößt insbesondere nicht gegen den subjektiven Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV). Eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter durch eine gerichtliche Entscheidung kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz, der sich das erkennende Gericht für die Auslegung von Art. 52 Abs. 1 Satz 2 LV angeschlossen hat, nur für den Fall in Betracht, daß die Auslegung und Anwendung von einfachrechtlichen Zuständigkeitsnormen nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluß vom 21. Februar 2008 - VfGBbg 35/07 -, sowie Beschluß vom 17. Januar 2002 - VfGBbg 60/01 -; BVerfG, Beschluß vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03 -, NJW 2005, 2689, 2690). Dies ist hier nicht der Fall. Dem Beschwerdeführer wird zur Last gelegt, durch telefonische Mitteilung bei der Polizeiwache in A. wahrheitswidrig einen Brand gemeldet zu haben, woraufhin sich Polizeikräfte und die dortige Feuerwehr zum vermeintlichen Einsatzort in A. begeben hätten. Es ist nicht zu beanstanden, daß das Amtsgericht sich unter diesen Voraussetzungen für örtlich zuständig hält.

Gem. § 7 Abs. 1 StPO ist der Gerichtsstand bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk die Straftat begangen ist. Nach § 9 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) ist eine Tat auch an dem Ort begangen, an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist. Nach der Rechtsprechung der Fachgerichte, insbesondere des Bundesgerichtshofs, verweist das Merkmal „zum Tatbestand gehörender Erfolg“ nach der ratio legis des § 9 StGB auf den Ort, an dem es zu der Schädigung von Rechtsgütern oder zu Gefährdungen kommt, deren Vermeidung Zweck der jeweiligen Strafvorschrift ist (BGH, NJW 2001, 624, 627 m. w. N.). Der Zweck des § 145 Abs. 1 StGB besteht darin, die Allgemeinheit vor Mißbrauch von Notrufen und unnötigem Beanspruchen von Hilfe zu schützen. Die Vorschrift soll davor schützen, daß unnötig zu Hilfe Gerufene während dieser Zeit für einen Ernstfall nicht zur Verfügung stehen. Zudem soll verhindert werden, daß überflüssige Hilfeleistungen zu unnötigen Gefahren für Leib und Leben oder Sachgüter führen (Schönke/ Schröder, Strafgesetzbuch Kommentar, 27. Aufl., § 145 Rn. 1). Diese Gefahr hat sich infolge des Telefonanrufs in Angermünde realisiert.

Sofern sich der Beschwerdeführer darauf beruft, daß es sich bei § 145 StGB nach der Gesetzesfassung um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, vermag dies die Beurteilung nicht zu ändern. Der im Schrifttum vertretenen Meinung, abstrakte Gefährdungsdelikte könnten keinen Erfolgsort im Sinne des § 9 StGB haben, ist der Bundesgerichtshof entgegengetreten (BGH, a. a. O., 627 f. m. w. N.).

2. Da die in der Hauptsache erhobene Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig ist, kommt die beantragte einstweilige Anordnung gem. § 30 VerfGGBbg nicht in Betracht.

II.

Der Beschluß ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.
 

Weisberg-Schwarz Prof. Dawin
     
Havemann Dr. Jegutidse
 
Dr. Knippel Prof. Dr. Schröder