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Bericht über die Arbeit des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg im Jahre 2020

Michael Strauß*

  1. Statistik

Im Jahr 2020 verzeichnete das Landesverfassungsgericht Brandenburg insgesamt 123 Verfahrenseingänge. Hiervon entfallen auf die im Land Brandenburg – nach der durch den Landtag am 14. April 1992 verabschiedeten und durch Volksentscheid am 14. Juni 1992 angenommenen[1] Landesverfassung (LV) – zulässige Individualverfassungsbeschwerde[2] 92 Verfahren. 

Im Berichtszeitraum sind weiterhin drei Normenkontrollverfahren[3] sowie ein Verfahren, das ein Volksbegehren[4] zum Gegenstand hat, ferner zwei Wahlprüfungsverfahren[5] eingegangen.

In 24 Fällen ist das Landesverfassungsgericht mit Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung[6], entweder isoliert oder aber gekoppelt mit dem jeweiligen Hauptsacheverfahren, angerufen worden.

Das Landesverfassungsgericht verzeichnet acht sonstige Verfahren[7].

Insgesamt liegen die Verfahrenseingänge weiter auf gleichbleibend hohem Niveau[8]. Im Vergleich zu den Vorjahren ist trotz der seit März 2020 erlassenen Rechtsverordnungen über Maßnahmen zur Eindämmung des bzw. den Umgang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg[9] und damit einhergehenden – zum Teil erheblichen Einschränkungen der Grundrechte[10]  und somit erwartbaren zusätzlichen Eingänge – keine signifikante Steigerung der Eingangszahlen erkennbar[11].

Die durchschnittliche Erledigungsdauer für die überwiegende Zahl an Individualverfassungsbeschwerden betrug im Berichtszeitraum 6,8 Monate. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Verfahrensdauer wird beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für den Zeitraum 2011 bis 2020 bei Verfassungsbeschwerden in 80 Prozent der Fälle mit 1 Jahr angegeben[12]. Anrufungen auf Erlass einstweiligen Rechtsschutzes sind beim Landesverfassungsgericht innerhalb von durchschnittlich 0,6 Monaten erledigt worden. Die weitaus komplexeren Verfahren der abstrakten Normenkontrolle dauerten 13,2 Monate; Organstreitverfahren 18,1 Monate.

Das Landesverfassungsgericht hat an insgesamt 24 Tagen beraten. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich die Zahl der Beratungstage damit etwa verdoppelt und ist außergewöhnlich hoch, nicht zuletzt auch den durchaus umfänglichen Anträgen im Zusammenhang mit Maßnahmen aufgrund der Corona Eindämmungs- VO- en sowie den – mitunter mehrere Beratungstage in Anspruch nehmende – sehr umfangreichen Normenkontrollverfahren oder Organstreitverfahren geschuldet. 

  1. Rechtsprechung

Das Landesverfassungsgericht hat in 83 Fällen die Verfassungsbeschwerde – diese betrafen mit knapp 74 % auch im Berichtszeitraum die überwiegende Anzahl der gefassten Entscheidungen – als unzulässig verworfen[13], was auch den hohen Anforderungen an den Sachvortrag zur Begründung einer Verfassungsbeschwerde geschuldet ist, vgl. § 20 Abs. 1, § 46 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg (VerfGGBbg)[14]. Eine Vielzahl von Individualverfassungsbeschwerden scheitern allerdings unabhängig von den hohen Hürden des Sachvortrags auch an der mangelnden Erschöpfung des Rechtswegs oder wegen Nichteinhaltung der zweimonatigen Erhebungsfrist[15]. Die übrigen Verfassungsbeschwerden sind in 10 Fällen entweder nach Rücknahme[16] eingestellt, ansonsten entweder teilweise oder vollständig zurückgewiesen worden. Zum überwiegenden Teil erfolgreich waren nach mündlicher Verhandlung und jeweiligem Urteil ein Organstreitverfahren und mehrere Verfassungsbeschwerden[17]. Ferner war auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle zum Teil erfolgreich[18].

Im Folgenden sollen einige erwähnenswerte Verfahren dargestellt werden:

 

2.1. Kurzfristige Änderung der Tagesordnung im Landtag/Aktuelle Stunde (VfGBbg 1/20 EA)

Infolge eines Anschlags in Hanau am Abend des 19. Februar 2020, bei dem ein mutmaßlicher Terrorist 10 Menschen und anschließend sich selbst tötete, beantragte die CDU-Fraktion am 21. Februar 2020 bei der Landtagspräsidentin unter Änderung des ursprünglichen Themas die Durchführung einer Aktuellen Stunde zu dem Thema „Walter Lübcke, Halle, Hanau - Wehrhafte Demokratie in der Pflicht“[19]. Der Vizepräsident des Landtags verweigerte am 24. Februar 2020 endgültig sein Einvernehmen zur Änderung des Entwurfs der Tagesordnung mit der Begründung, er sehe in den Anschlägen von Hanau keinen Bezug zum Land Brandenburg. In der Durchführung der Aktuellen Stunde liege eine Instrumentalisierung der Opfer des Anschlags von Hanau. Die Präsidentin des Landtags sah sich wegen des fehlenden Einvernehmens nicht in der Lage, dem Antrag der CDU-Fraktion stattzugeben.

Das im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Rahmen eines klassischen Organstreits angerufene Landesverfassungsgericht gab dem Antrag der CDU-Fraktion, der Präsidentin des Landtags aufzugeben, eine Aktuelle Stunde zum Thema „Walter Lübcke, Halle, Hanau - Wehrhafte Demokratie in der Pflicht“ in den Entwurf der Tagesordnung aufzunehmen, statt[20].

Der prozessuale Ansatz findet sich in § 30 Abs. 1 VerfGGBbg. Danach kann das Verfassungsgericht einen Zustand durch eine einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Insoweit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts ein strenger Maßstab anzulegen[21]. Das Gericht hat nicht in der Sache entschieden, sondern im Rahmen einer Folgenabwägung. „Zur Abwehr schwerer Nachteile und zum gemeinen Wohl“[22] stehe dem Vizepräsidenten des Landtags ein von ihm der Sache nach geltend gemachtes Prüfungsrecht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts[23] nicht zu. 

Für die Antragstellerin sei einzustellen, dass sie im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Rechte aus Art. 56 Abs. 2 Satz 1, Art. 67 Abs. 1 Satz 2 LV, wonach sie als Fraktion mit eigenen Rechten und Pflichten als selbständige und unabhängige Gliederung an der Arbeit des Landtags mitwirke und die parlamentarische Willensbildung unterstütze, autonom entscheide, welche Themen sie in die parlamentarische Willensbildung einbringen wolle. Es obliege demnach allein der Antragstellerin, welche Themen sie etwa zur Aktuellen Stunde anmelden wolle. Das Recht der Antragstellerin, in der anstehenden Plenarsitzung eine Aktuelle Stunde zu dem von ihr nunmehr gewünschten Thema durchzusetzen, würde leerlaufen, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung unterbliebe. Der zeitliche Bezug zu dem von ihr im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative jetzt für aktuell gehaltenen Thema wäre nach ihrer insoweit maßgeblichen Auffassung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr gegeben.

Prozessual durchaus diskutabel ist, ob der Vizepräsident des Landtags, in diesem Verfahren als Antragsgegner zu 2. geführt, richtiger Antragsgegner sein könnte. Das Landesverfassungsgericht hat diese Frage verneint und ausgeführt, richtiger Antragsgegner im Organstreitverfahren und demzufolge auch im darauf bezogenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei dasjenige Organ, das die beanstandete Maßnahme getroffen oder rechtlich zu vertreten habe[24]. Dies betraf in dem entschiedenen Fall die Präsidentin des Landtags.

2.2. Corona Eindämmungs- VO- Schließung eines Fitnessstudios und einer Gaststätte (VfGBbg 21/20 EA; VfGBbg 22/20 EA)

In zwei ähnlich gelagerten Fällen hat das Landesverfassungsgericht im Eilrechtsschutzverfahren im Zusammenhang mit der durch die Corona Eindämmungs- Verordnungen geregelten Schließung von Fitnessstudios und einer Gaststätte entschieden.

Die Antragsteller waren Betreiber eines Fitnessstudios bzw. eines Gastronomiebetriebes und mussten auf Grund der Regelungen in der Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung - SARS-CoV-2-EindV) vom 30. Oktober 2020 (GVBl. II/20, [Nr. 103]) bzw. in der nachfolgenden Regelung vom 30. November 2020 (GVBl.II/20, [Nr. 110]) ihre Betriebe im Wesentlichen für den Publikumsverkehr schließen. Nachdem sie zunächst bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vergeblich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht hatten, hat das Landesverfassungsgericht die Anträge auf vorläufige Aussetzung der Schließungsanordnungen ebenfalls abgelehnt.

Auch hier wurde, dem Verfahren im Eilrechtsschutz immanent, nur im Rahmen einer Folgenabwägung entschieden[25]. Zwar seien die Eingriffe in die Grundrechte der Antragsteller im Hinblick auf die Berufsfreiheit erheblich. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiege angesichts der immer noch gleichbleibend hohen bzw. wieder ansteigenden Infektionszahlen und der steigenden Auslastung der Intensivbetten jedoch das Interesse am Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Bevölkerung, wobei der Einschätzungsprärogative des Verordnungsgebers besonderes Gewicht zukomme. Das Landesverfassungsgericht führte hierzu unter anderem aus, die Ursachen für den bundesweiten Anstieg der Infektionen seien insoweit „nach bisherigem Kenntnisstand“ diffus, wobei Häufungen im Zusammenhang mit dem Freizeitverhalten der Menschen zu beobachten seien. In den meisten Fällen sei die genaue Infektionsquelle jedoch nicht bekannt. Gerade aus dieser unsicheren Kenntnislage folge das Recht und die Pflicht des Verordnungsgebers, von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch zu machen. Indem der Verordnungsgeber einzelne Branchen der Schließung unterwerfe, andere Bereiche geöffnet lasse und seine Maßnahmen flexibel und kontinuierlich an die Entwicklung der Infektionszahlen und die Belastung des Gesundheitssystems unter Berücksichtigung der angespannten personellen Situation anpasse, sei er gerade bemüht, dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip Genüge zu tun. Die Alternativen zu einem selektiven Maßnahmenkatalog wären einerseits Nichtstun, andererseits ein vollständiger Lockdown. Ersteres untersage die Verfassungspflicht zum Schutz von Leben und Gesundheit, Letzteres würde die Belastungen für die Bevölkerung noch erheblich vergrößern. Setzte das Verfassungsgericht dieses Konzept entsprechend dem Begehren des Antragstellers vorläufig außer Kraft, bestünde die Gefahr, dass das Infektionsgeschehen noch stärker um sich greifen würde[26].

 

2.3. Corona Eindämmungs-VO – Eilantrag gegen nächtliche Ausgangssperre ohne Erfolg (VfGBbg 23/20 EA)

In einem anderen Fall wurde Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend das in § 4 Abs. 2 Dritte Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 im Land Brandenburg (Dritte SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung - 3. SARS-CoV-2-EindV) vom 15. Dezember 2020 (GVBl.II/20, [Nr. 119]) enthaltene Verbot, zwischen 22.00 Uhr und 5.00 Uhr des Folgetages draußen Sport zu treiben, abgelehnt. Auch hier hat das Gericht nicht in der Sache entschieden.

Das Landesverfassungsgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen, weil der Antragsteller dem Grundsatz der Subsidiarität nicht genügt habe. Der Antragsteller hätte sich zunächst im Wege einer Normenkontrolle (§ 47 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wenden können, das grundsätzlich befugt sei, die angegriffene Regelung der Verordnung aufzuheben und nach § 47 Abs. 6 VwGO auch vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren[27]. Das Landesverfassungsgericht setzt sich in der Entscheidung auch mit der Frage auseinander, ob nicht in entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 2 Satz 2 VerfGGBbg ausnahmsweise doch eine Entscheidung vor dem Landesverfassungsgericht geboten sei. Nach dieser Vorschrift kann das Verfassungsgericht im Ausnahmefall über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen wird. Dies gilt auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes[28]. Das Landesverfassungsgericht hat diese Voraussetzungen verneint. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass effektiver Rechtsschutz im verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Verfahren nicht erreicht werden könne[29].

 

2.4. Eilantrag gegen Corona-Verordnung im Hinblick auf Versammlungsverbot hat teilweise Erfolg (VfGBbg 9/20 EA)

Erfolgreich war hingegen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend einzelne Regelungen der Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-EindV) vom 8. Mai 2020 (GVBl. II/20, [Nr. 30]). Dem Eilverfahren lag in der Hauptsache ein abstrakter Normenkontrollantrag von 23 Abgeordneten der AfD-Fraktion zu Grunde. Die Abgeordneten haben die Nichtigerklärung von § 4 und § 5 SARS-CoV-2-EindV beantragt. In § 4 ist die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Verkaufsstellen des Einzelhandels und in öffentlichen Verkehrsmitteln geregelt. § 5 untersagt grundsätzlich öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen sowie Versammlungen und sonstige Ansammlungen, wobei zahlreiche Ausnahmen vorgesehen sind, beispielsweise für Familienfeiern, religiöse Veranstaltungen, Unterricht und unaufschiebbare Zusammenkünfte der Organe und Gremien juristischer Personen des öffentlichen und des privaten Rechts. In Bezug auf Versammlungen wurden ebenfalls Sonderregelungen getroffen. Für solche unter freiem Himmel mit bis zu 150 Teilnehmenden und in geschlossenen Räumen mit bis zu 75 Teilnehmenden können in besonders begründeten Einzelfällen auf Antrag Ausnahmen von der Untersagung zugelassen werden, sofern dies aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist.

Das Verfassungsgericht hat dem Eilantrag teilweise stattgegeben. Die in § 5 enthaltenen Regelungen zu den Versammlungen seien vorläufig (mit Maßgaben) anzuwenden. Demnach seien öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel mit bis zu 150 Teilnehmenden grundsätzlich erlaubt, wobei die zuständige Versammlungsbehörde im Einvernehmen mit dem zuständigen Gesundheitsamt diese im Ausnahmefall untersagen könne, wenn eine konkrete infektionsschutzrechtliche Gefahr dies gebiete. Vorläufig seien Versammlungen mit mehr als 150 Teilnehmern zulässig, sie bedürften ebenso wie Versammlungen mit bis zu 75 Teilnehmern in geschlossenen Räumen der Genehmigung. Die Genehmigung stehe aber nicht mehr im Ermessen und sei nicht mehr vom Vorliegen eines begründeten Einzelfalls, sondern nur noch davon abhängig, ob die Versammlung aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar sei.

Das Landesverfassungsgericht hat betont, der Antrag sei nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet. Die Auswirkungen auch der nur vorübergehend fortgesetzten Anwendung der die Versammlungen einschränkenden Regelungen habe das Gericht als einen besonders schweren und irreversiblen Eingriff in die in Art. 23 Abs. 1 LV verbürgte Versammlungsfreiheit bewertet. Dies gelte besonders für das Verbot von Versammlungen mit über 150 Teilnehmenden ohne Möglichkeit der Ausnahmegenehmigung sowie den Vorbehalt der Prüfung eines besonderen Einzelfalles. Für den Fall, dass die Vorschriften vorläufig keine Anwendung finden, sich letztlich aber als verfassungsgemäß erweisen, würde sich zwar die Infektionsgefahr erhöhen. Bei Veranstaltungen unter freiem Himmel sei – da auch hier die Abstandsregelungen einzuhalten seien – das Infektionsrisiko aber vergleichsweise geringer. In Abwägung der jeweiligen Folgen überwiege der Schaden für das Versammlungsrecht deutlich. Gleichwohl sei aber vor dem Hintergrund der dennoch bestehenden Gesundheitsgefahren eine vollständige Außerkraftsetzung des § 5 nicht angezeigt. Die vom Verfassungsgericht aufgestellten Maßgaben böten einstweilig einen interessengerechten Ausgleich.

Im Hinblick auf die Maskenpflicht fiel die Interessenabwägung in die andere Richtung aus. Die damit nur in bestimmten Lebenssituationen und in der Regel kurzzeitigen Beeinträchtigungen hat das Gericht als eher gering bewertet. Diese würden die Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit, die nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes möglicherweise verringert werden können, nicht deutlich überwiegen und seien vor diesem Hintergrund vorläufig hinzunehmen.

Ähnliches gelte für die Vereinigungsfreiheit, die in Art. 20 LV ebenfalls besonders geschützt sei. Die in der Verordnung vorgesehenen Ausnahmevorschriften würden die für die Gründung und den Erhalt eines Vereins notwendigen Betätigungen erlauben. Die Einschränkungen beträfen im Wesentlichen gemeinschaftliche Aktivitäten von Vereinsmitgliedern im Rahmen ihrer Freizeitgestaltung. Diesen komme im Rahmen der gebotenen Abwägung kein solches Gewicht zu, dass sie die skizzierten nachteiligen Folgen im Falle einer Aussetzung der Vollziehung der Vorschrift bei späterer Erfolglosigkeit des Antrags in der Hauptsache deutlich überwiegen könnten.

 

  • 5. Paritätsgesetz verfassungswidrig (VfGBbg 9/19; VfGBbg 55/19)

Von bundesweitem Interesse waren die Urteile in den Organstreitverfahren des Landesverbandes der NPD[30] sowie des Landesverbandes der AfD und in Verfassungsbeschwerdeverfahren von vier Parteimitgliedern der AfD[31]. Die Verfahren waren am 20. August 2020 gemeinsam verhandelt worden.

Sie betreffen das sogenannte Paritätsgesetz (Zweites Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Landeswahlgesetzes - Parité-Gesetz (GVBl.I/19, [Nr. 1]), das die politischen Parteien verpflichtet hatte, bei der Aufstellung ihrer Landeslisten für die Wahlen zum Landtag Brandenburg abwechselnd Frauen und Männer zu berücksichtigen. Im Ergebnis hat das Landesverfassungsgericht eine Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte der NPD und der einzelnen Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen festgestellt und die Vorschriften für nichtig erklärt. Die Entscheidungen ergingen jeweils einstimmig.

Das Landesverfassungsgericht sieht die NPD in ihrer Organisations- und Programmfreiheit, der Wahlvorschlagsfreiheit der Partei und der Chancengleichheit der Parteien verletzt[32]. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl gelte auch für Parteien bereits im Vorfeld der Wahl. Es sei ihre grundlegende Aufgabe, u. a. durch Aufstellung von Kandidaten und Kandidatenlisten zu den Landtagswahlen, die Offenheit des Willensbildungsprozesses vom Volk hin zu den Staatsorganen zu gewährleisten. Dieser Prozess müsse frei von inhaltlicher staatlicher Einflussnahme bleiben. Durch das Paritätsgesetz entziehe der Gesetzgeber dem demokratischen Willensbildungsprozess einen wesentlichen Teil, indem er auf die Zusammensetzung der Listen Einfluss nehme. Die Vorgabe der paritätischen Listenbesetzung könne faktisch den Ausschluss der Aufstellung bestimmter Bewerberinnen und Bewerber zur Folge haben. Bei Parteien, die ein sehr unausgewogenes Geschlechterverhältnis haben, könnte sie zudem zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Aufstellung abwechselnd besetzter Listen führen. Das habe Einfluss auf die Chancen der Parteien bei der Wahl. Außerdem verwische die Pflicht zur Aufstellung abwechselnd besetzter Listen die Unterschiede in den Parteiprogrammen. Den Parteien stehe es frei, sich im Rahmen ihrer Programmatik dem Ziel der Förderung der Gleichberechtigung mehr oder weniger zu verschreiben.

Die angegriffenen Regelungen seien weder durch eine dem Gesetzgeber grundsätzlich obliegende Ausgestaltung des Wahlverfahrens noch durch das Ziel, den Frauenanteil im Landtag anzuheben, legitimiert. Die Verfassungsordnung des Landes Brandenburg bekenne sich zwar ausdrücklich zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern und verbinde dies mit einer Verpflichtung des Landes, für deren Gleichstellung - auch - im öffentlichen Leben zu sorgen. Änderungen im Wahlrecht, die Auswirkungen auf das Demokratieprinzip in seiner bisher verfassten Form haben, bedürften jedoch einer Entscheidung des Verfassungsgesetzgebers und seien dem Zugriff des einfachen Gesetzgebers entzogen. Die vom Paritätsgesetz berührten Rechte der Freiheit der Parteien sowie der Gleichheit und Freiheit der Wahl seien Ausprägungen des Demokratieprinzips. Dem Demokratieprinzip der Verfassung des Landes Brandenburg liege aber der Grundsatz der Gesamtrepräsentation zu Grunde. Nach diesem Prinzip seien die Abgeordneten nicht einem Wahlkreis, einer Partei oder einer Bevölkerungsgruppe, sondern dem ganzen Volk gegenüber verantwortlich. Diesem Verständnis widerspreche die Idee, dass sich in der Zusammensetzung des Parlaments auch diejenige der (wahlberechtigten) Bevölkerung in ihren vielfältig einzuteilenden Gruppen, Schichten oder Klassen widerspiegeln soll. Gesetzliche Regelungen, die eine jeweils hälftige Verteilung der Landtagssitze an Frauen und Männer anordnen oder durch Listenvorgaben fördern sollen, würden daher zugleich eine Modifikation des Demokratieprinzips bedeuten. Diese sei durch einfaches Gesetz nicht möglich. Aus der Landesverfassung ergebe sich, dass sich die Willensbildung mit Hilfe der Wahlen frei von staatlicher Einflussnahme vom Volk aus zu vollziehen habe. Der Staat habe sich in diesem gesamten Prozess inhaltlicher Vorgaben zu enthalten. Aus dem gleichen Grund sei die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers in Bezug auf den Ablauf der Wahlen und die Konkretisierung der Wahlrechtsgrundsätze überschritten. Dieses Ziel habe der Gesetzgeber mit dem Paritätsgesetz ohnehin nicht verfolgt; er habe vielmehr ausdrücklich die Gleichberechtigung von Mann und Frau fördern wollen.

Die gegen das Gesetz gerichteten Verfassungsbeschwerden der AfD-Mitglieder hatten ebenfalls im Wesentlichen Erfolg[33]. Das Verfassungsgericht stellte eine Verletzung ihrer Grundrechte auf Gleichheit der Wahl in der Ausprägung als passive Wahlrechtsgleichheit und des Verbots der Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts fest und erklärte die Vorschriften, die eine paritätische Besetzung der Wahllisten fordern, für nichtig.

Das Verfassungsgericht stellte klar, dass es sich nach der Verfassung des Landes Brandenburg bei den Wahlrechtsgrundsätzen, wonach Wahlen allgemein, unmittelbar, gleich, frei und geheim sind, um rügefähige Grundrechte handelt. Das gleiche Recht der Staatsbürger, zu wählen und gewählt zu werden, sei eine der wesentlichen Grundlagen der Staatsordnung und im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit bei der Zulassung zur Wahl zum Parlament zu verstehen. Die Gleichheit bei der Wählbarkeit (passive Wahlrechtsgleichheit) sei für die Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen mit den Vorgaben des Paritätsgesetzes nicht mehr gewährleistet, weil es ihnen - anders als Personen des jeweils anderen Geschlechts - den Zugang zu bestimmten Listenplätzen bzw. Vorlisten bei der innerparteilichen Kandidatenaufstellung verwehre, den Zugang zu einer Landesliste überhaupt verhindern könne und Personen des dritten Geschlechts den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern gegenüber weitergehende Kandidaturmöglichkeiten einräume. Die Regelung knüpfe für die Zugangsmöglichkeiten zu den Vorlisten und damit zu den Listenplätzen einer Partei unmittelbar an das Geschlecht der sich bewerbenden Person an und führe damit zugleich zu einer Benachteiligung von Frauen und Männern wegen ihres Geschlechts jedenfalls gegenüber Personen des dritten Geschlechts. Aus den bereits zum Organstreitverfahren des Landesverbandes der NPD dargelegten Gründen hielt das Verfassungsgericht den Gesetzgeber nicht zum Erlass der die Grundrechte der Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen beeinträchtigenden Vorschriften für berechtigt[34].

Der Antrag des Landesverbandes der AfD im Organstreitverfahren hatte dagegen keinen Erfolg. Nachdem sich die Antragstellerin ursprünglich im Wege des Organstreitverfahrens unmittelbar gegen Art. 1 des Paritätsgesetzes gewandt hat, hat sie erstmals in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Antrag solle sich gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 31. Januar 2019 richten, durch den das Gesetz zustande gekommen ist. In der Auswechslung des Antragsgegenstands liegt eine Antragsänderung, denn Gesetz und Beschluss des Gesetzes sind zwei verschiedene Antragsgegenstände. Die Antragsänderung am 20. August 2020 erfolgte mehr als sechs Monate nach Kenntnis der Antragstellerin von der beanstandeten Maßnahme, mithin verspätet. Das Verfassungsgericht verwarf ihn folgerichtig als unzulässig[35].

 

  1. Ausblick

Zur Entscheidung stehen mehrere Normenkontrollanträge und ein Organstreit als Folge von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Covid- 19 Pandemielage an, in denen bislang zum Teil nur im Rahmen des Eilrechtsschutzes entschieden wurde[36].

Ein weiterer Normenkontrollantrag richtet sich gegen das Gesetz zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der brandenburgischen Kommunen in außergewöhnlicher Notlage (Brandenburgisches kommunales Notlagegesetz - BbgKomNotG) vom 15. April 2020 (GVBl I/20, [Nr. 14]) geändert durch Gesetz vom 25. September 2020 (GVBl I/20, [Nr. 27]), das aufgrund einer vom Landtag festgestellten Notlage die Abweichung von Vorschriften der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) vom 18. Dezember 2007 (GVBl I/07, [Nr. 19], S. 286), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2019, per Verordnungsermächtigung ermöglicht[37].

Ferner wird sich das Landesverfassungsgericht mit einem weiteren Normenkontrollantrag[38] zu befassen haben. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes (BbgVerfSchG) wurde mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes vom 19. Juni 2019 (GVBl. I Nr. 29 S. 1) neu gefasst und um die Formulierung „soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen“ ergänzt und geändert. Er lautet seit dem Inkrafttreten am 20. Juli 2019:

„Die Verfassungsschutzbehörde klärt die Öffentlichkeit durch zusammenfassende Berichte und andere Maßnahmen über Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von § 3 Absatz 1 auf, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen.“ Die Antragsteller tragen vor, dass der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 Verfassungsschutzgesetz des Landes Brandenburg (BbgVerfSchG) die politischen Parteien nicht ausdrücklich von der Verdachtsberichterstattung ausnehme. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zum entsprechenden § 16 BVerfSchG gehe ohne Problematisierung davon aus, dass eine Verdachtsberichterstattung aufgrund der Formulierung „soweit hinreichend gewichtige Anhaltspunkte hierfür vorliegen“ über politische Parteien und ihre Teilorganisationen möglich sei. Diese Auslegung sei verfassungswidrig. Sie verstoße gegen Art. 21 Grundgesetz (GG), der Bestandteil der Landesverfassung sei, und Art. 20 Abs. 3 Verfassung des Landes Brandenburg (LV).

 

* * * * *

 

*Verfasser ist Vizepräsident und Mitglied des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg.

[1] Die LV wurde von der Brandenburger Bevölkerung mit großer Mehrheit von 94,04 Prozent angenommen, vgl. de.wikipedia.org/wiki/Verfassung_des_Landes_Brandenburg.

[2] Vgl. Art. 113 Nr. 4; Art. 6 Abs. 2 LV; § 12 Nr. 4 Verfassungsgerichtgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg).

[3] Vgl. Art. 113 Nr. 2 LV; § 12 Nr. 2 VerfGGBbg.

[4] Vgl. Art. 77 Abs. 2 LV; § 12 Nr. 8 VerfGGBbg.

[5] Vgl. Art. 63 LV; § 12 Nr. 7 VerfGGBbg.

[6] Vgl. § 30 VerfGBbg.

[7] Sonstige Verfahren werden unter dem Aktenzeichen (AR) geführt, wenngleich, anders als beim Bundesverfassungsgericht, in Brandenburg kein allgemeines Register geführt wird.

[8] Vgl. hierzu im Einzelnen die Jahresberichte seit 2009: https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de/verfgbbg/de/presse-statistik/jahresberichte/.

[9] Vgl. Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 in Brandenburg (SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung - SARS-CoV-2-EindV) vom 17. März 2020 (GVBl. II/31, [Nr. 10]).

[10] Vgl. etwa VfGBbg 21/20 EA oder VfGBbg 22/20 EA: bei Schließung eines Fitnessstudios und Gastronomiebetriebes sei ein Eingriff „im Hinblick auf die Berufsfreiheit erheblich“.

[11] Eingangszahlen der Vorjahre: 2015: 118; 2016: 81; 2017: 210; 2018: 76; 2019: 114 Eingänge, vgl. hierzu https://verfassungsgericht.brandenburg.de/verfgbbg/de/presse-statistik/statistik/.

[12] Vgl. https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Jahresstatistiken/2020/gb2020/A-IV-3.pdf?__blob=publicationFile&v=2.

[13] Das sogenannte Annahmeverfahren – wie für Verfassungsbeschwerden beim BVerfG seit August 1993 in § 93a Bundesverfassungsgerichtsgericht (BVerfGG) geregelt – ist dem VerfGGBbg fremd.

[14] Vgl. Beschluss vom 19. Februar 2021 ‌‑ VfGBbg 39/20 ‑‌, Rn. 9 -, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de.

[15] Vgl. § 47 Abs. 1 VerfGGBbg.

[16] Eine Rücknahme erfolgt in der Praxis zumeist bereits nach zuvor erteiltem Hinweis durch den Berichterstatter.

[17] Vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 9/19 -, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de und Urteil vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 55/19 -, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de. 

[18] Vgl. Beschluss vom 3. Juni 2020 - VfGBbg 9/20 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de.

[19] LT-Drs. 7/685.

[20] Beschluss vom 25. Februar 2020 - VfGBbg 1/20 EA -, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de.

[21] Vgl. Beschluss vom 25. Februar 2020 - VfGBbg 1/20 EA -, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de, m. w. N.

[22] Vgl. Beschluss vom 25. Februar 2020 - VfGBbg 1/20 EA -, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de.

[23] Vgl. bereits Urteil vom 28. Januar 1999 - VfGBbg 2/98 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de.

[24] Beschluss vom 25. Februar 2020 - VfGBbg 1/20 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de m. w. N.

[25] Die Hauptsacheverfahren sind noch anhängig.

[26] Vgl. VerfGBbg, Beschluss vom 11. Dezember 2020 - VfGBbg 21/20 EA -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de

[27] Vgl. weiterführend etwa BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2021 – 1 BvR 781/21 –, juris: nächtliche Ausgangsbeschränkung (§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) i. d. F. vom 22. April 2021 (Bundesgesetzblatt I Seite 802) weder formell noch materiell offensichtlich verfassungswidrig.

[28] Beschluss vom 18. Dezember 2020 - VfGBbg 23/20 EA -, Rn. 5 m. w. N., https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de.

[29] Beschluss vom 18. Dezember 2020 - VfGBbg 23/20 EA -, Rn. 5 m. w. N., https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de; a. A. - zum Fall einer verhängten Ausgangssperre - Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Beschluss vom 28. April 2020 – Lv 7/20 –, Rn. 19, 20, juris: In einem verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren und seiner eilrechtsschutzrechtlichen Begleitung mit Verordnungen, deren zeitliche Befristung einen Wochentakt habe, könne die Verwaltungsgerichtsbarkeit verständlicherweise angesichts der völligen, auch unter virologischen Sachverständigen offenbar vorhandenen Unklarheit, wie das Virus konkret wirkt und welche Maßnahmen auf welche konkrete Weise wirklich geeignet seien, seine Ausbreitung zu vermindern oder ihr entgegenzutreten, keine weitergehenden Erkenntnisse beschaffen. Sie tut es - wie ihre Eilrechtsschutzentscheidungen bislang verständlicherweise gezeigt haben - auch nicht, weil sie sich nachvollziehbar auf die gleichen allgemeinen Annahmen verlassen müsse, auf die auch die Verfassungsgerichtsbarkeit angewiesen sei.

[30] Vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 9/19 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de.

[31] Vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 55/19 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de.

[32] Vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 9/19 -, https://verfassungsgericht.‌brandenburg.de.

[33] Vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 55/19 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de.

[34] Vgl. auch Entscheidungsbesprechungen: zustimmend: Dombrowsky, SAE 2021, 1; Polzin, AL 2021, 17-23: Paritätsgesetze verfassungsidentitätswidrig; vgl. ferner Classen, ZRP 2021, 50-53: Frauen sollen Frauen wählen können; Edinger, DÖV 2021, 442-446: Änderung des Grundgesetzes und der Landesverfassungen notwendig.

[35] Vgl. Urteil vom 23. Oktober 2020 – 55/19 –, juris.

[36] VfGBbg 12/21: Abstrakte Normenkontrolle zu § 8 der Siebten Verordnung über befristete Eindämmungsmaßnahmen aufgrund des SARS- CoV-2-Virus und COVID19 im Land Brandenburg vom 6. März 2021; VfGBbg 13/21: Organstreit zu Nr. 1a, 2b, 3, 4b und 6 der Allgemeinverfügung der Präsidentin des Landtags vom 21. September 2020; Abstrakte Normenkontrolle zu § 17 a Siebte Eindämmungs- VO : Testpflicht an Schulen; weiterführend zum Thema vgl. auch: Thüringer Verfassungsgerichtshof, Beschluss vom 19. Mai 2021 – 110/20 – juris: Divergenzvorlage zur Entscheidung von Rechtsfragen, die insb. die Verfassungsmäßigkeit des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG betreffen.

[37] VfGBbg 10/21.

[38] VfGBbg 94/20.